HISTORIE   AUSGABE 1/2013
hr
Andrea Doria – Genuas größter Seeheld und Staatsmann Er war auch Diplomat und hat oft die Seiten gewechselt 

Foto: Palazzo del Principe, Genua Bildnis von Andrea Doria, zu sehen im Palazzo del Principe, Genoa.

 

Erfolgreiche Lang-und Seeoperation gegen Tunis

Die ständigen Angriffe auf Küsten christlicher Länder und Plünderungen von Schiffen und Häfen ließen Karl V. im Einvernehmen mit Andrea Doria einen Kriegszug gegen Tunis planen, um Chaireddin, der diese unter spanischem Schutz stehende Stadt erobert hatte, von dort zu vertreiben. Es sollte das größte amphibische Unternehmen der Geschichte bis zum Ägypten-Feldzug Napoleons werden.

Tausende spanische und portugiesische Soldaten, zahlreiche Kriegsschiffe, sowie ein genuesischer Flottenverband unter Andrea Dorias Führung , der dann bei dem ganzen Unternehmen den Oberbefehl zur See übernehmen sollte, (an Land wurde damit der spanische Marquis de Vasto betraut) versammelten sich im Frühjahr 1535 in Barcelona, von wo man am 31. Mai mit dem Kaiser an Bord zunächst nach dem sardischen Hafen Cagliari auslief.

Dort stießen deutsche, auf niederländischen Schiffen herangebrachte Truppen, italienische, päpstliche und maltesische Soldaten und Schiffe zu der Streitmacht, die nunmehr rund 100 Kriegsschiffe und 300 Truppentransporter mit etwa 40.000 bis 60.000 Mann an Bord (die überlieferten Zahlenangaben schwanken) am 14. Juni in See stach. 24 Stunden später erfolgte die Landung bei den Ruinen von Karthago. Der französische König Franz hatte von dem  Expeditionsunternehmen erfahren und an Chaireddin eine Warnung gerichtet.

Der Kaiser wollte diesen Kriegszug geschildert haben, so nahm er den Dichter Garcilaso de la Vega und den Maler Jan Vermeyen mit. Letzterer fertigte auf Grund von Skizzen dann 12 Kartons an (die zehn erhaltenen sind heute in Wien zu bewundern), die als Vorlage für die heute in Mecheln, Sevilla und Madrid befindlichen, in  Brüssel gewebten Tunis-Gobelins dienten. Später im 18. Jahrhundert wurde auch eine Gobelinserie für Wien angefertigt.

Um die Tunis gegen das Meer schützende Festung Goleta, von der heftiges Abwehrfeuer auf die Angreifer gerichtet wurde, entbrannten gleich nach der Ausschiffung schwere Kämpfe. Auf Dorias Rat wurde aus nahe an die Festung herangefahrenen Schiffen auf die Festung gefeuert, diese ergab sich erst nach drei Wochen. Spanische, deutsche und italienische Soldaten hatten sich inzwischen trotz Hitze, Trinkwassermangel und Erkrankungen unter großen Verlusten an die Stadt Tunis herangekämpft, wohin Barbarossa mit seinem Vertrauten geflohen war, nachdem 82 seiner Schiffe in die Hände der christlichen Angreifer gefallen waren.

In Tunis kam es zu einem Aufstand von etwa 20.000 christlichen Sklaven, die die Stadttore für die Angreifer öffneten und Barbarossa zur Flucht über Bone nach Algier zwangen. Die 20.000 Christen kamen frei, die eindringenden Soldaten plünderten die Stadt, wobei rund 40.000 Menschen massakriert wurden.

Bei den Kämpfen um Tunis hatten sich die maltesischen Schiffe besonders ausgezeichnet. Der Johanniterorden hatte Kaiser Karl das damals größte Schlachtschiff des Mittelmeeres, die SANT’ ANNA zur Verfügung gestellt. Laut einer Beschreibung im Typenbuch der Seeschiffe von 1774 handelte es sich um eine sogenannte Karake mit sieben Decks, 30 Räumen für die Malteserritter, sechs Säle für den Großmeister des Ordens und einer Ratsstube. Der Hauptmast war so groß und dick, dass ihn sechs Männer nur mühsam umfassen konnten. In den folgenden 15 Jahren nahm die Malteserflotte an weiteren Flotteneinsätzen unter Dorias Führung teil.   

Der geflüchtete pro-spanische Herrscher von Tunis, Mulay Hassan, wurde von Karl V. in Tunis wieder eingesetzt und eine Garnison von 1000 spanischen Soldaten dort stationiert – bis 1574, als die Türken Tunis endgültig eroberten. Karl V., der alle Strapazen der Soldaten bei dem Feldzug mitgemacht hatte, was diese ihm besonders dankten, verließ am 17. August Tunis, setzte nach Sizilien über und begab sich über Neapel und Rom nach Genua, wo er 1536 einen triumphalen Einzug hielt. Auf der herbstlichen Rückkehr auf dem Seeweg nach Spanien gab es erhebliche Schiffsverluste als Folge von Stürmen.

Sommer 1537: Andrea Doria unternahm eine Expedition gegen türkische Seeräuber vor Messina. Kurz darauf erbeutete er bei Paxos (im Ionischen Meer) zehn aus Alexandria gekommene beladene Handelsschiffe, die in Brand gesteckt wurden. Bei einem anschließenden Seegefecht wurden mehrere türkische Kriegsschiffe zusammengeschossen, geentert und versenkt, dabei wurde Doria durch Pfeile verwundet, blieb aber kaltblütig und rief weiterhin seinen Mannschaften Befehle zu. Noch seetüchtige türkische Schiffe wurden nach Messina geschleppt.

Eine im Februar 1538 geschlossene Heilige Liga (Papst, Kaiser, dessen Bruder Ferdinand, Venedig und Genua) plante einen Angriff zur See auf Konstantinopel. Eine von Andrea Doria geführte Flotte mit über 200 Galeeren mit 40.000 Mann zu Fuß und 4000 Reitern an Bord umstellte in den Gewässern bei Prevesa (Ostküste des Ionischen Meeres) eine türkische Flotte von 122 Schiffen. Die anschließende Seeschlacht endete unentschieden, nach anderen Berichten sollen die Türken sogar überlegen gewesen sein. Die vermutete Niederlage soll Doria absichtlich zugelassen haben, um seine eigenen Schiffe zu schonen und den venezianischen Rivalen von Genua zu schaden.

Nachdem Venedig mit den Türken einen Waffenstillstand geschlossen hatte, setzte Doria seine Aktionen gegen Seeräuber fort. Sein Neffe Giannetino, der auf die Nachfolge seines Onkels in Genua vorbereitet wurde, nahm vor Korsika den türkischen Admiral Turgut Reis („Dragut) gefangen, der später von Chaireddin Barbarossa, den kaiserliche Diplomaten hatten ködern wollen, gegen hohes Lösegeld an Doria freigekauft wurde.

 

Gescheitertes Unternehmen gegen Algier

Wegen der andauernden Gefährdung der spanischen und italienischen Küsten durch die Korsaren plante Karl V. einen Feldzug gegen Algier im Herbst 1541. Doria riet wegen der späten Jahreszeit von dem Unternehmen wegen der Sturmgefahr im Mittelmeer ab. Es sprach aber für die starke Bindung des bereits über 70 Jahre alten Seehelden an den Kaiser, dass er trotzdem das Kommando über die Flotten übernahm, als Karl V. auf das Unternehmen bestand. Schon nach dem Auslaufen der beteiligten Schiffe – wie bei allen bisherigen Unternehmen Galeeren, Galeonen und Transportschiffe – aus Mallorca und La Spezia traten Stürme auf, so dass sich die einzelnen Flottenverbände nur mühsam vereinigen konnten.

An der am 20. Oktober gesichteten algerischen Küste konnte man zwei Tage nicht landen, erst am 23. Oktober erfolgte die Landung der etwa 22.000 Soldaten und 100 Malteserritter trotz hohen Wellenganges. Schweres Gerät konnte nicht entladen werden, die gelandeten Soldaten waren nur mit Handfeuerwaffen ausgerüstet. Sturm und Regen, die zu Orkanstärke anwuchsen, gestatteten nur ein sehr langsames Vorrücken gegen Algier, das von einem der ärgsten Piratenkapitäne Chaireddins, Hassan Aga, regiert wurde. Die Feinde erkannten ihre Chance, brachen aus der Stadt aus und überranten italienische Truppen. Gegen deutsche Truppen, unter denen sich auch Kaiser Karl V. befand, richteten sie Geschützfeuer. Mit Spießen, weil die Büchsen wegen des nassen Pulvers unbrauchbar waren, trieben die deutschen Soldaten die Moslems in die Stadt Algier zurück. Das Wetter blieb extrem stürmisch, die Flotte konnte nicht eingreifen und drohte, zerstreut zu werden. Zahlreiche Schiffe Dorias, darunter 12 Galeeren, rissen sich vom Anker los und wurden gegen Klippen geschleudert. Etwa 8000 Soldaten und Besatzungsmitglieder ertranken, nicht ausgeschiffte Belagerungsgeschütze gingen verloren.

Doria sagte, in 50 Seemannsjahren habe er nicht solche Stürme wie vor Algier erlebt. Er rief die in schlimmer Verfassung befindlichen Truppen auf, sich nach Kap Metafuz drei Tagesmärsche von Algier entfernt zu begeben, wo er sie an Bord der Schiffe nehmen könne. Der Kaiser hielt Kriegsrat, man beschloss, Dorias Rat zu folgen, nur der an dem Zug gegen Algier teilnehmende Eroberer Mexikos, Hernan Cortez,  war dagegen. Dem Admiral war es gelungen, das Gros seiner Flotte nach Kap Metafuz zu manövrieren und drängte auf eine rasche Heimfahrt. Tatsächlich konnten sich hier, als der Sturm abflaute, die überlebenden Soldaten in guter Ordnung einschiffen. Sie ließen den Kaiser hochleben, der so wie sechs Jahre vorher in Tunis mit ihnen die ärgsten Strapazen geteilt hatte. Nach einer Zwischenstation auf Mallorca kehrte Karl V. am 2. Dezember in das spanische Cartagena zurück. 

Nachdem der französische König Franz I. einen 1538 für zehn Jahre geschlossenen Waffenstilltand 1542 vorzeitig gekündigt hatte, ließ Doria seinen Neffen Gianettino der von den Franzosen bedrohten und von Don Fernando Alvarez de Toledo, Herzog von Alba verteidigten Stadt Perpignan mit Truppen und Versorgungsgütern zu Hilfe eilen. 1543 wurden Schiffe, die den Kaiser nach Genua gebracht hatten (von wo er in das Deutsche Reich weiterreiste) nahe von Nizza in ein Seegefecht mit französischen Kriegsschiffen verwickelt. Bei dem nächtlichen Kampf wurden mehrere französische Galeeren in Brand geschossen, andere gekapert und nach Spanien gebracht.

     

Die berühmter Verschwörung des Fiesco zu Genua

Andrea Dorias Ruhm hatte sich inzwischen über ganz Europa verbreitet. Er plante seinen langsamen Rückzug aus dem politischen und militärischen Leben. Doch sein persönlicher Reichtum und Einfluss brachten ihm Neid und auch offene Feindschaft ein. Dazu trug auch das arrogante Auftreten seines Neffen Gianettino bei. Ende 1546 schmiedeten genuesische Adelige, angeführt von Gian Luigi Fieschi und seinen Brüdern Geronimo und Ottobuono ein Komplott  zum Sturz Andrea Dorias. Die Verschwörer unterhielten Kontakte zm französischen Hof, zu Papst Paul III. und dessen Sohn Pierluigi Farnese, Herzog von Parma und Piacenza. Der Einsatzbefehl wurde für die Nacht auf 2. Januar 1547 gegeben. Zwei Angriffsgruppen gingen gegen Dorias Galeeren im Hafen und gegen das San Tommaso-Stadttor vor. Dort wurde Gianettino Doria von vermummten Männern ermordet. Sein Onkel Andrea war rechtzeitig auf einem Maultier aus Genua in den Palazzo Spinola in Masone gefüchtet.

Gian Luigi Fieschi hatte versucht, auf seine eigene Galeere zu gelangen, um Dorias Galeeren zu kapern, war dabei auf den Steg-Holzplanken ausgerutscht und mit seiner schweren Rüstung in das Wasser gestürzt und ertrunken, womit die Verschwörung zusammenbrach. Einigen Verschwörern gelang die Flucht. Der schon nach einem Tag nach Genua zurückgekehrte Andrea Doria ging in der Folge scharf gegen die Adelsfamilie Fieschi vor. Sie wurde verbannt und ihre Güter eingezogen, Herzog Pierluigi Farnese von Parma-Piacenza unter Mitwirkung des kaiserlichen Statthalters von Mailand, Ferrante Gonzaga, ermordet. Durch Friedrich Schillers Tragödie „Die Verschwörung des Fiesco zu Genua ist dieses Komplott in die Weltliteratur eingegangen. In der Folge kam es zu weiteren, zum Teil von Frankreich unterstützten Verschwörungen in Genua, die aber alle niedergeschlagen wurden.

 

Spätere Seeunternehmen Dorias und sein Top 1560

1548, 20 Jahre, nachdem Karl V. Genua als Belohnung für die treuen Dienste Dorias volle Freiheit zugesichert hatte, versuchte er insgeheim, dem alten Kampfgefährten vieler Seeschlachten und treuen Begleiter über See die Stadt doch abzunehmen. Ein entsprechendes Manifest sollte sein Sohn Philipp, der mit Schiffen Dorias auf dem Weg zur Krönung zum König von Neapel in Genua Station machte, dort verlesen. Der vorgewarnte Admiral verweigerte die Verlesung des Manifestes vor dem Senat – es blieb bei der alten Regelung. Auch sprach sich Doria entschieden gegen die Stationierung spanischer Truppen in Genua aus.

Der freigekaufte Seeräuber Dragut begann wieder die spanischen Besitzungen in Nordafrika zu bedrängen. Karl V. befahl 1550 dem Herzog von Alba einen Angriff auf die Seeräuber. Doria zog mit 20 seiner schnellsten und bestbewaffneten Galeeren vor das von Dragut stark befestigte Mehadia bei Tunis. Dort nahm er Mulay Hassan auf, der von seinem Sohn vom Thron verdrängt worden war und kehrte im Triumph nach Genua zurück.

Weitere Seeeinsätze unternahm der inzwischen bereits über 80-jährige Doria 1551 gegen Mehadia und die Insel Djerba, 1552 stießen seine und die Flotte Draguts vor Procida vor Neapel zusammen. Diesmal gingen sieben Galeeren Dorias verloren und der Admiral mußte erstmals fliehen, um einer Gefangennahme zu entgehen.

König Heinrich II. von Frankreich, der 1547 seinem Vater auf den Thron gefolgt war, war 1553 als Verbündeter Sultan Solimans II. mit einer Flotte nach Korsika ausgelaufen, das er Genua wegen seiner strategischen Lage abnehmen wollte. Draguts Flotte sicherte die Landungen der Franzosen bei Bastia und bald waren alle Hauptplätze der Insel in französischer bzw. türkischer Hand. Doria intervenierte mit seiner Flotte, nachdem auf seine Bitte hin der in Brüssel weilende Karl V. ihm weitere Schiffe zur Verfügung gestellt hatte. Den mit den Schiffen nach Korsika gebrachten Truppen gelang nach dreimonatigen Kämpfen die Verjagung der Franzosen von der Insel, zuletzt aus der Stadt Corli, die im Frühjahr 1554 unter persönlicher Führung von Andrea Doria erstürmt wurde. Die Kämpfe zogen sich noch zwei weitere Jahre dahin, weil türkische Schiffe immer wieder versuchten, verloren gegangenes Terrain wiederzugewinnen. Zuletzt konnte Calvi zurückerobert werden.

Dorias letzter Einsatz auf See war ein Transport spanischer Truppen nach Genua, die gegen die Franzosen eingesetzt werden sollten. Als er von dem bevorstehenden Frieden zwischen Spanien und Frankreich erfuhr, bat er Philipp, der inzwischen seinem Vater Karl auf den spanischen Thron gefolgt war, von Frankreich die Rückgabe Korsikas an seinen alten Besitzer Genua zu verlangen, was im Friedensvertrag von Cateau-Cambresis 1559 auch erfolgte.    

Andrea Doria, der inzwischen seine öffentlichten Ämter niedergelegt hatte, starb am 25. November 1560 knapp vor seinem 92. (94.?) Geburtstag – nicht an einer Krankheit, sondern an Altersschwäche. Wunschgemäß wurde er in aller Stille in der Krypta der Kirche San Matteo beigesetzt. Mit seinem Tod war für Genua ein ganzes Zeitalter zu Ende gegangen, langsam begann nun der Stern der Mittelmeer-Hafenstadt zu sinken.

hr

Nichts war klar auf der Andrea Doria Die Schiffskatastrophe im Nordatlantik vom 25. Juli 1956

Genua/New York – Mitte der 50iger Jahre des 20. Jahrhunderts war der Name Andrea Doria wieder in aller Munde und führte zu einem Rauschen im Blätterwald und zu heftigen Debatten in Seefahrerkreisen – als der nach dem genuesischen Admiral benannte italienische Luxusliner ANDREA DORIA am 25. Juli 1956 vor der nordamerikanischen Küste mit dem schwedischen Passagierdampfer STOCKHOLM kollidierte und später versank.

Die ANDREA DORIA war der Stolz der italienischen Kreuzfahrtflotte. Der 1954 fertig gebaute 212 Meter lange und 30 Meter breite 30.000 BRZ Luxusliner der Reederei Societa di Navigazione Italia war ein für die damalige Zeit supermodernes Schiff, u.a. mit drei Freiluft-Swimmingpools ausgestattet, und galt als besonders sicher – es hatte einen Doppelboden und im Gegensatz zu der 1912 nach einer Kollision mit einem Eisberg gesunkenen TITANIC Rettungsboote für alle Passagiere.

Im Juli 1956 befand sich die ANDREA DORIA mit 1134 Passagieren und 572 Besatzungsmitgliedern auf der Fahrt von Genua nach New York. In den Abendstunden näherte sich das Schiff NANTUCKETT vor der Küste des US-Bundesstaates Massachusetts und war nur noch etwa 200 Seemeilen (etwa 370 Kilometer) von New York entfernt, dessen Hafen tags darauf angelaufen werden sollte.

Zur gleichen Zeit befand sich der 13.000 BRZ Passagierdampfer STOCKHOLM auf der Fahrt von New York nach Göteborg im gleichen Seegebiet. Die ANDREA DORIA fuhr in dichtem Nebel, die STOCKHOLM unter klarem Himmel, als das Radar auf beiden Seiten einen gefährlich dicht beieinander liegenden Parallelkurs anzeigte.

Entgegen den üblichen Regeln, entschloss sich der Kapitän der ANDREA DORIA, Piero Calami,  zu einem Ausweichmanöver nach links in der Annahme, ihm komme nur ein Fischkutter entgegen und es gäbe genügend Platz zum Ausweichen. Doch der wachhabende Offizier auf der STOCKHOLM hatte seinerseits ein Rechtsmanöver eingeleitet. Auf schwedischer Seite wunderte man sich, dass keine Lichter des entgegenkommenden Schiffes zu sehen waren, man glaubte an ein verdunkeltes Marinefahrzeug. An Nebel dachte niemand.

Beide Schiffe waren so auf Kollisionskurs. Als die ANDREA DORIA aus den Nebelschwaden auftauchte, waren beide einander schon so nahe, dass letzte Ausweichversuche Hart Steuerbord der STOCKHOLM, „Hart Backbord der ANDREA

 

DORIA umsonst waren. Um 23.06 Uhr Ortszeit kam es zur Katastrophe: der Bug der STOCKHOLM bohrte sich in die Rumpfseite der ANDREA DORIA. Die Wucht des Aufpralls zerfetzte den Bug der STOCKHOLM und riß in die Steuerbordseite der ANDREA DORIA unterhalb der Kommandobrücke ein bis zu 12 Meter breites Loch. Angaben über die Opferzahlen schwankten, in den meisten Quellen war von 46 toten Passagieren der ANDREA DORIA und von fünf toten Besatzungsmitgliedern des schwedischen Schiffes die Rede. Hunderte Personen wurden verletzt.

Alle Opfer waren auf die Kollision zurückzuführen, niemand ertrank, obwohl ein Großteil der Rettungsboote der ANDREA DORIA wegen der zunehmenden Schlagseite des Schiffes nicht auf das Wasser heruntergelassen werden konnten. Nur bei drei Booten war dies möglich. Eine beispiellose Rettungsaktion hat eine schlimmere Katastrophe verhindert: der SOS-Ruf von ANDREA DORIA-Kapitän Calami erreichte vier in der Nähe fahrende Schiffe, die sich sofort an die Unglückstelle begaben und in das Meer gesprungene Schiffbrüchige aufnahmen. Sogar die STOCKHOLM, deren Kapitän Gunnar Nordenson sein bugloses Schiff mit eigener Kkraft in Sicherheit bringen konnte, übernahm hunderte Passagiere des italienischen Liners.

Die in den Rumpf der ANDREA DORIA hereinstürzenden Wassermassen füllten die fast leer gefahrenen und nicht mit Meerwasser wieder aufgefüllten Treibstofftanks auf der einen Seite, auf der anderen bewirkten sie einen Auftriebseffekt. Diese Gewichtsverlagerung führte dazu, dass die ANDREA DORIA trotz geschlossenem Schottensystem nach elfstündigem Todeskampf im Atlantik versank. Das Wrack liegt noch heute in rund 70 Meter Tiefe auf dem Grund des Ozeans.

Nachdem Mitte des 20. Jahrhunderts moderne Navigationsgeräte wie Funkpeiler und Radar zur Standardausrüstung gehörten, hielt man Schiffskollisionen in den Weiten des Atlantik für ausgeschlossen und fragt sich noch heute, wie die Katastrophe vom 25. Juli 1956 passieren konnte.

Eine spätere Gerichtsverhandlung über die Kollision brachte keine Aufklärung. Für beide Reedereien war der Nebel der „Hauptschuldige, sie schlossen einen Vergleich. ANDREA DORIA-Kapitän Calami fuhr nie wieder zur See.

Rocksänger Udo Lindenberg sang einst „Alles klar auf der ANDREA DORIA. Und auch einer ihrer letzten Funksprüche vor der Kollision soll so gelautet haben. Das Unglück zeigte, dass nicht alles auf dem Schiff klar war. 

hr

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