Ließe man den Blick über die weite Bucht gegenüber der Hauptstadt von
Martinique gleiten und suchte dabei die Hafenanlagen nach einem weißen
Riesen ab, blieb man erfolglos. Erreichte man mit dem Transferbus den Hafen
von Fort de France und folgte den Schildern zum Kreuzfahrtterminal, starrte
man beinahe ins Leere. Denn wo man heutzutage üblicherweise einen
hochhaushohen und mehrere Fußballfelder langen, schwimmenden Koloss erwarten
würde, duckte sich hinter der Abfertigungs-Halle die elegante Silhouette
einer Yacht. Niemand vermisste die üblichen Völkerscharen an mehreren
Dutzend Schaltern für eine komplexe und präzise organisierte Einschiffung.
Mit fast entspannter Leichtigkeit wurden Reisepass und Ticket eingesammelt,
das Gepäck mit einem freundlichen Lächeln entgegengenommen, und von allen
Seiten tönten begrüßende Worte, während man sich dem dunkelblauen Rumpf mit
der weißen Aufschrift LE LEVANT
näherte.
Die Begrüßung beim Erklimmen der schmalen Gangwaytreppe hätte aus dem Film
„Cabaret”
stammen können; „Willkommen, Bienvenue, Welcome”.
Auch wenn die Reederei Compagnie du Ponant ihren Sitz in Frankreich hat, die
Muttersprache daher Französisch ist, versteht sich die Flotte ihrer Schiffe
als internationale Reederei, womit Englisch als Bordsprache
selbstverständlich ist; und selbst Deutsch stellte für einige Crewmitglieder
kein Problem dar. An Bord angelangt wurde man mit einem beherzten Handschlag
und von freundlich blitzenden Augen einer zierlichen, jungen Dame begrüßt,
die sich zur Überraschung mancher als die sehr engagierte
Kreuzfahrtdirektorin herausstellte. Die Einschiffung aller Kreuzfahrer
dauerte nur eine knappe halbe Stunde. Kein Wunder, denn obwohl alle Kabinen
belegt waren, reisten nur rund achtzig Gäste auf der Expeditionsyacht. Deren
Länge von lediglich einhundert Metern hätte eher die Vermutung eines
Flusskreuzfahrtschiffes aufkommen lassen. Dass dieser Ozeankreuzer trotz des
hochseetauglichen Tiefgangs von 3,5 Metern und komfortabler 14 Meter Breite
tatsächlich wenig später zu einem Flusskreuzer mutieren würde, war den
erlebnishungrigen Reisenden bereits bewusst, bevor er die französische
Karibikinsel verließ.
Grenada war nur das Vorspiel für die Höhepunkte, die
auf dieser Expeditionskreuzfahrt noch folgen sollten. Die zu den souveränen
Mitgliedsstaaten des Commonwealth gehörende Insel war die ideale
Destination, sich zu akklimatisieren. Während in heimischen Gefilden
feuchtkalte Witterung Einzug hielt, galt es hier, sich an die feuchtheißen
Tropen zu gewöhnen. So individuell die Gäste an Bord waren, so individuell
waren auch ihre Unternehmungen. Während die einen bei einem Bummel durch die
Hauptstadt St. George die durch die französische sowie die britische
Kolonialzeit unterschiedlich geprägte Architektur und die darüber gelegenen
Festungen erkundeten, machten sich andere daran, das an Bord gelebte
„Laissez-Faire” auch an Land zu genießen. Der mehrere Kilometer lange Grand
Anse im Südwesten der Insel bot mit seinem türkisblauem und etwa 28 Grad
warmen Wasser ideale Bedingungen. Erlebnisreicher waren die
Ausflugsteilnehmer unterwegs. Bei einer Rundfahrt über die üppig grüne Insel
vulkanischen Ursprungs lernten sie den Exportschlager der Insel kennen:
Gewürze wie Zimt, Muskat, Ingwer und Nelken. Die anschließenden kleineren
Wanderungen auf dem bergigen Terrain zu den im Regenwald gelegenen
Wasserfällen waren eher organisierte Entdeckungen im Vergleich zu dem, was
in den kommenden Tagen zu erwarten war. Das erfuhren alle Reiseteilnehmer,
nachdem LE LEVANT
Grenada in Richtung Südamerika am frühen Nachmittag verlassen hatte.
Reisen der Ponant Yachtkreuzfahrten, wie sie auf dem
deutschen Markt zum deutlicheren Verständnis genannt werden, sind neben der
schiffseigenen Kreuzfahrt- und Reiseleitung zusätzlich von Naturkundlern
begleitet. Insgesamt standen vier Wissenschaftler zur Verfügung, jeder von
ihnen mit einem anderen Themen-Schwerpunkt; mal als Kenner der Flora, mal
als Experte für Insekten, ebenso ein Reptilienfreund wie ein Ornithologe. In
Zusammenarbeit mit der Kreuzfahrtdirektorin wurden die jeweiligen Tage
einerseits ideal auf die geplanten Touren abgestimmt als auch andererseits
bei regelmäßigen Treffen den Gästen vorab vorgestellt. Dabei fehlten neben
der Beschreibung der geplanten Tour weder relevante Sicherheitshinweise, zum
Beispiel zur Nutzung der Expeditionsschlauchboote, noch die nützlichen Tipps
bezüglich Kameraeinsatz oder Mückenabwehr. Zusätzlich standen die
Naturkundler während der Fahrt jederzeit für Fragen zur Verfügung und gaben
in leichtverständlichen Lektoraten interessante Themen zum Besten, wie
„warum singen Vögel”
oder „Tarnung in der Natur”.
Charmant machten sie die Mitreisenden darauf aufmerksam, die Sinne für die
kleinen Schönheiten zu schärfen, mit scharfem Blick das Versteckte zu
entdecken: „Erwartet nicht, wie in Ostafrika die ‚Big Five‘ auf dem
Silbertablett serviert zu bekommen. Der Regenwald ist der natürliche Schutz
der Tiere, auch vor dem Menschen, auch vor unseren Blicken”.
Am nächsten Morgen war es soweit. Die Farbe des
tiefblauen Meeres änderte sich in eine beigebraune Brühe. Die seichten
Gewässer des „Boca Grande”,
des großen Mundes, der den Zugang zum Orinoco-Delta darstellt, waren
erreicht. Wegen des aus dem Delta ausgespülten, die Wasserfarbe bestimmenden
Sandes, muss ein Schiff dort exakt in einer vergleichsweise schmalen
Fahrrinne manövrieren, da außerhalb dieser das Wasser teilweise nur ein bis
zwei Meter tief ist. Mit einem schnellen, speziell konstruierten Boot kam
ein Lotse an Bord. Mit ebenso schnellen, jedoch erheblich schlichter aus
Holz gezimmerten Booten eilten die ersten Neugierigen heran und zogen nach
einem kurzen Winkvergnügen mit ihren Außenbordern an dem Yachtkreuzer
vorbei. Kreuzfahrtschiffe sind in dieser Region eine Seltenheit, so dass
sich manchmal eher der Kreuzfahrtgast als die Attraktion für die
Einheimischen fühlen konnte, statt umgedreht.
Mit fast 20.000 Quadratkilometern und einer
Küstenlinie von etwa 370 Kilometern ist das Orinoco-Delta eine der
weitläufigsten Flussmündungen weltweit. Im Delta verzweigt sich der Orinoco,
der durch in die massiven weiter westlich in Venezuela und Kolumbien
niedergehenden Regenmassen als einer der vier wasserreichsten Flüsse der
Welt gilt, in mehrere Flussarme. Wir befuhren den von West nach Ost
verlaufenden größten und bedeutendsten Arm, den Rio Grande. Dieses Labyrinth
aus hunderten von Flussarmen und deren Nebenflüssen und Seitenarmen ist
sowohl das natürliche Habitat für eine Vielzahl von Tieren als auch der
Lebensraum von über 20.000 Warao-Indianern. Diese entweder als
Marschlandbewohner oder als Bootsmenschen bezeichneten Indianer konnten sich
jeglichen Angriffen oder Kolonialisierungsversuchen der Vergangenheit
widersetzen. So leben sie auch heute traditionell und nach schamanischem
Wissen, wenn auch vorwiegend katholisch missioniert, in viele kleine Dörfer
verteilt. Wenn auch im Alltag und im Status weitgehend gleichberechtigt, bei
den Warao haben die Frauen das Sagen.
Bereits einige Flusskilometer vor dem geplanten
ersten Halt konnten an den Ufern der Rio Grande die spartanischen
Pfahlbauten der Warao-Indianer entdeckt werden: dünne Baumstämme als
Grundkonstruktion, mit einem palmblattgedeckten Giebeldach, zumeist ohne
Wände, beziehungsweise mit Stoffbahnen verhängte Seiten, darin lediglich
sich sanft im Wind wiegende Hängematten. Doch fast jede dieser Hütten
besitzt eine eigene Solaranlage. Die Einheimischen begegneten der
blau-weißen Yacht mit einer Mischung aus freundlicher Zurückhaltung und
kindlicher Neugier. Vereinzelt traten sie aus ihren Hütten, die Kinder
turnten ein wenig auf den Bootsstegen, und der eine oder andere,
handgeschlagene Einbaum näherte sich und zag nach kurzem Blickkontakt
weiter.
Eine dieser Ansiedlungen ist Arature am
gleichnamigen Seitenarm des Orinoco. Dort wurde am Mittag der Anker gesetzt.
Die Matrosen machten die acht an Bord befindlichen Expeditionsschlauchboote
startklar. Sie wurden zu Wasser gelassen und zum Heck des Expeditionsschiffs
gefahren. Dort befindet sich eine speziell für diesen Zweck konzipierte
Plattform in geringer Höhe über der Wasserlinie. Nach nochmaliger Ermahnung
hinsichtlich der Sicherheit und der Nutzung der obligatorischen
Rettungswesten, durften die Gäste diese sogenannten Zodiacs besteigen;
jeweils lediglich sieben bis zehn Personen. Sehr angenehm, dass die nicht
französischsprachigen gemeinsam auf Englisch geführt wurden. Mit dem
Vorschub der sehr leisen Außenbordmotoren fuhr jedes Team seine kleine
eigene Expeditionsroute in Nebenarme des Arature – zumindest soweit die
engen Wasserwege es zuließen, bevor sie zugewuchert oder von umgestürzten
Bäumen versperrt waren. Bei der ersten Entdeckungstour stand die Vegetation
im Vordergrund. Bei intensiver Betrachtung wurde aus dem einheitlichen Grün
eine Vielfalt von Grüntönen. In den Ästen tauchten Tillandsien – auf der
heimischen Blumenbank meist auf losen Steinen sitzende Bromelienart – auf.
Auf im Wasser treibenden Baumresten wucherten rot leuchtende Pilze. Als
Elefantenohr bekannte Alocasien wucherten am Ufer. Ebenso konnte eine
Vielzahl von Blatt- und Blühpflanzen entdeckt werden, die man sonst nur im
exotischen Blumenstrauß, im botanischen Gewächshaus oder als niedliche
Zierpflanze kennt; manche auch als
dekorative Möbel: die Wasserhyazinthe.
Für nur wenige Stunden wurden die Zodiacs wieder an Bord genommen.
Während der Tea-Time und einem warmen, tropischen Regengusses war der Anker
gelichtet worden und LE LEVANT
fuhr den Rio Grande weiter flussaufwärts, um während eines farbenfrohen
Sonnenuntergangs erneut Anker zu setzen: El Arroyo. Für diese abend-
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liche, teils in Dämmerung, teils in Dunkelheit stattfindende
Expedition war vor einer zusätzlichen Gefahr ausdrücklich gewarnt worden.
Jeder der Gäste nahm die Warnung ernst und präparierte sich entsprechend.
Im Restlicht der Dämmerung waren nur noch die
schwarzen Umrisse des Regenwaldes zu erkennen. Das Licht des Schiffes ließ
keine sofortige Anpassung der Augen zu. Doch nachdem die Schlauchboote auf
Distanz waren, konnte man wieder die Uferlinie besser erkennen. Die
Naturkundler waren bewaffnet: mit einem starken Strahler leuchteten sie die
im Wasser treibenden Seerosen, die Büsche, die Bäume ab, waren auf der Suche
nach den bemerkenswerten Kleinigkeiten. Manche waren ganz klein, z.B.
Glühwürmchen mit ihren Lichtsignalen. Manche waren sehr schnell, besonders
die unzähligen Fledermäuse, die neben den Booten oder niedrig über der
Wasseroberfläche nach Insekten jagten. In Wipfeln schlafende Reiher oder auf
Blättern treibende Frösche waren eher geduldig. Geduld mussten auch die
Kreuzfahrer haben, um einen Kaiman zu sichten. Bei vereinzelten
Schlauchbootteams wurde diese Geduld auch belohnt. Dagegen bestraft wurden
all diejenigen, die die Warnungen nicht ernst genommen hatten. Doch auch
beste und konsequente Vorbeugung nützten nicht bei jedem. Trotz empfohlener
langärmliger, langbeiniger und heller Kleidung und trotz Einsprühens aller
unbedeckten Hautpartien mit bewährten Repellents, hielten die Unmengen von
Stechmücken nicht davon ab, sich auch ihren Weg durch das Gewebe der
Kleidung zu suchen.
Nach einem späten Abendessen wurde der Anker
gelichtet. Am folgenden Morgen erreichte die Yacht den Hafen von Puerto
Ordaz; genauer gesagt Ciudad Guayana, die aus der Altstadt San Felix und der
Neustadt Puerto Ordaz besteht. Diese Stadt ist mit über einer Million
Einwohnern nicht nur eine der größten Städte des Landes, sondern auch eine
der am schnellsten wachsenden. Die größte Bedeutung hat die Stadt einerseits
durch Mineralien- und Eisenhandel, als auch andererseits durch die
Verarbeitung von Aluminium. Hier mündet der Caroni River als einer der
bedeutendsten Zuflüsse in den Orinoco. In der Doppelstadt wird der Fluss für
ein Wasserkraftwerk mit der Macagua-Talsperre aufgestaut. Dieser Fluss
bestimmt auch das sonst eher funktionale Stadtbild, da an seinen Ufern die
Städteplaner Naturflächen als öffentliche Parks erhalten haben. Weil die
Natur dafür erhalten und geschützt wurde, störte die stadtnahe Lage weder
die Tier- noch die Pflanzenwelt. Im Cachamay Park erläuterten die
Naturkundler den Bau von Termitenhügeln, zeigen, wie man lebendige Termiten
naschen kann, und weisen auf versteckte Plätze der Nester von Taranteln hin.
Während die durch Seitenarme des Caroni gebildeten
Seen ein geruhsamer Lebensraum für eine Vielzahl von Fischen, Vogelarten und
Libellen sind, stürzt mit lautem Getöse der gigantische Wasserfall des Caroni über die Felsen. Die
Gewalt des Wassers wird deutlich. Nebelartig erhebt sich Wasser aus der
Gischt des Aufpralls, um wenige Meter weiter wie ein Regenschauer am Ufer
nieder zu gehen. Hier blieb keiner der Besucher trocken. Das Wasser umspielt
Felswände, klatscht in Stufen auf die Steine darunter, spiegelt die Ufer
wieder und schlängelt sich in aller Ruhe weiter durch sein Flussbett.
Gänzlich unbeeindruckt davon saß ein grüner Leguan in der Sonne dösend auf
einem Ast.
Nur wenige Busminuten entfernt, genau auf der
gegenüber liegenden Seite des Wasserfalls befindet sich der La Llovizna Park.
Auf ganz andere Weise
spielte hier Wasser auch eine Rolle. Neben weiteren, teils gut versteckten
Tierarten leben hier einige Rudel Kapuzineraffen. Hier stellte sich erneut
die Frage, wer beobachtet wen. Diese schlauen Kerlchen wussten genau, wie
sie ihren Besuchern etwas entlocken konnten. Mit ihrem treuen Blick,
zuckenden Augenbrauen unter dem namensgebenden, dunklen Haarschopf, näherten
sie sich bis auf eine Sicherheitsdistanz, um in unbemerktem Augenblick etwas
ihnen spannend oder essbar erscheinendes zu entreißen. Sehr menschlich
wirkten sie: so gemeinschaftlich sie sich solche Beute erjagen, so neidisch
streitend sie sich diese dann untereinander wiederum abspenstig machen. Sehr
viel Geschick zeigten sie mit geklauten, halbvollen Wasserflaschen. Schnell
auf einen Ast in Sicherheit gebracht, wurden Schraubdeckel in Windeseile
geöffnet. Saßen diese zu fest, wurde ein Loch in den Flaschenboden
gehämmert.
Nachdem das zierlich erscheinende Kreuzfahrtschiff
den funktionellen Industriehafen am Abend verlassen hatte, fuhr es wieder
flussabwärts. Noch vor Morgengrauen wurde die Ansiedlung El Toro erreicht, wo zwei Zodiactouren
geplant waren. Nach einem 5-Uhr-Frühstück startete eine weitere Tour in die
dschungelartigen Wasserwege. Teilweise ist das Gestrüpp sehr dicht und
unwegsam. Ein mehrfaches Aufsetzen des Außenborders auf einem flach unter
der Wasseroberfläche liegenden Baumstamm wird mit einem gelassenen
Schulterzucken quittiert, einer von darüber ziehenden Zweigen erfassten
Videokamera folgt ein rettender Hechtsprung. Doch die Zeit des
Sonnenaufgangs sollte sich als die ideale herausstellen. Mit dem Verlauf des
Morgens änderte sich auch das Erlebnis, besonders in der Vogelwelt. Hier
scheint jeder seine Zeit zu haben ...
Während Eisvögel
bereits mit den ersten Sonnenstrahlen niedrig über die Wasserfläche jagen,
stehen Reiher noch wie dösend am Ufer. Die
Kormorane starten kurz danach auf ihre
ersten Beutezüge. Die Greifvögel müssen sich noch etwas gedulden, bis die
Thermik sie in die Lüfte trägt. Ständig mit Augen und Kameras auf der Jagd
nach noch Unentdecktem wurde dieses Interesse der Reisenden belohnt. Einer
der seltenen und scheuen Süßwasserdelphine
zog seine Bahnen; oft genug, um von vielen gesehen zu werden, immer wieder
an verschiedensten Stellen auftauchend, stets zu schnell für die Fotokameras
wieder abtauchend. Für die Kameras im Laubwerk der hohen Bäume kaum
sichtbar, verhielt sich eine Familie roter
Brüllaffen sehr leise.
Nach diesen Höhepunkten kehrten die Gäste für ein
zweites Frühstück wieder zurück an Bord. Noch am selben Morgen konnten die
Reisenden der Ansiedlung El Toro einen
Besuch abstatten. In dem entlang des Flussufers angelegten Dorfes leben in
einer Ansammlung von einfachen Holzhütten rund 400 sogenannte Riverenos und
erlaubten den interessierten Reisenden einen kleinen Einblick in ihr Leben.
Ein vor Hochwasser schützender Steg zieht sich durch das Örtchen. In einer
leeren Hütte schaukelt ein Baby in einer Hängematte. Fröhlich lachen
blitzende Augen aus dunklen Gesichtern. An einer Hüttenwand hängt eine
Krokodilhaut zum Trocknen. Kinder kicken auf einem betonierten Fußballplatz.
Auf einer Feuerstelle glimmt die letzte Glut. Hunde schleichen vorbei.
Kichernd lächeln junge Frauen unter dem Vordach des sogenannten Hospitals
herüber. Ein trotz Tropenhitze mit Strickmütze geschütztes Baby wird
gestillt. Auf einem Tisch werden frisch gefangene Piranhas für das
Mittagsessen vorbereitet. Alles sehr idyllisch, sehr authentisch. Erheblich
lebendiger ging es in den Räumen der Schule zu. Hier wurde für den Kapitän,
für die Crew und für die Gäste der LE LEVANT
ein kleiner Empfang mit Liedern und Tänzen der Kinder vorbereitet. Das
Strahlen glücklicher Kinderaugen, das Lachen neugieriger Gesichter lässt
machen der Besucher sentimental werden. Als Dankeschön überreicht die
Schiffsleitung einige Geschenke. An Bord hatte man zu Sachspenden
aufgerufen, um willkürliche Schenkereien und potentielle Bettelei zu
vermeiden.
Nachdem das Orinoco-Delta wieder verlassen worden
war, erreichte die Yacht die Inselgruppe von
Trinidad und Tobago früher als geplant. Das nutzte der Kapitän, um
von der eigentlichen Route abzuweichen und als Überraschung mit einigen
Schnörkeln, Achten und Schleifen Tobago, die vorgelagerten Inseln mit ihren
karibisch bunten Häusern, sowie eine Ölbohrinsel zu umrunden. Nach dem
Anlegen im Hafen von Port of Spain ließ es
sich fast kein Gast nehmen, an dem Ausflug in den
Caroni Sumpf teilzunehmen.
Bei einer Tour mit den lokalen Ausflugsbooten kurz
vor Sonnenuntergang fuhren die Ausflugsteilnehmer durch die Mangrovenwälder.
Auch hier konnte die Natur die zwischenzeitlich verwöhnten Reisenden
begeistern. Nachdem zunächst zwei Baumpythons
die Attraktion waren, wurde am Rande eines Sees Stellung bezogen. Hier ist
der rote Ibis der Star. Täglich stets zur
gleichen Zeit, wenn die Sonne sich langsam senkt, kommen diese Stelzvögel
von ihren Futterplätzen auf den vorgelagerten Inseln zurück, um sich auf
ihren Schlafbäumen zu sammeln. Ein einzigartiges Naturschauspiel, wenn
Scharen dieser Art einschweben, um zu Hunderten ihre Plätze einzunehmen.
Besonders in der untergehenden Sonne leuchten die roten Kleckse in den
Bäumen wie Weihnachtskugeln.
Nach so viel Wissen, derart viel Natur hatten sich
die Kreuzfahrer noch die Belohnung verdient, noch einen Tag mit süßem
Nichtstun zu genießen. Aber sogar auf der unbewohnten Badeinsel konnten
Pelikane, Perlechsen und Seeschildkröten die neuen Hobbynaturkundler von der
Faulenzerei abhalten. Als krönender Abschluss hatte die Expeditionsyacht vor
einer Insel der Tobago Kays Anker geworfen. Hier warten weiße, feine
Sandstrände unter Palmen, türkisfarbenes, warmes Wasser bei strahlendem Sonnenschein. Dazu hatte die Crew
zunächst schwimmende Snacks und Cocktails, die in der sanften Brandung
gereicht wurden. Anschließend wurde ein karibisches Buffet am Strand
gezaubert.
Am Ende der Reise wusste vermutlich jeder, warum er
gerade diese Route und dieses Schiff ausgesucht hatte. Die kleinen Dinge
waren ganz große Momente.
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