EDITORIAL   AUSGABE 1/2013
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Herbert Fricke

Herbert Fricke · Ressortleiter HamburgMagazin

 

 

Über das Preisbewusstsein in der Kreuzfahrt 

Liebe Leserinnen, liebe Leser, wohin man auch schaut, in der Kreuzfahrtbranche hagelt es gerade wieder mal Preise, Preise, Preise. Ob Oscar-Nächte in Hollywood, Emmy-Awards, Nobelpreis-Verleihung, Pulitzer-Preis, alles Asche gegen die Preisflut für Schiffe und Reedereien. Mehrere gedruckte Kreuzfahrtführer, die sich selber gerne „Guides nennen, diverse Verlage, etliche selbsternannte „Experten – sie alle lassen ihre sogenannten „Preiseauf die Flotte der Cruise Liner regnen.

Da wird alles ausgezeichnet, was es an Bord so gibt: der perlendste Champagner, das schärfste Küchenmesser, der beste Kabinenservice, das schönste Rettungs-

 

boot, der schnittigste Bug, das wirksamste Querruder, das lauteste Typhon, der rauch-ärmste Schornstein, der eleganteste Kapitän, die schönste Stewardess, der bärtigste Bootsmann, die längste Festmacher-Leine, das dünnste Rattenblech, der schwerste Anker, die wärmste Dusche, der roteste Rettungsring, das grünste Schwimmbassin, der schwärzeste Flügel, der gelbste Wäscher, das weißeste Handtuch, der tango-sicherste Gentleman-Host, also Tanzdamenbeglücker, der dialektfreieste Kreuzfahrtdirektor, der komfortabelste Komfort, die schminkfreundlichste Damentoilette, die standsicherste Herrentoilette, das weichste Toilettenpapier, die schönste Backbordkabine, die schönste Steuerbordkabine, der luftigste Balkon, die höchste Eistorte, der drehfreudigste Deckstuhl, der rundeste Kompass, und – das können Sie tatsächlich nachlesen! – das beste „Routing”!

Eine Reederei wird also dafür preisgekrönt, dass sie einen interessanten Fahrplan ausarbeitet. Genau genommen eine Entlarvung. Als sei es nicht das Selbstverständlichste, für die zahlenden Kreuzfahrtgäste eine möglichst spannende Route anzubieten. Genauso könnte man den Kapitän dafür auszeichnen, dass er vier goldene Ärmelstreifen hat. Oder den Mond, dass er jeden Monat voll wird. 

Für fast alles an Bord kann man also irgendeinen Preis verleihen. Da wird alljährlich eine Flut von Pokalen, Plaketten und Urkunden überreicht. Die wichtigsten Manager der Schifffahrtsgesellschaften werden zu hochgejubelten Preisverleihungen eingeladen (die sie meist selber bezahlen), ob während der Internationalen Tourismusbörse in Berlin, beim Kreuzfahrt-Kongress in Hamburg, der „Boot in Düsseldorf oder sonst einem hochgeschaukelten maritimen Event.

Na klar hört man sie deutlich trapsen, die Nachtigall als Möwe, denn natürlich sollen sich die Kreuzfahrt-Gesellschaften für all das Lob erkenntlich zeigen. Schließlich müssen die tollen selbsternannten „Kreuzfahrt-Experten ja die Schiffe erst einmal richtig kennenlernen, bevor sie sich ihr so wichtiges Urteil bilden und dieses dann im nächsten Guide werbewirksam verkünden können. 

Am besten bildet man sich dieses Urteil natürlich auf den tollsten Törns. Polynesien ist gut für die Urteilsbildung, Mittelmeer geht so, Ostsee – na ja, Nahost lässt sich auch einrichten, ist aber politisch zur Zeit weniger gefragt. Nordland ist mehr was für die älteren Urteilsfinder. Die können dann auch gleich den steilsten Fjord, das kälteste Eis und das nördlichste Nordkap für die Preisverleihung vorschlagen.

Der größte Knüller sind die Wahrsager unter den Preisverleihern. Schon im November 2012 wurde die neue EUROPA 2 als „Schiff des Jahres 2013 preisgekrönt, obwohl dieser Neubau noch nicht ein einziges Mal überhaupt abgelegt hatte. 

Wir vom SeereisenMagazin wollen bei all der Auszeichnerei natürlich nicht länger nachstehen, wir zeichnen in vorderster Front ganz ausgezeichnet aus. Denn wir stiften 2013 erstmalig den Preis für die beste Preisverleihung.

Ihnen, liebe Leserinnen und Leser eine schöne Reisesaison 2013 und freuen Sie sich schon auf Ihre nächste Kreuzfahrt,

Ihr Herbert Fricke

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