AUSGABE 5/2012
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Egon Giebe · Herausgeber + Chefredakteur

 

 

Risiko: Offene Schotten

Liebe Leser, wir erinnern uns: Am 13. Januar 2012 läuft das Kreuzfahrtschiff COSTA CONCORDIA der Reederei Costa Crociere vor der italienischen Insel Giglio auf einen Felsen auf und bekommt Schlagseite. 30 Tote sind zu beklagen, zwei Menschen werden noch immer vermisst.

Der Markt der Kreuzfahrten brilliert seit Jahren mit zweistelligen Zuwachsraten, den stärksten im Tourismus. Einen Einbruch wird der boomende Markt auch nach der Havarie der COSTA CONCORDIA nicht verkraften müssen. Im Gegenteil: Der Trend zu immer größeren Schiffen mit immer mehr Passagieren hält an. Laut Cruise Market Watch werden Ende dieses Jahres 256 Kreuzfahrtschiffe mehr als 20 Millionen Passagiere über die Weltmeere geschippert haben – ein Zuwachs von 5,6 Prozent gegenüber 2011.

 

Allein in Deutschland hat sich die Anzahl der Urlauber, die eine Kreuzfahrt gebucht haben, innerhalb von zehn Jahren mehr als verdreifacht.

Bei einem gravierenden Notfall auf einem solchen Ozeanriesen stehen die Verantwortlichen vor der Aufgabe, die Einwohnerzahl eines ganzen Dorfes zu evakuieren, unter Umständen nachts, bei schlechtem Wetter, hohem Wellengang, unter Zeitdruck. Ist dieses Problem überhaupt zu bewältigen, und wenn ja, wie? Und sind die geltenden Sicherheitsvorschriften angesichts der Ausmaße der Schiffe noch ausreichend? Diese zentrale Frage veranlasste den ADAC mit seiner Erfahrung aus jahrelangen, regelmäßigen Fährentests einen ersten Test von Hochsee-Kreuzfahrtschiffen aufzulegen. Im Fokus standen zehn internationale Fahrten im Mittelmeer. Der Test erschien in der August-Ausgabe der ADAC-Motorwelt.

Ausgewählt wurden die Schiffe MSC ORCHESTRA, MSC FANTASIA und MSC SPLENDIDA der Reederei MSC Crociere, ADVENTURE OF THE SEAS und NAVIGATOR OF THE SEAS der Royal Caribbean International, AIDAbella und AIDAdiva der Aida Cruises, COSTA FASCINOSA und COSTA SERENA der Costa Crociere sowie NORWEGIAN EPIC der Norwegian Cruise Line. Dabei handelt es sich immer um Schiffe der größten Branchenvertreter, die mehr als 2.000 Passagiere an Bord hatten.

Tester vor Ort waren nautische Sachverständige von den Vereinigten Nautischen Sachverständigen in Hamburg und der Halyard Survey in Rotterdam, die bereits bei den ADAC Fährentests im Einsatz waren. Die Projektleitung übernahm das Redaktionsbüro Zuschrott & Böhm aus München. Die Experten gaben sich zunächst als Touristen aus, nahmen an der obligatorischen Seenotrettungsübung teil und prüften an Hand einer Checkliste den Zustand des Schiffes sowie alle für Passagiere zugänglichen Sicherheitseinrichtungen. Nach diesem ersten Inkognito-Test gaben sich die Tester beim Kapitän des Schiffs zu erkennen, testeten in Absprache mit der Crew Schiffsbereiche, die Passagiere nicht betreten dürfen, klärten offene Fragen und diskutierten Mängel. Darüber hinaus ließen sich die Tester, wenn möglich, verschiedene Notfallübungen vorführen wie zum Beispiel die Brandbekämpfung oder Bergung von Verletzten.

Der Bewertung zu Grunde liegt eine Checkliste, die sich im Wesentlichen an der internationalen SOLAS-Konvention (The International Convention for the Safety of Life at Sea) orientiert. Die Checkliste ist unterteilt in die Kategorien Sicherheitsinformationen mit den Unterpunkten Informationen für Passagiere, Beschilderung und Markierung der Sicherheitseinrichtungen, Orientierung und Fluchtwege (Gewichtung 30 Prozent), Konstruktion und Stabilität mit den Punkten offene / geschlossene Schotten auf See, Überwachungs- und Sicherheitssysteme (10 Prozent), Brandschutz mit den Punkten Sprinkler, Rauchmelder und Feuerbekämpfung (20 Prozent), Rettungsmittel mit den Punkten Rettungsboote, -inseln und -westen (20 Prozent) sowie Sicherheitsmanagement mit den Punkten Seenotrettungsübung mit den Passagieren, Tester-Gespräche mit der Crew und Sicherheitsübungen (20 Prozent). Insgesamt standen rund 150 Prüfpunkte pro Test auf dem Programm.

Die für jedes Schiff ermittelte Punktzahl drückt sich aus in den Noten sehr gut, gut und ausreichend im positiven sowie mangelhaft und sehr mangelhaft im negativen Bereich. Quelle: ADAC

Ihnen eine sichere Reise in einen schönen Herbst, Ihr Egon Giebe

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Das Testergebnis im Detail
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