AUSGABE 2/2012
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Foto: Peter Andermann, CruiseEurope Ein sehenswertes Museumsdorf in Mocanal auf El Hierro.

   

Dr.Peer Schmidt Walther Endlich mal Yachtie sein dürfen. Bis ans Ende der Welt: sechs heiße Inseln in sieben Tagen

Krass, dieser Gegensatz, denkt man. Wer den Riesen und den Zwerg hinter- oder nebeneinander sieht, kann gar nicht anders, als das zu empfinden. So im Hafen von Santa Cruz de Tenerife.

Doch bevor es aus dem frostigen Deutschland in den frühlingshaften kanarischen Süden geht, kommt man noch in den Genuss einer Gratis-Sonnenpause im tief verschneiten österreichischen Graz. Zwischenlandungen haben manchmal auch etwas Positives an sich.

 

Was ist schon Größe? „Wahrhaftig eine Schönheit! stellt ein Mitpassagier fest und meint damit die vor ihm liegende LA BELLE DE LADRIATIQUE. Ein (zu) langer, weil französischer Name, aber fortan nur noch liebevoll verkürzt LA BELLE genannt. Das passt zu dem schneeweißen 110-Meter-Schiff mit den flachen, windschnittigen Aufbauten und dem abgeschrägten Heck. Und mein Nachbar spinnt den Gedanken weiter: „Kommt mir vor wie eine Millionärsyacht”. Mit dem Unterschied, dass jetzt 200 „Millionäre an Bord sind, ohne dass sie es wissen. Aber sie werden mindestens so umsorgt. Von 50 internationalen Crewmitgliedern, die dem Gast das Wohlgefühl vermitteln, als sei er der Größte. Nach dem Motto: klein, aber fein.

A propos: Eingekeilt wird die LA BELLE am Kreuzfahrtterminal von zwei wirklich Großen, in die sie mindestens dreißig Mal hineinpassen würde. Aber die auch zwanzig Mal so viele Passagiere mitnehmen. „Nee, da finde ich das hier doch angenehmer, sagt jemand, der den Anreisetrubel auf der Pier verfolgt. Bus auf Bus rollt heran, deren Ladungen ameisengleich von den Seitenpforten aufgesaugt werden.

Aus der Foto-Froschperspektive lassen sich die Größenverhältnisse allerdings auch umkehren: Wenn man den scharf geschnittenen LA BELLE-Steven bildfüllend vor den geschrumpften Riesen im Hintergrund stellt.

 

Im unwahrscheinlichen Fall 

Doch kaum ist die Kabine bezogen, piept das im entscheidenden Moment lebensrettende Signal aus sieben kurzen und einem langen Ton – Generalalarm und erste Passagierspflicht: Alle Sammeln! Mit umgelegter Rettungsweste im achteren Salon.

Obwohl das Signal nur piepsig ist und viele Gäste schwerhörig sind, finden alle in Minutenschnelle die vorgeschriebene Musterstation. Die Kreuzfahrtdirektorin hakt anhand einer Liste die auf die Westen gemalten Kabinennummern ab. Probleme haben einige mit dem Gurt, den Schnallen und der Art, sie ineinander zu verhakeln. „Très compliqué, machen sich ein paar Franzosen Luft. Freundliche Crewmitglieder leiten sie an, bis jeder verstanden hat, wies geht. Dann folgt die vorgeschriebene Ansage – „im unwahrscheinlichen Fall, wie die Uniformierte verkündet –, dass man von hier aus zu den Booten geführt werde und dann weitere Anweisungen abzuwarten habe. Das gehe auf einem kleinen Schiff wie unserem, so ein Gast optimistisch, sicherlich reibungsloser und schneller als auf einem Riesenpott. Und wirklich, die BELLE präsentiert sich überschaubar. Schnell hat man die wichtigsten Richtungen verinnerlicht, und niemand muss herumirren auf der Suche nach seinem Ziel.

 

Freundlich fließender Wortschwall 

Kaum sind alle „gerettet, versammeln sie sich schon wieder: dieses Mal im vorderen Salon. Der Hoteldirektor stellt die Crew vor, und zwar komplett: vom T-Shirt und Jeans tragenden Decksmann bis zum goldbetressten Kapitän. Eine freundliche, respektvolle Geste allen seinen Mitarbeitern gegenüber, die aus Kroaten, Franzosen und Philippinos besteht. „Auf eine erlebnisreiche Reise stößt man zweisprachig und gläserklingend an auf eine erlebnisreiche Reise.

Es geht Schlag auf Schlag. Nach dreißig Minuten Crew-Parade öffnen sich die Restaurant-Türen. Alle 200 Gäste versammeln sich zu einer Sitzung, wohlsortiert an denen ihnen zugewiesenen Tischen. Ich finde mich – als einer von insgesamt nur sechs Deutschen – an einem Fünfer-Tisch wieder – und bin gespannt auf meine „Mitesser. Vier Franzosen, und wie ich bei der Vorstellungsrunde schnell feststelle, außer ihrer Muttersprache gibt es keine anderen Verständigungsmöglichkeiten. Englisch? Non! Geschweige denn alleman, Deutsch. „Nur ein bisschen, strahlt meine Nachbarin, der ich schnell erwidern kann: „Moi, un petit peu francais! Schulwissen, dass ich hier auffrischen kann, denke ich. Wobei es mir zunehmend schwerfällt, dem immer schneller fließenden französischen Wortschwall zu folgen. Zumal alle – sympathische, kontaktfreudige Menschen – davon ausgehen, dass ich alles verstehe. Da lächelt man lieber freundlich, Verständnis vorgebend, und widmet sich Speisen und Getränken. Selbst nach mehreren Gläsern Rotwein erscheint es mir irgendwie noch anstrengend, so dass ich schon mal das Dessert ausfallen lasse, um an Oberdeck frische Luft zu schnappen und die Ruhe zu genießen.

 

La BELLE dreht auf dem Teller 

Drei Busladungen voller Gäste machen sich am Vormittag auf, um die größte und vielfältigste der sieben Kanaren-Inseln zu erkunden: einerseits durch den grünen Norden mit seinen fruchtbaren Tälern und dicht bewaldeten Bergen, andererseits durch den trockenen Süden mit tiefen Schluchten und kargen Berghängen. Durch den Nationalpark Teide mit seinen bizarren Felsformationen, roten und schwarzen Lavadecken und weiten Aussichten auf Land und Meer schlängelt sich ein Bus bis auf 2200 Meter Höhe empor – und gibt dann seinen Geist auf. Als Retter in der Not erweisen sich die beiden nachfolgenden Busse. Mit doppelter Belegung erreichen sie – zum Mittagessen leicht verspätet – das Schiff.  

LA BELLE nimmts leicht: Gelassen dreht sie elegant auf dem Teller und nimmt Kurs auf die offene See. Zu Füßen der Kreuzfahrtriesen, dessen Publikum den mutigen Kleinen tief unten bewundert und von oben herab winkt. Elegant wiegt sich die Yacht schon Minuten später in ihren schlanken Hüften auf Gran Canaria zu. Seine kargen bergigen Küsten vergoldet die untergehende Sonne. Maspalomas, der Touristenmoloch mit seinen endlosen Bettenburgen, grüßt später grell beleuchtet von Backbord herüber. Im offenen Seegebiet zwischen Gran Canaria und Fuerteventura leisten die Stabilisatoren – zum Glück für manchen Seefahrts-Neuling – dämpfende Wirkung. Aber Tischnachbarin Francoise aus Versailles wird immer munterer, outet sich als Sängerin und schmettert uns schließlich einige Partien aus ihrem Repertoire zum Dessert.

Über Nacht dampft LA BELLE im rauen Schwell des Nord-Ost-Passats ihrem nächsten Ziel entgegen. 188 Seemeilen bis Lanzarote. Gewiegt in den Schlaf vom sanft rollenden Schiff.

 

Wenn die Erde wütend wird 

Atlantische Wellen stimmen frühmorgens ihr Wecklied an, indem sie sanft gegen die LA BELLE-Flanken klopfen. Kurz vor neun Uhr rauscht das Lotsenboot vor Arrecife, der Inselhauptstadt, längsseits. Blendend weiße Würfelhäuser, gesprenkelt über die rostbraunen vulkanischen Hänge – die „Feuerinsel kann ihre unterirdische Herkunft nun mal nicht verleugnen –, grüßen von Land herüber. Im 18. Jahrhundert versanken weite Teile der Insel durch eine Eruptionsserie in Schutt und Asche und verwandelten sie in eine Mondlandschaft. Im (deutschen) Tagesprogramm erfährt man dazu den Titel des Abendvortrages: „Wenn die Erde wütend wird in den Kanarischen Inseln.

Der Architekt César Manrique schließlich machte aus seiner Heimatinsel eine faszinierende Symbiose aus Kunst und Natur. Die Flaggenfarben der Kanaren – weiß, gelb, blau quergestreift – symbolisieren das lebensspendende Wasser aus den Bergen, den singenden Kanarienvogel und den unendlich blauen Himmel. Dazu gehören eigentlich auch noch das Schwarz der Sände und Lavabrocken-Mauern um die Weinpflanzen samt dem frühlingsfrischen Grün der Kakteenfelder. Aber so viele Streifen verträgt keine Flagge.

 

Drei Masten über der Festung 

Zu Fuß – immer am Atlantik entlang, auch an einem kleinen Strand vorüber, der zum Baden verführt, und durch Lavafelder – erreicht man in gut dreißig Minuten Arrecife mit seiner pittoresken Altstadt. Vor der kanonenbewehrten 400 Jahre alten Festungsinsel Castillo de San Gabriel sollte man erst mal links abbiegen – über die mindestens ebenso alte Brücke Puente de las Bolas. Sie gilt als Wahrzeichen der Stadt, auf die man von dort aus einen 180-Grad-Panoramablick genießen kann. Und vielleicht das Glück hat, einen Großsegler an der Mole zu entdecken. In diesem Fall das norwegische Vollschiff CHRISTIAN RADICH. Ein echter Hingucker, das Ausbildungs-Schiff der norwegischen Marine. Das erinnert mich an meine Kadetten-Zeit auf dem Segelschulschiff GORCH FOCK. Genau vor 47 Jahren lagen wir am selben Liegeplatz. Arrecife galt damals als exotisch und abgelegen. Als „marineros alemanos und ganz in Weiß wurden wir 1965 noch bestaunt, während heute jede Menge Touristen durch die Altstadtgassen bummeln.

Vier sturmgepeitschte Wochen hat die deutsche Vorzeige-Bark zu jener Zeit gebraucht. Heiß ersehnt von uns „jungen Kerls, die dann nur in Gruppen Landgang hatten. Von wegen „in jedem Hafen eine Braut ... – weit entfernt davon. Heute dagegen jetten Sonnenhungrige in viereinhalb Stunden in das lockere Touristen-Paradies.

 

Zu Gast beim Teufel 

Der Nachmittag gehört dem Norden: per Bus auf den höchsten Punkt der Insel, hinab nach Teguise ins „Tal der tausend Palmen und hinauf zum 400 Meter über See gelegenen Mirador del Rio mit seinem fantastischem Ausblick bis hinüber zur Insel La Graciosa. Insel-Architekt César Manrique hatte auch hier seine gestalterischen Hände im Spiel bei der Einrichtung des schon legendären Restaurants.  

Andere begeben sich im Nationalpark Timanfaya auf heißen Boden. An vielen Stellen liegt die Temperatur nur wenige Meter unter der Erdoberfläche bei über 400 Grad. Wir sind zu Gast bei „El Diabolo, dem Teufel. Auch dieses „feurige Restaurant, in dem mit reiner Vulkanhitze gekocht wird, ist eine Schöpfung von Manrique.

Unterwegs werden kleine Weingüter passiert. Jeder Stock ist umgeben von einer schützenden und wärmenden Steinmauer. Die Pflege ist aufwändig und das Produkt daher nicht ganz preiswert. Selbst im Supermarkt muss man für die Billigvariante über fünf Euro pro Flasche hinblättern.

Kurz vor Sonnenuntergang, der die Vulkankette zum sanften Scherenschnitt degradiert, nimmt LA BELLE wieder Kurs auf die offene See. Am späten Abend leuchten Lichter an Steuerbord: die von Puerto del Rosario, Fuerteventuras Hauptstadt. Sie passt leider nicht in den Zeitplan von LA BELLE, die im 130-Seemeilen-Nachtsprung Gran Canaria ansteuert und dabei ruhig liegt wie ein Brett. Nur das Knarren der Inneneinrichtung verrät, dass das Schiff über den Atlantik reitet.

 

Zwischen Carnaval und Columbus 

Bis es am nächsten Morgen vor Las Palmas aufkreuzt. Das vormittägliche Ausflugsprogramm bietet sich für einen ersten Gran Canaria-Überblick an. Der Bus-Reiseleiter kann es kaum glauben, dass wir mit dem „kleinsten Kreuzfahrtschiff gekommen sind, das jemals den Hafen angelaufen hat. „Euer Schiff, findet er, „sieht eher aus wie ein Flusskreuzer, aber noch viel eleganter. LA BELLE eben!

„Wie Sie sehen, messieurs et mesdames, fährt er wenig später fort, „bietet Cran Canaria mehr als Sonnengrills und Amüsiermeilen. José preist nicht nur das vorübergleitende fruchtbare Kulturland des Nordens, sondern auch die grandiose Dünenlandschaft im Süden. Beides wird durch ein zerklüftetes Bergmassiv in der Mitte getrennt. Wie ein Miniaturkontinent. Abgesehen von der quirligen 400.000-Einwohner-Hauptstadt Las Palmas, die noch vom „Carnaval gezeichnet ist. Bunte Kostüme bevölkern die Straßen, Musik dröhnt über den kilometerlangen Badestand und der Wind treibt Restmüll durch die Straßenschluchten.

Im Angostura-Tal können sich Pflanzen-Freunde nicht sattsehen an den diversen heimischen Kakteenarten im Jardin Canario.

Als sich der Bus auf fast 500 Meter in die Höhe geschraubt hat, staunen alle über die

 

Aussicht vom „Mirador de Balcon. Ihnen liegt das wildzerklüftete Küstenland zu Füßen, in der Ferne der silbrig schimmernde Atlantik und die hochhausgespickte Metropole Las Palmas. Aber auch der Bandama-Krater mit einem Kilometer Durchmesser.

Die Altstadt von Vegueta schließlich, Gründungskern von Las Palmas, verzaubert die LA BELLE-Fahrer durch ihre engen, autofreien Gassen und historischen Häuser mit mittelalterlichem Flair. Eins davon ist das Haus des Gouverneurs, in dem der große Seefahrer Christoph Kolumbus 1492 wohnte, bevor er zur Entdeckung Amerikas aufbrach. Das war kein Zufall, wie aus den im Museum ausgestellten Dokumenten hervorgeht. Die Inselgruppe liegt quasi auf dem Weg quer über den Atlantik, begünstigt durch Nordost-Passat und Meeresströmungen, die beide schieben helfen.

Auch LA BELLE nutzt sie, als sie am Abend stampfend Kurs auf El Hierro nimmt. Ans „Ende der Welt im äußersten kanarischen Westen, auf den nur noch das große, tiefe Wasser folgt. Untermalt von einer fulminanten Crew-Show und der Glühwürmchen-Lichterkette von Teneriffa an Steuerbord.

 

Wenig besuchtes UNESCO-Biosphärenreservat 

Pünktlich zum Frühstück serviert der Kapitän die westlichste, kleinste, kühlste, aber schönste der Kanarischen Inseln. Das findet auch Peter, der Bus-Reiseleiter aus Saarbrücken. Während eines Törns mit dem Eckernförder Großsegler ROALD AMUNDSEN hat er sich – Seemannsschicksal (?) – in El Hierro verliebt und zog mit seiner Frau hierher. Beide verdienen sich ihren Unterhalt als Reiseleiter und Sprachlehrer. „Die Insel-Spanier, sagt er, „begreifen allmählich, dass man mit Fremdsprachen auf dem europäischen Kontinent weiter kommt.

„Nur wenige Individualisten wissen die Randlage der Insel zu schätzen, weiß er und ergänzt im gleichen Atemzug: „Und das soll möglichst auch so bleiben! Das 25 mal 30 Kilometer messende Eiland gilt mit rund 10.000 Einwohnern – die Hauptstadt Valverde, einzige der Kanaren auf 600 Metern im Hochland, bringt es gerade mal auf 2000 – nicht nur als dünn besiedelt, sondern auch wenig besucht.

Besonders gut erschlossen ist El Hierro allerdings durch ein dichtes Netz von Wanderwegen. So lässt sich die erstaunliche Vielfalt der auf engstem Raum nebeneinander bestehenden Landschaften, von der UNESCO zum Biosphärenreservat erklärt, am besten erkunden: ob karge Lavawüsten, mystische Nebelwälder, saftig-grünes Weideland oder weite Obstplantagen. Von diversen atemberaubenden Aussichtspunkten wie zum Beispiel dem 700 Meter hohen Mirador de la Pena bieten sich fantastische Weitblicke über die Insel mit ihren schroffen Steilküsten und aufs Meer hinaus.

 

Paradiesischer Weg zum Aperitif 

Durch El Hierro verlief bis Ende des 15. Jahrhunderts auch der Null-Meridian, der das Ende der damaligen Welt markieren sollte. Kolumbus schließlich räumte mit dieser Vorstellung auf, indem er „hinter den Horizont segelte und 1492 Amerika entdeckte.

Lokale Einblicke indes verschafft das ökologische Museum. Vor allem das Dorf mit den niedrigen Hütten aus schwarz-braunen Lavabrocken. Karg war das Leben der Landbevölkerung unter den besonderen Boden- und Klimabedingungen. Ein „heißes Pflaster von gut 1000 Vulkanen, die hin und wieder noch aktiv und mit heftigen Erdbeben verbunden sind. Bis Peter seine Schäflein wieder in die Gegenwart zurückruft und zum Aufbruch ruft. „Wir müssen noch zum Apéritif!, lockt er sie in die Busse. Der Weg dahin ist wahrhaft paradiesisch: an Mango-, Papaya-, Bananen- und Ananas-Plantagen vorüber. Einzigartig in der Europäischen Gemeinschaft.

Die Weinkooperative schenkt großzügig aus, so dass alle fröhlich beschwingt die Serpentinenfahrt abwärts genießen und an Bord gehen. Sofort werden die Leinen losgemacht zur 59-Seemeilen-Überfahrt nach Norden auf La Palma zu. Gegen Wind und Wellen, die am LA BELLE-Steven in Gischtkaskaden zerstäuben.

Wiederum preußisch pünktlich zum Abendessen liegt das Schiff ruhig an der Mole, die mir noch aus GORCH FOCK-Zeiten in Erinnerung geblieben ist. Als strammer Wachtposten an der Gangway. Und ohne Landgang. Den haben die LA BELLE-Passagiere reichlich, verbunden mit einer „Bauernnacht. Auf unserem Marine-Schulschiff hieß das: einmal ausschlafen dürfen. 

 

Blick in den Höllenschlund 

Beatrix, die mehrsprachige Reiseleiterin aus Deutschland, schwärmt von La Palma, auf der ihr Mann und sie nach einer Weltumsegelung vor 25 Jahren „hängengeblieben seien. Irgendwie haben die Inseln das an sich, könnte man vermuten. Peter auf El Hierro ging es nicht anders. „Hier versteht man zu leben, begründet sie ihren „Ankerplatz, und man arbeitet nur um zu leben – anders als in Deutschland.

Die „Isla bonita (schöne Insel) habe es ihr angetan: nicht nur die Kolonialarchitektur der Hauptstadt Santa Cruz de la Palma, sondern auch ihre üppige, ursprüngliche Natur als „Isla verde (grüne Insel). Bis auf knapp 2500 Meter schwingt sich die berlingroße wilde Schönheit auf und gilt als eine der steilsten weltweit. Zum Glück ist sie auch verschont geblieben vom Massentourismus, zumal sie nur mit wenigen Sandstränden glänzen kann, die auf anderen Inseln Hauptanziehungspunkte sind.

Den Vormittag verbummeln die meisten Gäste in der malerischen Altstadt oder tauchen ab unter Palmen in den glasklaren Atlantik. Der brandet gegenüber der Mole, nur fünfzehn Fußminuten entfernt vom Liegeplatz, auf den gepflegten schwarzsandigen Strand.

Nachmittags ist die Erkundung des Südens von La Palma angesagt. Vom Kraterrand des Vulkans San Antonio kann man fast 100 Meter tief in den Höllenschlund hinabsehen, aus dem noch 1971 monatelang Lava sprudelte. Oder von hoch oben den Blick schweifen lassen über die Küstenorte mit ihren Ferienhäusern, Bananenplantagen und Weinfeldern.

Das von einem üppig-idyllischen Garten umgebene Keramikmuseum „El Molino hingegen beschert Einblicke in die Töpferei, ein typisches Inselhandwerk. Dazu gehört auch der Weinbau, dessen Produkte wie der likörartige Malvasia in einer Bodega kredenzt werden. Zum Glück wird man gefahren und kann den Abend an Bord weinselig bei dem – mit viel Liebe zelebrierten – recht zwanglosen Gala-Dinner beschließen. 

 

Yachties statt Blumenkinder 

Mit gemächlichem Öko-Tempo wird La Gomera, bekannt auch durch die Pfeifsprache der Berghirten, angesteuert. Nach 59 Seemeilen macht LA BELLE in San Sebastian fest. Ein deutsches Paar schaut interessiert zu und staunt über das „hübsche, kleine Kreuzfahrtschiff. Und nur so wenig Leute an Bord! Die Beiden – „wir mögen es lieber individuell” – beschließen spontan, im nächsten Jahr mitzufahren. Zumal man in einer Woche nicht nur eine, sondern fast alle Inseln besuchen könne. Trotzdem schwärmen sie von „ihrer Insel mit dem „märchenhaften Urwald im UNESCO-Nationalpark Garajonay, den typischen gomerischen Dörfern Hermigua und Agulo und den traumhaften Meerblicken. Am Nachmittag wird den Gästen das alles während der Rundfahrt geboten. Vor allem Ursprünglichkeit. Die zog vor Jahren „Aussteiger nach La Gomera, das sich zum Szenetreffpunkt von Rucksack-Touristen entwickelte. Nur noch wenige dieser „rudimentären Blumenkinder im Rasta-Look schlendern noch über die Hafenpromenade oder sonnen sich am nahen Strand. Statt ihrer haben sich mittlerweile betuchte Yachties samt Segelbooten aus aller Welt in der Marina versammelt. Ein Ausstieg der anderen Art.

Leinen los am späten Nachmittag zum finalen 66-Seemeilen-Törn. Voraus reckt sich die markante Vulkanspitze des Pico del Teide, mit 3718 Metern höchster Berg Spaniens, über eine zähe Wolkenbank, während im Kielwasser der braune Felsklotz von La Gomera versinkt. Abschiedsstimmung vor dem letzten und ersten Hafen Santa Cruz de Tenerife. In der Meeresstraße zwischen den beiden Inseln wird eifrig nach Walen und Delfinen Ausschau gehalten, die sich hier tummeln sollen. „Das Winken einer Walfluke wäre noch das letzte große Highlight gewesen, meint ein Gast, „aber wir können uns über mangelnde Höhepunkte während dieser Reise nun wirklich nicht beklagen”.

 

Informationen 

Das Schiff: MS LA BELLE DE LADRIATIQUE, Baujahr 2007; Bauwerft Chantier naval Meuse et Sambre de Namur, Belgien; Eigner Croisi Europe, Strasbourg; BRZ 3500 t; Länge 110 m; Breite 12,80 m; Tiefgang (maximal) 3 m; Antrieb 3 Cummins-Diesel-Maschinen à 1600 PS; Geschwindigkeit (maximal) 14 kn; Stabilisatoren; Kapazität 200 Passagiere; Kabinen (auf vier Decks, ausgestattet mit Dusche, WC, Sat-TV, Fön, Safe, regelbare Klimaanlage, Internet-Zugang, Telefon; 1 Kabine behindertengerecht), 1 Restaurant, 2 Bars, 1 großes Sonnendeck (über die gesamte Schiffslänge) mit 3 Hometrainern; Terrasse (achtern am Heck); 2 Whirlpools auf dem Sonnendeck, 1 Internet-Ecke (sowie Zugang von der Kabine aus), Boutique, Bibliothek, Krankenstation (kein Arzt an Bord, aber Hilfe jederzeit dank Landnähe verfügbar); Heimathafen Brüssel; Flagge Belgien.

Die Bauart erinnert in ihren Abmessungen und vom Stil her an Flusskreuzfahrtschiffe derselben Reederei von derselben Werft; die LA BELLE ist jedoch ein Seeschiff mit entsprechender Ausstattung und fährt unter dem Programm „CroisiMer nach dem Motto: „Une autre idee de la mer – oder: die etwas andere Hochseekreuzfahrt. Sozusagen für Flussschiffs-Fans mit Hochseegelüsten.

Fahrtgebiet von Frühjahr bis Herbst: kroatische Adria sowie Montenegro und Griechenland mit Kanal von Korinth; via Suezkanal mehrere Reisen durchs Rote Meer (zwischen Aquaba, Hurghada, Sharm-El-Sheik), aus politischen Gründen (Unruhen in Ägypten) 2012/13 ausgesetzt.

Die Route (Ausflüge): Santa Cruz de Tenerife/Teneriffa (Stadtführung, Nationalpark Teide); Arrecife/Lanzarote (der Norden, Nationalpark Timanfaya); Las Palmas/Gran Canaria (Tal von Angustura, Teror und die Gärten von Arucas); Puerto de la Estaca/El Hierro (Inselrundfahrt mit Weinprobe); Santa Cruz de la Palma/La Palma (Vulkane und Wein); San Sebastian/La Gomera (Inselrundfahrt). Zurückgelegte Strecke: 650 Seemeilen/1203 Kilometer. Besonderheit: besucht werden sechs von sieben Kanarischen Inseln (außer Fuerteventura), davon El Hierro, La Gomera und La Palma, die abseits der Routen von großen Kreuzfahrtschiffen liegen und eine herrlich-ursprüngliche Natur bieten.

Die Landschaft: bizarre Vulkane, grüne Bergwälder, blühende Gärten und subtropische Fruchtplantagen (Bananen), idyllische Bergdörfer, historische (Kolonialzeit) und moderne Architektur (Manrique), Weinanbau, lebhafte Küstenorte und Strände.

Teneriffa ist die größte, spektakulärste, vielseitigste und mit dem Pico de Teide (3718 m) höchste Insel. La Palma ist als grünste Insel bekannt; La Gomera mit seinen Nebelwäldern, Schluchten und Palmentälern als Wanderparadies; El Hierro als kleinste Insel und bisher vom Tourismus wenig berührt; Gran Canaria als Badeparadies, Fuerteventura als Wüsteninsel und Lanzarote als vegetationsärmste mit bizarrer Mondlandschaft.

Die Reisezeit: Dezember bis März. Die Buchung: www.goetten.net

Die Literatur: Polyglott on tour: Kanarische Inseln, ISBN 978-3-493-55738-1

 

Was gut ist 

Ausflugspreise moderat (zwischen 8 und 41 Euro); Getränkepreise moderat (1 Glas Wein € 3,50, Cocktails € 4 - 6, Spirituosen ab € 4, 1 Bier/Büchse/gezapft € 2,50, 1 Cola € 2,50, 1 Flasche Stilles Wasser € 2,50, 1 großer Milchkaffee € 2,60; Tischwein, Softdrinks, Wasser, Espresso zu allen Mahlzeiten inklusive; Schiff yachtähnlich, überschaubar, gepflegt; selten während einer Woche befahrene Route; Essen jeweils 1 vorgegebenes Drei-Gänge-Menü (1 Vorspeise, 1 Hauptgericht, 1 Nachspeise) völlig ausreichend; 1 Sitzung; keine Kleidervorschriften; kein Caiptains Dinner; familiäre Atmosphäre; freundliche, hilfsbereite mehrsprachige Crew (Französisch, teilweise Deutsch, Englisch); alle Transfers inklusive; gutes Schiffsverhalten bei Seegang (dank Stabilisatoren).

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, Stralsund

Die LA BELLE DE LADRIATIQUE am Liegeplatz in Santa Cruz de Tenerife.

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, StralsundDie LA BELLE DE LADRIATIQUE (3.500 BRZ, 200 Passagiere) vor der INDEPENDENCE

OF THE SEAS (154.407 BRZ, 4.000 Passagiere) von Royal Caribbean Cruise Line.

 

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, StralsundDer Hafen von Santa Cruz de Tenerife ist umgeben von mächtigen Bergen aus Lavagestein, das in vielen Farben leuchtet.

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, StralsundHöhenblick in ein Tal an Teneriffas Ostküste.

 

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, StralsundTunnelblick in einen Höhenwanderweg auf Teneriffa.

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, Stralsund
Touristen auf einem Kamelritt in die Feuerberge – Montañas del FuegoLanzarotes, in den Nationalpark Timanfaya.

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, Stralsund 

Blendend weiße Würfelhäuser, gesprenkelt über die rostbraunen vulkanischen Hänge – die „Feuerinsel

kann ihre unterirdische Herkunft nun mal nicht verleugnen. 

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, Stralsund

Das norwegische Vollschiff CHRISTIAN RADICH an der Mole in Arrecife auf Lanzarote.

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, Stralsund
Das Eruptivmaterial der sechs Jahre dauernden Ausbrüche vom 1. September 1730 bis 16. April 1736 bedeckt etwa 167 Quadratkilometer Lanzarotes.
Der Timanfaya Nationalpark im Südwesten der Insel erstreckt sich über 51,07 Quadratkilometer
.
Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, Stralsund
Als sich der Bus auf fast 500 Meter in die Höhe geschraubt hat, staunen alle über die Aussicht vom „Mirador de Balcon” auf Gran Canaria.

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, Stralsund 

Bummel in den Altstadt-Straßen der quirligen 400.000-Einwohner-Hauptstadt Las Palmas. 

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, Stralsund

Idylle in der Altstadt von Las Palmas de Gran Canaia.

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, Stralsund
Staunen im Jardin Canario von Las Palmas mit der Unzahl von Kakteen.
Foto: Peter Andermann, CruiseEurope
Insel El Hierro, tobende Brandung an der Nordkueste.

Foto: Peter Andermann, CruiseEuropeAbendstimmung auf einer stillen Küstenstraße auf El Hierro.

 

Foto: Peter Andermann, CruiseEuropeDie raue Nordküste von El Hierro mit Blick auf den weiten Atlantik.

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, Stralsund Die „Isla bonita (schöne Insel) wird La Palma genannt. Die Kolonialarchitektur der Hauptstadt Santa Cruz de la Palma und ihre üppige, ursprüngliche Natur rundum weist sie auch als „Isla verde (grüne Insel) aus.

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, StralsundDer Kirchplatz in der Altstadt von Santa Cruz de La Palma.

 

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, StralsundEl Molino-Idylle über Santa Cruz de La Palma. 

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, Stralsund 

Auf der Inselrundfahrt auf La Palma ist ein Highlight der Krater des Vulkans San Antonio ... 

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, Stralsund

... mit frischen Ausbruchsspuren.

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, StralsundSan Sebastián de la Gomera, die Hauptstadt vom La Gomera, mit ihrem Yachthafen.

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