Das kleine südnorwegische Svelvik. Wohnen am Wasser ist auch in Norwegen sehr beliebt.
Alle Fotos dieser Seite: Dr. Peer Schmidt-Walther, Stralsund
Dr. Peer Schmidt-Walther
MS NORHOLM – der Gips-Express
Mit dem gelben Gold vom Sund nach Norwegen
Hochaufragend passiert der norwegische 4.700-Tonnen-Frachter NORHOLM die Nordmole, die von Heringsanglern belagert ist. Ruckzuck reißen sie ihre Schnüre mit zappelnder Beute aus dem Wasser und lassen mit nach oben gereckten Köpfen die rot-blaue Stahlwand respektvoll passieren. Im Zeitlupentempo stemmt die Ziegelgrabenbrücke ihre Arme in den niesligen April-Himmel. Die Ampel springt auf Grün, und der 94 Meter lange Mini-Bulker fädelt sich in Schleichfahrt durch das Nadelöhr in den Südhafen. Noch eine ruhige Drehung, dann sind die Leinen fest. Auf der Pier dröhnen schon ungeduldig die Bagger und schlagen ihre Schaufeln in den gewaltigen Gipsberg, der mit Güterzügen vom Spreewald-Kraftwerk Jänschwalde bei Cottbus herangekarrt worden ist. Der gelbe Stoff ist seit Jahren ein begehrtes Abfall-Produkt der Rauchgaswäsche für die Herstellung von Platten für den Trockenbau.
„Schöne Grüße an die Fische”, hat ein Stralsund-Fan die sehnsuchtsvollen Worte mit Kreide an den Waggon-Stahl gemalt. Eine Liebeserklärung an die Ostsee-Küste? Der 55-Tonner bleibt cool.
„Bis 21 Uhr wollen wir fertig sein”, informiert Schiffsmakler Thorsten Müller von TM-Shipping und federt mit einem Stapel Papiere über die gerade ausgebrachte Gangway an Bord. Die Frachter NORVIND, NORSUND, NORHOLM und NORNE der norwegischen Arriva-Reederei in Haugesund sind, wie man von dem Stralsunder erfährt, treue Kunden: „Der Seehafen setzt jetzt alle Verladetechnik ein, um das Schiff möglichst schnell abzufertigen”.
Mehr geht nicht
Kurz vor 21 Uhr: Seelotse Jens Schwarze betritt im grellen Scheinwerferlicht die maritime Bühne. „Dann werd’ ich mich mal beim Kapitän melden”, meint er kurz und ergänzt: „Wir sehen uns.” Bald darauf springt bullernd die Maschine an und lässt den Frachter erzittern. Die Ladeluken werden hydraulisch geschlossen, die Bagger schweigen. Der Erste Offizier checkt mit geübtem Blick die Lademarken: „Completed”, murmelt der Litauer, „Tiefgang: 6,30 Meter. 4.600 Tonnen, mehr geht nicht”. Thorsten Müller ergänzt, dass man bei Nachtfahrt ab 6,10 Meter eine schifffahrtspolizeiliche Sondergenehmigung benötige.
Er und die beiden Bundespolizisten haben inzwischen ihren Papierjob erledigt. Auf Vor- und Achterschiff erwarten die Matrosen das „Kommando „Leinen los!” Müller löst die schweren Festmacherleinen von den Pollern. „Gute Reise!” ruft er herüber und verschwindet mit seinem Wagen in den wohlverdienten Feierabend. Daran können Kapitän und Lotse noch lange nicht denken.
Kopfsteinpflaster und Einbahnverkehr
21.30 Uhr: Zentimeter um Zentimeter löst sich der Frachter von der Pier – nicht ohne noch einen warnenden Ton an die hinter dem Heck auf die Brückenöffnung hin und her wieselnden Seglern geschickt zu haben. MS NORHOLM, mit der Ladung von drei Güterzügen im Bauch, dreht träge rückwärts um die Ecke, bis der Steven in den Ziegelgraben zeigt und das Schiff gaaanz langsam Vorausfahrt aufnehmen kann. „Um Sandrutschungen vom Fahrwasserrand zu vermeiden”, erklärt Lotse Jens Schwarze, „sind hier und in ähnlichen Streckenabschnitten des Reviers nur viereinhalb Knoten und Einbahnverkehr erlaubt”.
An einigen Stellen scheint die NORHOLM über Kopfsteinpflaster zu rumpeln. „Das passiert immer dann”, so Jens Schwarze, „wenn wir zu wenig Wasser unterm Kiel haben, dann saugt sich das Schiff fest”. Wir kommen auf die sieben 22.000-Tonnen-Kreuzfahrtschiffe zu sprechen, die auf der M-V-Werft gebaut werden sollen. Bis dahin müsse aber noch kräftig gebaggert werden, um diese Riesen sicher auf die Probefahrt und zurück zur Werft zu bringen, meint der Lotse. Wie es denn in Zukunft mit den Gipstransporten sei, möchte hingegen Kapitän Deniss Sokolow (35), Este mit Wohnsitz in Finnland, wissen. „Wenn in fünf Jahren”, gibt Lotse zu bedenken, „die Kohlekraftwerke abgeschaltet werden, dann ist’s auch mit den Gips-Transporten vorbei. Bis dahin muss man neue Möglichkeiten gefunden haben”.
Elvira hat alles im Griff
Die Landtiefrinne liegt mit ihren rot und grün blinkenden Fahrwassertonnen wie eine Landebahn vor dem Schiff. Mitternacht ist vorbei. Hinter dem Heck des Frachters schleicht sich das Freester Lotsenboot SCHNATERMANN an. Klar zur Übernahme von Jens Schwarze. Um 1 Uhr, nach dreieinhalb Stunden Revierfahrt, ist es soweit.
Kapitän Deniss bedankt sich beim Lotsen, der wiederum gute Reise wünscht und durch das Deckshaus nach unten verschwindet. Ein letztes Winken hinauf und herunter. Das achteraus hin und her torkelnde Licht des kleinen Bootes wird bald von der Dunkelheit geschluckt. Die norwegische Zweite Offizierin Elvira Svendsen (23) übernimmt jetzt die Nachtwache bis vier Uhr früh. Kapitän Sokolov gibt ihr noch letzte Kursanweisungen und Hinweise, bevor er sich mit „Gute Wache!” in die Koje verabschiedet. Elvira echot mit „Gute Ruhe!” Die junge Frau, sie hat den Seemannsberuf von der Pike auf gelernt, wie sie stolz betont, stammt von einer kleinen Insel vor Haugesund: „Da ist es absolut ruhig und die Luft sauber”. In einer Stadt leben? Niemals!
An Rügen und Mön vorbei führt die nächtliche Route im 9,1-Knoten-„Tempo” vorbei nach Norden. Der Wetterbericht verspricht eine ruhige Reise. In der einfachen, aber gemütlichen Kabine wird man schnell vom wummernden Diesel in den Tiefschlaf befördert, während Elvira auf der Brücke hellwach ist, die Geräte und das rege Verkehrsgeschehen stets im Blick.
Mucki-Bude gegen Spezialitäten
Zum üppigen Frühstück mit Selbstbedienung schält sich an Steuerbord das Filigran der kilometerlangen Öresundbrücke zwischen Malmö und Kopenhagen aus dem Frühdunst. An Backbord zeichnen sich die Kirchtürme und Hochhäuser der dänischen Hauptstadt ab. Im Tiefflug düsen Maschinen gefährlich tief über die NORHOLM hinweg und steuern den nahe gelegenen Flughafen Kastrup an. Voraus pendeln Fähren zwischen Helsingborg und Helsingör. In der Kombüse kann man Smutje Krzysztof Wieckkowsi, seit 32 Jahren am Herd, über die Schulter sehen. Polnische Gerichte sind seine Spezialität. Ihr Duft zieht am Vormittag durchs Schiff und macht Appetit. Sonderwünsche wie zum Beispiel Bigos, Zurek oder Barszcz erfüllt er mit sichtlichem Vergnügen.
Man muss aufpassen, bei dieser üppigen Kost nicht aus den Fugen zu geraten. Aber Matrose Krzysztof Sedor weiß ein „sicheres” Rezept dagegen: die bordeigene „Mucki-Bude” mit Fahrrad. Er und seine Kollegen haben gut reden bei ihrer körperlich schweren Arbeit. Die Sonne versinkt blutrot unter den westlichen Horizont, während NORHOLM ihre Nase ins Skagerrak steckt. Der Westwind wirft Wellen gegen die Backbord-Flanke und lässt den Frachter schlaffördernd rollen. Einen „Schlummertrunk” kann man vergessen, denn das Schiff ist alkoholfrei. Was auf jeden Fall nicht schaden kann.
Weiße Wolke voraus
Fernab an Steuerbord zeichnet sich am nächsten Morgen als grauer Strich die norwegische Küste ab. Wie Walrücken tauchen die ersten sonnenbestrahlten Inselchen auf. Voraus die Einfahrt in den Oslofjord, gesäumt von Bergen, Wäldern und Schären. Schmucke Häuser mit stolzen Norwegen-Flaggen davor zeugen vom Reichtum und Selbstbewusstsein des skandinavischen Muster-Landes.
Elvira Svendsen meistert den schiffsschmalen Schlauch von Svelvik mit zarter Hand am Ruder bravourös. „Das macht richtig Spaß”, strahlt die rothaarige Wikingerin. Um die Ecke eine Dampfwolke: unser Ziel, die NORGIPS-Fabrik. Kapitän Sokolov übernimmt jetzt. 15 Uhr: Pünktlich wie berechnet liegt MS NORHOLM nach 386 Seemeilen ab Stralsund längsseits an der Pier des Werkes, in dem aus Spreewald-Gips Platten für den Trockenbau „gebacken” werden.
Baggerfahrer Marek Janiszewski löst die Ketten von seinem 80-Tonnen-Ungetüm und wirft den Motor an. Schon zwanzig Minuten später greift die erste Schaufel in den gelben Stoff im Laderaum. „Dadurch, dass wir das Löschen selber machen, spart die Reederei viel Geld”, erklärt der Kapitän, „eine Firma würde dafür 10.000 Euro verlangen”. Mit jedem Greifer schüttet Marek rund vier Tonnen – das bringt der Reederei etwa 60 Euro – in einen Trichter mit Förderband. Da Gips staubt und Wohnhäuser in der Nähe liegen, wird er umweltfreundlich in einer Halle gelagert. Um 23 Uhr ist Schluss, so verlangen das die Gewerkschaften. „Mich wundert”, meint Sokolov, „dass die am Sonntag überhaupt arbeiten”. Das sei, so Elvira, aber nur in Ausnahmefällen möglich.
Keine Chance bei Elvira
Landgang fällt aus, weil sich die Bucht von Drammen mit dichtem Seenebel füllt. Feierabend! Die Messe dröhnt beim Bigos-Abendessen vor Lachen – auf Estnisch, Polnisch, Englisch, Russisch und Norwegisch. Das zeugt von gutem Betriebsklima, nicht zuletzt auch ein Verdienst von Smutje Krzysztof, der sein Fach perfekt versteht. Doch am nächsten Morgen gibt’s einen Anlass für (allerdings unfreiwilligen) Landgang in Drammen: heftige Zahnschmerzen. Elvira indes, meine sprach- und ortskundige Begleiterin, freut sich über die seltene Gelegenheit. Vor allem auch, um sich einen Burger zu gönnen, den sie sichtlich genießt. Der Koch hat heute keine Chancen bei ihr. Die Matrosen bauen noch die Gips-Baggerschaufel ab und tauschen sie aus gegen einen speziellen Greifer für Baumstämme. Davon sollen am nächsten Tag 1.000 Kubikmeter in Mandal, im äußersten Süden des Landes geladen werden.
Um 13.30 Uhr klatschen die Leinen ins Fjordwasser: Es geht wieder los. Eine Reise von 18,5 Stunden oder 168 Seemeilen immer an der Skagerrak-Küste entlang. Zum Glück bei ablandigem Wind. Der hätte im umgekehrten Fall die in Ballast fahrende NORHOLM ganz schön tanzen lassen.
Holz vor der Hütte
Statt dessen vergoldet die hinter der schwarzen südnorwegischen Küstenlinie blutrot versinkende Sonne die schäumende See. Fast schon wieder romantisch. Erst recht am nächsten Morgen nach einer ruhigen Nacht: Fichtennadel- und Holzdüfte wehen einem durch den Fensterspalt um die Nase. Ich glaub’, ich bin im Wald, möchte man meinen. Aber der Blick nach draußen gibt dem Fantasten Recht: links jede Menge Holz vor der Hütte und rechts Wald auf steilen Felsklippen. Angekommen in Mandal, der südlichsten Stadt Norwegens. Genauer gesagt im historischen Hafen von Kleven, der schon 1000 v. Chr. in der Bronzezeit besiedelt war und Mitte 1800 bis zu 120 Segelschiffe zählte. Vor allem Eichenholz wurde hier seit 1500 verschifft. Das hat Folgen gehabt. Auf den Milchtüten an Bord ist entsprechend zu lesen: „Unterstützt die nachhaltige Holzwirtschaft aus kontrolliertem Anbau!” Offenbar wird aber noch genügend Holz erwirtschaftet, um es zu exportieren. Schwere LKWs karren den würzig duftenden Stoff pausenlos heran. 1200 Kubikmeter davon verstaut Marek in sechseinhalb Stunden rumpelnd in den Laderäumen. Der Frachter rollt dabei wie im Seegang.
Urwald-Gefühle mit Donnergrollen
In der Zwischenzeit lohnt sich ein Gang durch den idyllischen, kleinen Fischerort. Gleich dahinter zweigt ein steil aufwärts führender Weg ab – mit herrlicher Aussicht auf Mandal. Als schmaler Waldpfad versteckt führt er weiter hügelan durch felsbrockengespickte Schluchten mit sattgrünen Moospolstern, kleinen Wasserläufen und umgekippten Bäumen. Fast wie Urwald. Fehlen nur noch die knorrigen norwegische Trolle, dann wäre das Bild komplett. Tief unten im Hafen hört man Mareks dumpfes Dröhnen wie von Donnerschlägen, wenn er die ungleichmäßigen Holzstapel an der Laderaumwand passend zurecht klopft.
Kapitän Deniss freut sich nach vier Wochen Seefahrt auf seinen Urlaub und wienert derweil seine Kabine eigenhändig auf Hochglanz, die sein Ablöser übernehmen soll. Schon um 14.30 Uhr steht der auf der Brücke und hat den Kurs zum nächsten Hafen Eydehavn bei Arendal abgesteckt, 72 Seemeilen nordöstlich. Die See ist ruhig, aber das haben wir Einar Seeberg (57) zu verdanken.
Liebt Stille und knifflige Situationen
Ihm geht der Ruf eines „Gut-Wetter-Kapitäns” voraus. Auch wenn es anfängt zu regnen während der achtstündigen Überfahrt. Das jedoch ficht den Haudegen aus einer alten norwegisch-isländischen Seefahrerfamilie nicht im Geringsten an. Er ist ein wettergegerbter Naturmensch, der in seiner Freizeit am liebsten im Garten werkelt, in die Berge und Wälder wandert oder angelt. An Bord beschäftigt er sich gern mit Zierknoten, genannt Fancy work. Und er liebt seine kleine Insel, fernab von allem Menschentrubel.
Rein nautisch ist er ein Freund der Küsten- und Stromnavigation. Während andere lieber schnurstracks von A nach B dampfen, liebt er knifflige Manöversituationen, „auch wenn einem das manchmal den Schweiß auf die Stirn treibt”. Da bleibt man fit, lächelt er über sein gebräuntes Gesicht, „wenn man noch sein Hirn brauchen muss”. Andere Kapitäne erkennen schon an den „speziellen Kursen”, grinst Seeberg, „dass ich auf der Brücke bin”. Strömungen, Wind und Wellen nutzt er so, dass sie der Fahrt Vorteile bringen. „Das heißt, das Schiff schneller zu machen oder ruhiger in der See liegen zu lassen”.
Welche Route ich denn für die 326 Seemeilen-Strecke nach Rostock vorschlagen würde? Die Wahl fällt auf die Westfahrt durch die inselgespickte dänische Südsee und den Großen Belt. Die passt von den ozeanografisch-meteorologischen Bedingungen her, „auch wegen weniger Fähr-Querverkehr wie im Kattegat und Öresund. Die fahren mir zu riskant!”
Kapitäns-Tipp und -Schnippchen
Um 23 Uhr ist NORHOLM längsseits im schmalen Fjord von Eydhavn. Die Sicht aus dem Kammerfenster ist vollständig durch Kiefernstämme blockiert. Mareks Nachtschicht im Bagger-Führerhaus beginnt. Der „Excavator”, wie er nach seiner PS-starken Maschine benannt wird, ist ein ruhiger Künstler-Typ mit längeren grauen Haaren und Intellektuellen-Brille. Bis zum nächsten Abend soll er 2100 Tonnen Holz an Bord geschafft haben. Dabei wechselt er sich mit Bootsmann Piotr Mielewczyk ab, der kein Fan dieser Arbeit ist, die viel Fingerspitzengefühl verlangt. Aber die Arbeit flutscht, „auch ohne Aufsicht”, sagt Einar, „wir brauchen keine Absprachen, weil wir gute Teamworker sind, die jeden Schritt kennen”.
Ein Kapitänsanruf beim norwegischen Vorarbeiter und das „Tor in die Freiheit” öffnet sich wie von Geisterhand für den einzigen Landgänger. Auch an diesem Holzladeplatz, einer früheren Werft, muss alles ISPS-mäßig entsprechend den Vorschriften abgesichert sein. Wohl weil die riesige arbeitslose Bohrinsel HAVN in der Nachbarschaft ein Risiko darstellt. Das auf Stelzen geparkte Ungetüm überragt die kleine NORHOLM um ein Mehrfaches.
Reizvoller erscheint die über eine kleine Brücke erreichbare Insel gegenüber der Pier. Auf dem kilometerlangen Wanderweg hat man Muße, um die grandiose Fels-Wald-Wasser-Natur in aller Stille zu genießen. Ein Kapitäns-Tipp. Jede der kleinen Buchten mit weißem Strandsand lädt zum Baden. Einmal ins Skagerrak abtauchen. Gesagt, getan! Ziemlich frisch noch so kurz vor Ostern, aber herrlich erfrischend.
Polnische Pirogi in der dänischen Südsee
Um 18.30 Uhr, wie geplant, lässt Einar Seeberg die 1830 kW-Maschine vom russischen Chief Igor Yust erzittern. NORHOLM nimmt die Parade der schmucken Häuser am Fjordufer ab, bis sie durch den Schärengürtel mit seinen tückischen Untiefen die offene See erreicht hat. Der steife Westwind bringt sie ins Rollen. Nicht so mit diesem Kapitän. Der schlägt den querlaufenden Wellen ein Schnippchen und schneidet sie südwestlich an. „Später drehen wir auf Südost, dann schiebt uns nämlich die See”, lächelt er verschmitzt, während die Sonne sich mit einem fantastischen Himmelsschauspiel über der in der unruhigen See versinkenden Küste verabschiedet. Und der Kapitän beginnt aus seinem reichen Seemannsleben zu erzählen. Sein Fundus an Storys – kein Seemannsgarn – ist unerschöpflich. Wenn man das alles aufschreiben würde, käme locker ein fülliges Buch zustande. Seine Deutschkenntnisse aus der Schulzeit poliert er jetzt in der Freizeit mit Hilfe des SeereisenMagazin auf, wie er stolz berichtet.
Um 2 Uhr ist die verkehrsreiche Nordspitze Jütlands gerundet. Hinter Kap Skagen, in Lee des kalten Westwindes, wird es ruhiger. Die Crew genießt die „Bauernnacht” ohne Störungen. Der Abschiedsabend vor Karfreitag rückt näher. Smutje Krzysztof steht in der Kombüse unter Dampf: Unter seinen fachkundigen Händen entsteht d a s polnische Nationalgericht: mit Fleisch und Pilzen gefüllte Pirogi oder Fleischtaschen, die er in einen Topf mit heißem Wasser auf Geschmacksniveau bringt. Die Crew ist schon ganz „gierig” darauf. Nach der Passage der Brücke über den Großen Belt ist die Tafel eröffnet. Das große Fressen beginnt.
Dann herrscht satte Ruhe im Schiff. Der fürsorgliche Kapitän Einar Seeberg gönnt seinen Männern eine Mütze voll Schlaf: „Es gibt keinen Grund zu rasen. Wir fahren mit Ökospeed, haben Schubwind und genug Zeit”.
Der Abschied im Rostocker Seehafen nach 954 Wohlfühl-Seemeilen am nächsten Morgen, eine Stunde früher als geplant, fällt entsprechend schwer. „Aber du kannst ja immer wieder kommen, wenn Du möchtest”, tröstet Kapitän Einar, „wir haben noch viele, schöne Häfen auf unserm NORHOLM-Reiseplan”. So gesehen …
MS NORHOLM
Baujahr: 1995; Bauwerft: Severnav, Rumänien (Ausbau nach Kasko-Schleppreise: Holland); Schwesterschiff: NORNE; BRZ: 3443; tdw: 4700; Länge: 93,44 Meter; Breite: 15 Meter; Tiefgang ((maximal): 6,27 Meter; Luken: 2; Airdraft: 30,50 Meter; Hauptmaschine: Caterpillar 3606DITA, 1830 kW; Geschwindigkeit (maximal): 11 Knoten; Propeller: Pitch; Eisklasse: E2; Crew: 8; Reederei: Arriva Shipping, Haugesund; Heimathafen: Haugesund; Flagge: Norwegen.
Buchung solcher und ähnlicher einwöchigen Reisen: Frachtschiffreisen Kapitän Zylmann, Kappeln, www.zylmann.de
MS NORHOLM – Gips-Beladung im Stralsunder Südhafen.
Das Filigran der Öresundbrücke mit Fahrwassertonne.
Scandlines-Fähre zwischen Dänemark und Schweden. | Schloss und Festung im schwedischen Helsingborg. |
Der Leuchtturm in der Ansteuerung des Oslofjords.
Kapitän Deniss Sokolow und Zweite Offizierin auf Brückenwache. | Zweite Offizierin Elvira Svendsen am Ruder. |
Der Kirchplatz von Svelvik. Die NORGIPS-Fabrik steht im Nachbarort Drammen.
Endpunkt der Reise ist die NORGIPS Fabrik in Drammen. | Mit jedem Greifer schüttet Marek rund vier Tonnen Gips in den Trichter. |
Einlaufen in den Hafen von Kleven bei Mandal in Südnorwegen.
Die Norweger haben immer noch viel Holz vor der Hütte. | Idyllische Bergstraße im historischen Hafen Kleven. |
Truck für Truck erhöht sich der Holzstapel auf der Pier. | Stapel für Stapel schwingt über die Ladekante. |
In Kleven wohnen die Fischer direkt am Wasser. | Der idyllische kleine Hafen von Kleven bei Mandal. |
Panoramablick auf Mandal, die südlichste Stadt Norwegens.
Verwunschener Bergwald oberhalb von Kleven und Mandal. | Idyllische Uferlandschaft auf einer Insel bei Mandal. |
Von Eiszeitgletschern geprägte Granitküste. | Kleine Badebucht auf einer Insel in der Nähe des Hafens Eydehavn. |
Kapitän Einar Seeberg am Ruder seines Schiffes. Er hatte Kapitän Deniss in Mandal abgelöst. | Auslaufen mit voller Holzladung aus Eydehavn. |
Schöne Häuser säumen das Fjordufer von Eydehavn.
Märchenhafter Sonnenuntergang über der norwegischen Skagerrak-Küste.