Wer kennt sie nicht, die Geschichten der Seekriege
der Spanier und Engländer. Verfilmte Mantel- und Degenabenteuer, die in den
50iger Jahren des 20. Jahrhunderts und auch noch heute mit Kanonendonner und Pulverdampf angereichert aus der
Fließbandproduktion Hollywoods kamen
und kommen. Hintergrund dieser Geschichten von Helden, Schurken, Macht und
,last but not least’
schönen Frauen war eines der bewegtesten Kapitel im Streit um die
Vorherrschaft auf den Weltmeeren: 1588, vor genau 425 Jahren ist die Armada
(die „Bewaffnete”),
die stolze Flotte Spaniens, am Wetter
und an der taktischen Überlegenheit der Engländer gescheitert, die die
Armada ironisch „invincible”
(unüberwindbar) bezeichnet hatten.
Die Entdeckung Amerikas im Jahr 1492 (oder war es
eine „Wiederentdeckung”?)
hatte Spanien, Portugal und England, die am West- und Nordwestrand der bis
damals bekannten Welt lagen, in eine günstige Mittellage zwischen Europa und
der Neuen Welt versetzt. Vom spanischen Kulturphilosophen Salvador de
Madariaga stammt der Ausspruch: „Die Entdeckung Amerikas war der
Haupttreffer der größten Lotterie, die die Geschichte je kannte, und den
machte Spanien. Und man weiß, was dem passiert, der den Haupttreffer macht –
der Neid der anderen verbittert ihm das Leben”. Das Streben nach Seevorherrschaft und Weltgeltung von Spanien und
England führte zu immer größerer Rivalität zwischen beiden Staaten. Unter
Spaniens Herrscher Philipp II. (1527/1556-1598) und Englands Königin Elizabeth I. (1533/1558-1603) kam es zum
Endkampf, dessen Folge dann der Niedergang Spaniens und der Aufstieg
Englands war.
Die Reibereien begannen mit Kaperfahrten englischer
Seemänner, allen voran von Francis Drake (seit 1581 Sir Francis Drake) in
amerikanischen Gewässern und mit der Gefangennahme englischer Matrosen, die
in spanischen Häfen aufgespürt wurden. Als 1568 in englischen Häfen
spanische Schiffe mit Soldgeldern für die in den Niederlanden gegen dortige
Rebellen eingesetzten Truppen des Herzogs von Alba als Prisengut
beschlagnahmt wurden, ließ Alba das gesamte englische Vermögen in den
Niederlanden beschlagnahmen. Königin Elizabeth schlug zurück, indem sie den
spanischen Gesandten in London in ein Gefängnis stecken ließ. Verschärft
wurde der Gegensatz durch die Gefangennahme der schottischen Königin Maria
Stuart (1569) auf englischem Boden, wohin sie vor einer Rebellion in ihrem
Land geflüchtet war, und vielen, meist mit Wissen, aber ohne aktive
Beteiligung König Philipps angezettelten Verschwörungen gegen die 1570 von
Papst Pius V. gebannte Elizabeth.
Anfangs
eher zurückhaltende Politik Philipps und Elizabeths
Die Politik Königin Elizabeths war eher schwankend: heimliche Förderung der antispanischen Rebellen in den Niederlanden (offene Förderung erst ab 1585) und englischer
Kaperfahrten gegen Spanien bei äußerer Aufrechterhaltung friedlicher
Beziehungen, doch Bereitschaft einer Flotte. Englische Historiker nannten
die Politik „Masterly inactivity”.
Aber auch König Philipp verfolgte anfangs eine eher
zurückhaltende Politik. Als aber 1584 der spanische Gesandte in London aus
England ausgewiesen wurde und 1585 Sir Francis Drake als Rache für die
Beschlagnahme englischer Schiffe im
Hafen von Bilbao eine neue Raubexpedition in amerikanischen und auch
spanischen Gewässern (so im Hafen von Vigo) unternahm, lieh Philipp den schon
lange vorgetragenen Forderungen von Don Alvaro de Bazan, Marques de Santa
Cruz, nach scharfem Vorgehen
gegen die englischen Herausforderungen Gehör. Im festen Glauben, Gottes
Wille auszuführen, sollte mit einer gewaltigen Flotte England niedergerungen
werden, auch sollte England wieder rekatholisiert und die spanische Herrschaft über Flandern sowie die überseeischen
Besitzungen gegen englische Angriffe
gesichert werden. Ab April 1586 verwandelten sich portugiesische (Portugal
war seit 1580 für 60 Jahre in Personalunion mit Spanien verbunden),
spanische und italienische Häfen in riesige Schiffsbaustellen, auf denen Tag
und Nacht gearbeitet wurde. Europa glaubte zunächst an ein größeres
spanisches Unternehmen gegen die rebellischen Niederlande. Die Engländer
wussten durch einen ausgezeichneten Spionagedienst, was sich zusammenbraute
und gegen wen sich das Unternehmen tatsächlich richten sollte.
Drake beschloss, „den Bart des spanischen Königs zu
versengen”.
Das geschah 1587 durch eine gewagte Piratenaktion: im Hafen von Cadiz wurden
18 spanische Schiffe versenkt, sechs weitere gekapert, die Algarve
geplündert, spanische Nachrichtenboote abgefangen und das größte
Ostindienschiff Portugals mit der gesamten Warenladung auf der Höhe der
Azoren entführt. Drake sprach damals die berühmten Worte: „Alles Große muß
einmal begonnen werden. Aber erst das Durchhalten bis zum Ende bringt wahren
Ruhm”. In England wurden zu dieser Zeit auch Schiffe in strategisch
wichtigen Häfen an der Kanalküste, vor allem in Plymouth konzentriert und
Truppen in Alarmzustand versetzt.
Maria Stuarts Hinrichtung am 8. Februar 1587 war
nicht Anlass der Entsendung der Armada, doch wurden Philipps Wille und
Absicht zur Niederringung Englands dadurch beflügelt. Um das Projekt gegen
eine mögliche französische Intervention zu schützen, „neutralisierte” Philipp das französische Königshaus Valois, indem er die Familie
Guise im Kampf um die Macht in Paris
unterstützte. Er verließ sich auf Anleihen deutscher und italienischer Banken, sowie Lieferungen von Edelmetall
aus der Neuen Welt zur Finanzierung des geplanten Unternehmens.
Missgeschicke der Armada schon vor ihrem Auslaufen
Als die Armada im Februar 1588 endlich auslaufbereit im Hafen von Lissabon lag, gab es das erste ihrer zahlreichen
Missgeschicke. Ihr Admiral, der Marques de Santa Cruz , der letzte der
großen Helden der siegreichen Seeschlacht von Lepanto (1571) gegen die
Osmanische Flotte und vermutlich einzige Heer- und Flottenführer, der den
Engländern hätte Paroli bieten können, starb. Den Oberbefehl erhielt der dem
Königshaus nahestehende Don
Alonso Perez de Guzman, Herzog von Medina Sidonia (1550-1619) ein Vetter des
Königs. Dieser wusste von seiner Unerfahrenheit in Sachen Seekriegsführung
und versuchte, allerdings vergeblich, König Philipp von seiner Betrauung mit
dem Oberbefehl abzuhalten.
Ende März 1588 sollten 130 Schiffe (22 Galeonen und
108 bewaffnete Handelsschiffe) mit einer Gesamtbesatzung von etwa 30.000
Mann, davon etwa 19.000 bewaffneten Soldaten, Lissabon verlassen.
Ursprünglich hätten es 150 Schiffe und
60.000 bewaffnete Soldaten sein sollen. Es passierte das zweite
Missgeschick: fast alle an Bord genommenen Vorräte an Lebensmitteln waren
verdorben, Artilleriemunition und Pulvervorräte unzureichend, auch war es ein offenes Geheimnis, dass es zwischen Lieferanten und
Ankäufern zweifelhafte Geschäfte, also Korruption, gegeben hatte. So konnte
die Armada erst am 14. Mai aus
Lissabon auslaufen. Sie hatte den Befehl, die englischen Seestreitkräfte im
Enterkampf, der sich 1571 bei Lepanto glänzend bewährt hatte, zu überwinden.
Dann sollte sie die in den Spanischen Niederlanden (das heutige Belgien)
bereitstehend 30.000 Mann starke Invasionsarmee unter dem Kommando des
damaligen Statthalters Alessandro Farnese, Herzog von Parma (einem Neffen
König Philipps) an Bord nehmen und an
die englische Küste bringen. Der Vorstoß nach London sollte über bzw.
entlang der Themse erfolgen. Bei Schlechtwetter sollte sich Media Sidonia
zunächst der Insel Wight im Ärmelkanal bemächtigen.
Die englische Flotte war mit 35 Kriegsschiffen und
163 bewaffneten Handelsschiffen der spanischen zahlenmäßig unterlegen, doch waren ihre Schiffe wegen ihres geringen
Tiefgangs wendiger und die Reichweite ihrer Artillerie den spanischen
Geschützen überlegen. Auch verfügten die englischen Schiffe über
professionellere Besatzungen und Kanoniere. Den Oberbefehl führte der High
Admiral der Königin, Charles Howard, Erster Graf von Nottingham (1536-1624),
besser bekannt als Lord Howard of Effingham. Seine Autorität war stark
genug, um die ihm anvertrauten Kräfte unter Führung so verschiedener
Charaktere wie Sir Francis Drake (1540-1596), Sir John Hawkins (1532-1595),
Sir Martin Frobisher (1539-1594) und andere zusammenzuhalten. Der in England
berühmte und außerhalb seines Landes berüchtigte Drake hatte als Viezadmiral
von Plymouth bestimmte Sonderrechte, die ihm den nötigen Einfluss auf die
Führung der Operationen sicherten. Frobishers Flaggschiff TRIUMPH
konnte es mit jedem spanischen Schiff aufnehmen. Die ARK
ROYAL war das Flaggschiff von Hawkins, die
REVENGE von Drake. 35 Schiffe der
englischen Flotte gehörten der Königin, 53 größere waren in Privatbesitz, so
gut wie alle stark bewaffnet. Nur beim Nachschub gab es Probleme, da in den
Häfen nur geringe Mengen an Pulver und Kanonenkugeln lagerten, auch Proviant
war knapp.
Nach dem Auslaufen der Armada aus Lissabon folgte
das dritte Missgeschick: viele Besatzungsmitglieder erkrankten als Folge des
Genusses erneut verdorbener
Lebensmittel, so dass der Hafen von La Coruna angelaufen werden musste. Dort
blieb man bis Mitte Juni, nahm neue Lebensmittel an Bord, stieß kranke
Matrosen ab und heuerte, auch als Folge von Desertionen, neue
Besatzungsmitglieder an.
19. Juni: Armada vor Lizard Point in Cornwall
Drake hatte die Meinung vertreten, den Kampf
möglichst weit weg von der englischen
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Küste zu beginnen. So stach Sir John Howard dreimal in See, um den Feind
abzufangen, zweimal gelangte er bis in den Golf von
Biscaya. Er wurde aber jedesmal von Stürmen nach Plymouth zurückgetrieben.
Derselbe Südsturm, der ihn beim dritten Mal nach Hause trieb, ermöglichte
der Armada, drei Tage nach Verlassen von La Coruna in den Ärmelkanal
einzulaufen. Am 19. Juni bekamen die Spanier Lizard Point in Cornwall, den
südlichsten Punkt der englischen Kanalküste in Sicht. Die Nachricht
verbreitete sich dank von Signalfeuern mit Windeseile.
Drake erfuhr bei einem Kegelspiel in Plymouth, dass
die Armada gesichtet worden war. „Wir haben Zeit genug, das Spiel zu beenden
und die Spanier zu schlagen”, war seine
Reaktion. Im südostenglischen Tilbury sprach Königin Elizabeth angesichts
der Invasionsgefahr ihren Soldaten Mut zu. Berühmt wurden ihre Worte: „Mein
Körper ist nur der einer schwachen Frau, aber ich habe das Herz und den Mut
eines Königs, eines Königs von England”.
Medina Sidonia glaubte im Angesicht von Lizard
Point, die Entscheidung stehe unmittelbar bevor. Doch die Engländer hatten
die Gefahr einer Einschließung in der Bucht von Plymouth erkannt, brachen
mit ihren dortigen Schiffen hervor, gelangten dank ihrer Kenntnis der
Küstengewässer dicht unter Land in die offene See und auf die Luvseite der
Armada. Damit hatten sie einen von Medina Sidonia zu spät erkannten
taktischen Vorteil errungen. Wer in der Zeit der Segelschiffe auf der Windseite des Gegners war, war Herr der Lage: er konnte den
Angriffszeitpunkt bestimmen, weil der Wind ihn auf den Gegner zu trieb.
Englische „Nadelstiche”
bei Passage der Armada durch den Ärmelkanal
In drei Glieder gestaffelt (nicht wie in vielen
Darstellungen in Halbmondform mit der konvexen Seite nach vorne) setzte die
Armada ihre Fahrt durch den Ärmelkanal in Richtung Osten fort, verfolgt von
den Engländern, die ihren Gegnern Tag und Nacht „Nadelstiche”
beibrachten. Sie lieferten den Spaniern Fernkämpfe mit Kanonen, vermieden
aber den Nahkampf des Rammens und Enterns, in dem die Stärke der Spanier
lag. So kam es u.a. am 21., 23. und 25. Juli zu Artilleriescharmützeln, wobei
Schiffe beider Seiten beschädigt wurden, nicht jedoch zu einer
Entscheidungsschlacht. Dabei verschossen die Spanier ihre Munition ohne
Hoffnung auf Ersatz, während die Engländer ständig Nachschub aus den nahen
Kanalhäfen erhielten.
Nur zwei spanische Schiffe fielen durch Kaperung in
die Hände der Engländer: zunächst in
der Nacht zum 21. Juli die NUESTRA SENORA
DEL ROSARIO (Unsere Liebe Frau vom
Rosenkranz), das Flaggschiff des Andalusischen Geschwaders, das nach zwei
Kollisionen mit eigenen Schiffen mit der übrigen Flotte nicht Schritt halten
konnte. Sein Kapitän Don Pedro de Valdes, einer der besten spanischen
Seeleute, ergab sich kampflos Drake, der den Spanier auf seinem Schiff REVENGE
zuvorkommend behandelte. Die ROSARIO wurde
nach Dartmouth abgeschleppt. Das zweite gekaperte Schiff, die SAN
SALVADOR wurde nach einer Explosion im
Schiffsrumpf nach Weymouth geschleppt.
Kriegslist
der Engländer und Armada-Katastrophe
vor Calais
Medina Sidonia wollte eine möglichst rasche
Vereinigung mit dem gerade in Brügge weilenden Farnese und seinem Heer, als
Treffpunkt war Dünkirchen ausgemacht worden. Wegen ungünstiger Wind- und
Seeverhältnisse warfen die Spanier in den letzten Julitagen auf der Höhe von
Calais ihre Anker aus und warteten auf Farnese. Ein ausreichend großer Hafen zum Schutz der Spanier war dort nicht vorhanden. Howard und Drake,
die inzwischen durch ein aus der Themse angelaufenes Geschwader Verstärkung
erhalten hatten, war klar, dass sich keine bessere Chance mehr bieten würde,
die Spanier in ihrer ungünstigen Lage anzugreifen. Sie mussten von ihrem
Ankerplatz vertrieben werden, bevor Farnese erfuhr, wo die Armada lag.
Noch bevor Medina Sidonia das Auslaufen von dem
Ankerplatz bei Calais nach Dünkirchen befahl, bedienten sich die Engländer
in der Nacht vom 27. auf den 28. Juli
unter Ausnützung der für sie günstigen Windverhältnisse einer Kriegslist. Sie ließen acht sogenannte HELL
BURNERS auf die Armada losdriften – kleine, mit brennbarem Zeug vollgestopfte und in Brand gesteckte
Schiffe, in deren Inneren Sprengkörper und Pulverpakete verteilt waren.
Die Wirkung dieser brennenden Schiffe war
verheerend, obwohl keines von ihnen ein spanisches Schiff in Brand gesetzt
hatte. Die Spanier kappten die Ankertaue und versuchten, mit ihren Schiffen
die offene See zu erreichen. Doch die Flut trieb die Schiffe aufeinander zu,
so dass viele schwer beschädigt wurden und andere auf Sandbänke und Riffe
gerieten. Die höchst verwirrten Spanier konnten am Morgen des 30. Juli, als
der Wind auf West-Süd-West umgeschlagen hatte, endlich das offene Meer
erreichen, nur die SAN LORENZO
trieb in Richtung Calais, wobei sie von den Engländern mit Handfeuerwaffen
beschossen wurde.
Herbststürme
auf dem Atlantik gaben der Armada den Rest
Da holländische Rebellen den Hafen von Antwerpen
blockierten, ein Rückweg durch den Ärmelkanal unmöglich war, viele Schiffe
wegen der Kampfschäden leckten und zu allem Ungemach noch Proviant und
Trinkwasser knapp wurden, fasste Median Sidonia nach langem Kriegsrat den
Entschluss, um zu retten, was noch zu retten war, Schottland und Irland zu
umfahren und durch den Atlantik dann spanische Häfen anzulaufen. Vorher gab
es noch längere Artillerieduelle mit den Engländern, die weiterhin dem
Nahkampf auswichen. Bis auf die Höhe der Orkney-Inseln konnte sich die
dezimierte Armada zusammenhalten. Howard musste seine Verfolgung der Spanier
hier aufgeben, weil auch sein Proviant und seine Munition zur Neige gingen,
unter seiner Besatzung Krankheiten ausgebrochen waren und man auch Gefahr
lief, in schottische Gewässer zu geraten. Denn die Beziehungen zwischen
England und Schottland waren damals nicht immer friktionsfrei, erst nach 1603
bestand zwischen beiden Ländern eine Personalunion, ab 1707 eine Realunion
unter dem Namen Großbritannien.
Die Armada bekam beim Abdrehen in Richtung Westen
und Südwesten vor den Küsten Schottlands und Irlands die volle Wucht der herbstlichen Atlantikstürme zu spüren. Teils
versanken die Schiffe, teils wurden sie abgetrieben und an Steilhänge und
Klippen geworfen. Wer von der Besatzung solcher gestrandeter Schiffe
überlebte, wurde von der lokalen
Bevölkerung ausgeplündert und gefangen genommen, viele auch niedergemacht.
Wracks spanischer Galleonen wurden später auf den Äußeren Hebriden und den
Felsküsten von Donegal, Connaught und Galway gefunden.
Am 22. September 1588 landete Medina Sidonia mit nur
11 Schiffen im Hafen von Santander, weitere 55 schwer beschädigte kamen
einzeln oder in kleineren Gruppen in den folgenden Wochen nach Santander
oder La Coruna. 64 Schiffe und mindestens 10.000 Mann waren beim
Armada-Abenteuer verlorengegangen, während sich die englischen Verluste bei
den Kämpfen nur auf etwa 500 Mann beliefen. Relativ gefasst nahm König
Philipp die Nachricht von der Katastrophe auf. „Gegen Menschen, nicht gegen Naturkräfte habe ich meine Flotte
ausgesandt”, sagte er. Für das spanische
Volk war Medina Sidonia der Südenbock, der König ließ ihn aber in allen
Ehren auf seine Besitzungen zurückziehen und den Titel eines
Oberkommandierenden der spanischen Seestreitkräfte behalten.
Trotz Armada-Katastrophe kam Spanien glimpflich
davon
Vielfältig waren die
Ursachen des Untergangs der Armada: die Überlegenheit der neuzeitlichen
englischen über die weitgehend noch mittelalterliche Seekriegsführung Spaniens (das taktische Geschick Sir Francis Drakes war hier nur ein
Teilaspekt), größere Reichweite englischer Geschütze gegenüber den
spanischen, wendigere englische gegenüber schwerfälligen spanischen
Galeonen, organisatorisches Versagen bei der geplanten Vereinigung der
spanischen Flotte mit dem Landheer in den Niederlanden und Unfähigkeit des
spanischen Oberkommandierenden Medina Sidonia. Endlich Sturm und Wellen,
aber da war die Armada schon eine geschlagene, zermürbte und wehrlose
Flotte.
Die protestantische Welt sah im Untergang der Armada
ein Gottesurteil und prägte zahlreiche Gedenkmünzen. Eine englische Münze
trug die Aufschrift „Afflavit Deus et dissipati sunt”.
Königin Elizabeth schrieb in einem „Song of Thanksgiving”
einen Lobgesang, in den alle ihre Untertanen einstimmten: „Er ließ den Wind,
die Wasser dräun um meine Feinde zu zersteuen”.
Trotz der Armada-Katastrophe stand Spanien nach
außen hin noch als Weltmacht da: es hatte bald wieder eine neue Flotte,
verlor kein Territorium an England, auch seine Einnahmen aus den Bergwerken
der Neuen Welt erlitten keine Beeinträchtigung. Doch der gegenseitige Krieg
zog sich noch weitere 18 Jahre auf „Sparflamme”
dahin, erst dann kam es zu einem besseren Einvernehmen zwischen England und
Spanien. Doch mit der spanischen Vorherrschaft zur See war es vorbei, es
begann langsam, nach 1600 immer rascher der Niedergang Spaniens zu Land und
zur See, während das Jahr 1588 für England das Geburtsjahr seines Aufstieges
zur Gebieterin der Meere war.
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