BERUFE + KÜNSTLER AN BORD FERIENKRIMI SEEMANNSGARN MIT HEIN MÜCK
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Foto: Dieter Bromund, Bremen

Joachim Liemberger auf der Gangway der ALBATROS.

 

 

 

 

 

Das hatte Joachim, „Joe Liemberger in 15 Berufsjahren noch nie erlebt. Die Seekarte des Reisegebiets, mit Landesfarben und Daten bunt bemalt, war gestohlen worden. Sie sollte zum Wohl der Mannschaft am Ende der Reise unter den Gästen verlost werden. Diesmal erhielt der Gewinner also nur das Versprechen, eine neue, gleich geschmückte nach Hause geschickt zu bekommen.

Der Kreuzfahrtdirektor der MS ALBATROS ist ein Sonntagskind, das am 1. Oktober 1972 in Ellends im Waldviertel Österreichs geboren wurde – und seine Eltern enttäuschte, als er sein Jurastudium im 8. Semester abbrach. Schon als Schüler hatte die Ferne Joe Liemberger gelockt, Griechenland, Italien, Malta wurden besucht, später dann Thailand – alles mit Rucksack und kleinem Geld. Doch schon als Student verdiente er sich ein Zubrot als Reisebegleiter.

 

 

2003 begann er bei Phoenix Reisen, Bonn. Winnie Prinz, der große Alte Mann der Kreuzfahrt, wurde sein Tutor. Seine ersten Sporen verdiente sich der Neue als

Reiseleiter auf der TS MAXIM GORKI und der MS ALEXANDER VON HUMBOLDT, die damals für Phoenix fuhr. Als Reiseleiter muss man sauber planen und schnell und passend reagieren, wenn es nicht so läuft, wie angekündigt – eine Gabe, die sein Mentor in ihm schnell erkannte. Noch immer ist Joe Liemberger sehr bewegt, wenn er berichtet, wie Prinz ihn bei einer Tasse Kaffee fast beiläufig fragte: „Kannst du dir vorstellen, bei uns Kreuzfahrtdirektor zu werden?

Höher kann man in dieser Branche nicht aufsteigen. Der „CD, der Cruise Director, wie er international heißt, vertritt den Veranstalter. Er ist die letzte Instanz an Bord, wenn es um die Reise, die Gäste und ihre Wünsche geht. Der Kapitän führt „nur das Schiff, doch beide müssen zum Wohl der Gäste eng zusammenarbeiten. Dritter im Bund ist der Hotelmanager, gefolgt vom Koch und dem Maitre dHotel.

Seit 2007 ist Joe Liemberger Kreuzfahrtdirektor, zuerst auf der MS ALEXANDER VON HUMBOLDT und seit 2011 auf der MS ALBATROS. Er ist hier Chef von elf Mitarbeitern, doch das Wort Chef vermeidet er. In seinem Team duzt man sich – wie in der gesamten Firma Phoenix.

Wer so nahe am Gast arbeitet wie er und seine Mannschaft, hat nicht viel Raum für Fehler. Dennoch nennt er seinen Führungsstil „kollegial. „Wir produzieren und verkaufen Emotionen, sagt er, „und machen Menschen glücklich. Organisation und Kontrolle sind der Schwerpunkt seiner Arbeit. Von seinen Mitarbeitern verlangt er Mitdenken und selbständiges Arbeiten. Und Pünktlichkeit. Optimieren ist für ihn ein „ewiger Prozess. Probleme müssen erkannt und gelöst werden – an Bord und an Land. Wenn Liemberger über seine Arbeit weiter philosophiert, hört man Sätze wie „Die Crew ist die Seele eines Schiffes. Happy crew, happy passengers. Mürrische Gesichter sah man in der Crew der MS ALBATROS in der Tat nie.

Dass hinter seinen Worten schnelle Taten stecken, erfuhr man auf der Reise „Ostsee total gleich zweimal, als eine Insel nicht angelaufen werden konnte und Starkwind eine Hafeneinfahrt verhinderte. Auf Bornholm wurden Busse umdirigiert und man lernte die schöne Insel auf anderen Schleifen kennen.

Phoenix legt Wert darauf, dass jeder im Reiseleiterteam an Bord seine eigene Außenkabine hat, die er allein bewohnt. Wer ständig im Dienst ist, und für jedermann sofort durch die Hausfarben von Phoenix, Türkis und Weiß, erkennbar wird, braucht einen Raum, in dem er zu sich zurück findet. „Zivil wird an Bord selten getragen, etwa wenn sich Küche und Service, Schiffsführung und Reiseleitung zum „Absacker in der Casablanca Bar treffen.

Sechs bis sieben Monate im Jahr fährt Joe Liemberger mit seiner MS ALBATROS über die Weltmeere, dann macht er Urlaub, um Freundschaften zu pflegen und die Eltern zu sehen. Und wohin lockt ihn die Ferne in dieser „Aus-Zeit? „In Gegenden, in denen man sich wieder erden kann, sagt er.

Danach ist er wieder an Bord, groß, schlank, elegant, mit kahl geschorenem Schädel und wachen Blicken. So begrüßt er in Weiß und Türkis als erster jeden einzelnen Gast, der an Bord kommt, zu Beginn der Reise, zu Beginn jeden Ausflugs und häufig auch nach dessen Ende. Jeder zweite Gast ist neu auf der MS ALBATROS, doch jeder zweite ist auch Repeater, der offenbar gern zu Joe Liemberger und seiner Mannschaft zurückkehrt. „Willkommen zu Hause steht da, wenn die Gangway offen ist.

Dieter Bromund

hr
Ferienkrimi

 

Rezension von Dieter Bromund

Michael Obłak lebt nicht mehr. Ohne ihn gäbe es diesen Krimi vermutlich nicht. Er ist der Onkel von Marek Krajewski, dem er als Erster vom Lemberg der dreißiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts erzählte. Neffe Marek, 1966 geboren, ist Altphilologe und hat an der Universität von Breslau gelehrt. Seit 2007 schreibt er Krimis, von denen fünf auch auf Deutsch erschienen sind. „Finsternis in Breslau spielt dort und in Lemberg, 1937 und 1939. Wer beide Orte auf der Karte findet und kurz nachliest, was in jenen Jahren zwischen Deutschland und Polen geschah, wird diesen Krimi in vollen Zügen genießen. Doch auch ohne dieses Wissen ist man schnell bei der Sache.

Es ist immer gewagt, eine Geschichte zu schreiben, die vor so langer Zeit spielt. Denn all das, was einen Krimi, „den einzig realistischen Roman unserer Zeit, ausmacht, muss exakt recherchiert sein, damit die Menschen, die Dienstränge, die Motive, der Konflikt, die Tat, das Ambiente und die Lösung stimmen. Da fällt dann manches Geschriebene durch, dieses Buch nicht. Krajewski ist ein Vollbluterzähler in seinem Genre und liebt sein Milieu.

„Finsternis in Breslau beginnt in Lemberg am 9. Mai 1939. Unterkommissar Franciszek Piroźek wird um fünf Uhr früh auf eine Toilette auf einem Hof im Arbeiterviertel von Lemberg gerufen und findet dort eine Gestalt im Abort. Der kleine Körper des Kindes war so verdreht, als hätte jemand versucht, seinen Kopf unter die Knie zu zwingen ... Auf der Schwelle des Toilettenhäuschens lagen die Gedärme, deren glatte Oberfläche von Blutrinnsalen bedeckt war. Der Unterkommissar hatte das Gefühl, als steckte ihm etwas in der Kehle und ließe ihn ersticken. So etwas hatte er noch nie gesehen. Das ist ein Fall für Kommissar Popielski. Und der erinnert sich dann an den Fall des Minotaurus und an seinen Freund Eberhard Mock, Hauptmann der deutschen Abwehr, der mit seiner Familie 1937 in Breslau lebt und am Neujahrsmorgen zu einer Leiche in ein armseliges kleines Hotel in Breslau gerufen wird: „Ich möchte Sie warnen, Hauptmann! Der Anblick ist erschütternd. Zwei brutale, sehr ähnliche Morde, zwei Städte, zwei Jahre, zwei Ermittler – wir sind erst auf Seite 27 und haben weitere von 320 vor uns, auf denen die Ermittler keineswegs pingelig vorgehen und in Milieus eintauchen, die man sich kaum noch vorstellen mag. Wer in einem bestimmten Bezirk als Polizist Streife ging, hielt sich besser in der Mitte der Straße auf, um zu vermeiden, dass Ganoven ihn in einen Torweg zerrten und mal kurz verprügelten. Mit Geld, Drohungen und brutaler Gewalt beschaffen die Ermittler sich Erkenntnisse. Gerichtsärzte sind die einzigen Helfer, kriminaltechnische Untersuchungen sind noch weitgehend unbekannt.

Aber selten erlebt der Leser ein derart satt geschildertes Milieu. Um sieben Uhr abends betritt Kommissar Edward Popielski am Montag, dem 11. Januar 1937, in Lemberg das Lokal Meeresgrotte im Innenhof eines Großen Mietshauses, um sich ein paar Berufsganoven vorzuknöpfen, die dort nicht selten ein Springmesser oder

Foto: dtv, München

Marek Krajewski

Finsternis in Breslau

Aus dem Polnischen von Paulina Schulz.

Erschienen im Deutschen Taschenbuch Verlag, München.

ISBN 978-3-423-21347-9

€ 9,95 (D), 10,30 € (A), 14,90 CHF (CH).

dtv/Finsternis in Breslau

 

 

eine Rasierklinge aus der Tasche ziehen. Und dann erleben wir eine Szene, wie wir sie schon lange nicht mehr gelesen haben.

„Finsternis in Breslau schreit nach Verfilmung. Aber ob jene Jahre heute filmisch opportun sind? Bleibt also vorerst nur die lohnende Lektüre einer bildersatten, spannenden Geschichte.

hr

Seemannsgarn mit Käpt'n Hein Mück

►►► Tja, Hein Mück reist bekanntlich gern und in diesem Jahr besonders oft. Da er auch Ausflüge gern mitmacht, erlebt er viele Tourguides, Führer, die durch Städte und über Land Gruppen führen. Sie sind immer ein unerschöpflicher Quell an Informationen zu Land und Leuten. Doch haben unsere kundigen Begleiter zwischen Ägypten und den Äußeren Hebriden noch mehr gemeinsam? Hein Mück denkt, ja, es gibt noch eine Gemeinsamkeit über alle Grenzen hinaus. Ausflüge führen meistens zu Immobilien, also zu Unbeweglichem, und nur selten zu Veranstaltungen. Denn was wäre da zu beschreiben, wenn Mädchen tanzen, dass die Röcke fliegen oder Reiter durch die Puszta toben? Nun werden Schlösser, Burgen, Stadthäuser, Straßen und Plätze erst erinnernswert, wenn der Guide sie erläutert. Dort hat Napoleon genächtigt, hier der Schwarze Prinz. Da wurde eine Frau verbrannt, hier ein Mann ausgepeitscht. Mit solchen Ranken verziert merkt sich Unbewegbares leichter. Doch neulich in Wien fand diese Ausschmückung einen Höhepunkt. Maria Theresia hatte 16 Kinder, war also 12 Jahre ihres Lebens schwanger. Zu jedem der Kinder wusste die Führerin „alles zu erzählen. Marie Antoinettes Ende auf der Guillotine in Paris kennt man ja bis in viele Einzelheiten, doch interessiert das all ihrer Geschwister wirklich den Besucher des heutigen Wiens? Müssten die Fremdenführer nicht viel näher an die Gegenwart kommen? In Linz war das der Fall. Auf dem Balkon des Rathauses auf dem großen Marktplatz hat Adolf Hitler den Anschluss seiner Heimat an das Deutsche Reich verkündet, laut Führerin. Er sei hier, mit wenig auffallenden Leistungen, zur Schule gegangen. Mehr war erst auf Nachfrage zu erfahren. Die Schule sei längst aufgelöst worden, doch das Gebäude stehe noch. Wo, war nicht zu erfahren. Da wurde sie sichtbar, die Grenze aller Fremdenführerinformationen: wo die Geschichte die Gegenwart berührt, hört der Fremdenführer auf zu reden. Es ist ja so viel leichter über Glanz (und gelegentlich auch über Elend) der Vergangenheit zu reden, als über Ereignisse, die uns Lebende betroffen haben. Erkenntnis eines Sommers!

 

►►► Tja, wie reist sichs am besten, fragte sich Hein Mück, als er hörte, dass Europas schönste Kaiserin Sissi einst mit einer Ulmer Schachtel von Passau nach Wien gereist war, mit einem hölzernen Schiff auf einer wenig gebändigten Donau. Warum ritt sie nicht? Warum nahm sie keine Kutsche? Einer wie Hein Mück hat noch mehr zur Auswahl. Er könnte nach Wien auch fliegen, mit der Bahn oder dem Auto fahren. Doch als er neulich über die schöne Donau, die auch diesmal nicht blau schimmerte, wienwärts fuhr, wurde ihm klar, warum Sissi das Schiff gewählt hatte. Sie genoss wahrscheinlich die Ruhe und Abgeschiedenheit auf dem Wasser, ohne Rumpeln und Geschrei, ohne den Hufschlag der ziehenden Rösser und der begleitenden Leibwache zu Pferde. Kein Staub, keine Hitze, kein Schweiß. Ob die Reise auf dem Fluss damals länger war als der Weg über Land, konnte Hein Mück nicht in Erfahrung bringen. Doch er, der die Sissi nur in der Gestalt der Romy Schneider verehrte, verehrt nun auch die klug Entscheidende. Es geht ihm wie ihr, auf dem Wasser ist eben am besten zu reisen.

 

►►► Tja, zu den Errungenschaften, die sich hartnäckig auf Schiffen halten, gehört die Bouillon. Nach Hein Mücks Küchenlexikon ist eine Bouillon eine kräftige, entfettete Fleischbrühe. An Bord ist sie mehr. Sie füllt die Lücke, die Esspause, die sich zwischen Frühstück und Mittagessen auftut. Die Lücke kann viele Stunde lang oder sehr kurz sein, die Bouillon passt immer hinein. An Land taucht sie kaum noch auf, auf Speisekarten hat Hein Mück sie schon lange nicht mehr gefunden. Und wenns was Heißes aus der Tasse sein soll, das weder Kaffee noch Tee ist, wird „Brühe angeboten, Hühnerbrühe zum Beispiel. Kraftbrühe gibts manchmal und in Regalen hat sich eine „Heiße Tasse etabliert, die gut sättigen soll. Doch an Land isst Hein Mück zwischendurch eigentlich nie. Er hat sich angewöhnt, gegen elf Uhr noch einmal eine Kanne Tee oder seiner Herzallerliebsten einen Kaffee zu brühen. Auf Kekse dazu verzichtet er, doch bei seinen holländischen Freunden ist ein Kopje ohne einen Keks undenkbar. Da Hein Mück auf Schiffsreisen eher tolerant zu seinem Körpergewicht ist, versucht er auch immer wieder mal eine Bouillon. Sie schmeckt fast immer nach, na ja, nach was? Eher altmodisch als modern. Als habe der Koch sich viel Mühe gegeben, Rindfleisch mit kaltem Wasser anzusetzen und nach dem Abschäumen Wurzelwerk und wenig Salz hinzu zu tun. Denn die Vorstellung, eine Bouillon käme aus der Dose und werde nur durch heißes Wasser und kräftiges Umrühren genießbar, mag Hein Mück ganz und gar nicht.

 

►►► Tja, Hein Mück hat immer ein Notizbuch bei sich und einen kleinen metallenen Füller. Er notiert sich gern, was ihm auffällt, was er besorgen will, oder über was er

  nachdenken möchte. So ein Notizbüchlein, 8 x 13 Zentimeter groß, ist nicht für die Ewigkeit gedacht und mit seinen sechzig Seiten auch schon bald voll. Und dann beginnt das Problem: was macht man mit ihm? Wenn eine Sache erledigt ist, streicht Hein Mück sie durch. Doch es bleiben immer noch ein paar Eintragungen da, die nicht erledigt sind. Zwei Bücher, die über das Leben auf der schottischen Insel St. Kildare im Atlantik berichten, die nicht mehr bewohnt ist. Eine Notiz über die besten Sitzplätze in der Holzklasse auf Langstreckenflügen. Ein Rezeptchen über die beste Art, Streusel für einen Obstkuchen herzustellen. Der Ansatz für eine sensationelle Geschichte. Wohin mit all dem? Ins neue Notizbuch übertragen? Das würde dann nur zeigen, wie oft man sich etwas vorgenommen und dann doch nicht erledigt hat. Für das Rezept gibt es einen Küchenordner. Über all das andere hat Hein Mück nachgedacht und sich nun entschieden. Er hat sich eine Liste gemacht mit der Überschrift: To Do. Auf die schreibt er alles, was er erledigen will, pro Zeile einen Job und dahinter ein Datum. Da sind dann auch die Überbleibsel gut untergebracht. Und die Daten, die ja beweisen, wie alt die Absicht schon ist, stören seltsamerweise nicht. Hein Mück ist manchmal erstaunt, was sich von all dem quasi von allein erledigt hat. Oder überhaupt nicht mehr wichtig ist.

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Tja, das wird es wohl nie geben, einen Kühlschrank in der Kabine, der groß genug ist für die Herrlichkeiten, denen man bei Landausflügen nicht widerstehen kann. In Holland zum Beispiel wird Hein regelmäßig schwach, wenn er ein Käsegeschäft findet. Hierzulande kennt man jungen, mittelalten und alten Holländerkäse. Den gibts dann auch in Scheiben. Doch die haben mit dem, was da in den Niederlanden angeboten wird, herzlich wenig zu tun. In so einem Käseladen biegen sich die hölzernen Regale unter Käselaiben, unter Rädern oder Kugeln. Auf Marmor in Tischhöhe finden sich die angeschnittenen Sorten. Manche sind Hein Mück zu exotisch, wie etwa Käse, der mit Nelkenblüten durchsetzt ist, „Nagelkaas der Niederländer. Auch grüne Kräuter gehören nach Hein Mücks Gusto nicht in festen Käse. Aber ansonsten ist er tolerant und neugierig. Die Käsehändler kennen solche Neugier sehr gut und wissen mit ihr umzugehen. Sie preisen nicht nur an, sie bieten auch Proben an. Und Hein Mück kann nicht widerstehen. Und wandert dann mit Käse an Bord zurück. Aber wo soll er ihn stauen? Der Eisschrank der Minibar in der Kajüte ist viel zu klein. Hein Mück lässt sich also Käse vakuumverpacken und schiebt ihn mit einiger Geduld doch noch in die Minibar. Bei der zweiten Herrlichkeit braucht Hein Mück den Kühlschrank nicht. Aber er hat immer ein schlechtes Gewissen, wenn er eine Flasche mit an Bord bringt, denn eigentlich sollte man seinen Durst an der Bar oder an der Minibar stillen. Doch da gibts keinen „Corenwijn. Er ist in einer Flasche aus Steingut zu haben, und ist kein Wein, wie der Name vermuten lässt, sondern ein Korn, der speziell gebrannt und in besonderen Eichenfässern gelagert ist, ehe man ihn abfüllt. Der kostet mehr als der übliche Köhm, aber jeder Gulden lohnt sich. Glücklicherweise muss man Corenwijn nicht kühlen. Man kann ihn also getrost im Schrank in der Kabine abstellen und immer mal einen Schluck genießen. Auf einer Reise wird so eine Flasche nie leer. Also nimmt Hein Mück sie mit nach Hause und leert sie dort. Und erinnert sich daran, dass sein Großvater einst solch eine leere irdene Flasche mit ausgeglühtem feinen Sand füllte, und sie tagsüber in den Backofen legte oder in ein Ofenloch, um sie nachts als Wärmflasche zu benutzen. Ein Zweitnutzen, über den Hein heute mal wieder nachdenkt.

 

►►► Tja, letzte Abende an Bord sind schlimm. Darum finden vermutlich Kapitänsdinner nie an ihnen statt. Da Koffer zumeist am gleichen Abend oder in der Nacht in den Gang gestellt werden müssen, muss an diesem Abend gepackt werden, auch wenn man dazu keine Lust hat. Das Packen an Bord geht zwar schneller als das Packen an Land. Denn man muss nur einpacken, was man mitgenommen und an Souvenirs dazu gekauft hat. Das zeitaufwendige Auswählen und sorgfältige Stauen entfällt, denn Unterwäsche und Hemden müssen zu Hause eh gewaschen werden, also kann man sie sorglos knüllend einpacken. Hein Mücks Herzallerliebste ist Meisterin im Packen, er hat damit nichts zu schaffen. Da am nächsten Morgen vor oder nach dem Anlegen an ein geruhsames Frühstück nicht mehr zu denken ist, ist das Abendessen das letzte der Tischrunde, die nun so viele Male zusammen gesessen hat. Was soll man sich noch sagen? Adressen sind ausgetauscht, neue Geschichten gibt es nicht mehr zu erzählen, eine Flasche Wein bestellen mag man nicht mehr, man könnte sie ja nicht mehr austrinken. Die vom Essen reicht gerade noch für einen nostalgischen Schluck. Es geht ans Wünschen, sich mal wiederzusehen, doch eine feste Verabredung zur nächsten Schiffsreise mag man nicht treffen. Man bestellt dann doch noch ein Viertele oder ein Glas Bier, scherzt mit der Bedienung, die man mit einem guten Trinkgeld schon belohnt hat, hört dem Pianisten zu, der den Chattanooga ChooChoo zum ich weiß nicht wievielten Mal gespielt hat. Der Kreuzfahrtdirektor bleibt unsichtbar, der Maitre dHotel ebenso, vom Hoteldirektor ganz zu schweigen. Der Kapitän, der am wenigsten sichtbar war, taucht auch nicht auf. Der glatte Abschied von den einen bedeutet freundlichen Empfang für die nächsten, und der will vorbereitet sein. Am Morgen nach dem Anlegen stehen sie dann zum Abschied alle in einer Reihe, ehe man die Gangway betritt. Ein freundliches Lächeln, ein Wunsch auf eine gute und sichere Heimkehr und ein ehrlicher Wiedersehenswunsch begleiten uns, ehe wir unten an Land unsere Koffer finden. Die Tischnachbarn eilen vorbei, sie müssen einen frühen Zug erreichen, haben ein Taxi bestellt. Ende der Reise. Freuen wir uns auf die nächste.

hr