EDITORIAL | AUSGABE 6/2012 | ||||||
Egon Giebe · Herausgeber + Chefredakteur
Liebe Leser, in ganz Deutschland informierten am 27. Oktober Greenpeace-Aktivisten über den Schutz alter Buchen- und Eichenwälder. In etwa vierzig Innenstädten, unter anderem in Aschaffenburg, Marburg und Berlin suchten sie Baumpaten für 2300 alte Buchen im Spessart. „Mit den Baumpatenschaften kann sich jeder für den Schutz der Urwälder von morgen engagieren”, sagt Gesche Jürgens, Waldexpertin von Greenpeace. „Unsere Aktion soll ein Signal an die bayerische Landesregierung senden und ihr zeigen, dass der Schutz der Wälder den Menschen in Deutschland am Herzen liegt”. Anfang dieses Jahres hatten Greenpeace-Aktivisten im
bayerischen Spessart Daten von über 20.000 alten Buchen und Eichen erhoben
und in detaillierte Karten überführt. Bürger, die eine unentgeltliche
Patenschaft übernehmen, erhalten eine Urkunde mit den exakten Koordinaten
„ihres” Baumes. So können sie die Bäume
auf einer Karte genau zuordnen. Auf
www.greenpeace.de/baumpate können Bürger sich online über die
Patenschaften informieren.
Sie schützen das Klima, sind die Heimat vieler
Tier-, Pflanzen- und Pilzarten und Erholungsorte für uns Menschen:
Deutschlands alte Buchenwälder. Doch diese Urwälder von morgen sind bedroht.
Wälder wurden privatisiert und genutzt, die Forstwirtschaft umstrukturiert
und mächtig Holz eingeschlagen. Alles, um billig und schnell Holz zu
liefern. Greenpeace fordert deshalb einen sofortigen Einschlagstopp für alle
Buchenwaldbestände, die älter als 140 Jahre sind. Dieser soll solange
gelten, bis langfristig zehn Prozent der öffentlichen Bestände alter
Laubwälder auf zusammenhängenden Flächen aus der Holznutzung genommen und
dauerhaft geschützt werden.
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Laubmischwälder, wie sie in Europa schon ewig
wachsen, können sich auch in Zeiten des Klimawandels am leichtesten
anpassen. Denn die Natur kann es immer noch am besten. Zudem können sie noch
im höheren Alter das Klimagas CO2 aufnehmen und langfristig speichern. Damit
helfen sie den CO2-Gehalt in der Atmosphäre zu verringern. Mit jedem
verlorenen alten Laubwald wird das Klima weiter angeheizt und die Anpassung
an die Klimaerwärmung erschwert.
International existiert eine breite politische
Allianz zum Schutz der tropischen Regenwälder vor Abholzung. Dagegen ist
Deutschland beim Schutz von alten Wäldern ohne forstliche Nutzung schlimmer
als ein Entwicklungsland. Nur etwa ein Prozent der deutschen Waldfläche ist
den natürlichen Prozessen und den dort heimischen Tieren und Pflanzen
überlassen. Aber es gibt Hoffnung: Durch einen Beschluss der Bundesregierung
und des Bundestages sollen bis zum Jahr 2020 fünf Prozent der deutschen
Wälder geschützt werden. Da sich rund die Hälfte unserer Wälder in privater
Hand befindet, soll diese Quote erreicht werden, indem zehn Prozent der
öffentlichen Wälder aus der forstlichen Nutzung genommen werden. Dieser Plan
muss jetzt umgesetzt werden.
Im April 2011 hat Greenpeace ein Gutachten
veröffentlicht, das die Suchräume für Buchenwald-Schutzgebiete
identifizierte und im Januar 2012 forderte Greenpeace zusammen mit dem Bund
für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), dem NABU und dem Forum Umwelt
und Entwicklung einen sofortigen Einschlagstopp für alte Laubwälder in
öffentlichem Besitz. Obwohl Bürgerinnen und Bürger die Eigentümer dieser
Wälder sind, machen viele Bundesländer die Umweltdaten über besonders
wertvolle Bestände nicht öffentlich zugänglich. So hält auch Bayern wenig
von Transparenz und verweigert Angaben über die genaue Lage sowie
Holznutzungplanungen der Einzelbestände der öffentlichen Buchenwälder. Aus diesem Grund wurde Greenpeace selbst aktiv: Im
Februar und März waren Greenpeace-Aktivisten im bayerischen Spessart mit
GPS-Geräten unterwegs und erfassten knapp 24.000 ökologisch wertvolle alte
Buchen und Eichen. Die Umweltschützer haben Flächen von mehr als 6800 Hektar
erfasst und Luftbilder ausgewertet. Dabei deckten sie auf, dass die
Bayerischen Staatsforste (BaySF) mit ihrer Waldbewirtschaftung gegen
europäische Natura 2000-Richtlinien und das Bundesnaturschutzgesetz
verstoßen.
Aus Protest gegen diese illegale Bewirtschaftung der
Wälder im bayerischen Spessart haben Greenpeace-Aktivisten im April bei
Aschaffenburg Baumsetzlinge ausgetauscht und gesichert. Sie ersetzen etwa
1600 Nadelbaumsetzlinge der Baumart Douglasie durch junge Buchen und bauten
die eingetopften Pflanzen zwei Tage später vor dem Bayerischen
Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf. Nach dieser und weiteren Protestaktionen haben Forstminister Brunner und der Vorstandsvorsitzende der BaySF erstmalig eingelenkt: Während die BaySF zuvor sagten, dass es nichts zu kritisieren gäbe, verkündeten sie im Juni diesen Jahres einen vorübergehenden Pflanzstopp für die nordamerikanische Nadelbaumart Douglasie in einem Schutzgebiet. Außerdem sprachen sie sich gegen die Holznutzung in über 180-jährigen Buchenbeständen ‚in den nächsten Jahren’ aus. Sie veröffentlichten zudem Karten dieser Wälder aus
13 der 41 BaySF-Betriebe. Noch ist der Schutz nicht rechtlich abgesichert
und somit sind die Wälder nicht dauerhaft vor der Profitgier geschützt.
Zudem werden die viel größeren Flächen der über 140 jährigen Buchenwälder
weiterhin viel zu intensiv, naturfern genutzt. Ein echtes Schutzkonzept von
zehn Prozent der Bayerischen Staatswälder fehlt komplett. Im Oktober kehrten
die Aktivisten deshalb zurück in den Spessart, um weiter zu kartieren und
damit Transparenz für die Bürgerinnen und Bürger zu schaffen.
Ihnen, liebe Leser, eine schöne Reise in eine beschauliche Vorweihnachtszeit und freuen Sie sich auf Ihre nächste Flusskreuzfahrt, die bestimmt durch unsere schönen alten Buchen- und Eichenwälder führt, Ihr Egon Giebe |
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Aschaffenburg, 30. Oktober 2012 – Aktivisten von Greenpeace protestieren heute in einem Waldgebiet bei Aschaffenburg gegen die wirtschaftliche Ausbeutung der Wälder Bayerns. An alten Bäumen, die zur Abholzung für die beginnende Einschlagsaison markiert wurden, befestigen sie Schilder mit dem Symbol „Motorsägen verboten”. Die Ergebnisse der Kartierung des Gebiets lassen darauf schließen, dass Teile dieser Wälder älter als 180 Jahre sind. Erst im Juni hatten die Bayerischen Staatsforsten (BaySF) einen Einschlagstopp für solch alte Buchenwälder verhängt. „Nach Ansicht von Greenpeace verstößt der geplante Einschlag gegen die von der BaySF selbst gesetzten Kriterien. Der Vorstand der Staatsforsten muss dieses prüfen und den geplanten Einschlag stoppen”, sagt Gesche Jürgens, Waldexpertin von Greenpeace. In dem 125 Hektar großen Buchenwaldgebiet wurden 227
der insgesamt 2214 von Greenpeace kartierten alten Bäume zur Fällung
markiert. Seit zwei Wochen sind die Umweltschützer zum zweiten Mal im
bayerischen Spessart aktiv. Sie setzen die Kartierung der öffentlichen
Buchenwälder fort. Anfang dieses Jahres hatten Greenpeace-Aktivisten im
bayerischen Spessart dafür bereits Daten von über 20.000 alten Buchen und
Eichen erhoben und in detaillierte Karten überführt. |
Die kürzlich vorgelegte Bilanz der BaySF für das Jahr 2012 zeigt einen Holzeinschlag in Rekordhöhe: Die Abholzung ist von 2011 auf 2012 erneut gestiegen. Der hohe Holzeinschlag ist in den Wäldern sichtbar. Die Jahresbilanz zeigt, dass die BaySF die öffentlichen Wälder auf Profit ausrichtet, statt sie dem Gemeinwohl zu widmen. Die BaySF behaupten, der Bestand alter Buchenwälder nähme zu. Mit eigenen Vermessungen im Spessart hat Greenpeace jedoch dokumentiert, dass alte Buchenwälder systematisch zerstört werden. Da die bayerische Landesregierung die Daten der öffentlichen Wälder unter Verschluss hält, kann nicht überprüft werden, wie es um sie bestellt ist. Die Aufsichtspflicht über die BaySF hat
Forstminister Helmut Brunner (CSU). „Es ist die Verantwortung von Minister
Brunner, den Ausverkauf der bayerischen Wälder zu stoppen und den Erhalt der
alten Buchenwälder im Sinne der Bürger sicherzustellen“, sagt Jürgens. „Der
öffentliche Wald ist nicht dazu da, die Haushaltslöcher des Landes zu
stopfen”. Zudem weigert sich die bayerische Landesregierung, zehn Prozent
der öffentlichen Wälder zu schützen, wie es die Bundesregierung im Jahr 2007
beschlossen hat. Greenpeace fordert einen sofortigen, befristeten
Einschlagstopp für alle öffentlichen Buchen- und Laubwälder, die älter als
140 Jahre sind. Seit vergangenem Wochenende können Bürger eine
symbolische Patenschaft für die von Greenpeace kartierten Buchen übernehmen.
Auf www.greenpeace.de/baumpate
können Bürger sich online über die Patenschaften informieren. |
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