„Herzlich Willkommen an Bord”. Kreuzfahrtdirektor
Christian Bertram und Hoteldirektor Jochen Schrempf begrüßen jeden Passagier
der MS EUROPA 2 an der Gangway in Dubai persönlich. Herzlich und zwanglos
geht es die ganze Reise über weiter. Menschenmassen und Hektik muss der Gast
an Bord des neuen Luxusliners aus dem Hause Hapag-Lloyd ebenso wenig
fürchten wie Captains-Dinner oder Abendkleider und Smoking. Schon die
Einschiffung ist so entspannt, leger und persönlich wie die gesamte Reise,
die unter dem Leitmotiv „Faszinierendes Indien und geheimnisvolles
Indochina” von Dubai nach Singapur führt.
18 Tage an Bord der im September 2013 von Douglas
Ward mit 5-Sterne-plus zum weltbesten Kreuzfahrtschiff gekürten EUROPA 2
liegen vor uns. 18 Tage, die nicht nur zu interessanten Zielen im Oman, in
Indien, Sri Lanka und Thailand führen, sondern vor allem mit zahlreichen
Urlaubstagen auf hoher See auch ausreichend Zeit bieten, das eigentliche
Reiseziel vieler enthusiastischer Passagiere zu erkunden: die MS EUROPA 2.
Seit Dana Schweiger das neue Flaggschiff von
Hapag-Lloyd Kreuzfahrten im Mai 2013 in Hamburg getauft hat, hat die MS
EUROPA 2 den Sommer 2013 auf zumeist einwöchigen Routen im Mittelmeer
verbracht. Anders als die gerade im Oktober 2013 bei der Hamburger
Traditionswerft Blohm & Voss für einen zweistelligen Millionenbetrag
aufgefrischte EUROPA, die nach wie vor für die klassische Variante der
5-Sterne-plus Kreuzfahrt steht, soll der neue Luxusliner eine jüngere und
internationalere Zielgruppe an Bord locken. Menschen, für die Zeit Luxus
ist, und die auf dem Schiff Individualität und Entschleunigung suchen.
Viel ist in den vergangenen Monaten über das
überragende Platzangebot der EUROPA 2 geschrieben worden. Und es stimmt:
Licht, Luft und viel, viel Raum ist an Bord dieses Schiffes im Überfluss
vorhanden. Schon beim Boarding auf Deck 4 erhält der Passagier einen ersten
Eindruck davon, was eine Reise auf diesem ersten Neubau von Hapag-Lloyd
Kreuzfahrten seit 14 Jahren ausmacht. Siegfried Schindler und Kai Bunge
haben mit ihrem Hamburger Architekturbüro Partner Ship Design ein ebenso
minimalistisches wie zeitloses Ambiente geschaffen. An diesem Design werden
sich künftige Neubauten anderer Luxusreedereien, wie die im Bau befindliche
SEVEN SEAS EXPLORER
der US-amerikanischen Gesellschaft Regent Seven Seas Cruises, messen lassen
müssen.
Auch wenn die neue EUROPA 2 bewusst mit vielen
Traditionen der Luxuskreuzfahrt brechen will, eines bleibt: Ein perfekter
Service durch eine aufmerksame und junge Mannschaft, die sehr stolz auf
„ihr” Schiff ist. Das Servicepersonal in den Restaurants, Bars und rund um
den 16 Meter langen Pool stammt nahezu ausschließlich aus Deutschland,
Österreich und der Schweiz. Viele Mitglieder des Serviceteams haben zuvor in
ersten Häusern der Hotellerie ihr Handwerk gelernt; die Namen Hotel de Rome
oder Adlon (Berlin), Bayrischer Hof (München) oder Brenner’s Park Hotel
(Baden-Baden) fallen auffallend häufig, fragt man Antonia, Tristan, Tobias
oder Verena nach ihrem Berufsleben vor der EUROPA 2.
Das junge Team wird ergänzt durch viele bekannte
Gesichter, die Stammgäste der klassischen EUROPA auf Anhieb an Bord wieder
erkennen – allen voran Hoteldirektor Jochen Schrempf. Bei aller
Professionalität des Service wirkt dieser nie servil, steif oder überspannt.
Schon am zweiten Tag der Reise werden die Passagiere mit Namen begrüßt und
Wünsche erfüllt, an die der Gast noch nicht einmal gedacht hatte.
Sehr
persönlich halt. Die Bandbreite dieser kleinen Extras ist
unerschöpflich und reicht vom (kostenlosen) Glas Champagner bei der Abfahrt
aus einem Hafen, bis zum Sorbet oder dem Eistee („gesüßt oder ungesüßt?”)
während das schillernde Meer am Deckchair vorbeizieht. Schon nach wenigen
Tagen schwindet die Distanz zwischen Passagieren und Crew und aus einer
vermeintlichen Zwei-Klassen Gesellschaft einsteht eine Gemeinschaft von
Menschen, die die EUROPA 2 auch gemeinsam als ihr zweites Zuhause – leider
nur auf Zeit – betrachten.
Pünktlich um 18.00 h heißt es in Dubai „Leinen los”
und die EUROPA 2 macht sich unter dem Kommando von Kapitän Jan-Friedrich
Akkermann auf den Weg zum ersten Stopp unserer Reise:
Khasab im Oman.
Kapitän Akkermann ist bereits während der Bauzeit von der EUROPA auf ihre
neue Schwester gewechselt. Er entstammt einer traditionsreichen Borkumer
Kapitänsfamilie und lässt seine Gäste schon bei einer kurzen Begrüßung am
Einschiffungstag spüren, dass er seinen Job nicht nur mit Leib und Seele
macht, sondern sich seine Freude auf stetig wechselnde Zielhäfen bewahrt
hat. Die Passagiere quittieren seine Anregung, bei Landausflügen nicht nur
einen Blick für die vermeintlichen Hauptattraktionen zu haben, sondern Land
und Leute auf sich wirken zu lassen, mit donnerndem Applaus.
Das Lichtermeer Dubais bleibt achteraus zurück. In
einem abgelegenen Hafenbecken von Port Rashid ist in der Ferne die QE2
auszumachen, die die Cunard Line nach jahrzehntelangem Transatlantik-Dienst
bereits 2008 in Rente geschickt hat. Nachdem finanzielle Schwierigkeiten den
Umbau dieses Liners in ein schwimmendes Luxushotel seither immer wieder
verhindert hatten, soll die Wartezeit nun endlich eine Ende haben und die
QUEEN ELIZABETH 2 in Shanghai entsprechend umgerüstet werden. Zu wünschen
wäre es.
Zwischen dieser alten Lady der Weltmeere und
„unserer” EUROPA 2 liegen wahrlich Welten. Bei der Abschiedsreise mit dem
Cunard-Liner im Oktober 2008 umfasste die seit Indienststellung beinahe
unveränderte Kabine der früheren Touristenklasse gerade einmal 9
Quadratmeter – Stockbetten inklusive. Auf der EUROPA 2 entspricht dies in
etwa der Größe des Balkons einer Veranda Suite, der stolze 7 Quadratmeter
misst. Der Wohnbereich der Suite selbst ist 28 Quadratmeter groß, ein
begehbarer Kleiderschrank und ein opulent ausgestattetes luxuriöses Bad, mit
Badewanne und separater Dusche, sind selbstverständlich. Die Ausstattung ist
sehr hochwertig: Das Sofa mit Récamière entpuppt sich als Design-Klassiker
vom Typ Conseta aus dem Hause des ostwestfälischen Möbelherstellers Cor. Die
Armaturen im Bad hat der Premiumanbieter Dornbracht produziert. Exklusiver
kann legerer Luxus nicht sein.
Wer es etwas farbenfroher mag, sollte eine Ocean
Suite wählen. Bei gleicher Größe wie die Veranda Suite ist die in
Brombeer-Tönen gehaltene Ocean Suite anders geschnitten. Dies schafft Raum
für ein Tageslicht-Bad mit Regendusche und Whirlpool-Wanne − allerdings auf
Kosten des begehbaren Kleiderschranks. Stauraum für die an Bord vorherrschende legere Garderobe ist dennoch
reichlich vorhanden. Wer seine Reise auf der EUROPA 2 in noch großzügigerem
Ambiente genießen möchte, hat die Wahl zwischen vier weiteren
Suiten-Kategorien. Direkt hinter der Brücke auf Deck 10 liegen die beiden
größten Refugien an Bord: Die Owner Suiten warten nicht nur mit einem 99
Quadratmeter großen Wohnbereich und großzügiger Veranda auf, sondern bieten
zusätzlich Dampfsauna, Butlerservice und viele weitere Annehmlichkeiten.
Nach nur 85 Seemeilen legt unser 2. Zuhause auf den
Weltmeeren um 7.00 Uhr in Khasab auf der Halbinsel Musandam im Oman an. Eine
Dhaufahrt durch die Fjordlandschaft des Omans erinnert tatsächlich an die
Fjordwelt Norwegens. In Geirangerfjord herrschen aber im Dezember weder 25
Grad bei strahlendem Sonnenschein noch sind dort Delphine heimisch. Das
Auftauchen des ersten Delphins führt an Bord unserer Dhau unter den EUROPA
2-Ausflüglern zu einem wahren Begeisterungssturm. Fotoapparate werden
gezückt, Videokameras in Stellung gebracht. Nachdem gefühlte 50 Delphine zu
sehen waren, sorgt eine besonders prächtige Dhau unter der Flagge Katars für
neue Aufmerksamkeit. Der omanische Tourguide Ahmed verrät, dass Mitglieder
der Herrscherfamilie aus Doha an Bord dieser Dhau seien. Ein Badestopp
rundet den gelungenen Landausflug ab, ehe der Hauptort Khasab und damit die
EUROPA 2 wieder erreicht werden.
An den nächsten beiden Tagen offenbart die EUROPA 2
ihre wahren Werte. Während der Reisekatalog für Tag 3 und 4 der Reise
vermeintlich nur „Entspannung auf See” verheißt, kommen nicht nur die
Liebhaber von Seetagen voll auf ihre Kosten. Es sind diese Momente, die auch
erfahrene Kreuzfahrer skeptischen Daheimgebliebenen leider nie so richtig
vermitteln können. Es beginnt beim entspannten Frühstück auf der
Außenterrasse des Yacht Club achtern auf Deck 10 mit Blick auf die Hecksee.
Das Restaurant selbst ist dezent maritim eingerichtet und bietet innen 142
und im Außenbereich auf der Terrasse weiteren 134 Gästen Platz. Das
Frühstücksbuffet lässt keine Wünsche offen; Eierspeisen werden an der
Grillstation frisch zubereitet und umgehend serviert. Während die Sonne vom
Himmel lacht – in Hamburg ist es derweil übrigens regnerisch bei 5 Grad, wie
das Tagesprogramm verrät – kommt ein amerikanischer Flugzeugträger in Sicht.
Kurze Zeit später donnert ein US-Kampfflugzeug im Tiefflug vorbei. Dies
sollte dann allerdings auch die einzige Ruhestörung der gesamten Reise
bleiben.
Auch der Tag auf See fliegt allzu schnell vorbei –
unzählige Deckstühle und üppige Daybeds laden rund um den Pool auf Deck 9
sowie auf den Außendecks von Deck 10 und 11 zum Verweilen ein. Auch hier
Premiumqualität durch und durch. Alle Deckchairs an Bord stammen von einem
exklusiven deutschen Unternehmen aus der Nähe von Hamburg. Es versteht sich
von selbst, dass diese ebenso bequemen wie formschönen Deckstühle in Hülle
und Fülle vorhanden sind. Selbst bei ausgebuchtem Schiff und 516 Passagieren
Bord sind wahlweise Sonnen- oder Schattenplätze alles andere als Mangelware.
Die EUROPA 2 bietet ihren Gästen eine Auswahl an
Tagesaktivitäten, die für ein Schiff dieser Größe erstaunen. Vorträge
bekannter Lektoren zu landeskundlichen Themen wechseln sich mit neuen
Impulsen zu Fragen von Wirtschaft und Personalführung ab. So begeistert Dr.
Gerlinde Manz-Christ, bis 2011 Sprecherin der Regierung des Fürstentums
Liechtenstein, ihre Zuhörer mit einem Vortrag, wie unangenehme Botschaften
im Berufsleben diplomatisch verpackt werden können. Im weiteren Verlauf der
Reise wird der Abtprimas des Benediktinerordens Dr. Notker Wolf u.a. zum
Thema, wie humanes Management im globalen Zeitalter aussehen kann, sprechen.
Schade nur, dass in Folge des großen und vielseitigen Unterhaltungsangebots
teils nur eine spärliche Zahl an Passagieren einen Vortrag oder Konzert
würdigt. Dieses Schicksal ereilte auch das Jazzkonzert des gefeierten
Jazztrompeters Nils Wülker, der mit seiner Band stilecht im stylischen Jazz
Club auf Deck 4 des Schiffes auftrat. Dennoch würde zusätzliche Werbung über
Bordlautsprecher Kreuzfahrtdirektor Christian Bertram vermutlich niemals
über die Lippen kommen. Eine solche störende Unterbrechung des
Reiserlebnisses bleibt Schiffen vorbehalten, die unter einer anderen
Reedereiflagge und in einem anderen Segment des boomenden Kreuzfahrtmarktes
unterwegs sind. Einzig Kapitän Akkermann meldet sich jeweils kurz vor dem
Auslaufen aus einem Hafen mit einem kurzen Update von der Brücke.
Mittags und abends entfaltet sich auf der EUROPA 2
die ganze kulinarische Vielfalt. Neben dem bereits erwähnten Buffet
Restaurant Yacht Club stehen dann weitere sieben Restaurants zur Verfügung.
Das achtern auf Deck 4 gelegene Restaurant Weltmeere kommt dem klassischen
Dining Room eines Kreuzfahrtschiffes am nächsten. Versetzte Ebenen und
voluminöse Kristallleuchten aus Muranoglas spiegeln auch räumlich die Weite
der Weltmeere wider. Individualität wird auch hier großgeschrieben, die Zahl
der Zweiertische überwiegt. Kulinarisch wird neben einer täglich wechselnden
Karte, die auch eine Cuisine legere umfasst, eine Sonderkarte mit beliebten
Klassikern von Wiener Schnitzel bis Filet Mignon angeboten. Weiter vorne
befindet sich das italienische Restaurant Serenissima, wo Marmor und eine
zurückhaltende Farbgebung in Kombination mit apfelgrünen Leuchten für ein
authentisches Ambiente sorgen, ohne das elegante und auf Minimalismus
bedachte Einrichtungskonzept der Hamburger Designer zu verlassen.
Auf der
Steuerbordseite direkt gegenüber liegt das asiatische Restaurant Elements.
In diesem in eleganten Braun- und Rottönen gehaltenen Restaurant können
Freunde asiatischer Küche kulinarischen Freuden frönen. Einem klassischen
französischen Bistro nachempfunden ist das ebenfalls auf Deck 4
positionierte Restaurant Tarragon − mit seinen dunkel gehaltenen Säulen und
grün gepolsterten Sitzbänken für viele Gäste an Bord sicherlich der am
schönsten gestaltete Raum des Schiffes. Hier ist der Service ein wenig
formeller als in den übrigen Restaurants, die Speisen sind französisch
inspiriert – der Lobster Thermidor ebenso klassisch wie vorzüglich. Für ein
Dinieren im privaten Rahmen bietet sich das Speisezimmer mit seinen 16
Plätzen an, für das – eine große Ausnahme an Bord der EUROPA 2 – ein
gesonderter Aufpreis zu zahlen ist. Das Sushi Restaurant Sakura – wie der
Yacht Club auf Deck 9 gelegen – sowie das Grand Réserve, wo in gläsernen
Klimaräumen exzellente Weine zur Auswahl bereit gehalten werden,
komplettieren das hervorragende Angebot.
Tag 5 der Reise: Der indische Kontinent ist erreicht. Früh morgens
macht unser Schiff am Cruise Terminal von Mumbai, wie Bombay
seit 1996
heißt, fest. Eine verblichene Aufschrift am Terminalgebäude verheißt
„Incredible India” und die örtliche Agentur von Hapag-Lloyd Kreuzfahrten hat
ein großes Willkommensbanner für die EUROPA
2 gespannt. Ein netter Empfang. Durch die samstäglich noch leeren Straßen
starten wir mit Bus Nr. 3 auf eine klassische Stadtrundfahrt, die uns in
gut acht Stunden zu den touristischen Highlights von Indiens größter
Metropole führen wird. Das ehemalige Wohnhaus von Mahatma Ghandi wird schon
durch mehrere Busladungen mit Passagieren der SEVEN
SEAS VOYAGER
der Reederei Regent Seven Seas Cruises bevölkert. Dieses Luxusschiff −
mittlerweile im Berlitz Guide von
„Kreuzfahrtpapst”
Douglas Ward nur noch mit 4-Sterne-plus bewertet − war eine Stunde vor uns
in Dubai gestartet, aber von uns auf der zweitägigen
Seestrecke nach Indien eingeholt
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und überholt worden. Schnell entwickeln sich angeregte Gespräche –
sozusagen von Schiff zu Schiff.
Jim und seine Gattin Phyllis vom Regent-Liner
stammen aus Las Vegas und haben in der aktuellen 2014er-Ausgabe des Berlitz
von der Existenz der EUROPA 2 erfahren.
Die US-Amerikaner, beide Anfang Siebzig, würden am liebsten sofort ihre
Koffer auf das neue Flaggschiff von Hapag-Lloyd transferieren lassen, um dem
Kreis bereits bereister Schiffe das ultimative Juwel hinzufügen zu können.
Nach der Besichtigung weiterer Attraktionen und
einem finalen Stopp am geschichtsträchtigen Gateway to India – hier
verließen die letzten britischen Truppen Ende Februar 1948 den unabhängig
gewordenen indischen Kontinent mit der EMPRESS OF
AUSTRALIA in Richtung Heimat – wartet die
Crew unserer EUROPA 2 mit Champagner und
kühlen Mentholtüchern auf die heimkehrenden Landausflügler. Größer könnte
der Kontrast zwischen der hektischen Wirklichkeit Mumbais und unserem
schwimmendem 5-Sterne-plus Hotel kaum sein.
Während die EUROPA
2 Kurs auf das südindische Kochi (früher Cochin genannt) nimmt, weihnachtet
es zunehmend an Bord. In Dubai sind mehrere Paletten Weihnachtsdekoration
geladen worden, die das Schiff für die bevorstehende Weihnachtsreise in
einen festlichen Glanz hüllen werden. Die Dekoration hat Hapag-Lloyd von
einem Hamburger Floristenteam maßschneidern lassen. Klassische Adventskränze
oder überladener Tannenschmuck sind jedoch nirgendwo auf den Decks der EUROPA
2 auszumachen. Die norddeutschen Kreativexperten haben für jedes Deck
unterschiedliche Ideen entwickelt, die sich allesamt modern und
zurückhaltend präsentieren. Auch zu diesem Anlass bleibt das Schiff seinem
hohen ästhetischen Anspruch in jeder Hinsicht treu.
Wie in jedem Hafen, den wir in Indien anlaufen,
beginnt der Tag in Kochi mit einer kurzen Stippvisite im Theater der EUROPA
2. Die indischen Behörden nehmen es mit den Formalitäten sehr genau, bevor
uns ein Bus auf einen Ausflug zu den „Backwaters von Alleppey” mitnimmt.
Zwei Stunden Busfahrt auf dem Hin- und Rückweg, um mit einem Kettu vallam
genannten Hausboot das dichte Kanalnetz des Bundesstaates Kerala zu
erkunden. Dann schippert das Gros der Reisenden gemächlich über einen
kleinen Teil der Kanäle, die sich insgesamt auf 900 Kilometer Länge
erstrecken. Dies Labyrinth von Wasserflächen wird von Reisfeldern und
tropischer Vegetation gesäumt und bietet direkte Einblicke in das Landleben,
die vom Bus aus nicht zu sehen, zu hören oder auch zu riechen gewesen wären.
Das Potential für den Tourismus haben in den vergangenen 20 Jahren aber
unzählige Geschäftsleute erkannt, so dass heute mehr als 600 Hausboote auf
den Gewässern rund um Alleppey – auf indisch Alappuzha genannt – unterwegs
sein sollen.
Bevor unser Schiff am Abend in See sticht, bleibt
noch Zeit für eine kurze Erkundung von Kochi: 1341
gegründet, hat es im Laufe der Jahrhunderte portugiesische, niederländische
und britische Kolonialherren gesehen. 1524 wurde hier Vasco da Gama
begraben, ehe man seinen Leichnam ins heimische Portugal überführte.
317 Seemeilen später macht die EUROPA
2 in Colombo, der Hauptstadt Sri Lankas, fest. Wie in allen Häfen bietet
Hapag-Lloyd Kreuzfahrten auch in Colombo Ausflüge an, die nicht schon am
frühen Morgen starten, sondern den Passagieren, die es wünschen, einen
entspannten Start in den Tag ermöglichen. Wer es individueller mag, kann
sich vom Reise-Concierge des bordeigenen Touristikbüros auch einen
Erkundungstag nach Maß schneidern lassen. Heute wartet an der Pier jedoch
bereits Dinesh, Chef der Reiseagentur Blue Lanka Tours, die er vor zwei
Jahren gegründet hat. Mit seinen zwölf Mitarbeitern arrangiert er für
Touristen und Geschäftsleute das individuelle Entdecken seiner Heimat. Ziel
des Ausflugs ist Nuwara Eliya, im Hochland auf 1890 Meter Höhe am Fuß von
Sri Lankas höchstem Berg gelegen. Für die 180 Kilometer Distanz von Colombo
werden knapp fünf Autostunden benötigt – pro Richtung wohlgemerkt.
Nuwara Eliya präsentiert sich bis heute „very
british” mit vielen Villen und Hotels aus der Kolonialzeit als Sri Lanka
noch Ceylon hieß. Zur Blütezeit des Empire war die Stadt Rückzugsort für die
britische Elite, die dem schwül-heißen Colombo entfliehen wollte. Hermann
Hesse notierte vor gut hundert Jahren in seinem Buch „aus Indien”: „Die
„schwarzwaldähnliche Landschaft lag leblos und verhüllt”. Heute scheint bei
angenehmen 18 Grad allerdings die Sonne und lässt das ehrwürdige St.
Andrew’s Hotel, in dem die Zeit seit damals stehengeblieben zu sein scheint,
erstrahlen. Auf dem Rückweg nach Colombo bleibt noch Zeit für einen Besuch
in der Labookellie Tea Estate, mit über 1.000 Hektar Sri Lankas zweitgrößte
Teeplantage. Wenige Wochen zuvor hat der britische Thronfolger Prinz Charles
die Teeplantage während des Commonwealth Gipfels besucht – allerdings ohne
seine Gemahlin Camilla.
Über Chennai – am Golf von Bengalen im indischen
Bundesstaat Tamil Nadu gelegen – verheißt der deutsche Reiseführer nichts
Positives: Die meisten Touristen blieben nur so lange, wie man brauche, um
eine Fahrkarte an einen anderen Ort zu kaufen. Die mit 6,5 Millionen
Menschen sechsgrößte Stadt Indiens war bis 1997 als
Madras bekannt. Die gut
zehn Stunden Aufenthalt der EUROPA 2
nutzen die meisten Reisenden, um die kleine Küstenstadt Mamallapuram südlich
von Chennai zu erkunden. Dort entstanden zwischen dem 5. und 9. Jahrhundert
zahlreiche Tempel, die zum Unesco-Weltkulturerbe zählen. Die
Steinmetztradition hat sich bis heute erhalten, wie links und rechts der
staubigen Straßen in unzähligen Betrieben zu sehen und zu hören ist. Der
Shore-Tempel (Tempel am Ufer) ist eine der auch von unserer Gruppe
meist-fotografierten Hauptattraktionen. Er stammt aus dem frühen 8.
Jahrhundert und gilt als ältester Tempel Südindiens.
Mit gut 18 Knoten macht sich die EUROPA
2 abends auf den Weg zu einer Destination, die nicht allzu häufig von den
Routenplanern in den Reedereizentralen berücksichtigt wird: den
Andamanen.
Auch für die europäischen Kolonialmächte blieben die Inseln, die über 1.000
Kilometer vom indischen Festland entfernt im Golf von Bengalen liegen,
uninteressant. Wirtschaftlich interessante Rohstoffe waren hier nicht zu
finden. Der heutige Hauptort Port Blair verdankt seinen Namen dem britischen
Offizier Archibald Blair, der gegen Ende des 18. Jahrhunderts eine erste
Siedlung gründete.
Die Kolonialgeschichte der Andamanen ist jedoch eher
trauriger Natur: Seit 1858 wurden die Inseln zur Strafkolonie für die
Häftlinge vom indischen Kontinent ausgebaut und immer mehr Gefangene auf die
Andamanen in die Verbannung geschickt. So kommt es, dass das zwischen 1896
und 1905 errichtete Cellular Jail als nationales Monument Indiens heute die
Hauptattraktion des Ortes ist. Bei strahlendem Sonnenschein gleitet die EUROPA
2 durch das Inselarchipel, ehe Kapitän Jan-Friedrich Akkermann das Schiff
mühelos an die Pier manövriert.
Ein Hamburger Ehepaar entdeckt an einem
gegenüberliegenden Kai des Hafens eine alte Bekannte aus dem nordfriesischen
Wattenmeer. Die frühere Dagebüll-Föhr-Amrum Fähre SCHLESWIG
HOLSTEIN fristet in Port Blair als RAMANUJAM
ihre letzten Tage. Nachdem die Wyker-Dampfschiff-Reederei das 1972 gebaute
Schiff Ende der achtziger Jahre nach Indien verkauft hatte, waren die
Andamanen das Einsatzgebiet der nur gut 55 Meter langen Fähre. Kaum zu
glauben, dass dieses Schiffchen den weiten Weg von Nordfriesland in den Golf
von Bengalen auf eigenem Kiel zurückgelegt hat. Jetzt warten nur noch die
Schneidbrenner auf das in Husum gebaute Schiff, das längst außer Dienst
gestellt ist.
Eine Fähre nach Havelock Island und zu seinen
traumhaften kilometerlangen Stränden brauchen die Passagiere der EUROPA
2 nicht zu nehmen. Kurze Zeit nachdem wir Port Blair wieder verlassen haben,
geht unser Schiff schon vor der knapp 114 Quadratkilometer großen Insel vor
Anker. Die kulturellen Highlights dieser Kreuzfahrt sind besichtigt, für die
verbleibenden Tage stehen allein Entspannung und Strandleben auf dem
Programm. Auch hierfür zeigt sich das neue Flaggschiff von Hapag-Lloyd
bestens gerüstet. Genau wie die EUROPA
verfügt der neue Luxusliner über eine Flotte von zwölf Zodiacs. Diese
robusten Expeditionsschlauchboote ermöglichen ein direktes Anlanden am
menschenleeren Strand. Hiermit können internationale Wettbewerber von
Hapag-Lloyd im Luxussegment der Kreuzfahrt nicht dienen − unabhängig davon,
ob sie klangvolle Namen wie Crystal, Regent, Seabourn, oder Silversea
tragen.
Das Strandleben auf Havelock Island erweist
sich als
ebenso traumhaft wie ursprünglich. Anders als die Privatinseln von NCL,
Royal Caribbean oder Holland America in der Karibik mit ihren inszenierten
Attraktionen, ist hier in der Abgeschiedenheit der Andamanen alles
authentisch. Nach und nach verteilen sich die hellorangenen Sonnenschirme
mit dem Hapag-Lloyd Logo entlang des endlos weiten Strandes. Nur zu
verständlich, dass das renommierte Time Magazine 2004 einen Strandabschnitt
auf Havelock Island zum schönsten Strand Asiens kürte.
Für Hoteldirektor Jochen Schrempf und sein Team ist
der Tag auch eine Premiere: Erstmals wird jede Menge Barbecue-Ausrüstung von
der Bierbank de luxe, über große Holzkohlegrills bis zu kulinarischen
Köstlichkeiten mittels eines Zodiac-Pendelverkehrs an den Strand gebracht.
Die Bordband „Fifth Avenue” − die entgegen ihres Namens nicht aus New York,
sondern aus Wien stammt − sorgt mit Live-Musik für musikalische Untermalung,
während sich die Passagiere am umfangreichen Grillbuffet stärken.
5-Sterne-plus Service in Perfektion. „Premiere gelungen”, lautet später das
einhellige Fazit der begeisterten Passagiere.
Auf dem Weg von den Andamanen zu den thailändischen
Phi Phi Islands sorgen Geschichten über eine deutsche Insel für first
class-Unterhaltung an Bord: Der bekannte Sylter Kabarettist Manfred Degen
berichtet in seiner Klamauklesung vom „Leben auf der Goldstaubinsel”. Im
trendy gestalteten Jazzclub der EUROPA 2
ist kein einziger pinkfarbener Sessel mehr frei, die aus diesem Raum einen
wahren Hingucker machen.
Wer sich weniger für launisch vorgetragene Anekdoten
über die vermeintlichen Nöte der Syltbesucher interessiert, auf den wartet
kurze Zeit später die ultimative Party unter Sternen. Der Magrodome – das
tonnenschwere Glasdach, das den Poolbereich überspannt – ist offen, die
Temperaturen tropisch und nicht nur eine Magnumflasche Black Print vom
Weingut Markus Schneider aus der Pfalz, leert sich rasch. Die Getränke, die
die engagierte Crew an einem solchen Abend ausschenkt, gehen übrigens aufs
Haus. Ansonsten werden sowohl Softdrinks wie alkoholische Getränke dem
Bordkonto des Passagiers belastet. Eine Ausnahme bildet die Minibar in der
Suite, die ohne Berechnung jeden Tag aufgefüllt wird.
Mancher Stammgast von US-Reedereien wie Regent,
Seabourn oder Silversea mag von All-Inclusive Schiffen anderes gewohnt sein,
die Getränkepreise an Bord von Hapag-Lloyd sind jedoch für ein Schiff dieser
Preisklasse mehr als moderat.
Nach einem weiteren Seetag lässt der Kapitän vor der
kleinen Insel Ko Phi Phi Leh in der
thailändischen Provinz Krabi den
Backbord-Anker fallen. Heute steht mit dem „Zodiac Cruising” ein wahres
Highlight der Reise auf dem Tagesprogramm. Mit sicherheitshalber angelegter
Schwimmweste geht es in eines der zwölf bordeigenen Zodiacs, die allesamt
nach Hamburger Stadtteilen benannt sind. Der 2. Offizier des Schiffes
steuert das Zodiac HAFENCITY bei Winstärke
6 eine knappe Stunde rund um die Insel, die nicht nur mit kahlen steil
emporragen Kalksteinfelsen zu beeindrucken weiß, sondern ihre Berühmtheit
vor allem einem Strand zu verdanken hat: Im Jahr 2000 wurde hier an der Maya
Bay der Film „The Beach” mit Leonardo DiCaprio in der Hauptrolle gedreht.
Seither fordert der Massentourismus seinen Tribut.
Die – wie zu vermuten ist – einst malerische Bucht wird schon morgens um
halb zehn von Speedbooten belagert, die Tagesbesucher von Phuket herüber
bringen. Wenige Badelustige schwimmen in einem von Bojen begrenzten, eng
abgesteckten Bereich. Schön ist anders; aber nur eine Bucht weiter herrscht
wieder Postkartenidylle. Vor der Hauptinsel Ko Phi Phi Don stoppt die EUROPA
2 am Nachmittag für einen letzten Landausflug, ehe das Schiff Kurs auf
Singapur nimmt.
Am letzten Tag auf See hat sich das Wetter merklich
verschlechtert, Regen prasselt auf die Teakdecks herab. Macht nichts, denn
unter dem jetzt geschlossenen Glasdach lässt es sich auch bei norddeutsch
anmutendem Schietwetter auf den Loungechairs rund um den Pool herrlich
entspannen. „Flexibel wie eine Yacht. Entspannt wie ein Resort”, – dass
dieser Slogan von Hapag-Lloyd Kreuzfahrten stimmt, zeigt sich jeden Tag aufs
Neue.
Als Krönung der Weihnachtsdekoration an Bord wird
unter den Augen von Chefkoch Willi Leitgeb derweil ein mannshohes
Lebkuchenknusperhaus im Atrium des Schiffes auf Deck 4 in Position gerückt.
Der aus Tirol stammende Küchenchef kennt die Geschmäcker seiner
anspruchsvollen Gäste seit langem – zuvor war er auf der HANSEATIC
und der EUROPA für kulinarische
Höchstleistungen verantwortlich.
Auch die schönste Reise geht einmal zu Ende. Bei der
Ausschiffung in Singapur verabschiedet Kapitän Jan-Friedrich Akkermann, an
der Gangway zum Cruise Terminal jeden seiner Gäste mit Handschlag und
wünscht nicht nur eine sichere Heimreise, sondern auch frohe Weihnachten.
Persönlicher kann der Abschied vom schönsten Schiff der Welt nun wirklich
nicht sein.
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