FRACHTSCHIFFREISE TEIL 2   AUSGABE 1/2013
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Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, Stralsund

Endloser Naturstrand an der Kurischen Nehrung bei Klaipeda in Litauen.

   

Dr. Peer Schmidt-Walther - Ostsee rechts herum 

Vor Mitternacht. Ein Konvoi von hell erleuchteten Kreuzfahrtschiffen kommt entgegen. Da werden überall Partys gefeiert, wie man durchs Fernglas unschwer erkennen kann. Pekka ruft Petersburg Traffic. Die Verkehrszentrale meldet, dass das Lotsenboot gegen 01.40 Uhr längsseits komme. „Da habe ich ja noch eine Stunde Ruhe, übergibt er die Wache an den Zweiten Gholamali Bacalso und verabschiedet sich zu einem Kurznickerchen auf dem Sofa seines Salons. Bis zum Einlaufen und Festmachen in der Newa-Stadt muss er danach wieder auf der Brücke sein. Der Lotse hat ja nur beratende Funktion, während der Kapitän, wie man weiß, nach wie vor die volle Verantwortung für eine sichere Navigation trägt.

Um 04.30 Uhr liegt das Schiff nach 881 Seemeilen ab Hamburg fest vertäut an der Pier und ich im Tiefschlaf. Pekka bleiben nur noch zwei Stunden Schlaf. „Dann bin ich wieder fit, strahlt er trotz aller Anspannung. 

 

Wie ein Schwerverbrecher

Nach dem Frühstück möchte ich mir bis zum Mittag die Beine vertreten, denn danach soll verholt werden. Da müssen alle an Bord sein. Mit Pass, Visum und orangeroter Sicherheitsweste bahne ich mir einen Weg durch die Container-Gebirge. Doch das Hafentor ist blockiert durch einen mindestens zwei Kilometer langen Tankgüterzug.

Zwanzig wertvolle Minuten gehen verloren, bis ich mich dem Kontrolleur im maroden Wachhäuschen stellen kann. Mit einem freundlichen „dobry djien! natürlich, doch die Miene des Uniformierten bleibt finster. Sein Papierross-Kippen hängt schräg aus einem Mundwinkel. Man kommt sich vor wie ein Schwerverbrecher. Penibel wird alles per Hand in einer schmierigen Kladde registriert. Außer Russisch und kyrillischen Buchstaben versteht er anscheinend nichts, als ich ihm auf Englisch sage, wo auf der Passagierliste ich zu finden bin. Mit unmissverständlicher Geste bedeutet er mir schließlich: „Hau ab!

 

Landgangs- und Verholergebnisse

Drei Kilometer zieht sich die Straße, die von Müll gesäumt ist. Kein erhellender Anblick. Bis rechts ein Trampelpfad abzweigt: über Fernheizungsrohre, eine Brücke, unter der träge Kloake strudelt, auf einer pfützenübersäten Sandstraße entlang, an mannshohem Stacheldraht entlang, hinter dem sich eine trostlose Barackenansammlung mit Satellitenschüsseln duckt. Alles wird überragt von einer gewaltigen Mauer aus Plattenbauten. Auf einem riesigen Platz mit dem poetischen Namen „Fiona haben Billig-Händler ihre bunte China-Ware ausgebreitet. Dauertelefonierende Trainingsanzug-Männer mit Sonnenbrille und schrille Minirock-Blondinen dominieren die Kundschaft. Alles gut bewacht von russischer Miliz mit riesigen Tellermützen.

Es wird Zeit für den Rückmarsch. Vorsichtshalber habe ich mir die Mobilnummer des Schiffes notiert. Aber Vorsicht, das Telefonieren von Russland aus ist teuer: 1,49 Euro pro Minute und 2,50 Euro für jeden Anruf. Dafür sollte man das Gratis-Internet an Bord nutzen.

Für den nächsten Tag bietet die Deutsch sprechende Tatjana ihre Dienste als Stadtführerin an, empfohlen von Reeder und Kapitän. Am Gate noch einmal abweisende Muffigkeit. Die Sonne steht günstig für ein paar Schiffsfotos. „Nix Foto, höre ich plötzlich eine strenge weibliche Stimme hinter mir. Die uniformierte Dame will mich daran hindern, „mein Schiff abzulichten. Ich: „Nix verstehen und mache unbeeindruckt weiter. Ein paar spitzelnde Hafenarbeiter müssen die Wächterin in ihrem Häuschen am Pierende informiert haben.

Das Verholen verschiebt sich: von 13 auf 15 auf 16 Uhr. Hier ist eben alles anders als in Hamburg. Die Crew nutzt die Zeit zum Malen. Es duftet geradezu nach frischer Farbe. Zeit und Ruhe auch, um Chief Ingo Lange in seinem Maschinenreich einen Besuch abzustatten. Der führt nicht ohne Stolz durch den vor Sauberkeit glänzenden 15.227 Pferdestärken-„Keller.

Hinter dem hochmodernen Supereisbrecher SANKT PETERSBURG und seinem schon älteren Kollegen KAPITAN SOROKIN mit gewaltigem Hammersteven schiebt sich THETIS D an die nächste Pier. Gute Gelegenheit, die beiden PS-starken Kolosse näher zu betrachten.

Der Lotse hinterlässt eine Keks-Krümelspur und strengen Schweißgeruch. Pekka saugt und lüftet die Brücke. „Offenbar hat ihm meine elegante Rückwärtsfahrt Angst eingejagt, kommentiert er die „spezielle Duftnote. Um 22 Uhr soll er zum Verholen wieder kommen. Pekka rümpft die Nase und ist sprungbereit in Warteposition.

 

Udssr läßt grüßen

Stattdessen wird es drei Uhr früh – alles eben anders als in Hamburg. Bei der Kaffee-Pause (coffee time) kündigt Pekka an, dass das Laden nicht wie geplant um zehn, sondern erst um zwölf Uhr beendet sein könnte. Das zieht sich dann doch wieder bis 16 Uhr.

Anruf von Pekka: „Komm doch bitte mal ins Schiffsbüro zur Pass- und Gesichtskontrolle”. Drei Uniformierte und ein Zivilist, anscheinend ein Dolmetscher, blättern gelangweilt in Papieren. Dann bin ich dran. Aufmerksam werden Passfoto und Gesicht studiert, dann die Listen abgeglichen. Alles wortlos. Eine der beiden Damen ringt sich ein kurzes Lächeln ab – immerhin! – und gibt ihr Okay: freigegeben zur Ausreise.

Das Seefahrtsbuch von Klaus haben die russischen Kontrolleure bei der Einreise in der Mitte so auseinander gedrückt, dass sich Nähte gelöst haben. Obwohl sie selbst die Verursacher gewesen sind, haben sie Klaus einfach den Landgangs-Stempel verweigert. Der Dolmetscher erklärt jedoch, dass die jetzigen ihm den – zu spät natürlich! – genehmigt hätten. Es herrscht nach wie vor schikanöse sowjetische Willkür. „Und sowas müssen wir noch belohnen, schüttelt Pekka den Kopf. Die prall gefüllten Zöllner-Taschen beulen aus dank Zigaretten und 75-prozentigem „Blümchen-Wodka. „Das ganze Zeug, weiß Pekka, „wird natürlich weiter verhökert.

Um 17 Uhr endlich werden die Leinen eingeholt. THETIS D dreht in den engen Seekanal, voraus noch zwei weitere Schiffe. Man fährt hier im Einbahn-Konvoi-Verkehr. An Backbord neben dem Ölhafen verabschiedet uns die Stadt Sankt Petersburg mit drei Meter hohen kyrillischen Betonbuchstaben: LENINGRAD, dahinter geduckt ein Wachhäuschen, in dem ein bewaffneter Posten nach Eindringlingen oder Spionen Ausschau hält. Die Sowjetunion lässt nach wie vor grüßen. Beim Ein- und Auslaufen.

In der Ferne strahlt eine vergoldete Kirchenkuppel im Sonnenuntergang über der Festungsinsel Kronstadt. Durch den Tunnel unter dem Flut-Sperrwerk rauscht der Feierabendverkehr. An der Südküste der Bucht unterbricht der weiße zaristische Sommerpalast Peterhof das dunkle Waldgrün. Die schwarzen Gefängnismauern der kreisrunden Pestinsel – heute Party-Location für betuchte Russen – künden von düsteren Zeiten. Die im Kriegshafen vor sich hin rostenden Wracks der ehemals ruhmreichen Baltischen Flotte haben auch schon bessere Tage gesehen. Nachdem die Sonne sich gegen 21 Uhr als heller Lichtstreifen in dunklem Gewölk verabschiedet hat, erleuchten nur noch vor Anker liegende Schiffe die hereinbrechende Nacht. Und die Crew feiert in ihrer Messe. Das Ende von zwei schlafarmen Tagen und Nächten in Sankt Petersburg sowie den bevorstehenden Seetag. Familie und Heimat dominieren die fröhliche Bier-Runde.

 

Schnellste Reviewrfahrt mit Jazz-Nacht

Donnerstag: Seemanns-Sonntag – das war einmal, meint Klaus, aber freut sich auf den Kuchen, den der Smutje zu diesem Anlass in die Röhre geschoben hat. Der Duft zieht durch das hohe Deckshaus bis zu Pekka auf die Brücke. Unser Kurs führt weg von dem viel befahrenen Südwest-Track an Gotland entlang nach Südost, der Ostsee-Autobahn. Man kommt sich fast so einsam vor wie mitten auf dem Atlantik: kein Schiff auf spiegelglatter weiter  Meeresflur.

Bis sich an Backbord ein heller Streifen auf die Kimm legt – die legendäre Samlandküste. Irgendwo hinter den Dünen versteckt sich das bis 1945 nördlichste deutsche Dorf: Nimmersatt – „dort, wo das Reich sein Ende hat, hieß es damals. Heute verläuft hier die Grenze zwischen Litauen und Lettland. Die ehemalige Reichsstraße 1, die heutige A 13, verbindet die beiden baltischen EU-Länder.

20.30 Uhr: Voraus flackern noch dünn die Lichter von Klaipeda, dem früheren ostpreußischen Memel. Eine halbe Stunde später klettert der Lotse an Bord. Schon eine dreiviertel Stunde später liegt THETIS D an der Pier. „Die schnellste Revierfahrt, freut sich Pekka nach 508 Seemeilen seit der Neva, „die ich hier erlebt habe”. Und der Lotse schwärmt: „Das Schiff fährt sich ja leichter als ein LKW”.

Viel Zeit bleibt zum Laden und Löschen: nur 120 Container-Moves bis zum nächsten Tag um 14 Uhr, verkündet Pekka. Er und Chief Ingo Lange freuen sich auf eine lange Jazz-Nacht und Alt-Memeler Bier in einer dafür bekannten Altstadt-Kneipe.

 

Wiedersehen nicht nur mit Ännchen von Tharau

Mein Landgang beginnt erst am nächsten Tag nach dem Frühstück. Dazu gehört auch eins der beiden Bordfahrräder. Ein Matrose hat es geputzt, geölt und Luft aufgepumpt. Kapitän Pekka fackelt nicht lange und schleppt es die steile Gangway herab. Service à la THETIS D. Quer durch den Hafen zu radeln, das geht natürlich nicht. Ein baumlanger Sicherheitsmann pfeift mich zurück.

 

Er bedeutet mir, abzusteigen und ihm schiebend zu folgen. Doch der Fußgängerausgang ist gesperrt – diesmal durch einen ellenlangen weißrussischen Güterzug. Also umdisponieren.

Ich steuere das Tor für LKWs an. Aber der Posten lässt mich nicht durch, weil hier keine Personenliste vom Schiff vorliege. So verlangt es die ISPS-Vorschrift. Endlich bewegt sich die Zugschlange und gibt den Überweg frei. Auch hier spricht die brummlige Uniformierte nur Russisch. Die Liste liegt vor, ich werde abgehakt, muss aber das Rad über ein Drehkreuz wuchten. „Paka und Tschüss bis später. Ein freundliches Lächeln huscht über ihr bis dahin versteinertes Gesicht.

Gleich hinter dem Zaun fallen ein paar schwarze geländegängige Nobelkarossen auf, um die glatzköpfige Muckibuden-Typen in Lederjacke und mit Sonnenbrille herumstehen, rauchen und telefonieren. Die Kennzeichen verraten ihre Herkunft: Russland. Nur ein dicker BMW trägt ein englisches Nummernschild. Den Rest kann man sich denken ...

Fünf Kilometer Holper-Radweg und Hauptstraße Minijos gatve mit unansehnlichen Neubau-Platten-Hochhäusern noch aus sowjetischer Zeit. Die kann man sich schenken. Eine Runde durch die Altstadt über historisches Kopfsteinpflaster, das den Radler durchschüttelt, ist hingegen ein Muss. Den Reiseführer „Landgang an der Ostsee sollte man zur Orientierung und Information dabei haben. Und ein bisschen litauisches Handgeld. Chief Ingo Lange kann damit aushelfen.

Auf dem Theaterplatz startet das Sightseeing-Programm. Davor thront Ännchen von Tharau auf ihrem Simon-Dach-Brunnen. Und Ingred Udriewe, die Bernsteinverkäuferin. Ein Wiedersehen mit herzlicher Umarmung, denn vor ein paar Jahren habe ich sie hier für einen Film interviewt. „Ich bin und bleibe Ostpreußin, bekennt sie in ihrem breiten anheimelnd-„jemietlichen Dialekt und drückt mir zwei goldgelbe, in der Sonne funkelnde Steine in die Hand. Im Gegenzug bessere ich ihre karge Rente um ein paar „Eurochens auf. Die 72-Jährige strahlt über ihr breites, freundliches Gesicht: „Fier ainen scheenen Kaffee wird’s schon räichen.

 

Reale Traumstrand-Träume

Umgerechnet 50 Cent kostet die kurze Fährreise – mit fünfzehnminütigen Abfahrten – von der Dane-Mündung über das Kurische Haff nach Smiltyne auf der legendären Nehrung. Von dort führen alle Wege durch würzig nach Harz duftenden Kiefernwald vermischt mit salziger Ostsee-Luft. Der asphaltierte Radweg verläuft noch 50 Kilometer weiter über Juodkrante / Schawarzort bis zu den hohen Dünen nach Nidda / Nidden an der russischen Grenze. Dafür reicht die Zeit heute aber nicht. Wohl aber für einen Abstecher zum Strand, der mit Blick von den Dünen sich endlos nach Südsüdwest zu erstrecken scheint. Der schneeweiße Pudersand knirscht wie Pulverschnee unter den Füßen. Und die See lockt unwiderstehlich zum Baden. Also hinein in das klare, wellige Vergnügen.

Bis eine Kapitäns-SMS mich aus Traumstrand-Träumen reißt: „Wir haben verholt zum Terminal am Fährhafen und wollen gegen 17 Uhr auslaufen. Ich melde zurück, dass ich wohlauf und unterwegs sei. Für ein schnelles Bier in einer alten deutschen Gaststätte am Haff reicht es aber noch. Ein an Land aufgebockter Museums-Trawler mit Hammer und Sichel im Schornstein muss auch noch ins Programm passen, ebenso das kleine Museumsdorf an der Uferpromenade. Auf dem Markt gehen preiswerte, sehr vitaminhaltige Aronia-Beeren für Marmelade zu Hause mit sowie leuchtend rote Gartentomaten. Dann aber auf zum Rückweg – 15 Kilometer bei schweißtreibendem Gegenwind. Problemlos der kurze Check am Gate. Pünktlich, aber ausgepumpt klettere ich die Gangway hoch an Bord. Schon eine dreiviertel Stunde später gibt Pekka das Kommando „Klar vorn und achtern! Noch 509 Seemeilen bis nach Hamburg.

Morgen ist der 1. September: Kriegsausbruch vor 73 Jahren. Schicksalsland Ostpreußen. Wir dampfen sozusagen auf dem Kurs der Flüchtlingstransporte gen Südwesten an Königsberg und Danzig vorbei. Über wie viele Weltkrieg-II-Wracks mag THETIS D wohl jetzt laufen? Unvorstellbar!

Unbeeindruckt davon steigt abends eine Party in der Crew-Messe. Zum Abschied von Klaus und mir. Chief mate Michael Tanquiamco hat dazu eingeladen. Er steht in der Kombüse am Herd – der Smut ist heute selber Gast und brät Berge von leckeren Kingprawns mit Knoblauch satt und selbst angerührter scharfer Sauce. Über den Flachbildschirm laufen meine Reisebilder. Das Bier strömt, und die Stimmungswellen gehen hoch. Bis in den frühen Morgen, der von fackelnden polnischen Ölbohrinseln erleuchtet wird. „You are back next year?, fragen die Männer, „always welcome home on board THETIS D”. Netter kann man’s nicht sagen.

 

Schluss-Akkorde in Poolposition

Noch ein Traumstrand. Am nächsten Morgen ist es an Steuerbord die Südküste von Bornholm mit ihren kilometerlangen Dünen von Dueodde. Zwei Stunden später bricht Rügens kalkweiße Kreideküste durch den Horizont, von der Sonne angestrahlt. Bis die beiden Leuchttürme von Kap Arkona in Sicht kommen, kurz darauf der von Hiddensee auf dem Dornbusch. Wie eine Fata Morgana schweben die Kirchtürme von Stralsund in der flimmernden Mittagsluft über dem Wasser. An Steuerbord grüßen aus 25 Seemeilen Entfernung die Kreideklippen der dänischen Insel Mön herüber.

Hier beginnt ein Wettrennen um die günstigere Einlaufzeit in den Nord-Ostsee-Kanal. MS REINBEK mit 16,5 und MS THETIS D mit 17,3 Knoten. „Zum Kaffee haben wir sie, grinst Kapitän Pekka, „zumal der Kollege da drüben auch noch einen zu großen Bogen gefahren ist. 15.45: Das Rennen ist wie prophezeit gelaufen. Damit hat sich THETIS D in Poolposition geschoben und viel Zeit gespart.

Punkt 18 Uhr ist die Lotsenstation am Leuchtturm Kiel erreicht. Um 19.30 wird in der Schleuse Holtenau festgemacht. REINBEK schafft zwar noch die parallele Südkammer, aber bleibt im Nachteil, denn sie liegt im folgenden Konvoi weit hinter uns.

Über Kiel steigen Freiluftballons auf, links und rechts des Kanals leuchten Fackeln, Menschen drängeln sich an den Ufern. „Die feiern Nord-Ostsee-Kanal in Flammen’, erklärt der Lotse, selbst ein bekennender Romantiker. Er greift sogar zum Fotoapparat. Die Serie seiner Stimmungsbilder, auch von früheren Passagen, kann sich sehen lassen. Bei Landwehr Musik und Feuerwerk, getoppt von einem riesigen Honigmond, der lächelnd über die Baumwipfel kriecht. „Wenn du willst, sagt Pekka mit Lotsen-Einverständnis, „kannst Du das Typhon bedienen”. Mit Freuden. So was lässt man sich nicht zwei Mal sagen. Los dröhnt das mächtige Signalhorn in die milde Spätsommernacht, meine Nackenhaare stellen sich auf, und an Land klatschen die Zuschauer begeistert Beifall. Darunter auch Freunde aus der Umgebung, die extra zu dem Spektakel gekommen sind. „Wollt ihr ’n Bier?, ruft jemand zu uns herauf, „dann müsst ihr runterkommen”. Alles lacht, Böller krachen.

Naturfreak Kapitän Pekka saugt tief die würzige Acker-, Wald- und Wiesenluft ein: „Wie schön, mal wieder Landschaft zu genießen, freut sich der Finne. Noch einmal großes Kanal-Theater an der Schiffsbegrüßungsanlage in Rendsburg. Doch nach dem Lotsenwechsel um Mitternacht bei Rüsterbergen wird es stiller, Kapitän Pekka verabschiedet sich in die Koje und der Zweite übernimmt. „Gute Ruhe wünschen Lotse, Kanalsteurer und Zweiter, „gute Wache”, so Pekka, der sich bis zum Einlaufen in die Schleuse Brunsbüttel aufs Ohr legen oder „abruhen kann, wie er sagt.  

Überpünktlich – eine halbe Stunde früher als geplant – macht THETIS D nach rund zehn Tagen und 1898 Seemeilen oder 3500 Kilometern sowie einer Transportbilanz von 2639 Containern am Sonntagmorgen wieder in Hamburg fest. Bei strahlendem Sonnenschein.

Gelesen habe ich auf dieser Reise „gegen den Strich: Christian Irrgangs amüsant-informatives Buch „Ostsee linksherum. Sein Motto, das auch meins geworden ist, kommt mir in den Sinn: „Momente des Glücks im Augenblick des Erlebens als solche erkennen und nicht erst in der Rückschau, wenn man sich erinnert und sagt: ‚Es war ja so schön!’ Das, so meint er, „sollte man immer und überall beherzigen.

 

Schiffsdaten MS Thetis D

Bauwerft J. J. Sietas, Hamburg-Neuenfelde; Baujahr 2009; Typ: 178 „Baltic Max, Containerfeeder-Schiff; Länge 168 Meter, Breite 27,5 Meter, Höhe 38 Meter; Tiefgang (maximal) 9,50 Meter; tdw 17.882 t; Klassifizierung Germanischer Lloyd (GL); IMO-Nr. 9372274; Eisklasse E 4/1 A Super; TEU 1421 TEU;  Hauptmaschine 11.200 kW (15.227 PS), MAN B&W; Verbrauch (bei Öko speed 16 kn): 30 bis 35 t Schweröl IFO 380 low sulphur (Preis pro Tonne etwa 600 €); Crew 11; Bugstrahlruder 900 kW, Heckstrahlruder 750 kW; Flagge Liberia; Heimathafen Monrovia.

Auszug aus dem Taufspruch vom 20. September 2009: „... Dein Anblick erhellt, Du THETIS, des Meeres Braut ... magst trotzen der rauen Gewalt unverwundet an Bug, in Luv und Lee ...

Fahrtgebiet: Nord-Ostsee, Fahrtstrecke etwa 2000 Seemeilen in acht bis zehn Tagen.

Buchung: Reederei Drevin www.reederei-drevin.de · Preis pro Tag + Person 80 €.

Literatur-Empfehlungen: Michael Dojel „38 kreuzfahrthäfen – Landgang an der Ostsee, Reise Know-How, ISBN 978-38317-1541-1 (12,80 €).

Christian Irrgang: „Ostsee linksherum – Ansichten eines Segelsommers, Delius Klasing, ISBN 9-783-7688-3545-9 (22,90 €).

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, Stralsund

Die Kathedrale und der Leuchtturm von Kronstadt.

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, Stralsund

Die Crew der THETIS D – und der Autor (2. von rechts) – haben sich zum Gruppenbild versammelt.

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, StralsundDer Kapitän trägt das Bordfahrrad die Gangway runter.

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, Stralsund

Das Ännchen von Tharau in Klaipeda, ehemals Memel.

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, StralsundAlte Lieder erklingen vor alten Memel-Fotos. 

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, StralsundBernstein-Verkäuferein Ingred in Klaipeda.

 

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, Stralsund

Preißelbeeren und Heidelbeeren im günstigen Angebot.

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, StralsundBesuch beim Restaurantschiff MERIDANAS.

 

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, Stralsund

Schön restaurierte alte Speicherhäuser in Klaipeda.

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, StralsundDie Skulptur des Wassergeistes vin Klaipeda.

 

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, Stralsund

Auf der Fähre übers Kurische Haff. Voraus die SEABOURN PRIDE.

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, StralsundDünen säumen den Nehrungsstrand.

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, StralsundEin Kuren-Fischerhaus am Haff.

 

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, Stralsund

Im Wohnraum eines alten Kuren-Hauses.

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, StralsundAlte Fischkutter an Land.

 

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, Stralsund

Die Mündung der Dune ins Haff, vorne links ein Fähranleger.

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, Stralsund
Ein letzter Blick beim Auslaufen von der Brücke der THETIS D auf den endlosen Nehrungsstrand.

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, StralsundKapitän Pekka Stenvik bei der Brückenwache.

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, Stralsund  Erster Offizier brät King-Prawns in der Kombüse.

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, Stralsund

Der Bootsmann zerstückelt Eis für die Getränke.

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, StralsundFröhliche Crewfeier am Samstagabend. 

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, Stralsund

Diet THETIS D passiert die Insel Rügen, die leicht verschleiert ist.

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, StralsundLeuchtturm und Lotsenstation Kiel.

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, StralsundDie COSTA PACIFICA läuft von Kiel kommend in die Ostsee aus. 

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, StralsundDas Marine-Ehrenmal von Laboe mit einem U-Boot aus dem Zweiten Weltkrieg.

 

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, Stralsund

Die REINBEK wurde am Leuchtturm Kiel-Friedrichsort von der THETIS D abgehängt.

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, StralsundDie MSC POESIA kommt in der Kieler Förde entgegen.

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, StralsundDer Förde-Lotse ist an Bord gekommen.

Foto: Dr. Peer Schmidt-Walther, Stralsund

Die THETIS D im Nord-Ostsee-Kanal bei Landwehr.

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