SRI LANKA | AUSGABE 3/2013 | ||||||
Der
von Mönchen bewohnte Tempelkomplex Wewurukannala Viharaya in Dikwella am
Südzipfel Sri Lankas. |
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Carsten Heinke Sri Lanka – Tempel, Tee und Wolkenmädchen Entdeckungen unter Buddhas Bäumen |
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Der Reichtum von Sri Lankas Flora und Fauna, aber
auch die Schätze seiner jahrtausendealten Kultur ließen Fremde immer wieder
glauben, auf der grünen Teeinsel im Indischen Ozean das Paradies gefunden zu
haben. Nach dem Ende des Bürgerkriegs kann man hier als Tourist tatsächlich
den Garten Eden erleben. Dikwella ist nicht zu verfehlen. Denn hoch über den dicht belaubten Kronen alter Ficusbäume thront Buddha über dem kleinen Ort ganz im Süden Sri Lankas, so groß und bunt wie sonst nirgendwo auf der Insel. Mit gekreuzten Beinen sitzend, auf dem erhaben gereckten Haupt – ein Softeis? „Nein, das ist die Flamme der Erleuchtung”, belehrt uns Lionel Nanayakarra, der Guide, mit leicht österreichischem Akzent. Das alpine Deutsch hat der sympathische Srilanker vor vielen Jahren als Kellner im Salzburger Land gelernt. Wie auch uns begleitet er heute Touristen auf Rundreisen durch seine Heimat. Den Tour-Stopp in Dikwella hat Lionel nicht allein wegen des beeindruckenden Buddhas ausgewählt. Die mit über 45 Meter Höhe landesweit größte Statue des Religionsgründers gehört zum Tempelkomplex Wewurukannala Viharaya. Touristisch noch weitestgehend unerschlossen, zählt die noch heute von Mönchen bewohnte Anlage zu den interessantesten ihrer Art. Besonders die Abteilung „Sünden und Strafen” zieht
uns in ihren Bann. Ganz naiv, kitschig und nicht jugendfrei wird hier
gezeigt, was passiert, wenn man nicht wie ein braver Buddhist lebt. Teufel
und andere Höllenfiguren malträtieren, zersägen, verbrennen die armen
Sünder, die alle sehr europäisch aussehen. Die Kolonialzeit unter
Portugiesen, Holländern und Briten war kein Zuckerlecken für das ehemalige
Ceylon! Der abschreckenden Inzenierung am Eingang folgt ein dunkler Gang mit
zahlreichen Zeichungen zum gleichen Thema. Ein Gruselkabinett mit
pädagogischem Anspruch. Die armen kleinen Mönche, denken wir. Doch die
machen einen ganz robusten Eindruck, raufen und spielen Fußball. Nebenan in den ältesten, rund 250jährigen Gebäuden des Tempels sind unzählige Darstellungen Buddhas zu sehen. In allen denkbaren Lebensformen, selbst als Tier oder Dämon, begegnet „der Erwachte” dem Betrachter. Er, der zu Lebzeiten jeden Kult um seine Person ablehnte, ist heute Gegenstand vielfältiger, oft götzenhafter Verehrung. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung Sri Lankas glauben an seine naturphilosophischen Lehren. Rund 15 Prozent, fast ausschließlich Angehörige der tamilischen Minderheit, sind Hinduisten. Der Rest gehört vor allem dem Islam und dem Christentum an. Seit Konvertierung Königs Devanampiya Tissa im Jahre
247 nach Christus ist der Buddhismus Hauptreligion des Landes. Zu den
wichtigsten buddhistischen Pilgerstätten auf der Insel gehören Sri Pada,
Buddhas angeblicher Fußabdruck auf dem Berg Adam’s Peak, die Dagoba von
Mahiyangana östlich von Kandy, der Bhodi-Baum und der Sri Dalada Maligawa –
der Zahntempel von Kandy. Da fahren wir jetzt hin – vorbei an den
malerischen Stränden von Weligama, vorbei an den Stelzenfischern von
Koggala. Stundenlang sitzen sie auf unbequemen Pfählen im Meer und warten
auf Touristen, die sie für gutes Geld fotografieren. Das bringt mehr als
Fische. Stau am Schuhregal. Wie an allen heiligen Plätzen des Orients sind unbeschuhte Sohlen Pflicht. Zum Glück, denn bei Temperaturen von über 30 Grad im Schatten ist es eine erfrischende Wohltat, barfuß über die kühlen Steinplatten zu laufen. Die namensgebende Reliquie des Tempels, ein Eckzahn des Erleuchteten, bekommt man normalerweise nicht zu sehen. „Nur alle paar Jahre, an bestimmten Feiertagen, wird sie aus ihrer Elfenbein-Kapsel geholt und gezeigt. Zumindest auf die goldenen Dagobas, unter denen die Reliquie ruht, kann man einen Blick werfen. Dreimal am Tag werden dazu die silberbeschlagenen Türen des Allerheiligsten unter Trommelwirbel geöffnet”, erklärt uns Lionel. Doch auch außerhalb der Prozessionen lohnt der Besuch, denn im Gegensatz zum bescheidenen Äußeren der Tempelgebäude überraschen die Innenräume mit üppigem Schmuck. Am interessantesten allerdings ist es, das turbulente Treiben im Zahntempel zu beobachten. Da es im Buddhismus kaum allgemein gültige religiöse Rituale gibt, kann den Erleuchteten offenbar jeder verehren, wie er will. Stehend, |
sitzend, liegend oder tanzend werden Gebete gemurmelt, gesungen oder vom Trommelklang übertönt. Vor dem heiligen Schrein ein Meer duftender
Lotosblumenopfer. Die Natur, die in der buddhistischen Lehre einen zentralen
Platz einnimmt, scheint sich mit der immergrünen Tropeninsel einen eigenen
Altar geschaffen zu haben. Der unbeschreibliche Reichtum der Pflanzen- und
Tierwelt Sri Lankas ließ Fremde schon vor vielen Jahrhunderten glauben, hier
das Paradies gefunden zu haben. Was der dichte Dschungel der Insel unseren Blicken
vorenthält, verrät ein Spaziergang durch den Botanischen Garten Peradeniya
in Kandy. Günstige Boden- und Klimaverhältnisse bewogen Könige bereits im
14. Jahrhundert, im Zentrum des Inselreiches einen Lustpark zu errichten.
Hier gedeiht alles, was die tropische Flora zu bieten hat: zahllose
Baumarten, manche von Blütengirlanden überwuchert, zauberhafte Palmenhaine,
Orchideen und betörend duftende Gewürzpflanzen. Überall wachsen sonderbare Früchte. Viele davon, wie
die große, grüne stachlige Jackfrucht, die nach Süßkartoffel schmeckt, kann
man essen. Andere entpuppen sich zu guter Letzt als ganz andere Lebensform –
etwa als Flughunde, die, wie kleine Regenschirme zusammengefaltet, zu
Tausenden an hohen Ästen baumeln. Mitten auf der Wiese des Botanischen Gartens ein runder, flacher Wald, der nur auf einem einzigen Baumstamm wächst – der wohl größte Ficus der Erde, dessen Laubkrone mehr als tausend Quadratmeter Boden überschattet und so schwer ist, dass sie vielfach abgestützt werden muss. Der Einklang mit der Natur verfolgt uns bis ins
Bett. Während draußen Frösche und Zikaden für eine gleichbleibende
Geräuschkulisse sorgen, bläst oder besser „knarrt” über mir ein Gecko sein
Halali zur Mückenjagd. Als sei es das Normalste von der Welt, huscht das
zierliche Echslein über die Zimmerdecke, um einige Meter weiter sofort
wieder in Bewegungslosigkeit zu erstarren und auf den nächsten Leckerbissen
zu zielen. Insektenschutz, ganz biologisch. Tierisch was los ist nach Sonnenuntergang auch in den Ruinenstädten des so genannten Kulturdreiecks nördlich von Kandy, wenn sich zwischen den Resten der jahrtausendealten Königspaläste und Dagobas die nachtaktiven Krait-Schlangen tummeln. Tagsüber lausen sich die Hutaffen auf den verwitterten Gemäuern, wenig beeindruckt von den vorbeiströmenden Besuchern. Hauptattraktion auf dem 40 Quadratkilometer großen
Ruinenfeld von Anuradhapura ist der Sri Maha Bodhi, ein Ableger des
Feigenbaums, unter dem Gautama Siddharta um 528 vor Christus erleuchtet
wurde. Das heilige Gewächs gilt als der älteste Baum der Welt. In
Polonnaruwa, der antiken zweiten Königsmetropole, beeindrucken vor allem die
vier aus dem Felsen geschlagenen Kolossalstatuen von Gal Vihara durch ihre
Größe und Schönheit. In kleineren Maßen, doch um so zahlreicher, erscheint
Buddha in den mit prächtigen Wandmalereien verzierten Felshöhlen von
Dambulla. Sein mit reichlich zwölf Metern inselweit größtes freistehendes
Ebenbild steht in Aukana. In Sigiriya, dem „Löwenfels”, spielen die spärlich
bekleideten Wolkenmädchen mit den Sinnen ihrer Betrachter. Der frische
Charme der farbigen, 1.500-jährigen singhalesischen Fresken macht die
Anstrengungen des Aufstiegs schnell vergessen und ermuntert, den Weg auf den
200 Meter hohen Monolithen fortzusetzen. Ganz oben stand einst ein
Luxusschloss. Neben Fundamenten sind noch Teile der ehemaligen Pool- und
Gartenlandschaft mit Panoramablick auf die bewaldete Ebene erhalten. Von den
vielen gut erhaltenen Ruinen der im fünften Jahrhundert erbauten Stadt
künden vor allem eine Reihe von Gräben, Wällen und künstlichen Teichen, die
mittels raffinierter Technologien eine permanente Wasserversorgung
gewährleisteten. Vorbei an den grünen Teppichen der Reis- und Teefelder geht die Reise zurück zur Küste. Das letzte Stück mit dem Tuk-Tuk, einem äußerst preiswerten Dreiradtaxi, das so heißt, wie es klingt und an das „Krause-Duo” in der DDR (ein überdachtes Moped mit Partnersitz) erinnert. Zum Abendessen gibt es Curries und Reis. Verblüfft erhält ein deutsches Kind ein Lob von einem einheimischen Kellner. Es hat mit den Fingern gegessen! In Sri Lanka gilt das als gute Sitte. www.srilanka.travel |
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Liegender
Buddha im Inneren des Tempels Wewurukannala Viharaya. Der nebenan im
Freien sitzende Buddha ist der höchste des Landes. |
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Von der Restaurant-Terrasse des Paradise Beach Mirissa genießt man einen traumhaften Blick auf Strand und Bucht. |
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Mit
einer möglichen Länge von mehr als 30 Metern und einem Gewicht von bis zu
200 Tonnen sind Blauwale die größten Tiere der Welt. |
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Mit
seiner hübschen, farbenfohen Architektur ist der Pilgerort Dewundara (auch
Dondra) bei Matara ein beliebtes Ziel für Touristen. |
Das
Stelzenfischen wird an den Küsten der Weligama-Bucht im Süden Sri Lankas
seit Jahrhunderten praktiziert. Heute verdienen die Fischer mehr Geld mit
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Die
malerische Altstadt von Galle, im 17. Jahrhundert von Niederländern gebaut,
ist heute die größte erhaltene europäische Festungsanlage in Südasien. |
Feiner
Sand und gewaltige Felsbrocken charakterisieren den
Strand nahe der Stadt Galle, die durch den Tsunami von 2004 schwer
beschädigt worden war. |
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Ein
Traumplatz für Romantiker ist das dicht bewachsene Mini-Eiland Taprobane,
das sich nur 50 Meter vom Welingama Strand unweit von Galle befindet. |
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Diese
Buddha-Statue zum Gedenken an die vielen tausend Tsunami-Opfer wurde Sri
Linka von Japan geschenkt. Sie steht in dem kleinen Dorf Peraliya in der
Nähe von Hikkaduwa. |
Der
kleine Ort Ambalangonda ist Sri Lankas Zentrum der Maskenschnitzerei. Das
Ariyapala Museum zeigt zahlreiche Beispiele des alten Kunsthandwerks. |
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Der Maduganga-Fluss im Südwesten Sri Lankas wird umringt von einem weitläufigen Feuchtgebiet mit reicher Flora und Fauna. |
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Die
dichtbewachsenen Ufer des Maduganga werden von 248 Wirbeltierarten bewohnt,
darunter von Makaken wie den Hutaffen. |
Die Bienenfresser des Maduganga geben beeindruckende Vorstellungen ihrer Fangkunst. |
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Das traditionelle Tänze
und Musik bei Touristen beliebt sind und oft wie hier bei Beruwala in
Hotels aufgeführt werden, hilft, die alte Kultur am Leben zu erhalten. |
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Die
Bewohner des Elefantenwaisenhauses in Pinawela (13 Kilometer von Kegalle)
lieben das Bad im Maya Oya Fluss. |
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Sri
Dalada Maligawa – der Zahntempel in Kandy – hütet einen Zahn Buddhas, der
die Stadt in den Teebergen zu einer der wichtigsten Pilgerstätten des
Buddhismus gemacht hat. |
Götterfigur
im Zahntempel von Kandy, der Hauptstadt des letzten singhalesischen
Königreiches.
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