WELTNATURERBE NIEDERSÄCHSISCHES WATTENMEER | AUSGABE 3/2012 | ||||||
Der 330 Tonnen tragende und flachgehende Inselversorger MS FRISIA VIII auf seinem Weg nach Juist. |
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Der Inselversorger FRISIA
VIII der Reederei Norden-Frisia
erfüllt höchste Umweltstandards als erstes Schiff im Weltnaturerbe
Niedersächsisches Wattenmeer. Die Betriebsergebnisse nach rund einem Jahr Inselversorgung mit dem im Oktober 2010 in Betrieb gesetzten Inselversorger MS FRISIA VIII können sich sehen lassen: Stark reduzierte Abgasemissionswerte, niedrige Kraftstoffverbräuche und umweltfreundliches Schiffsdesign führten zur Vergabe des Umweltzeichens „Blauer Engel”. Die FRISIA VIII ist somit das erste Schiff an der Nordseeküste mit dieser Auszeichnung. Der Inselversorger wurde nach einer sehr kurzen
Bauzeit in nur drei Monaten von der
Hamburger Traditionswerft Sietas, Neuenfelde, fertig gestellt. Mit dem
Neubau hat die Reederei Norden-Frisia auf den seit Jahren stetig wachsenden
Bedarf für Transportkapazitäten im Inselversorgungsverkehr, aber auch für
Projektladungen im Bereich der ostfriesischen Küste reagiert. Fred Meyer,
Reedereisprecher, macht die Bedeutung des Versorgerschiffs deutlich:
„Zur Insel Juist haben wir jährlich einen Frachtbedarf von 23.000
Tonnen, nach Norderney liefern wir rund 350.000 Tonnen mit Lastwagen”. Um für den Umschlag von schweren Straßenfahrzeugen
oder anderen rollenden Lasten flexibel einsetzbar zu sein, verfügt die FRISIA
VIII über hydraulisch zu aktivierende Bug- und Heckklappen. Rund 20 Meter
lange und mehr als 7 Tonnen schwere, so genannte Ankerpfähle vorn und
achtern, machen das Schiff unabhängig von Vorrichtungen an Land, sich
positionieren zu können. Bei der Wahl der Antriebsanlage hat sich das Unternehmen auf die bereits auf anderen Reedereischiffen gemachten guten Erfahrungen mit Motoren von VolvoPenta konzentriert. Angetrieben wird das 58,50 Meter lange, 11,00 Meter breite und beladen 1,60 Meter tief gehende Schiff von zwei Reihen-Sechszylinder Dieselmotoren vom Typ D16MH, die ihre Leistung von je 368 kW bei 1.800/min über TwinDisc-Getriebe an die beiden freischlagenden Festpropeller, in Tunneln laufend, abgeben. Mit diesen Abmessungen erreicht die FRISIA VIII eine Tragfähigkeit von etwa 330 Tonnen. Ein Dreikanal-Bugstrahler, Typ Veth-Jet, von dem niederländischen Spezialisten für Manövriereinrichtungen, VETH Propulsion, unterstützt die Schiffsführung in den engen Fahrwassern und Häfen. Der Bugstrahler wird dieselmechanisch, Scania-Dieselmotor DI16 42M (386 kW bei 1.800/min.), angetrieben. Der relativ hohe elektrische Bedarf auf dem Versorger wird durch zwei Elektro-Aggregate von VolvoPenta sichergestellt. Die beiden Antriebsmotoren bestehen aus Reihen-Vierzylinder Dieselmotoren vom Typ D5A-T, leisten jeweils 77 kW bei 1.500/min. Lieferung und Installation der Dieselmotoren, sowie
Motorsteuerung und -überwachung erfolgte durch den langjährigen VolvoPenta
Service-Partner Petzelberger MotorenCenter aus Aurich. Erfüllen die Haupt- und Hilfsmotoren von Haus aus bereits die aktuellen Abgasgesetzgebungen, so war das für die Reederei nicht genug: Eine spezielle Abgasnachbehandlungsanlage (ANB) wurde von der in Ramsloh, Saterland, ansässigen Firma Kurre-Kutec GmbH projektiert und eingebaut. Stefan Plaggenborg, Geschäftsführer in der Firmengruppe Kurre: „Wir sind mit unseren Partikelfiltern seit vielen Jahren in der Nachrüstung für NFZ aller Marken tätig und haben sehr gute Erfahrungen mit diesem System, aber eine Schiffsanwendung, bestehend aus |
Partikelfilter und nachgeschaltetem SCR-Katalysator mit Harnstoff-Einspritzung und kompletter elektronischer Steuerung war für uns Neuland. Heute, nach über einem Jahr zuverlässigem und störungsfreiem Betrieb, können wir sagen, dass alle Erwartungen seitens der Reederei vollständig erfüllt wurden”. Der Wirkungsgrad des Partikelfilters liegt bei 99
Prozent und die Konvertierung der NOx-Emissionen durch den SCR-Katalysator
liegt bei 90 Prozent. Regelmäßig werden die Betriebsergebnisse durch Kurre
ausgelesen und, bei Abweichungen der Regelwerte, nachjustiert. Voraussetzung
für den Einsatz einer solchen Anlage ist die Verwendung von schwefelfreiem
Kraftstoff, EN590, wie er auch auf den übrigen Norden-Frisia-Schiffen zum
Einsatz kommt (maximal 10 ppm [0,001%] Schwefelgehalt). Der
Harnstoff-Verbrauch, handelsübliches AdBlue, liegt nach Herstellerangaben
bei 4 Prozent vom Kraftstoffverbrauch. Maschinist Ralf Eilers, seit 1995 tätig bei der
Reederei, ist von der Zuverlässigkeit der VolvoPenta-Motoren sehr angetan:
„Bis heute haben die Motoren jeweils rund 1.600 Stunden
‚auf dem Buckel’. Eine Störung habe
ich bisher nicht vermerkt, keine Undichtigkeit oder Leckage, alles läuft
prima”. Ein entscheidender Faktor bei allen
Reederei-Aktivitäten ist, neben der Technik, der Mensch. Auch hier ist
Norden-Frisia gut aufgestellt. Die erfahrenen Besatzungen kennen ihre
Schiffe bis ins letzte Detail, sie wissen genau, welche Anforderungen Wind-
und Wetterverhältnisse, Strömung, Tide oder der gesamte Schiffsverkehr im
Nationalpark Wattenmeer stellen können. Kapitän des Inselversorgers FRISIA
VIII, Gerjet Gerjets (57): „Das
Fahrtgebiet zwischen Norddeich, Norderney und Juist hat es in sich: die
Fahrrinne ist teilweise sehr eng und ausserdem, je nach Tide, sehr flach.
Das bedeutet für uns erhöhte Aufmerksamkeit”. Neben der Schiffssicherheit wird auch das Thema
Umweltschutz groß geschrieben. Beispielsweise sind alle Schiffe mit einem
umweltverträglichen
Unterwasseranstrich versehen, alle Abwässer und Abfälle werden an Bord
gesammelt und täglich an Land fachgerecht entsorgt. Erstmalig bei dem Unternehmen wurde ein kathodischer
Korrosionsschutz (KKS) am Rumpf des Schiffes angebracht. Der
Korrosionsschutz durch Fremdstrom ist ein Verfahren, das die Ionenwanderung
durch einen von außen aufgezwungenen Strom unterbindet. Hierzu wird ein
Schutzstrom, max 920 mV, durch das Rumpfmetall geleitet. Die Ionenwanderung
vom Metall hin zum Elektrolyt, dem Wasser, durch die der Materialabtrag
erfolgt, wird gestoppt. Eine Korrosion ist nicht mehr möglich und damit auch
kein Zink-Anodenabtrag in das Meerwasser. Der Korrosionsschutz wurde durch
das niederländische Unternehmen Corrosion & Water-Control BV mit Sitz in
Moerkapelle, eingebaut. Zurzeit gibt es 13.000 Blaue-Engel-Produkte von rund 1.200 Unternehmen in 120 verschiedenen Produktgruppen. Nur die aus Umweltsicht besten Waren und Dienstleistungen einer Produktgruppe erhalten den Blauen Engel. Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit garantieren die Jury Umweltzeichen, das Bundesumweltministerium, das Umweltbundesamt und RAL gGmbH. Mitglieder der Jury Umweltzeichen sind BDI, BUND,
DGB, HDE, NABU, vzbv, ZDH, Stiftung Warentest, Medien, Kirchen,
Wissenschaft, der Deutsche Städtetag und Bundesländer. |
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Blick
auf Juist |
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Mit Gütern aller Art, von der Kartoffel bis zum Toilettenpapier, alles wird mit dem Inselversorger transportiert. |
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Der vordere Maschinenraum mit Bugstrahler und Antriebsmotor von VETH-Propulsion mit Scania-Motor. |
Blick
in den hinteren Maschinenraum mit 2 x VolvoPenta Haupt-Antriebsmotoren,
DI16MH, und 2 x Elektro-Aggregate von VolvoPenta, D5A-T |
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Dr. Ralf-Rainer Braun, Jury Umweltzeichen, überreicht Zertifikat „Blauer Engel” an Carl-Ulfert Stegmann, Vorstand AG Norden-Frisia (rechts). |
Gruppenfoto von links: Stefan Plaggenburg, Kurre Abgastechnik; Janine Braumann, Umweltbundesamt; Katharina Koppe, Umweltbundesamt; Dr. Ralf-Rainer Braun, Jury Umweltzeichen; Carl-Ulfert Stegmann, Vorstand AG Norden-Frisia; Thomas de Vries, AG Norden-Frisia; Sascha Schäfer, AG Norden-Frisia; Gerjet Gerjets, Kapitän der FRISIA VIII. |
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