PAZIFIKKÜSTEN | AUSGABE 2/2013 | ||||||
Reiter-Vorführung auf einer Hazienda bei Lima in Peru. |
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Dr. Peer Schmidt-Walther Pazifikküsten Süd-, Mittel- und Nordamerikas – Teil 1 |
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„Na, dann kommt mal rein!”, nimmt der Kreuzfahrtdirektor an der Gangway die „Neuen” wie Familienmitglieder in Empfang. Die sind eigentlich eher „alte Hasen” – gemessen an der Zahl ihrer Fahrten auf der AMADEA. Was wäre eine solche Reise ohne Einstimmung?! Bis
sich die pazifischen Nebelschleier auflösen, hinter denen noch
Atacama-Wüste, Andengipfel, Dschungel, Vulkanschlote und eine wechselvolle
Inka- und Kolonial-Historie schlummern. Denn, so der Tagesspruch, „jede
Reise beginnt mit einem ersten Schritt”. Zum Beispiel nach der Ankunft im
Hafen von Callao. Das kann eine preiswerte Stadterkundung auf eigene Faust
per Bus und Collectivo sein oder ein zweieinhalbtägiger „Hüpfer” hinauf in
die Anden – Traum vieler AMADEA-Gäste.
„Einmal im Leben ...” lautet ihr Credo. Ein herausragender Mosaikstein
während der „Pirschfahrt”, so der offizielle Reisetitel, entlang der
Pazifikküste Amerikas. Fugenlose Giganten Von Höhe Null in Limas Hafen Callao in knapp zwei
Stunden auf 3.300 Meter – da bleibt so manchem Seefahrer die Puste weg. Beim
Verlassen des Fliegers in Cuzco überfällt
er einen schlagartig, der Sauerstoffmangel, auf Spanisch „soroche” genannt.
Abhilfe: Coca-Tee, die legale „Droge”. Sie lindert Kopfschmerzen und macht
sogar etwas „high”. Aber die Kreuzfahrer sind nicht zu bremsen in ihrem
Drang, den „Nabel der Welt” zu sehen, wie die Inka ihre Hauptstadt einst
nannten. Dass es ein Riesenreich gewesen sein musste, wird einem schlagartig
in der Festungsruine von Sacsayhuaman bewusst. Staunend steht man vor bis zu
200 Tonnen schweren, glatt polierten Blöcken. Das können nur Giganten
fugenlos und ohne Mörtel aufeinander gewuchtet haben. Durch das grüne Hochtal von Cuzco dröhnen
langgezogene Lokomotiv-Pfiffe. Die 300.000-Einwohner-Stadt aus rosa
Naturstein auf Fundamenten alter Inka-Bauten wird wach. In zwei Hotels
scharren die AMADEA-ianer ungeduldig mit
den Füßen. Auf dem Tagesprogramm steht Perus Touristensensation Nummer eins:
Machu Picchu, die letzte
Zufluchtsstätte der Inka. Abenteuerliche Zockelfahrt Schwarz qualmend rumpelt der schmalspurige
Kreuzfahrer-Zug auf ausgeleierten Gleisen bergan. Krass der Gegensatz
zwischen Luxus hier und Elend dort. In mühevollen Vor- und Rückwärtsmanövern
klettert der Schneckentempo-Express auf die Passhöhe von fast 4.000 Metern.
Ende der atemberaubenden
Spitzkehrenfahrt. Ab nun geht’s nur noch bergab. Hinein ins Urubamba-Tal.
Lehmfarbene Wassermassen, die den Amazonas speisen, brodeln meterhoch hart
neben der Strecke. In dem beängstigend schaukelnden Bähnle hat man das
Gefühl, auf See zu sein – und das mitten in den Anden. Noch hüllen sich
Berge und Regenwald in das gleiche Schweigen wie vor ein paar hundert
Jahren, als schon die spanischen Eroberer nach der geheimnisvollen
Ruinenstadt Ausschau hielten. Jeder hat die Bilder im Kopf, doch nach
dreieinhalb Stunden Zockelfahrt übertrifft die Wirklichkeit alle
Vorstellungen. Geheimnisvoll wabern Wolkenfetzen um den pyramidenförmigen
Gipfel des Huayna Picchu. Auf einem 2.700 Meter hohen Gebirgssattel liegt
ihm das architektonische Wunderwerk zu Füßen, das erst 1911 entdeckt wurde.
Lange Schlangen von Schauenden winden sich treppauf, treppab durch das
Steinlabyrinth. In der einen Hand den aufgeschlagenen Reiseführer, in der
anderen die Kamera folgen sie den fähnchenschwenkenden Guides. Reise des Wassers Bis alle wieder auf „ihrer” AMADEA
sind und den „Zurückgebliebenen” von ihren Anden-Inka-Abenteuern berichten
können. Große Verabschiedung: Eine Gruppe reist ins kalte
Deutschland zurück, aber nicht schon frühmorgens, sondern erst am
Nachmittag. „Bei uns”, lächelt Kreuzfahrtdirektor Christian Adlmaier, „wird
niemand hinausgeworfen, denn das wäre ein schlechtes Urlaubsende”. Für 420 Gäste beginnt jedoch die lange Reise von
Callao nach Vancouver. Ab jetzt heißt es nur noch Kurs Nord. Ritt auf dem
kühlen Humboldtstrom, immer entlang der südamerikanischen Westküste.
Eskortiert von Delphinscharen,
hin und wieder lässt sich auch mal ein Wal blicken. Am Abend läuft „Der Sturm” im Bordfernsehen – zum
Glück nur dort, denn der Pazifik spielt mit und macht seinem Namen „Stiller
Ozean” alle Ehre. Grund genug, um sich in seiner Koje einzukuscheln und
filmische Schauer über den Rücken jagen zu lassen. Wem das zu gruselig ist,
der kann sich von der Show „Die Reise des Wassers” in der Atlantik Lounge
bezaubern lassen. Poesie und Musik unterm Kreuz des Südens regen zu
nächtlichen Träumereien an. Flusskreuzfahrt und krumme Früchte Der Pazifik wird zum Chamäleon, als Kapitän Hubert
Flohr die AMADEA nach eineinhalb Seetagen
oder rund 700 Seemeilen frühmorgens in den Rio
Guayas dirigiert: Das tiefe Dunkelblau wandelt sich in eine träge
braune Sauce, auf der Tausende von Wasserhyazinthen wie kleine Inseln
treiben.
PS-starke Einbäume schießen
aus den Mangrovesümpfen und kreuzen den Kurs. Könnten auch Piraten sein,
erinnert man sich nur ungern an Pressemeldungen. Vor der ecuadorianischen
Küste sind bereits mehrere Handelsschiffe überfallen und ausgeraubt worden.
Das hat eine lange Tradition im Land, das durch den Äquator geteilt wird.
Doch ein Hubschrauber der Küstenwache zieht wachsame Kreise über dem Schiff.
Bis AMADEA sicher vor einem Bananendampfer
„eingeparkt” und vertäut ist. Auf der Pier dieseln auf Gäste wartende Busse
ihr Klimaanlagen-Lied dazu. Bananen, nichts als Bananen. Dass Ecuador Exportland
Nummer eins dieser krummen Früchte ist, davon kann man sich im
Hafen von Guayaquil, der größten Stadt des
Andenlandes, selbst überzeugen. Palette auf Palette des „grünen Goldes”,
noch von Hand gestaut, verschwindet in den Luken der Fruchtschiffe aus aller
Welt. Vor den – selbst bei bewölktem Himmel – senkrecht
herab brennenden Sonnenstrahlen schützt man sich am besten durch einen
unverwüstlichen Panama-Hut. „Die werden übrigens hier geflochten”, erklärt
Schiffsmakler Juan am Kai in bestem Hamburgisch, „ihren Namen haben sie von
den Bauarbeitern des Panama-Kanals”. Der 50-Jährige fuhr früher als Matrose
auf deutschen Bananendampfern. Als er von der bevorstehenden Äquatortaufe
„light” auf der AMADEA hört, muss er
lachen. „Was sind wir dagegen gepiesackt worden”, erinnert sich Juan
kopfschüttelnd. Durch Trocken- und Nebelwald Die Gäste haben einen ganzen Tag bis Mitternacht
Zeit. Die breite Palette der Möglichkeiten reicht von einer individuellen
Shuttlebus-Fahrt ins Zentrum über den Besuch von Kakao- und Kaffeeplantagen
und einer Bahnfahrt durch die ecuadorianische Küstenregion hin bis zum Flug
in die Hauptstadt Quito. Sehr lohnend ist eine Taxi-Fahrt – Preis
Verhandlungssache und zu Viert günstiger – entlang der Küste mit schönen
Stränden und beschaulichen Fischerdörfern zum einzigen
Küsten-Nationalpark Ecuadors. Der wurde
1979 zum Schutz des etwa 50 Kilometer langen Meeresuferstreifens gegründet,
in dem die einzigen Korallenformationen des Landes neben ursprünglichem
tropischen Trocken- und Nebelwald liegen. Sehenswert sind die landschaftlich
reizvollen Buchten, Steilküsten und kilometerlangen Strände, Mangroven-
sowie Küstenurwälder, Flusslandschaften und Inseln. Als einziger Lebensraum
außerhalb der Galápagos-Inseln ist hier der Galápagos-Albatros zu Hause –
das Phoenix-Reisen-Wappentier – aber auch 270 weitere Vogelarten, die im
Meer ein reiches Futterangebot vorfinden. Zu den heimischen Spezies zählen
auch Buckelwale, Leguane, Ameisenbären,
Gürteltiere, Affen sowie viele weitere gefährdete Säuger. Närrisches Treiben mit Taufe Die tropische Trockenwald-Vegetation ist von den flaschenförmigen Ceibobäumen, die sich
durch große Stacheln gegen Pflanzenfresser wehren, Feigen und Kakteen
geprägt. Früher erstreckte sie sich entlang des größten Teils der
Pazifikküste Mittel- und Südamerikas, ist heute aber fast vollständig
verschwunden, weshalb die Flora hier nahezu einzigartig und schützenswert
ist. Während einer Wanderung können Tier- und Pflanzenwelt beobachtet
werden. Krönender Abschluss: ein erfrischendes Bad in schäumender
Pazifik-Brandung. So „gestählt” kann man dem Beginn des
rheinisch-pazifischen Karnevals an Bord
gelassen entgegen sehen. Am nächsten (See-) Tag haben ab elf Uhr elf die AMADEA-Närrinnen
und -Narren das Sagen. „Dann seid mal schön lustig!”, wird per Lautsprecher
zum fröhlichen Bier-Treiben auf der Lido-Terrasse animiert. Man darf
gespannt sein, wer den Trubel bis zum nächsten Großevent, der Äquatortaufe
mit Party und Büffet am Abend, durchhält. Neptun und sein Gefolge werden den
„vom irdischen Staub Beschmutzten” schon Beine machen! Danach steht ein Seetag auf dem Programm: zum
Relaxen und „Grillen” bei spiegelglatter See. Über die kann man endlos lange
seinen Blick schweifen lassen, obwohl sich (fast) nichts verändert. Was aber
ungemein beruhigt. Den Sundowner-Caipi genießt man gleich doppelt, wenn
hinterm Glas noch die Sonne blutrot abtaucht. Zwischen Pazifik und Meseta „Costa Rica”, so
die Reiseleiterin, „ist nicht viel größer als die Schweiz”. Der Landesname
geht auf Kolumbus zurück. 1502 hoffte er hier an der „reichen Küste” viel
Gold zu finden. Während der Busfahrt von Puntarenas hinauf ins Bergland gibt sie eine geografische Kurzlektion: „Wir liegen auf der Landbrücke zwischen den sanften Sandstränden an der Karibik und der schroffen, reich gegliederten Küste am Pazifik. Vom Vulkan Irazú aus kann man beide Meere sehen. Im Norden verläuft die Landesgrenze in Sichtweite des Nicaraguasees und folgt dann dem Rio San Juan. Der südliche Nachbar ist Panama. Zwei Gebirgsketten erheben sich zwischen dem schwülen Regenwald auf der karibischen und der Küstenebene auf der pazifischen Seite. Das Hochland dazwischen hat das ideale Klima für den Kaffee-Anbau – weder zu heiß noch zu kalt, weder zu feucht noch zu trocken, weder zu hoch noch zu tief gelegen. Die dichtbevölkerte Meseta Central aus fruchtbaren Vulkanböden ist optimal geeignet für die Landwirtschaft. Bananen, Zuckerrohr, Ananas und Erdbeeren gedeihen hier optimal”. Stimmen der Natur Zwei Busladungen von AMADEA-Fahrern
erliegen dem „Abenteuer Urwald”: hinein in den dichten Regenwald mit
landschaftlich dramatischen Akzenten. Hier wurde die seltene Möglichkeit
geschaffen, sich behutsam dem empfindlichen Ökosystem Primär-Regenwald zu
nähern, nämlich von oben herab. Auf Hängebrücken schwebt man über dem Baumkronen-Dach und vernimmt die
vielfältigen Stimmen der tropischen Natur hautnah. Überlagert vom
markerschütternden Gezeter der Brüllaffen. Eine Biologin erklärt Flora und Fauna fachkundig. Erinnerung an ein Wort des großen Naturforschers Alexander von Humboldt: „Tief im Regenwald umringte uns die stille Wachsamkeit von tausend Lebewesen und wir fühlten uns eins mit der Erde”. Fünf Prozent aller bekannten Lebensformen der Erde
sind in Costa Rica zuhause. Nicht verwunderlich, wenn ein Viertel des
50.000-Quadratkilometer-Landes, kleinstes Mittelamerikas, unter Naturschutz
steht. Es wird in drei Naturräume unterteilt: die atlantische
Schwemmlandebene, die Kordilleren-Kette mit rund 100 Vulkanen (davon noch
zehn aktiv) und das hügelige Küstenvorland am Pazifik.
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Stolz auf indianische Mehrheit Wer ein bisschen historische Fantasie hat, kann sich
vorstellen, in Guatemala, im
Hafen Puerto Quetzal blutgetränkten Boden
zu betreten. Die AMADEA-Gäste wandeln hier
nicht nur auf historischen mittelamerikanischen Pfaden. Eine der schönsten
Landschaften säumen den 1.500 Meter hoch gelegenen
Atitlán-Kratersee mit der eindrucksvoller
Dreier-Vulkan-Kulisse des San Pedro, Tolimán und
Atitlán. Im ganzen Land sind es 33, von denen der höchste 4.420 Meter
hoch ist. Indiodörfer säumen die steil aufragenden Ufer. Die Vorfahren ihrer Bewohner erduldeten unendliches
Leid. Im Zuge der spanischen Kolonialisierung zwischen 1524 und 1650 starben
sechs von sieben Mayas durch Kämpfe und Zivilisationskrankheiten. Die Erben
der einst mächtigen Mayazivilisation
hielten den mordenden und plündernden Konquistadoren nicht lange stand. Die
Ureinwohner ergaben sich fast kampflos. Wer von ihnen die Massaker
überlebte, wurde zum
Sklaven gepresst.
Dennoch: Als einziger zentralamerikanischer Staat kann Guatemala heute auf
eine neunziprozentige indianische Mehrheit stolz sein. Ihre kulturelle
Identität konnten sich diese Menschen erfreulicherweise bewahren. Ihre
Gesichter ähneln stark den Reliefs der Maya-Großstadt
Tikal aus dem 2. Jahrhundert vor Christus
und des Tempelorts Quiriguá mit seinen
tonnenschweren Stelen und Quadern. Überwältigende archäologische Stätten von
Weltgeltung. Früher blühende Städte, wuchert hier heute Urwaldleben. Einzige
Bewohner: Klammeraffen, die durch die Gipfel toben. Bananenplantagen amerikanischer Frucht-Konzerne
indes beherrschen heute das Land. Wie das „grüne Gold” aussortiert,
gewaschen, verpackt und in Kühlcontainer-Trucks verschwindet, die zur Küste
donnern, ist faszinierend. Dritte-Welt-Wirtschaft life. Aber auch die Wiege
des Reggae stand hier. Besonders an diesem Tag, zum Karnevalsauftakt,
erzittert die Luft überall im Land von fetzigen Rhythmen. Wal-Tag mit Strandvergnügen Schrille Schreie nach 1.036 Seemeilen und zwei
Sonnentagen: der exotische Weckruf am gepflegten Kreuzfahrtterminal von Puerto Vallarta. Schuld daran sind die
Aras, deren Papageien-Gezeter durch die dicken Scheiben schneidet. Die armen
Kerle werden in engen Käfigen gefangen gehalten und krähen sich verzweifelt
die Zungen aus dem bunt gefiederten Leib. Frühaufsteher sind noch ganz aufgeregt von ihrem
Wal-Erlebnis. Ein Buckelwal hat sie beim
Einlaufen mit schlagender Fluke begrüßt. Von Dezember bis März treffen sich
Hunderte dieser beeindruckenden Meeressäuger in der Bucht, um ihren
Nachwuchs aufzuziehen. Eine ganze Flotte von Booten ist ständig unterwegs
zum „Foto-Shooting mit Garantie”. Eine Gruppe von AMADEA-Gästen
berichtet später begeistert von ihren hautnahen Erlebnissen mit den
friedlichen Riesen. Die lokale Tourismus-Zentrale verteilt Gutscheine
für „Mango’s Beach Club”, die für den
„schönsten Strand von Vallarta” werben. Dazu gibt es eine Sonnenliege samt
Rum Punch gratis. Die sieben Kilometer lange Taxi-Fahrt für fünf Dollar
lohnt sich allemal. Auch hier lockt der Pazifik mit seinem kilometerlangen
Sandstrand und schäumender Brandung zum Baden. Nur ein Sprung ist es von dort in die Altstadt mit
ihren charakteristischen Kopfsteinpflaster-Straßen rings um die
Kirche Nuestra Senora de Guadelupe; oder
zu einem Spaziergang durch das tropische Grün auf der
Flussinsel Isla Cuale. Fans von Elizabeth
Taylor und Richard Burton können sich ihre Statuen in der Avenida Miramar
ansehen oder die „Casa Kimberley” besichtigen, das zu einem Museum
umfunktionierte ehemalige Haus der Schauspielerin. Synchron zur Auslaufmusik beim Sekt am Pool-Deck
versinkt die Sonne glutrot – fast schon kitschig – im Pazifik. MS AMADEA
verabschiedet sich mit sattem dreimal lang aus seinem mächtigen Typhon. Von
Land blitzt es hundertfach. Das romantische Schiffs-Motiv wollen sich viele
nicht entgehen lassen. Zwischen Altstadt-Romantik und Realität „Follow the blue Line!” steht auf dem Handzettel, den man am Hafeneingang in die Hand gedrückt bekommt. Wer hier, umringt von Taxifahrern und Händlern, einen Verkaufstrick vermutet, liegt falsch. Der Senior im blauen T-Shirt entpuppt sich im Gespräch als waschechter Kanadier aus Vancouver. „Wir sind volunteers”, sagt er breit lächelnd, „freiwillige Helfer des Tourismusamtes, die euch helfen, den richtigen Weg in die historische Altstadt zu finden”. Mitten auf der Playa Azul, die ein paar Blocks weiter in die Avenida Carnival abbiegt, verläuft tatsächlich eine blaue Linie, zusätzlich markiert durch Hinweisschilder. Da kann absolut nichts schief gehen. „Und sicher ist es hier auch“, beruhigen die Kollegen des Kanadiers an jedem Übergang. Überängstliche, die Fernsehbilder von Kämpfen schießwütiger Drogenbanden vor Augen haben. Schon an der kreuzenden Avenida Alemán fühlen sie sich bestätigt, als Sirenen ertönen und mehrere Pick-ups der „Policia Municipal” den Bürgersteig vor einem Supermarkt blockieren. Schwarz uniformierte und vermummte Polizisten mit ihren Pumpguns im Anschlag nehmen Drohhaltung ein. Doch es passiert nichts. „Vielleicht nur eine Übung”, vermuten einige und
lassen sich nicht weiter irritieren. Die koloniale Altstadt im
Schachbrettmuster, perfekt restauriert, nimmt sie statt dessen gefangen:
bunte Häuser, grüne Plätze, einladende Restaurants. Grell bunte
Karnevalsfiguren schmücken den Platz vor der Kathedrale. Die Menschen sind
freundlich und hilfsbereit. „Und alles so pikobello sauber”, freuen sich die
AMADEA-Gäste über die einladende
Atmosphäre. Von irgendwo her hört man die hier eher ungewöhnlichen Klänge
des Mozart’schen Klavierkonzerts Nummer 21. Alle Straßen nach Westen führen auf die Bahia de
Olas Atlas mit ihrem feinsandigen Strand. Badepause. Ein paar hundert Meter
weiter nach Norden stürzen sich die berühmten Klippenspringer aus 15 Meter
Höhe ins Meer. Die Zeit reicht für ein erfrischendes Carib-Bier bei
mexikanischer Live-Musik in einer Einheimischen-Kneipe mit Seeblick.
Fröhlich stellen sich die schnauzbärtigen Männer mit ihren breitkrempigen
Hüten dem Fotografen. Fiesta Mexicana vor weißen Segeln Der Leuchtturm El Faro ist noch höher: 152 Meter und zweithöchster der Welt. Nach zwanzig Minuten Fußweg vom Terminal ist man dort und braucht noch einmal eine halbe Stunde bis zum Gipfel. Der schweißtreibende Aufstieg wird mit einem fantastischen Rundblick über Matzatlán und seinen Hafen mit der spielzeugkleinen AMADEA belohnt. Vor der liegt seit über einem Jahr beschäftigungslos die frühere deutsche ARIELLE und wartet auf ein nächstes Kreuzfahrtleben. Davon träumen die Thunfischfänger, die mit ihrem
robusten Trawler vor der AMADEA liegen,
nicht gerade. Wie der Kapitän sagt, geht es demnächst los zur großen
Fangreise in den Pazifik. Sogar ein Helikopter parkt auf dem Peildeck, „um
die Schwärme besser auszumachen”, erklärt er, „wir hoffen dann auf einen
guten Fang und schnelle Heimkehr”, sagt er und wünscht seinerseits gute
Reise. Pünktlich zum Sonnenuntergang manövriert Kapitän Hubert Flohr den 29.000-Tonner aus dem Hafen. Während die Sonne hinter dem von oben herab blinkenden El Faro versinkt, das Typhon dröhnt und Abschiedsparty-Sekt ausgeschenkt wird, intoniert das Duo „Sabine und Thomas” den Oldie-Ohrwurm „Fiesta Mexicana” und stimmt mit „Weiße Segel von Santa Monica” am Pool auf den nächsten Anlaufhafen San Diego ein. Zwei Tage mit wiederum spiegelglatter See und blankem Himmel samt vollem Programm liegen vor den Gästen. „Hast Du auch alle Punkte abgehakt”, hört man
jemanden besorgt fragen, um ja nichts von dem umfassenden Programm zwischen
Frühsport, Landgangs-Informationen und Show-Abend zu verpassen. Wieder
andere, die die Sonne anbeten, freuen sich, dass dann die Decks wie
leergefegt sind. Außerdem wird es – dank kühlem Alaska- und
Kalifornien-Strom aus Norden – langsam kühler, so dass wieder wärmere
Kleidung angesagt ist. Americas finest city So jedenfalls wirbt San
Diego, die Wiege Kaliforniens, für sich. Wer sich aufmacht, um sie an
einem Tag zu erobern, wird mehr als angenehm überrascht sein. Fußläufig vom
Kreuzfahrtterminal ist über B-Street und Broadway nach fünf Blocks das
Gaslamp Quarter oder „Gaslampen-Viertel” zu erreichen. Es lockt durch viele
restaurierte Bauten aus den 1890er-Jahren von San Diego. Maritime Historie darf natürlich nicht fehlen. Wenn
man über den Harbour Drive an der Wasserseite zurück bummelt, kommt man am
Thunfischfänger-Hafen vorbei mit Booten, wie sie im Film „Der Sturm” zu
sehen waren. Quer über der breiten Promenade scheint sich
dahinter eine graue Barriere zu spannen, die sich sehr schnell als
Kriegsschiff entpuppt. San Diego gilt ja nicht nur als Stadt der Strände,
sondern auch der US Navy, die hier einen ihrer größten Stützpunkte
unterhält. Zu dem gehörte bis 2004 der gewaltige Flugzeugträger USS MIDWAY.
Seitdem dient er nur noch als Museum und lockt jährlich über eine Million
Besucher an. Für 19 Dollar kann man den Riesen erkunden, der nicht nur im
Zweiten Weltkrieg an der Pazifik-Front eingesetzt war, sondern auch im
Vietnam- und Golfkrieg. USS MIDWAY war das
erste Schiff, das wegen seiner überdimensionalen Abmessungen nicht mehr den
Panamakanal passieren konnte. Über 5.000 Mann dienten auf dem 300 Meter
langen 212.000 PS-Giganten. Technik und Logistik begeistern jederman(n). Ein paar Schritte hinter dem Kreuzfahrtterminal
liegt historische amerikanische Schifffahrt vertäut. Neben Rundgängen über
die STAR OF INDIA,
die Dampffähre BERKLEY und die Motoryacht
MEDEA – alles für nur 16 Dollar – kann man
auch in die Stahlröhre eines ehemaligen russischen U-Bootes kriechen. Seelöwen im Künstlerviertel In Sichtweite der maritimen Szenerie ein – besonders
in Kontrast zu den Hochhäusern – duckt sich ein kleiner, aber sehenswerter
AMTRAK-Bahnhof in gelbem Kolonialstilbau unter Palmen: SANTA FÉ, wo die Züge
nach Los Angeles halten. Aber auch die rote in Deutschland gebaute
Trolley-Straßenbahn. Hier geht’s an Bord für eine Rundfahrt durch San
Diego. Für 1,25 Dollar ist man dabei: ein preiswertes Vergnügen, im
Gegensatz zur kostspieligen 69-Dollar-Attraktion von San Diego: der
Vergnügungspark „Sea World” mit seinen berühmten Orca- und Delphinshows.
Meterlangen Haien begegnet man hier gefahrlos auf Augenhöhe. Wir nehmen jedoch die Trolly-Bahn Richtung Norden und steuern „Old Town”, die „Altstadt”, an. Hier wandelt man auf echten historischen Spuren, taucht in die Atmosphäre einer amerikanischen Stadt um die Mitte des 19. Jahrhunderts ein mit restaurierten Häusern aus luftgetrockneten Lehmziegeln, die an die mexikanische Besiedlung erinnern. Dabei glaubt man sich stellenweise in einen Live-Westernfilm versetzt. Auf dem Rückweg gehört ein Abstecher ins Nobel-Viertel La Jolla unbedingt dazu.
Nicht nur Künstler haben sich an diesem traumhaften Küstenstreifen
niedergelassen, sondern auch ganze Herden von brüllenden Seelöwen. Ihr
„Duft” kitzelt schon von weitem die Nase. Kanuten, Taucher und Surfer teilen
sich das langwellige Wasser-Revier. Wenn dann noch Zeit ist, lohnt sich der über 435 Hektar große Balboa-Park: Kultur-, Kunst- und Naturliebhaber können hier in verschiedenen Kolonialstil-Häusern von den Werken alter Meister bis zur Raumfahrt eine breite Palette von Einblicken gewinnen – und auf breiten Promenaden durch die von Menschenhand angelegte üppige Natur lustwandeln. – Mehr ist an einem Liegetag einfach nicht zu bewältigen.
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MS AMADEA in der Hafenstadt Callao, dem Hafen der peruanischen Hauptstadt Lima. |
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Die Plaza de Armas in Lima mit typischen Kolonialbauten. |
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Blick von einem Aussichtsturm über Malecon und Altstadt von Guayaquil in Ecuador. |
Das Segelschulschiff GUAYAS der ecuadorianischen Marine liegt in Guayaquil, der Segler ist eine Bark. |
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Der Autor auf dem letzten historischen Waggon von der Strecke Quito-Guayaquil. |
Die zahmen Leguane sind eine Attraktion in Guayaquil. |
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Die AMADEA hat in Puntarenas in Costa Rica festgemacht. |
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Markt auf der Uferpromenade in Puntarenas, Costa Rica. |
Geschnitzte Katzen in allen Größen auf dem Markt in Puntarenas, Costa Rica. |
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Blick vom Atitlan-See in Guatemala auf die Vulkane Toliman und Atitlan. |
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Bunte Stoffe werden am Straßenrand am Atitlan-See handgewebt. |
Den Atitlan-See lernen die Kreuzfahrer auf kleinen Booten kennen. |
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Traumhotel am Nordufer des Atitlan-Sees ... |
... hier kann man völlig entspannen. |
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Musikalische Begrüßung in Puerto Vallarta, Mexiko. |
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Puerto Vallarta, Mexiko – Badefreuden in der Pazifik-Brandung ... |
... hier kann man auch in die Luft gehen. |
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Mazatlán in Mexiko. Blick vom Leuchtturmberg auf die Stadt und den Hafen. |
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Die OCEAN STAR PACIFIC – ex ARIELLE – liegt in Mazatlán an der Kette und wartet seit einem Jahr auf ein neues Kreuzfahrtleben. |
Die AMADEA verabschiedet sich von Mazatlán und auch von Mexiko mit Blick auf den Leuchtturmberg bei Sonnenuntergang mit Kurs auf Kalifornien/USA. |
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In San Diego, Kalifornien/USA, begrüßt die Kreuzfahrer eine Riesenskulptur auf der Navy-Pier vor dem gigantischen Flugzeugträger USS MIDWAY. |
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