AUSGABE 3/2012
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Foto: Peter Pospiech, Rhauderfehn Der 330 Tonnen tragende und flachgehende Inselversorger MS FRISIA VIII auf seinem Weg nach Juist.

   

Peter Pospiech, Unter dem Blauen Engel durchs Wattenmeer

Der Inselversorger FRISIA VIII der Reederei Norden-Frisia erfüllt höchste Umweltstandards als erstes Schiff im Weltnaturerbe Niedersächsisches Wattenmeer.

Die Betriebsergebnisse nach rund einem Jahr Inselversorgung mit dem im Oktober 2010 in Betrieb gesetzten Inselversorger MS FRISIA VIII können sich sehen lassen: Stark reduzierte Abgasemissionswerte, niedrige Kraftstoffverbräuche und umweltfreundliches Schiffsdesign führten zur Vergabe des Umweltzeichens Blauer Engel. Die FRISIA VIII ist somit das erste Schiff an der Nordseeküste mit dieser Auszeichnung.

Der Inselversorger wurde nach einer sehr kurzen Bauzeit in nur drei Monaten von der Hamburger Traditionswerft Sietas, Neuenfelde, fertig gestellt. Mit dem Neubau hat die Reederei Norden-Frisia auf den seit Jahren stetig wachsenden Bedarf für Transportkapazitäten im Inselversorgungsverkehr, aber auch für Projektladungen im Bereich der ostfriesischen Küste reagiert. Fred Meyer, Reedereisprecher, macht die Bedeutung des Versorgerschiffs deutlich: Zur Insel Juist haben wir jährlich einen Frachtbedarf von 23.000 Tonnen, nach Norderney liefern wir rund 350.000 Tonnen mit Lastwagen”.

Um für den Umschlag von schweren Straßenfahrzeugen oder anderen rollenden Lasten flexibel einsetzbar zu sein, verfügt die FRISIA VIII über hydraulisch zu aktivierende Bug- und Heckklappen. Rund 20 Meter lange und mehr als 7 Tonnen schwere, so genannte Ankerpfähle vorn und achtern, machen das Schiff unabhängig von Vorrichtungen an Land, sich positionieren zu können.

Bei der Wahl der Antriebsanlage hat sich das Unternehmen auf die bereits auf anderen Reedereischiffen gemachten guten Erfahrungen mit Motoren von VolvoPenta konzentriert. Angetrieben wird das 58,50 Meter lange, 11,00 Meter breite und beladen 1,60 Meter tief gehende Schiff von zwei Reihen-Sechszylinder Dieselmotoren vom Typ D16MH, die ihre Leistung von je 368 kW bei 1.800/min über TwinDisc-Getriebe an die beiden freischlagenden Festpropeller, in Tunneln laufend, abgeben. Mit diesen Abmessungen erreicht die FRISIA VIII eine Tragfähigkeit von etwa 330 Tonnen. Ein Dreikanal-Bugstrahler, Typ Veth-Jet, von dem niederländischen Spezialisten für Manövriereinrichtungen, VETH Propulsion, unterstützt die Schiffsführung in den engen Fahrwassern und Häfen. Der Bugstrahler wird dieselmechanisch, Scania-Dieselmotor DI16 42M (386 kW bei 1.800/min.), angetrieben. Der relativ hohe elektrische Bedarf auf dem Versorger wird durch zwei Elektro-Aggregate von VolvoPenta sichergestellt. Die beiden Antriebsmotoren bestehen aus Reihen-Vierzylinder Dieselmotoren vom Typ D5A-T, leisten jeweils 77 kW bei 1.500/min.

Lieferung und Installation der Dieselmotoren, sowie Motorsteuerung und -überwachung erfolgte durch den langjährigen VolvoPenta Service-Partner Petzelberger MotorenCenter aus Aurich.

Erfüllen die Haupt- und Hilfsmotoren von Haus aus bereits die aktuellen Abgasgesetzgebungen, so war das für die Reederei nicht genug: Eine spezielle Abgasnachbehandlungsanlage (ANB) wurde von der in Ramsloh, Saterland, ansässigen Firma Kurre-Kutec GmbH projektiert und eingebaut. Stefan Plaggenborg, Geschäftsführer in der Firmengruppe Kurre: Wir sind mit unseren Partikelfiltern seit vielen Jahren in der Nachrüstung für NFZ aller Marken tätig und haben sehr gute Erfahrungen mit diesem System, aber eine Schiffsanwendung, bestehend aus

 

Partikelfilter und nachgeschaltetem SCR-Katalysator mit Harnstoff-Einspritzung und kompletter elektronischer Steuerung war für uns Neuland. Heute, nach über einem Jahr zuverlässigem und störungsfreiem Betrieb, können wir sagen, dass alle Erwartungen seitens der Reederei vollständig erfüllt wurden”.

Der Wirkungsgrad des Partikelfilters liegt bei 99 Prozent und die Konvertierung der NOx-Emissionen durch den SCR-Katalysator liegt bei 90 Prozent. Regelmäßig werden die Betriebsergebnisse durch Kurre ausgelesen und, bei Abweichungen der Regelwerte, nachjustiert. Voraussetzung für den Einsatz einer solchen Anlage ist die Verwendung von schwefelfreiem Kraftstoff, EN590, wie er auch auf den übrigen Norden-Frisia-Schiffen zum Einsatz kommt (maximal 10 ppm [0,001%] Schwefelgehalt). Der Harnstoff-Verbrauch, handelsübliches AdBlue, liegt nach Herstellerangaben bei 4 Prozent vom Kraftstoffverbrauch.

Maschinist Ralf Eilers, seit 1995 tätig bei der Reederei, ist von der Zuverlässigkeit der VolvoPenta-Motoren sehr angetan: Bis heute haben die Motoren jeweils rund 1.600 Stunden auf dem Buckel. Eine Störung habe ich bisher nicht vermerkt, keine Undichtigkeit oder Leckage, alles läuft prima.

Ein entscheidender Faktor bei allen Reederei-Aktivitäten ist, neben der Technik, der Mensch. Auch hier ist Norden-Frisia gut aufgestellt. Die erfahrenen Besatzungen kennen ihre Schiffe bis ins letzte Detail, sie wissen genau, welche Anforderungen Wind- und Wetterverhältnisse, Strömung, Tide oder der gesamte Schiffsverkehr im Nationalpark Wattenmeer stellen können. Kapitän des Inselversorgers FRISIA VIII, Gerjet Gerjets (57): Das Fahrtgebiet zwischen Norddeich, Norderney und Juist hat es in sich: die Fahrrinne ist teilweise sehr eng und ausserdem, je nach Tide, sehr flach. Das bedeutet für uns erhöhte Aufmerksamkeit”.

Neben der Schiffssicherheit wird auch das Thema Umweltschutz groß geschrieben. Beispielsweise sind alle Schiffe mit einem umweltverträglichen Unterwasseranstrich versehen, alle Abwässer und Abfälle werden an Bord gesammelt und täglich an Land fachgerecht entsorgt.

Erstmalig bei dem Unternehmen wurde ein kathodischer Korrosionsschutz (KKS) am Rumpf des Schiffes angebracht. Der Korrosionsschutz durch Fremdstrom ist ein Verfahren, das die Ionenwanderung durch einen von außen aufgezwungenen Strom unterbindet. Hierzu wird ein Schutzstrom, max 920 mV, durch das Rumpfmetall geleitet. Die Ionenwanderung vom Metall hin zum Elektrolyt, dem Wasser, durch die der Materialabtrag erfolgt, wird gestoppt. Eine Korrosion ist nicht mehr möglich und damit auch kein Zink-Anodenabtrag in das Meerwasser. Der Korrosionsschutz wurde durch das niederländische Unternehmen Corrosion & Water-Control BV mit Sitz in Moerkapelle, eingebaut.

Zurzeit gibt es 13.000 Blaue-Engel-Produkte von rund 1.200 Unternehmen in 120 verschiedenen Produktgruppen. Nur die aus Umweltsicht besten Waren und Dienstleistungen einer Produktgruppe erhalten den Blauen Engel. Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit garantieren die Jury Umweltzeichen, das Bundesumweltministerium, das Umweltbundesamt und RAL gGmbH.

Mitglieder der Jury Umweltzeichen sind BDI, BUND, DGB, HDE, NABU, vzbv, ZDH, Stiftung Warentest, Medien, Kirchen, Wissenschaft, der Deutsche Städtetag und Bundesländer.

Foto: Peter Pospiech, Rhauderfehn Blick auf Juist, der Hauptort der gleichnamigen Nordsee-Insel.

Foto: Peter Pospiech, RhauderfehnMit Gütern aller Art, von der Kartoffel bis zum Toilettenpapier, alles wird mit dem Inselversorger transportiert.

Foto: Peter Pospiech, RhauderfehnIm RoRo-Verfahren wird die Fracht, oft auch sperrig, in kürzester Zeit ent- und wieder beladen.

Foto: Peter Pospiech, Rhauderfehn

Die Hafeneinfahrt von Juist mit Seezeichen und Yachthafen. 

Foto: Peter Pospiech, Rhauderfehn

Die Juister Feuerwehr muss zur Inspektion auf das Festland.

Foto: Peter Pospiech, RhauderfehnDer vordere Maschinenraum mit Bugstrahler und Antriebsmotor von VETH-Propulsion mit Scania-Motor.

Foto: Peter Pospiech, RhauderfehnBlick in den hinteren Maschinenraum mit 2 x VolvoPenta Haupt-Antriebsmotoren, DI16MH, und 2 x Elektro-Aggregate von VolvoPenta, D5A-T.

Foto: Peter Pospiech, Rhauderfehn
Maschinist Ralf Eilers ist vollauf zufrieden mit seinen VolvoPenta-Motoren ...

Foto: Peter Pospiech, Rhauderfehn

... während Kapitän Gerjet Gerjets (57) entspannt „seine MS FRISIA VIII durch das schwierige Fahrwasser steuern kann.

Foto: Peter Pospiech, Rhauderfehn

Dr. Ralf-Rainer Braun, Jury Umweltzeichen, überreicht Zertifikat „Blauer Engel an Carl-Ulfert Stegmann, Vorstand AG Norden-Frisia (rechts).

 

Foto: Peter Pospiech, Rhauderfehn

Gruppenfoto von links: Stefan Plaggenburg, Kurre Abgastechnik; Janine Braumann, Umweltbundesamt; Katharina Koppe, Umweltbundesamt; Dr. Ralf-Rainer Braun, Jury Umweltzeichen; Carl-Ulfert Stegmann, Vorstand AG Norden-Frisia; Thomas de Vries, AG Norden-Frisia; Sascha Schäfer, AG Norden-Frisia; Gerjet Gerjets, Kapitän der FRISIA VIII.

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