Man sollte
sie lieben, denn Kreuzfahrtschiffe von der Art der
MS ASTOR
werden bald selten sein. Auf ihnen sind immer noch Häfen Ziele der Reise,
nicht das Schiff, wie bei den Giganten der Meere. Bis zu 578 Passagiere in
289 Kabinen kann die ASTOR aufnehmen,
die eine Crew von 278 Männern und Frauen versorgt. Dieses Verhältnis stimmt
– und nach der Renovierung und der neuen Indienststellung in 2010 jetzt auch
vieles Andere. Doch besser ausgestattete Kabinen und neue Teppiche oder
Vorhänge können den Geist, der an Bord herrscht, nur wenig beeinflussen.
Die
MS ASTOR
wurde 1987 ausgeliefert, fährt unter der Flagge der Bahamas, gehört der
Premicon AG in München und
wird betrieben von TransOcean Kreuzfahrten in München. Zuletzt wurde sie 2010
modernisiert und hat jetzt 167 Außenkabinen, 80 Innenkabinen, 28
Außensuiten, elf Innensuiten, zwei Senatorsuiten und eine Astorsuite. Auch
nach der Modernisierung gibt es keine Balkons für Kabinen, die frische Luft
muss man also an drei der sieben Decks genießen, dem Sonnen-Deck, dem
Brücken-Deck und dem Bootsdeck. Das Gros der Kabinen liegt unter dem
Promenaden-Deck auf dem Atlantic- und dem Baltic-Deck. Ganz unten (auf dem
Caribic-Deck) befinden sich das Hospital und die Wellness Oase mit Sauna,
Massage, Pool, Friseur- und Kosmetiksalon. Einen zweiten Pool gibt es auf
dem Boots-Deck und er wird auch in kühleren Breiten gern genutzt, wenn die
gute Laune auf Boots-Deck und Brücken-Deck überschäumt.
Die MS ASTOR,
mit 176,50 Meter Länge und 23,60 Meter Breite, hat nach internationalen
Maßstäben 20.704 Bruttoregistertonnen, einen Tiefgang bis 6,22 Meter und
kann bis zu 16,5 Knoten schnell werden mit 21.500 PS. Sie verbraucht pro Tag
bei 16 Knoten Fahrt zwischen 30 und 50 Tonnen
Schweröl. Sie kann ihr
eigenes Trinkwasser aus dem Meerwasser gewinnen und Abwasser nach
biologisch-chemischer Behandlung an Bord ins Meer ablassen. Am
unverwechselbaren Schornstein prangt das gekrönte, in einen Fischschwanz
auslaufende T von TransOcean Kreuzfahrten.
Kabinen
Die Astorsuite gehört mit 59 Quadratmetern zu den größten auf
Kreuzfahrtschiffen mit separatem Wohn- und Schlafbereich. Auch die
Senatorsuiten bieten noch beachtliche 48 Quadratmeter. Alle drei haben ein
fußbodenbeheiztes Bad mit Dusche und Badewanne. Auf dem Bootsdeck und dem
Atlantic Deck sind die Außensuiten mit bodentiefen Fenstern ausgestattet und
mit 26 Quadratmetern genau so groß, wie die Innensuiten. Im Gegensatz zu den
Suiten gibt es in den Kabinen nur Einzelbetten, von denen eins tagsüber zu
einem Sofa umfunktioniert werden kann. Hier ist der Eingangsbereich optisch
vom Schlafbereich getrennt. Angenehm sind zwei Schränke (einer mit Safe)
gegenüber der Nasszelle mit ausreichend dimensionierter Dusche. Weiteren
Stauraum bieten eine Kommode unter dem Fenster und eine Schublade unter dem
Schreibtisch. Der Flachbildschirm zeigt neben täglich wechselnden
unterhaltenden Filmen das Bild der Bugkamera, den Routenverlauf, das Wetter,
das Tagesprogramm und die Landgänge. Alle Kabinen sind gut schallisoliert,
den Nachbarn hört man nicht.
Aufzüge und Gänge
Gänge, auf denen zwei Menschen sich ohne Berührung passieren können, sind
auf Schiffen selten geworden. Auch die MS
ASTOR kennt sie nicht. Das bedauern
sicher vor allem Gäste, die etwa auf einen Rollator angewiesen sind. Vom
Baltic Deck zum Brückendeck fahren zwei Lifts. Doch dank der Konzentration
aller wesentlichen Einrichtungen für die Gäste auf das Promenadendeck und
der meisten Kabinen auf die beiden darunter liegenden Decks, braucht, wer
gut zu Fuß ist, nur wenige Treppen zu steigen. Schwerer haben es Behinderte
beim Anlandgehen und Anbordkommen über die schmalen Gangways vom Schiff zur
Pier. Doch es gibt immer viele helfende Hände und – wie es sich gehört – in
den Bussen reservierte Plätze in den ersten Reihen.
Restaurants
Unsere Platzwünsche, vor der Reise aufgegeben, wurden prompt erfüllt. Wir
hatten unseren Vierertisch zur ersten Tischzeit am Abend – um 18 Uhr, mit
zwei Stewards, die während der ganzen Reise unsere blieben, und einem
Weinkellner, dessen Revier etwas kleiner hätte sein können. Die feste
Tischordnung mit zwei Sitzungen (um 18.00 und um 20.00 Uhr) galt nur zum
Abendessen im Waldorf Restaurant (auf dem Promenadendeck) mit a la carte
Kreationen. Wer sich lieber vom Buffet bediente, dem stand der Übersee Club
auf dem Bootsdeck offen zum Frühstück, zur Bouillon, zum Lunch und zum
Abendessen. Das Waldorf Restaurant war ebenfalls zum Frühstück als
Buffet und zum Lunch (a la carte) bei freier Platzwahl geöffnet.
„Vom Festival
der Sinne”
sprach der Katalog von TransOcean Kreuzfahrten bei der Vorstellung der
Restaurants – und dem mochte man weitgehend folgen. Der Küchenchef und seine
Brigade verdienten das Lob, das ihnen bei der Eisparade zum abschließenden
Captain’s
Dinner gespendet wurde. Bezahlbar und gut die Weine aus aller Herren Länder.
Überraschend war das Angebot, ohne Aufpreis zwei Spezialitäten Restaurants
mit wöchentlich wechselnden Menüs zu nutzen, um etwa in kleinem Kreis zu
feiern.
Das Romantic
Dinner am 30. Juni, gekocht von Stephan Lorenz, begann mit einem Rose
Tomatenschaum im Gourmetlöffel, dem ein Schafskäse-Zucchiniwickel mit mildem
Cajun Pfeffer folgte. Danach gab’s
geschmorte Kalbsbäckchen mit Cassis Jus an gebratener Kürbiskern-Polenta,
Heilbutt und Scampi a l’orange zu
Fischkäseravioli, Supreme von Cairina Ente zu lauwarmem Vanille-Rotkraut und |
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Rosmarin-Kartoffelnudeln.
Den Abschluss bildete geeister Thymian Honigschaum
mit Ananassalat. Zum Menü empfohlene Weine lagen zwischen 26,50 € und
98,00 €.
Bars
Im Captain’s
Club auf dem Promenaden Deck fanden wir die erste, oben auf dem Brückendeck
die zweite Bar – mit einem Innen- und einem Außenbereich. In beiden wurden
auch Wünsche nach ungewöhnlichen Cocktails gern erfüllt und erinnert. Durst
musste also niemand leiden, es sei denn, er wollte auch im zweiten Teil der
Reise sein dunkles irisches Bier oder einen der rauchigen Malt-Whiskies
genießen. Die Malts waren ausgetrunken und wurden auf dieser Reise nicht
nachgeordert, anders als das Guinness Bier, das dann am vorletzten Tag doch
noch mal an Bord verfügbar war. Barkeeper und Stewards waren auf dieser
Reise weniger gefordert als sonst. Ein volles Programm scheuchte Gäste nach
der abendlichen Show bald ins Bett, weil die ersten Ausflüge sehr früh
starteten.
Haut und Haar
Ganz unten legte man Hand an – im Wellness-Bereich auf dem Caribic Deck.
Überraschenderweise wurde der Schiffsarzt nicht, wie sonst üblich, mit den
Offizieren und den Leitenden vorgestellt. Wir hörten von seinem Tun nur von
einer Tischnachbarin, sahen ihn selber nie. Häufiger hörten und sahen wir
dagegen, was im Wellnessbereich getan wurde an Massagen, Masken, Maniküre,
Pediküre, Gesichts- und Haarbehandlungen. Hier gab es auch den Pool fürs
morgendliche Schwimmen und die Sauna, mal gemischt, mal getrennt, die mit 60
Grad Seele und Körper gut tat.
Programm und Ausflüge
In zehn Tagen 42 Ausflüge anzubieten und durchzuführen, konnte sich sehen
lassen. Weil die Landausflüge bereits im Katalog beschrieben waren,
beschränkte man sich an Bord bei den Vorstellungen vor den Buchungen eher
auf Lichtbilder und rasche Ergänzungen. Die Durchführung gelang fast immer
reibungslos. Wer sich im Land auskannte, hätte weitere oder andere Ausflüge
lieber gehabt, die nicht nur zu Gebäuden und Gärten führte, sondern auch
Leben und Treiben zeigte, etwa Fischmärkte oder Tweedweber. Fast unbemerkt
vom Gros der Gäste wurden Gartenfreunde und Golfspieler versorgt und waren
voll des Lobes.
Das Unterhaltungsprogramm abends mischte Standards aus Musicals zum Beispiel
oder Tanzauftritte des bordeigenen Ensembles zur Musik der bordeigenen Band,
die für jeden Reiseteil gleich blieben, geschickt mit aktuellen Vorträgen zu
Land und Leuten. Man konnte Whiskykenner werden und lernte kennen, was der
schottische Dudelsack hergab. An Seetagen weitete sich das Programm aus zu
gemeinsamem Lernen der Anfangsgründe vom Englischen, dem rechten Einsatz der
eigenen Digitalkamera, oder ersten Versuchen in der Kunst von Bridge im
Kartenspielzimmer. Wer lieber ein stilles Vergnügen suchte, konnte sich zum
Lesen in die Bibliothek zurückziehen.
Der Club der Stammgäste
Wie vergleichbare Kreuzfahrtschiffe hat auch die
MS ASTOR ihren Kundenstamm, aus dem sich
immer ein satter Teil der Gäste rekrutiert. Die kennen dann ihre
Kreuzfahrtdirektorin, ihren Kapitän, den Hoteldirektor, den Reiseleiter, die
Dame im bordeigenen Reisebüro und manchmal sogar den einen oder anderen
Steward, der schon lange an Bord ist. Auf der ASTOR
ist es der Club Columbus, der seinen Mitgliedern u.a. Preisermäßigungen bis
zu 15 Prozent bei Landausflügen und besondere Versicherungsleistungen bietet
und sie gelegentlich an Bord zu geschlossenen Veranstaltungen einlädt.
Preise an Bord
Die MS ASTOR
zählt man zu den Vier Sterne Schiffen und diesem Niveau entsprechen die
Preise an Bord. Beck’s
Bier vom Fass kostet 1,90 € (0,2 l), der Dry Martini Cocktail 4,50 €,
Apollinaris in der Literflasche 3,40 €, ein Espresso 1,70 €. Die Auswahl an
Weinen auch unter 20 € ist erfreulich groß. In den Boutiquen gibt es immer
mal wieder Sonderangebote für Garderobe oder Kosmetik, für das Video der
ganzen Reise verlangt der Kameramann 99 €. Wer in der Wellness Oase eine Hot
Stone Massage von 90 Minuten Dauer genießt, zahlt dafür 135 €, eine
klassische Maniküre kostet 45 €, ein Tages Make-up 25 €, für Haarewaschen,
Schneiden und Föhnen zahlen Herren ab 26 €, Damen für Waschen, Schneiden,
Föhnen inklusive Festiger und Spray und einer Gratis-Schnellpflege ab 58,50
€.
Was ein Schiff ausmacht
Mehr noch als das Layout des Schiffes und die Angebote auf der Reise
bestimmen die Menschen, die führen und ausführen, den Charakter eines
Schiffes. Die Führenden wirken auf der MS ASTOR eher unsichtbar. Natürlich war die
Kreuzfahrtdirektorin immer ansprechbar, doch dieser Kapitän beschränkte sein
Erscheinen auf das gesellschaftliche Minimum, etwa auf die Galas am Anfang
und am Ende der Reise, bei der Mittelgala blieb er unsichtbar. Hoteldirektor
Larry Jackson hat ein offenes Ohr für die Wünsche seiner Gäste, doch nicht
immer dringen Wünsche etwa nach fehlenden Getränken, die an der Bar geäußert
werden, bis zu ihm vor. Ein Lob denen, die die Gäste unmittelbar bedienen,
im Service, in der Kabine, an der Bar und jenen namenlosen Filipinos, die
oben und unten an der Gangway immer freundlich lächelnd zupackend halfen.
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