Seereisenmagazin.de

 

 

hr

Der Bär kommt näher und näher, bis er schliesslich direkt an der Bordwand steht und zu uns hoch blickt.

Der Eisbär kommt näher und näher, bis er schliesslich direkt an der Bordwand steht und zu uns hoch blickt.

Ein atemberaubender Moment, der von unzähligen Kameras festgehalten wird.
 

Text: Michael Wenger + Fotos: Michael Wenger, Stefan Gerber 

Spitzbergen – Im Land der Eisbären

So viel Glück auf einmal ist fast unfassbar: Eine Reise rund um Spitzbergen wird zum

grandiosen Spektakel. Da gibt’s auch mal spontanen Applaus für die Eisbären.

Reisen zum Svalbard-Archipel, wie „Spitzbergen” richtigerweise seit dem Svalbard-Vertrag von 1920 genannt wird, starten meistens in Oslo, der Hauptstadt Norwegens. Denn der gesamte Archipel wird seither offiziell von Norwegen verwaltet. Auch für uns 43 Schweizer und Deutsche fängt unser Besuch mit dem Flug ab Oslo an. Nach einem Zwischenstopp in Tromsø landen wir in Longyearbyen, dem Hauptort auf der Hauptinsel Spitzbergen und Ausgangspunkt unserer Reise. Denn in dem rund 1800 Einwohner zählenden Ort hat der Sysselman, wie der Verwalter hier genannt wird, seinen Sitz. Ausserdem befindet sich hier der einzige Flughafen und der Haupthafen für Schiffe wie unsere PLANCIUS.  

Unsere ersten neugierigen Blicke auf die erwarteten Gletscher und hohen Berge werden durch Nebel und tiefhängende Wolken getrübt, erst beim Landeanflug erhaschen wir durch die Fenster die eine oder andere Aussicht. Vielleicht sah der holländische Seefahrer Willem Barents auch bloss Wolkenvorhänge, als er 1596 den Archipel entdeckt hatte.

Doch trotz grauer Suppe und ein wenig Nieselregen ist es immer noch hell. Denn dank der Lage auf 78 Grad nördlicher Breite geht hier mitten im Juli die Sonne nicht unter. Allerdings ist dieser Tage von Sonne nicht viel zu spüren. Gerade erst der mitteleuropäischen Hitze entflohen, sind nun Regenjacken, Handschuhe und Mützen unser Sommeroutfit.

Das Wetter ändere sich schnell auf Spitzbergen, meint unser lokaler Guide Marcel Schütz lakonisch, deshalb sei man irgendwann plötzlich richtig angezogen. Er muss es wissen, lebt er doch seit einigen Jahren hier oben, nachdem er der Schweiz Adieu gesagt hat. Hier oben führt er Besucher durch Longyearbyen und das Advendalen und kann einiges über die Geschichte des Ortes und Svalbard erzählen.

Ein Besuch im Svalbard-Museum führt uns vor Augen, was uns in den nächsten zehn Tagen erwartet. Um aber dies alles live zu sehen, müssen wir zunächst unser neues Heim beziehen, MS PLANCIUS. Sie wird als Basis dienen während unserer Reise.  

Nur gerade eine Woche ist es her, als ich das Schiff verlassen hatte mit einer Gruppe, deren Reisebegleiter ich war. Deshalb ist die Rückkehr mit vielen freudigen Begrüssungen seitens der Crew-Mitglieder verbunden. Bald schon sind alle Gäste an Bord, und nach den obligatorischen Sicherheitsvorträgen und -übungen stechen wir in See, den Wundern und Bewohnern der Arktis entgegen.

 

Gletscher und erste Wunder

Die ersten Eindrücke der Arktis erhalten wir am 14.-Juli-Gletscher im Krossfjord, einem Seitenarm des mächtigen Kongsfjorden. Delphine Aurés, unsere Expeditionsleiterin, möchte uns eine erste Gelegenheit für eine Schlauchbootfahrt entlang einer imposanten Gletscherfront geben. Obwohl für uns Schweizer solche Gletscher nichts Neues sein sollten, staunen wir über die Mächtigkeit der Wand, die sich am Ende der Bucht zeigt. Das Wetter ist einmal mehr Spitzbergen-typisch: bewölkt, leicht nieselnd und etwas windig, was das Einsteigen in die Schlauchboote zu einem kleinen Abenteuer macht.

Doch die Szenerie entschädigt für die Schaukelei: Überall treiben Eisbrocken des Gletschers im Wasser mit Dreizehenmöwen als Passagiere; in den Felsen an der Küste sitzen Dickschnabellummen und sogar Papageientaucher beim Brutgeschäft, und hoch oben fliegen Eismöwen und andere Seevögel; an den Hängen der Berge entdecken wir sogar Rentiere.

Zum Glück sind wir am Nachmittag in Ny Ålesund, der nördlichsten Siedlung der Welt, um diese ersten Eindrücke zu verarbeiten. Denn der Ort ist klein und übersichtlich und erlaubt es uns, noch einmal einen Hauch von Zivilisation zu geniessen. Die rund 150 Wissenschaftler, die hier im Sommer leben, teilen sich trotzdem den Raum mit Weisswangengänsen, Küstenseeschwalben, Eis- und Elfenbeinmöwen und unzähligen anderen Vogelarten, die hier auch als Sommergäste brüten.

Gemütlich können wir der Strasse entlang gehen und erhalten dennoch Gelegenheiten, die Tiere aus nächster Nähe zu beobachten. Noch ein paar Postkarten vom nördlichsten Postamt abschicken, etwas Geschichte über Amundsen und die Luftfahrt in der Arktis lernen, und schon ist auch der Nachmittag vorbei. Wir machen uns auf den Weg in den wilden Norden des Archipels.

 

Glück gehabt

Der Norden der Hauptinsel Spitzbergen wird von zwei Fjorden tief eingeschnitten, dem Wijdefjord und dem Woodfjord. Letzterer ist auch unser erstes Ziel für eine Anlandung in der arktischen Tundra. Passend dazu hat sich das Wetter signifikant verbessert, hin und wieder bricht die Sonne durch die Wolkendecke. Genau das Richtige für eine kleine Wanderung über weichen Tundraboden mit unzähligen Fotostopps. Svalbard-Mohn, verschiedene Steinbrecharten und sogar Pilze lassen beinahe jeden auf die Knie gehen ... Fantastisch, wie die Farben der Blüten, der Moose und Flechten leuchten, umrahmt von Bergen, Gletschern und dem Meer. Hier sieht es völlig anders aus als das Bild, das sich die meisten Leute von der Arktis machen.

Auch am Nachmittag am Monacobreen, einer der bekanntesten Gletscherfronten, sind unsere Gefühle zweigeteilt: Hohe Berge, massive Gletscher und Eis im Wasser sind zwar untrügliche Zeugnisse der Arktis; aber gleichzeitig scheint die Sonne, und die Temperaturen sind auf der eher angenehmen Seite.

Ist das vielleicht das Resultat der globalen Erwärmung, fragt sich mancher insgeheim. Jedenfalls geniessen wir die ruhige und friedliche Atmosphäre. Doch nicht für lange: Ein Eisbär auf einer kleinen Insel der Andøyane. Unverzüglich bringt Kapitän Alexey Nazarov das Schiff in eine geeignete Halteposition, während wir eilig die Schlauchboote bemannen. Gespannte Aufmerksamkeit macht sich breit.

Doch der Bär spielt Verstecken mit uns. Zuerst noch näher am Ufer, verzieht er sich bald in eine Senke in der Mitte der Insel, um sich – auszuruhen und Energie zu sparen. Denn der Sommer ist die Fastenzeit für Eisbären, und wenn nur wenig Nahrung zu finden ist, müssen längere Ruhepause eingelegt werden. Und wir gelangen unversehrt zurück an Bord der PLANCIUS.

 

Zauberhafte Szenerie

Dafür präsentieren sich andere Tiere umso lebendiger, wie beispielsweise die Eiderenten, die auf den Inseln nisten und als Namensgeber der Enteninseln dienen. Herrlich, wie die schwarz-weissen Erpel und die fast perfekt getarnten Enten vom Wasser zu ihren Brutplätzen watscheln und wie Küstenseeschwalben im Sonnenlicht über dem Wasser schweben auf der Suche nach Nahrung.

Kann die Szenerie noch besser werden? O ja, sie kann! Denn die weiter nördlich gelegenen Sieben-Inseln (Sjuøyane), die uns zuerst mit Nebel empfangen, sind genau das, was wir uns zu Hause unter Arktis vorgestellt haben: Eis und Schnee sind immer noch an den Hängen zu sehen, Pflanzenwuchs ist praktisch nicht sichtbar, im Wasser treiben Eisschollen … und eine grosse Zahl Walrosse.

Auch am Strand liegen mindestens 100 der urtümlichen Kolosse dicht an dicht und ruhen sich von der Suche nach Muscheln, ihrer Hauptnahrung, aus. Diese Ruhe strahlt auch auf uns aus. Wir geniessen das Schauspiel, obwohl uns hin und wieder eine Wolke der Marke „Chanel Walrus” entgegenweht. Eines ist sicher: Dieses Parfum wird es nicht in die Geschäfte der Zürcher Bahnhofstrasse schaffen.

Hin und wieder können wir auch das Sportprogramm von Walrossen beobachten. Es ist schon spektakulär, wie die Tiere ihre bis zu 1,5 Tonnen schweren Körper hochwuchten und wie wendig sie sich bewegen können. Die Stosszähne, die wie Dolche aus den Schnauzen ragen und derentwegen die Tiere an den Rand der Ausrottung getrieben wurden, leuchten aus dem rostbraun-roten Gewimmel der Leiber heraus. Einfach grossartig und faszinierend.

Doch gestreng dem Motto: „Und wenn man glaubt, es kann nicht mehr besser werden, kommt es knüppeldick” wird der Nachmittag zum grossartigen Spektakel: Delphine und Kapitän Nazarov haben die PLANCIUS ins Eis geführt, um uns die Gelegenheit zu geben, nach Robben und vor allem nach Eisbären Ausschau zu halten. Und tatsächlich: Kaum sind wir im Eis, entdecken wir unseren ersten Bären – der allerdings von uns weg wandert.

 

Eisbären!

Noch gleich darauf finden die Expeditionsguides einen weiteren, diesmal schlafenden Bären auf einer Scholle. Gekonnt steuert der Kapitän unser Schiff zur Scholle, und wir werden Zeugen, wie Eisbären aufwachen. Doch damit nicht genug: Das Tier hat uns gewittert und will unbedingt herausfinden, was sich da seiner Scholle genähert hat. Der Bär kommt näher und näher, bis er schliesslich direkt an der Bordwand steht und zu uns hoch blickt.

Ein atemberaubender Moment, der von unzähligen Kameras festgehalten wird. Niemand scheint mehr zu atmen. Nur das Klicken der Fotoapparate ist zu hören. In der glatten Wasseroberfläche zwischen den Schollen spiegelt sich das Tier perfekt und bietet ein unglaubliches Bildmotiv.

Mehr als 15 Minuten bleibt das imposante Männchen bei uns, bevor es weiter seiner Wege geht. Noch haben wir uns nicht richtig von diesem einzigartigen Moment erholt, als bereits der nächste Eisbär entdeckt wird …und der direkt in unsere Richtung läuft.

Auch dieses Männchen kann seine Neugier nicht bezähmen und kommt vorsichtig immer näher an die PLANCIUS heran. Nur wenige Meter vom Schiff entfernt bleibt der Eisbär stehen und begutachtet uns, die Nase immer wieder in die Luft haltend.

Eisbären sind mit einem sehr sensiblen Geruchssinn ausgestattet. Auch dieser Bär bleibt länger als eine Viertelstunde am Schiff, um dann wieder weiter über das Eis zu ziehen, auf der Suche nach Robben. Wir können unser Glück kaum fassen und sind noch voll euphorisch, als auf einer Eisscholle gleich eine ganze Gruppe von Eisbären entdeckt wird, und auch diese Bären scheinen keinerlei Eile zu haben.  

 

Noch mehr Eisbären!

Als wir langsam näher kommen, wird uns klar, wie viel Glück wir haben: Insgesamt sechs (!) Eisbären sind um eine frisch geschlagene Bartrobbe versammelt, drei davon fressen genüsslich und friedlich an den Überresten. Ihre roten, blutverschmierten Gesichter blicken immer wieder in unsere Richtung, sie lassen sich aber nicht stören. Die Zeit scheint stillzustehen. Sprachlos betrachten wir die gleichermassen unheimliche und faszinierende Szene, hören das Brummen und Brüllen der Bären und das Geschrei der Möwen, das Knacken des Eises und das Summen des Schiffs.

Einer der Bären folgt seiner Neugier und kommt mit vorsichtigen Schritten näher an uns heran. Sein Gesicht ist komplett eingefärbt mit dem Blut der Robbe. Er setzt sich nahe bei uns einfach hin, betrachtet uns eine Weile und kehrt dann zum Kadaver zurück.

Eine Stunde sitzen wir schon da und haben weder Kälte noch Hunger noch Durst gespürt und kaum ein Wort gesprochen. Doch langsam wird es Zeit, das schaurige Mahl zu verlassen und uns wieder in Richtung Süden zu wenden. Die Bilder werden uns noch lange begleiten … zumindest bis zum nächsten Morgen. Denn Spitzbergen steckt voller Überraschungen.

 

Die grosse Wal-Show

Am nächsten Morgen fahren wir bereits in der Hinlopenstrasse und wollen gerade ein leckeres Frühstück geniessen, als das Schiff eine scharfe Drehung vollführt und wir die Durchsage erhalten, dass Buckelwale hinter uns gesichtet worden sind. Soviel zum Thema „ruhiges Frühstück”. Kamera und Jacke geschnappt und nichts wie raus an Deck.

Tatsächlich sind nur ein paar hundert Meter vom Schiff entfernt Kreise im Wasser zu sehen, wo die Wale noch vor ein paar Sekunden zuvor aufgetaucht waren. Unzählige Dreizehenmöwen und Eissturmvögel, Eismöwen und Dickschnabellummen sitzen in der Nähe auf dem Wasser. Sie bilden ein ideales Wal-Auftauch-Frühwarnsystem, denn sie fliegen immer dorthin, wo ein Wal gerade auftauchen wird.

Tatsächlich stieben die Vögel urplötzlich auseinander, und schon steigen die Giganten aus der Tiefe auf. Drei Meter hohe Blaswolken, dunkle Rücken und zum Schluss riesige Fluken lassen unsere Herzen höher schlagen und die Finger auf den Auslösern kleben.

Und schon verschwinden die sanften Riesen wieder in der Tiefe, um erneut kleine Fische und Krebse an die Oberfläche zu treiben. Wir stehen gespannt an der Reling und spähen in alle Richtungen, bis wieder das charakteristische Ausschnaufen zu hören ist, diesmal hinter uns. Zwei Wale schwimmen tatsächlich in Richtung unseres Schiffes. Einmal auftauchen, zweimal auftauchen und schon sind sie direkt vor unserem Bug. Was für ein Augenblick.

Knapp unter der Wasseroberfläche schwimmen die beiden Wale direkt an uns vorbei. Wir können die fünf Meter langen weissen Flipper genau erkennen, die Follikel auf dem Kopf ... und sogar die einzelnen Markierungen auf der Fluke, als beide Tiere abtauchen. Jetzt gibt es kein Halten mehr: Jede freie Platz an der Reling wird bemannt, die Kameras werden neu eingestellt.

Gespanntes Warten. Wo sind die Vögel? Endlich wieder das Brummen des Ausatmens, direkt hinter uns ... und dann taucht der erste Wal direkt quer zum Schiff unter dem Kiel langsam auf, und alles geschieht wie in Zeitlupe: Das Auftauchen der Blaslöcher an die Oberfläche, das Aufklappen und die Entstehung der Blaswolke, der Rücken und die Flipper, die Finne, und zum Schluss die Fluke ... alles ist ganz genau sichtbar.

Und dann kommt Nummer zwei mit derselben Show. Ungläubiges Schweigen auf Deck. Geschieht das wirklich? Oder ist das nur ein Traum? Schon kommen die Tiere wieder an die Oberfläche, mit weit geöffneten Mäulern und klar sichtbaren Barten, der Kehlsack riesig aufgebläht mit Wasser und Krill. Frühstücken auf Walart.

Eine halbe Stunde lang sind die Wale ums Schiff herum mit Fressen beschäftigt, bis sie weiterziehen ... und wir vor Freude auf dem Vordeck tanzen. Und das vor dem Frühstück.

 

Zirkusreifer Eisbär

Zur Abkühlung der Kameras und unserer Köpfe, die eigentlich immer noch die grossartigen Eindrücke vom Vortag zu verarbeiten haben, setzen wir uns in die Schlauchboote und fahren den mächtigen Basaltfelsen des Alkefjellets entlang.

Über 120.000 Dickschnabellummen, unzählige Eis- und Dreizehenmöwen fliegen über unseren Köpfen, schiessen neben und hinter uns ins Wasser oder schwimmen gemächlich dahin. Ein Eisfuchs bietet uns einen Einblick in seine Fressgewohnheiten und präsentiert sich den Kameras beinahe wie ein Profi am Strand. Da erklingt schon wieder der Ruf „Eisbär!”.

Wir fahren langsam an das südliche Ende des Fjellets und suchen zuerst auf der Oberkante nach dem Tier. Doch zu unserer Überraschung sitzt der Bär, ein junges Männchen, nicht auf den Felsen, sondern mittendrin in der Felswand. Ein Kletterbär auf der Jagd nach Lummenküken. Eine unglaubliche Leistung für ein über 400 Kilogramm und mehr als zwei Meter grosses Tier.

Fasziniert sitzen wir in unseren Booten und beobachten, wie der Bär auf einem Vorsprung kopfüber eine tiefergelegene Stelle erreicht und geschickt mit seinen riesigen Tatzen ein Küken packt. Wenn er jetzt abstürzt, ist der nächste Halt rund 80 Meter weiter unten. Doch der Bär zeigt keinerlei Unsicherheit, sondern verblüfft uns im Gegenteil mit seiner Akrobatik. Keiner von den Guides, die schon seit Jahren hier hoch kommen, hat jemals etwas Vergleichbares beobachtet.

Nach fünf Minuten entschliesst sich der Eisbär, weiter nach oben zu klettern. Nun wird es spannend, denn wie sollte das Tier an dieser steil aufragenden Wand klettern? Wie beim Höhepunkt einer Zirkusnummer stockt uns der Atem, als der Bär anfängt, die Felsen zu erklimmen. Er ist ruhig und bedacht. Im Geist höre ich den Trommelwirbel, während der Bär immer weiter nach oben klettert. Wie ein Freihandkletterer. Trrrrrrrrrrrrr ... und täräää: Er hat es geschafft. Er steht oben auf der Kante. Und wie ein richtiger Artist präsentiert er sich uns auch noch in voller Grösse.

Spontaner Applaus und Jubelschreie für einen Eisbären in freier Wildbahn, das hat es wohl noch nie gegeben, aber jetzt tobt das Publikum förmlich.

 

Endlich „ruhige” Tage

Nach diesen aufregenden Erlebnissen, die den Adrenalinspiegel auf das Maximum hochgeschraubt und die Speicherkarten gefüllt haben, sind die folgenden Tage etwas ruhiger. Aber nicht weniger speziell: Wir erkunden die zweite grosse Insel des Archipels, Nordaustlandet, und geniessen die karge Schönheit der Polarwüste. Stehen staunend vor der längsten Gletscherkante Europas und betrachten die Schmelzwasserfälle, die sich tosend ins Meer ergiessen.

Auf Barentsøya wandern wir zwischen zehntausenden nistenden Dreizehenmöwen, beobachten einen Eisfuchs auf der Jagd und geniessen den Anblick weidender Rentiere; die Mitternachtssonne scheint uns auf der Fahrt um die Südspitze der Hauptinsel mitten ins Gesicht. Wir beobachten einige Finn- und Zwergwale, die am Eingang zum Hornsund am Frühstücken sind. Mit den Schlauchbooten kurven wir zwischen grossen Eisbrocken und einer Gletscherkante entlang und wandern zwischen Überresten aus der Walfang- und der Pelztierjägerzeit.

All dies sind wunderbare Erlebnisse, die uns die Wunder und die Vielfältigkeit der Arktis vor Augen führen. Doch am Abend im Hornsund kommt noch einmal der Adrenalinspiegel in Wallung.

Wir möchten uns gerade für das traditionelle Grillfest auf dem Schiff vorbereiten, als eine grosse Gruppe von Belugawalen auftaucht. Über zwanzig Minuten dauert die Parade dieser weissen Meeressäugetiere, die hier auf Spitzbergen einst zu tausenden gejagt und getötet wurden.

Ein wunderbarer Abschluss. Unseren letzten Tag auf Spitzbergen lassen wir dann nochmals zwischen tausenden von Krabbentauchern, die mit ihrem lauten Geschrei trotzdem eine entspannende Wirkung auf uns haben, und auf einer letzten Tundrawanderung ausklingen.

Hier können wir noch einmal tief durchatmen, in uns gehen und uns von Spitzbergen und all seinen Wundern in aller Ruhe verabschieden. Diese Inselwelt hat uns auf einer aussergewöhnlichen Reise einen tiefen Einblick in seine Schönheit, seine Wildheit, aber auch in seine Zerbrechlichkeit gewährt.

Wie auf jeder Reise hierher haben wir die Wunder der Arktis gefunden. Und eines ist uns allen klar gemacht worden: Spitzbergen ist wirklich Top of Europe, wie das Archipel genannt wird. In jeder Hinsicht.

Gekonnt steuert der Kapitän unser Schiff zu einigen Eisschollen hin, und wir werden Zeugen, wie Eisbären aufwachen. Gekonnt steuert der Kapitän unser Schiff zu einigen Eisschollen hin, und wir werden Zeugen, wie Eisbären aufwachen.

Delphine Aurés, unsere Expeditionsleiterin, möchte uns eine erste Gelegenheit für eine Schlauchbootfahrt entlang einer imposanten Gletscherfront geben. Delphine Aurés, unsere Expeditionsleiterin, möchte uns eine erste Gelegenheit für eine Schlauchbootfahrt entlang einer imposanten Gletscherfront geben.

Am Strand liegen mindestens 100 der urtümlichen Walrosse dicht an dicht und ruhen sich von der Suche nach Muscheln, ihrer Hauptnahrung, aus. Am Strand liegen mindestens 100 der urtümlichen Walrosse dicht an dicht und ruhen sich von der Suche nach Muscheln, ihrer Hauptnahrung, aus.

Majestätisch: Ausblick von der Barents-Insel  auf den Freemansund.Majestätisch: Ausblick von der Barents-Insel  auf den Freemansund.

Insgesamt sechs Eisbären sind um eine frisch geschlagene Bartrobbe versammelt, drei davon fressen genüsslich und friedlich an den Überresten. Insgesamt sechs Eisbären sind um eine frisch geschlagene Bartrobbe versammelt, drei davon fressen genüsslich und friedlich an den Überresten.

Schieflage: Die verlassene Jägerhütte steht buchstäblich schräg in der Landschaft.Schieflage: Die verlassene Jägerhütte steht buchstäblich schräg in der Landschaft.

Polarfucks: Immer aufmerksam auf Futtersuche.Polarfucks: Immer aufmerksam auf Futtersuche.

Am mächtigen Basaltfelsen des Alkefjellets: Über 120.000 Dickschnabellummen, unzählige Eis- und Dreizehenmöwen fliegen über unseren Köpfen, schiessen neben und hinter uns ins Wasser oder schwimmen gemächlich dahin. Am mächtigen Basaltfelsen des Alkefjellets: Über 120.000 Dickschnabellummen, unzählige Eis- und Dreizehenmöwen fliegen über unseren Köpfen, schiessen neben und hinter uns ins Wasser oder schwimmen gemächlich dahin.

Luft holen: Wo Buckelwale auftauchen, sind immer auch Seevögel in der Nähe..Luft holen: Wo Buckelwale auftauchen, sind immer auch Seevögel in der Nähe..

Gefiederpflege: Dreizehenmöwen leben in Schwärmen und tun alles gemeinsam.Gefiederpflege: Dreizehenmöwen leben in Schwärmen und tun alles gemeinsam.

Spektakulär: Eine Zodiacfahrt durch das vereiste Wasser der Burgerbukta im Hornsund.Spektakulär: Eine Zodiacfahrt durch das vereiste Wasser der Burgerbukta im Hornsund.

hr
Vorige Seite Inhaltseite   Vorschau/Impressum Nächste Seite