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Die LOUIS
OLYMPIA
in der Abendsonne an ihrem Anleger in Mykonos. |
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Kai Ortel
Vier Tage Ägäis mit der LOUIS
OLYMPIA |
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Es gibt sie noch – die kleinen und mittelgroßen Kreuzfahrtschiffe, deren Passagiere nicht nach Tausenden zählen, sondern nach Hunderten. Wo man die Gesichter seiner Mitreisenden wiedererkennt im Laufe der Kreuzfahrt und wo das Lächeln der Besatzung von Herzen kommt. Sie soll wieder wachsen, die Flotte von Louis Cruises. Nachdem die zypriotische Reederei in den letzten Jahren viele unrentable Schiffe zum Verschrotten verkauft hatte, wurde die Flotte der Gesellschaft nun einem Facelifting unterzogen. Bereits in diesem Jahr ist aus der ORIENT QUEEN die LOUIS AURA geworden, und 2014 stößt nach einem Wintereinsatz in der Karibik auch die LOUIS CRISTAL wieder zur LOUIS OLYMPIA, dem Flaggschiff der Flotte. Letztere hatte Louis Cruises im Frühjahr 2012 gegen die größere LOUIS MAJESTY „eingetauscht”, die damals im Wechsel mit der OLYMPIA an den britischen Kreuzfahrtveranstalter Thomson Cruises verchartert wurde. Sieben Jahre lang war die LOUIS
OLYMPIA da schon für Thomson unterwegs
gewesen; in jener Zeit hieß das Schiff THOMSON
DESTINY. Doch das ist noch nicht ihre
ganze Vergangenheit. 1982 als SONG OF AMERICA
für die Royal Caribbean Cruise Line (RCCL) erbaut, bereitete dieses Schiff
ihrer Reederei in den 1980er Jahren den Weg zur wesentlich größeren SOVERAIGN
OF THE SEAS-Klasse – und damit zu
einer Expansion, die Royal Caribbean ab den 1990er Jahren zu einer der
innovativsten Kreuzfahrtreedereien der Welt machte. 17 Jahre nach ihrem Bau
wurde die SONG OF AMERICA
somit ein Opfer ihres eigenen Erfolgs, denn in der stetig wachsenden Flotte
der amerikanischen Reederei war das Schiff kurz vor der Jahrtausendwende
plötzlich nicht mehr zeitgemäß. Es wechselte daher 1999 zunächst als SUNBIRD
an den britischen Veranstalter Airtours, ehe Louis es 2005 für den Einsatz
unter Thomson-Flagge akquirierte. Ein moderner Klassiker An diesem Oktobermorgen im Saronischen Golf sind die
Karibik-Vergangenheit einer SONG OF AMERICA
und die Party-Kreuzfahrten einer SUNBIRD
jedoch sehr weit weg. Die LOUIS OLYMPIA
hat Piräus am Vormittag für eine viertägige Rundreise durch die Ägäis
verlassen, und die hat es in sich. Nicht weniger als sechs Häfen stehen in
den nächsten 72 Stunden auf dem Programm – ein Pensum, für das sich andere
Schiffe zehn Tage Zeit lassen. Doch das Louis-Konzept ist bewährt: ein Hafen
vormittags, ein Hafen nachmittags und dazwischen die nötige Pause, um sich
zu stärken und für den nächsten Landgang auszuruhen. Die ersten Stunden an Bord beginnen jedoch noch
herrlich entspannt. Auf dem Sonnendeck gibt es kein lautes
Animationsprogramm, die Durchsagen beschränken sich trotz der Vielzahl an
Nationalitäten und Sprachen an Bord auf ein Minimum, und auch grölende
Jugendliche oder schreiende Kleinkinder machen sich rar außerhalb der
Sommersaison. Stattdessen steht man, wo es auf neueren Schiffen nur noch
meterhohe Windschutzwände gibt, an Deck an einer erfreulich niedrigen Reling
und lässt sich in Pullover oder Fleece-Jacke eingepackt die Herbstbrise um
die Nase wehen. Dazu klingen melancholische Bouzuki-Melodien übers Deck, ehe
zur Mittagszeit verträumte Synthesizer-Versionen von „Something”
und „Killing me softly”
die Herzen erwärmen. Keine Frage – wer angesichts immer größer werdender
Kreuzfahrtschiffe bei den etablierten Reedereien nur noch die Wahl zwischen
3.000 und 4.000 Mitreisenden bzw. zwischen babylonischem Sprachgewirr und
Dauerbeschallung in Disco-Lautstärke hat, den erwartet auf einem
Louis-Schiff ein Kontrastprogramm. Die LOUIS
OLYMPIA fasst gerade mal 1.450 Passagiere
(1.664 bei Belegung sämtlicher Oberbetten), doch selbst diese Zahl erreicht
sie zum Ende der Saison hin nicht. 1.281 Gäste sind auf der aktuellen Reise
an Bord; um deren Wohl kümmern sich 525 Besatzungsmitglieder. Und wenn das Schiff im Jahr 1982 noch einen Bruch
mit sämtlichen maritimen Traditionen der Vergangenheit dargestellt haben
mochte, verkörpert es heute, 30 Jahre später, das genaue Gegenteil davon.
Ihre außerordentlich weitläufigen Außendecks würde man auf einem Neubau aus
dem 21. Jahrhundert vergeblich suchen, ebenso den Rundgang vorne unter der
Kommandobrücke oder die terrassenförmig abgestuften Decks am Heck. Allein
mit diesen sympathischen Layout-Merkmalen ist die LOUIS
OLYMPIA so etwas wie ein moderner
Klassiker unter den Kreuzfahrtenschiffen. Darüber hinaus zeugen zwei
erstaunlich große Pools auf dem Sonnendeck davon, dass dieses Schiff in der
Tat einst für Kreuzfahrten in der warmen Karibik konzipiert worden ist, und
auch dass die LOUIS OLYMPIA
früher ein Mitglied der Royal Caribbean-Flotte gewesen ist, kann sie schwer
verbergen. Denn das Markenzeichen der amerikanischen Reederei, die „Viking
Crown Lounge”
im Schornstein des Schiffes, durfte der neue Eigner beibehalten, als er die
ehemalige SONG OF AMERICA
1999 übernahm. Und dabei ist es bis heute geblieben, auch wenn der
vielleicht schönste Platz an Bord mit seinem großartigen Rundum-Blick unter
Louis-Regie nun etwas schlichter als „Sky Bar”
firmiert. Als Rückzugsort für einen gepflegten Drink, für Small Talk mit
Meerblick oder für die Lektüre eines guten Buches kann der Bar hoch oben
über dem Pooldeck jedenfalls noch immer kein anderer Raum an Bord das Wasser
reichen. Am Nachmittag des ersten Reisetages kommt pünktlich
zum Stopp in Mykonos die Sonne hervor, doch windig bleibt es trotzdem –
typisch Ägäis eben. Die Passagiere des Segelkreuzfahrtschiffes WIND
SPIRIT indes dürfte dies freuen, denn ihr
Schiff legt bei unserer Ankunft unter vollen Segeln ab – ein traumhafter
Anblick. Doch auch die Insel selber ist wie verzaubert im Vergleich zum
Hochsommer, wo inzwischen fast jeden Tag Tausende von Kreuzfahrttouristen
gleichzeitig die kleinen Gassen am Fuße des Windmühlenhügels verstopfen,
dass es allzu oft gar kein Vorwärtskommen mehr gibt. Das ist Anfang Oktober
komplett anders, und wenn man dann auch noch in aller Ruhe den
Sonnenuntergang am Strand verfolgen darf, ohne dass das eigene Schiff schon
wieder die Gangway einholt, kann man den Abend auf Mykonos erst so richtig
genießen. Showtime und früh aufstehen Doch damit ist der erste Kreuzfahrttag noch lange
nicht zu Ende. Für 22:00 Uhr heißt es „Showtime Noch bis nach Mitternacht könne man nun in der Disco
in der Oklahoma Lounge weitertanzen und so in den neuen Tag hineinfeiern.
Und da dann eh kaum mehr Zeit zum Schlafen ist, bevor sich morgen früh um
7:00 Uhr schon wieder die ersten Gruppen zum Landausflug treffen, würde man
aus Zeitgründen gleich im Anschluss an die Disco bereits auch das
Frühstücksbüffet aufbauen. Dann grinst sie kurz und schiebt nach, dies sei
natürlich ein Scherz. Die angekündigte Disco findet dann jedoch trotz ihrer
euphorischen Ankündigung am Ende nur wenig Freunde; kaum ein Dutzend Teens
und Twens sind es, die sich spät abends in die Oklahoma Lounge verirren, so
dass es erstaunlich schnell ruhig wird auf der LOUIS
OLYMPIA. Der nächste Tag hat es
schließlich in sich. Die Entfernungen sind kurz in der Ägäis; die nächste
Insel oder Küste liegt oft bereits in Sichtweite. Und so sind es auch von
Mykonos bis ins türkische Kusadasi nur 99 Seemeilen – eine Distanz, welche
die LOUIS OLYMPIA
selbst im nächtlichen Schneckentempo von elf Knoten in weniger als acht
Stunden bewältigt. Und da es auch im Oktober noch schnell heiß wird am
Vormittag, beginnen die Ausflüge zu den Ausgrabungen des 20 Kilometer von
Kusadasi entfernt liegenden Ephesus bereits um 7:00 Uhr morgens. Bis dahin
sollte man also auch gefrühstückt haben. Wer sich für eine Reise mit einem
der Louis-Kreuzfahrtschiffe in der Ägäis entscheidet, sollte daher entweder
einen lauten Wecker besitzen oder ein nur gering ausgeprägtes
Schlafbedürfnis. Am besten beides. Darüber hinaus ist der türkische Urlaubsort auch
Ein- und Ausschiffungshafen. Viele Kreuzfahrtgäste verbinden die viertägige
Schiffsreise mit einem Hotelurlaub an der türkischen Küste, und da Flüge von
Deutschland nach Izmir und Istanbul oft preiswerter sind als solche nach
Athen oder Kreta, sind es auch an diesem Samstag wieder cirka 100 vor allem
deutschsprachige Kreuzfahrer, für welche die Reise mit der LOUIS
OLYMPIA in Kusadasi endet. Im Hafen der Stadt spielt sich unterdessen ein kleines Drama ab, denn es ist an diesem Oktobertag über die Maßen windig. Das bekommt in der Bucht die riesige ROYAL PRINCESS zu spüren, die für alle sichtbar ihre Probleme hat, in Kusadasi anzulegen. 330 Meter Länge, 38 Meter Breite und 18 Decks (knapp 4.400 Passagiere) – das ergibt eine mehr als problematische Größe und Windfläche für einen Hafen wie diesen. Am Ende müssen daher nach mehreren vergeblichen Wende- und Schleppmanövern nicht nur Lotsenboot und Schlepper wieder unverrichteter Dinge abziehen, sondern auch das Riesenschiff selber, das vor Windstärke 8 kapitulieren muss. Wie heißt es so schön: „Size matters”? In der Ägäis auf jeden Fall, nur mit umgekehrtem
Vorzeichen. Die vergleichsweise kleine LOUIS
OLYMPIA hat jedenfalls beim An- und
Ablegen zur Mittagszeit keine Probleme, auch wenn es zwischen Kapitän,
Besatzung und Lotsen ganz schön laut wird auf der Brücke, als sich unser
Schiff mit der PACIFIC PRINCESS
und der SILVER SPIRIT
an Backbord und der SEVEN SEAS
MARINER an Steuerbord regelrecht aus dem
Hafen schlängeln muss. Doch Kapitän Romeos ist ein gestandener Seebär, der
schon zu Epirotiki-Zeiten Schiffsklassiker wie ORPHEUS,
WORLD RENAISSANCE
und APOLLON befehligt hat, der also die
Ägäis und damit auch den Hafen von Kusadasi wie seine Westentasche kennt. Überhaupt hatte Louis Cruises nach der Insolvenz von
Royal Olympia Cruises 2005 nicht nur deren TRITON
übernommen (und sie als CORAL in die
Louis-Flotte eingefügt), sondern auch eine Reihe hoch dekorierter und
erfahrener Besatzungsmitglieder der griechischen Traditionsreederei. So
berichtet Hotel Manager Panagiotis Megalooikonomou, dass er seinerzeit an
Bord des Epirotiki-Liners OCEANOS gewesen
sei, als dieses Schiff 1991 vor Südafrika sank und alle Passagiere und
Crew-Mitglieder zuvor mit Hubschraubern evakuiert werden mussten. Cruise
Manager Elizabeth wiederum kennt die CORAL
noch aus ihrer Zeit als TRITON unter
Epirotiki-Flagge und ist praktisch mit dem Schiff von Epirotiki über Royal
Olympia zu Louis Cruises gekommen, wo sie demnächst die LOUIS
CRISTAL auf ihrem Einsatz in der Karibik
begleitet. Multikulti unter Pilgern und
Studienreisenden Als die Passagiere der LOUIS OLYMPIA nach dem Verlassen von Kusadasi bei Musaka und Souvlaki am Mittagstisch sitzen, passiert das Schiff bereits die Straße von Samos, die schmale Meerenge, welche die türkische Küste von der griechischen Urlaubsinsel trennt. Unser Ziel heißt nun Patmos, jene Insel, auf der im späten ersten Jahrhundert nach Christus die Offenbarung des Johannes niedergeschrieben worden ist. So ist denn Patmos auch nicht nur Wallfahrtsort für viele Pilger, die im Sommer mit der Fähre zu der Dodekanes-Insel fahren, sondern auch für eine Gruppe von 70 Baptisten, welche die aktuelle Reise mit der LOUIS OLYMPIAia vor allem aus Glaubensgründen gebucht haben. Zudem stand mit dem „Haus der Mutter Maria Doch nichtsdestotrotz ist der Passagier-Mix bunt. Amerikaner und Japaner bekommen in den vier Tagen Ägäis einen Crash-Kurs in Sachen Antike, Deutsche und Engländer kombinieren die Mini-Kreuzfahrt mit einem Hotel- und Badeurlaub in der Türkei, und viele Griechen und Türken verbringen an Bord einfach nur ein verlängertes Wochenende vor der eigenen Haustür. Doch auch argentinische, brasilianische, albanische, französische, spanische und koreanische Pässe finden sich unter den Reisedokumenten, welche die Reederei zu Beginn der Kreuzfahrt in Piräus einbehalten hat. Und da keine Nationalität und keine Sprache an Bord dominiert, geht es auf der LOUIS OLYMPIA im besten Sinne des Wortes multikulturell zu. Der griechische Charakter von Schiff und Bordleben (Firmenslogan: „Kalimera! We say it. You live it”) geht darunter jedoch nicht verloren, im Gegenteil. Alles, was typisch griechisch ist an Bord, ist im Bordprogramm mit einer kleinen griechischen Flagge markiert. Das sind an diesem Tag nicht weniger als fünf Punkte – das „Rezept des Tages” (Spanakopita – eine Art Spinatteigtasche), der „Griechisch-Unterricht” (2. Teil), der „Griechische Tanzunterricht” (2. Teil), das „Griechische Mythologie-Quiz” und schließlich die „Great Greek Party” abends in der Can Can Lounge. Darüber hinaus gibt es mittags zwischen den beiden Hafenanläufen auch noch den Vortrag „Kykladen und Kreuzzüge” durch Angelos F. Vlachos, seines Zeichens Historiker und Gast-Lektor an Bord. Dass es auf einem Schiff, dem Douglas Ward in seinem „Complete Guide to Cruising und Cruise Ships” gerade mal drei Sterne zugesteht, einen Bord-Lektor gibt, mag den einen oder anderen Passagier an Bord überraschen, unterstreicht jedoch den Anspruch von Louis Cruises, nicht sofort mit anderen Kreuzfahrtgesellschaften aus diesem Markt- und Preissegment in einen Topf geworfen werden zu wollen.
Griechischer Abend Ein weiterer Punkt, in dem sich Louis Cruises von Wettbewerbern wie Costa, MSC oder Iberocruceros abhebt, sind die Abendessen an Bord. Natürlich gibt es ein A la Carte-Restaurant auf der LOUIS OLYMPIA, und wer mag, kann sich gerne auch auf diesem Schiff jeden Abend aufbrezeln, um zu zeigen, was die eigene Garderobe und die eigene Schmuck-Kollektion hergibt. Muss er/sie aber nicht. Da das Louis-Flaggschiff an allen drei Reisetagen bis spät abends im Hafen liegt und seine Passagiere auf Landausflüge schickt, gibt es im Bord-Restaurant ausschließlich offene Sitzungen, man kann also kommen und gehen, wann und essen wo und mit wem man will. Das mag Traditionalisten abschrecken, ist aber unglaublich praktisch, wenn man seine Ausflüge an Land so flexibel wie nur möglich gestalten möchte. Und auch wer partout auf schicke Abendgarderobe, feines Essen und gepflegte Konversation zu Tisch verzichten will, muss auf der LOUIS OLYMPIA natürlich nicht verhungern. So steht den Gästen neben dem Seven Seas Restaurant zur selben Zeit immer auch das Büffet-Restaurant auf dem Lido-Deck zur Verfügung. Dort geht es herrlich informell zu, man muss nur die Hälfte seiner kostbaren Zeit investieren, und das Essen schmeckt genauso gut. Allerdings ist das Lido Restaurant mehr ein Wintergarten als ein Restaurant, und entsprechend sollte man sich im Oktober auch anziehen dort oben auf Deck 9. Alle Kellner servieren im langärmligen Pullover, und die weiblichen Servicekräfte dazu noch mit Halstuch und Mütze, zumindest jene, in |
deren südostasiatischer Heimat es selbst im Winter
noch so warm ist wie hierzulande bestenfalls im Sommer. Denn während es in der Sky Bar am Abend noch melancholisch zugeht, hat sich in der Can Can Lounge bereits die Bordband eingefunden, um das Publikum der um 22:00 Uhr beginnenden Show „Spotlight on Greece” musikalisch auf einen der Höhepunkte der Kreuzfahrt einzustimmen. Da darf natürlich auch der Mann an der Bouzuki nicht fehlen, dessen Melodien von den Kollegen an Synthesizer, E-Gitarre und Schlagzeug zwar mächtig „aufgepeppt” werden. Doch es bleibt natürlich griechische Folklore. Hier versucht sich kein italienischer Frank Sinatra und auch kein deutscher Robbie Williams, sondern es spielen griechische Musiker mit viel Leidenschaft und Authentizität griechische Musik. Und da sich deren Munterkeit und Verspieltheit schon vor Show-Beginn auf das Publikum überträgt, ist der daran anschließende Griechische Abend auch mehr eine einzige große Party, auf der alle Zuhörer und Zuschauer herzlich eingeladen sind, bei den Volkstänzen mitzumachen und zur Musik mitzusingen. Oder zumindest mitzuklatschen, im Takt mitzustampfen oder durch lautes „Whopa!”-Rufen seine Zustimmung zum Dargebotenen kundzutun. Da werden zwar auch die Ansagen ans Publikum irgendwann nicht mehr mehrsprachig, sondern nur noch auf Griechisch gehalten, so dass man als Nicht-Grieche bald praktisch nichts mehr davon versteht. Doch die Stimmung im Saal ist prächtig und die Sprache der Musik sowieso universell. Hier leben Besatzung und Passagiere gemeinsam mediterrane Lebensfreude pur vor, da sind alle EU-Rettungspakete, Troika-Besuche und Schuldenschnitte plötzlich ganz weit weg. Den Abschluss des Griechischen Abends bildet schließlich der unvermeidliche Sirtaki, bei dem es auf der Tanzfläche endgültig so eng wird, dass der Tanz in eine Polonaise durch die komplette Show Lounge übergeht. Herrlich. Hier ist keine amerikanische Reederei, die versucht italienisch zu sein, keine italienische Reederei, die versucht deutsch zu sein und keine deutsche Reederei, die versucht amerikanisch zu sein, sondern ein durch und durch griechisches Schiff, dessen Besatzung zum Glück auch gar nichts anderes bieten will als ein typisch griechisches Folkloreprogramm. Und das ist ihr spätestens in diesem Moment gelungen. Ein Rundgang an Bord Allen Kulturhungrigen dürfte das frühe Aufstehen am folgenden Morgen noch schwerer fallen als am Tag zuvor. Doch wer sich nach Ephesus und Patmos auch den Palast von Knossos nicht entgehen lassen will, muss sich auch an diesem Morgen wieder um Punkt 7:00 Uhr „gestriegelt und gespornt” an seinem Treffpunkt einfinden, um den Aufruf zum Ausflugsbus unten am Kai nicht zu verpassen. Alle übrigen Passagiere hingegen dürfen ihr Frühstück auf einem halbleeren Schiff genießen – mit dezenter griechischer Gitarrenmusik im Hintergrund und einem unverstellten Blick vom Lido-Restaurant auf die azurblaue Ägäis hinter der Mole von Heraklion. Doch unser Hauptaugenmerk gilt an diesem Vormittag
der LOUIS OLYMPIA
selber. Auf dieser werden in Abwesenheit der meisten Gäste Planken auf dem
Achterdeck abgeschliffen bzw. wird gemalert und ausgebessert, wo immer dies
nötig erscheint. Denn natürlich: 30 „Lebens”jahre
bedeuten für ein Schiff frühes Rentenalter, das sieht man auch der
ehemaligen SONG OF AMERICA
hier und da an. Doch ist die Schiffsdame, um bei der Metapher zu bleiben,
durchaus rüstig. So hat der Chief Engineer des Schiffes erst kürzlich in
einem Interview mit einem amerikanischen Fachjournalisten zu Protokoll
gegeben, die Hauptmaschine der LOUIS OLYMPIA
sei die beste, mit der er je gearbeitet habe und sie sei noch immer „so gut
wie neu”. Überlebt hat sich allerdings ihr Decks-Layout. Erbaut nach dem Vorbild der Ostseefähre FINNJET, sind viele der öffentlichen Räume der LOUIS OLYMPIA achtern untergebracht, während sich der überwiegende Teil der Kabinen im ruhigeren Vorschiff befindet. (Im vorderen Schiffsteil gibt es übrigens auch ein Deck mehr als achtern. Da die öffentlichen Räume der Decks 5 und 7 über die anderthalbfache Höhe der Kabinendecks verfügen, gibt es auf der LOUIS OLYMPIA mittschiffs und achtern kein Deck 6; ein solches findet sich nur vorne im Kabinentrakt des Schiffes.) Dies bedeutet nicht nur, dass man im Laufe des Tages die eine oder andere Treppe hinauf- und hinabsteigen muss, um von einer Lounge zur anderen zu gelangen, sondern auch, dass Maschinengeräusche und Vibrationen auch auf jene Räume übertragen werden, in denen man es eigentlich ganz gerne ruhig hätte. So zittern Wände und Scheiben nicht nur in der Oklahoma Lounge achtern auf Deck 5 gehörig, sondern auch die am Ende des Schiffes gelegenen Bereiche des Restaurants. Und während die SONG OF AMERICA-Nachfolgerin SOVEREIGN OF THE SEAS 1987 als erstes Kreuzfahrtschiff der Welt ein über mehrere Decks reichendes Atrium („The Centrum”) im Herzen des Schiffes bekommen hat, wird auf ersterer der Bereich mittschiffs von der Can Can Lounge belegt. Diese verfügt über Ein- und Ausgänge an beiden Enden des Raumes und ist dadurch selbst dann von „Durchgangsverkehr” betroffen, wenn Shows und andere Veranstaltungen dort in vollem Gange sind. Mit gemischten Gefühlen mag man auch zur Kenntnis nehmen, dass die Griechen ein durchaus zigaretten-verliebtes Volk sind und daher nicht nur die herrlich maritim eingerichtete Clipper Bar Tag und Nacht regelrecht „verraucht” ist, sondern auch andere Bereiche des Schiffes. Doch à propos maritime Einrichtung: Zu Zeiten, als
Royal Caribbean noch im Besitz der norwegischen Traditionsreedereien
Wilhelmsen, Skaugen und Gotaas-Larsen gewesen ist, legte man noch Wert auf
Dekorationsdetails mit Bezug zum Ozean und zu dessen Bewohnern. So dürften
den Passagieren der LOUIS OLYMPIA
im Laufe der Kreuzfahrt weder die Delfin- und Seepferdchen-Bilder an den
Fahrstuhltüren entgehen noch die Kompassrosen auf den Teppichböden der
öffentlichen Räume oder die Vielzahl an historischen See- und Landkarten,
welche die Kabinenkorridore und viele öffentliche Räume an Bord schmücken.
Eine „Verschönerung”
neueren Datums hingegen ist (neben der Aufstellung griechischer Statuen u.
a. auf den öffentlichen Toiletten an Bord) die regelrechte „Plakatierung”
diverser Wände und Freiflächen unter Deck mit Postern, die den
bevorstehenden Einsatz der LOUIS CRISTAL
in der Karibik bewerben. Für winterliche Kreuzfahrten rund um Kuba ist Louis
Cruises nämlich 2013 eine Partnerschaft mit einem kanadischen Reisekonzern
eingegangen – US-amerikanische Firmen dürfen sich wegen des weiterhin
gültigen Embargos gegenüber dem kommunistischen Inselstaat nicht direkt im
Tourismus-Geschäft mit Kuba engagieren. Die 15 Reisen der für diesen
Wintereinsatz (Dezember 2013 bis März 2014) mit bunten Blumen bemalten LOUIS
CRISTALbeginnen für kanadische und
US-amerikanische Passagiere gleichermaßen in Montego Bay (Jamaika). Weniger direkt ins Auge fällt da schon die Tatsache,
dass alle Pflanzen, die sich in den Lounges und Bars der LOUIS
OLYMPIA befinden, echt sind. Das mag
trivial klingen, doch gibt es auf vielen modernen Kreuzfahrtschiffen
heutzutage nur noch Plastik- oder Dauerflora-Pflanzen. Die sehen genauso
echt aus wie solche aus Mutter Natur, haben aber den „Vorteil”,
dass sie nicht gepflegt werden müssen. Genau dies jedoch tut man auf dem
griechischen Schiff noch, so dass man bei so viel Naturverbundenheit
eigentlich nur noch eine der vielen halbwilden griechischen Hafenkatzen an
Bord vermisst, die von Amorgos bis Zakynthos praktisch überall zum Stadtbild
gehören – immer auf der Suche nach etwas Beifang von einem der kleinen
Insel-Fischerboote.
Heraklion und Santorin Letztere gibt es natürlich auch in Heraklion, und da
die Temperaturen heute zum ersten Mal während der Reise über die 20
Grad-Marke klettern, reicht es an diesem frühen Vormittag nach dem späten
Frühstück zumindest noch für einen kurzen Bummel zur historischen
Seefestung, dem Wahrzeichen der Stadt. Im übrigen kann man seinen Landgang
auf den Louis-Schiffen fast bis zur letzten Minute ausreizen, ehe
tatsächlich wieder „all aboard Gleiches gilt auch für das Tenderboot-Ticket in Santorin, denn dort geht es am späten Nachmittag wie schon in Patmos mit lokalen Ausflugsbooten an Land. Wo man dann am Fuße der Caldera angekommen, die übliche Wahl hat zwischen der Seilbahn nach oben (lange Schlangen), dem beschwerlichen Weg zu Fuß (588 Stufen!) und Equus asinus asinus, dem europäischen Hausesel. Ein Exemplar von letzterem hat immerhin den Vorteil, dass es auf seinem Rücken ruckzuck und fuß-schonend die Serpentinen hochgeht, doch so ein Ritt auf dem Esel ist wiederum nicht jedermanns Sache. Denn wer einen Vertreter der ausgeschlafenen Sorte erwischt, schrammt schon mal über 50 Meter mit dem eigenen Knie an der Felswand entlang, während das Tier fröhlich bergauf prescht und auf der anderen Seite nichts als ein steiler Abgrund zu sehen ist. Hand- und Fototaschen wollen da gut fest- und natürlich auch das eigene Gleichgewicht gehalten werden, ansonsten findet man sich schnell auf dem Boden des mit Eselmist garnierten Steilweges wieder. Auch die Reederei Louis Cruises rät daher in ihrem Tagesprogramm ausdrücklich von einem Ritt mit dem Esel ab – „as it can be dangerous”. Andererseits: No Risk, no Fun! Und so besteigt auch
der Autor dieser Zeilen am Nachmittag ein vertrauenswürdig dreinblickendes
Grautier – aus guter Tradition und weil es natürlich doch Spaß macht. Und
siehe da: Ich habe Glück. Denn wenn man ihn ab und zu bekuschelt und
zwischendurch an dem einen oder anderen Distelzweig am Wegesrand knabbern
lässt, ist der Esel erstaunlich diszipliniert und bringt seine menschliche
Last ohne Schrammen und Prellungen nach Fira, dem Hauptort Santorins. Wo
sodann derselbe Anblick wartet wie bereits auf Mykonos zwei Tage zuvor. Kein
Gedränge in den Souvenir-Shops diesmal, kein Schlangestehen vor Cafés und
Restaurants wie im Sommer, kein Gerempel um den besten Foto-Standort.
Stattdessen herrscht fast himmlische Ruhe, als die wenigen
Kreuzfahrtpassagiere durch die erstaunlich leeren Gassen des Ortes
schlendern und den viel gepriesenen Sonnenuntergang fast ungestört auf sich
wirken lassen können. Und der Rückweg zum Anleger der Tenderboote? Ist
fast ein Pilgermarsch. Denn wenn die Esel Feierabend haben und die meisten
Kreuzfahrer die Seilbahn nehmen, hat man die Serpentinen an einem milden
Oktoberabend wie diesem fast für sich alleine und kann den Anblick der
Vulkaninsel umso intensiver genießen. Nur dass bei der abendlichen Abfahrt
der LOUIS OLYMPIA
in der Sky Bar wenig später völlig ungriechisch Abba-Songs laufen, passt auf
einmal so gar nicht zu dem ansonsten perfekten Ausklang dieser viel zu
kurzen Kreuzfahrt. Dafür ist jedoch am späten Abend der Himmel über dem
Schiff ein weiteres Mal unfassbar sternenklar – eine Schande, wer da nicht
zumindest einen Moment Zeit findet, sich die unendlichen Weiten der
Milchstraße vom Sonnendeck aus anzusehen. Zurück nach Piräus Auch die nächtliche Fahrt von Santorin nach Piräus ist kurz und das Schiff am nächsten Morgen bereits an seinem Anleger vertäut, als um 6:00 Uhr in der Früh die Restaurants ihre Türen zum Frühstück öffnen. Ein letztes Mal erfreut im Fahrstuhl und in den Kabinenkorridoren das Geklimper der Bouzuki die Ohren, ehe im Terminal und am Flughafen wieder die immer gleichen Easy Listening-Schlager akustisch das Regiment übernehmen. Und auch von der LOUIS OLYMPIA selber fällt der Abschied schwer. Natürlich, da war die Dame, die gestern fünf Minuten im Fahrstuhl zur Sky Bar steckengeblieben ist und dafür die veraltete Technik an Bord verflucht hat. Auch die Dusche, wo das Wasser brühend heiß aus dem Kopf kam und dann immer eine halbe Ewigkeit zum Abkühlen gebraucht hat, vermisst man eher weniger, ebenso die bisweilen widerspenstige Klospülung. Doch das sind Kleinigkeiten. Am Ende ist die ehemalige SONG
OF AMERICA im Jahr 2013 ein Juwel
von einem Schiff – klein genug, um mühelos alle wichtigen griechischen
Inselhäfen anzulaufen und ihren Passagieren das Gefühl zu geben, noch auf
einem „richtigen”
Schiff zu sein. Und dabei trotzdem so groß, dass man keine Annehmlichkeit
eines modernen schwimmenden Hotels vermisst. Nimmt man dazu noch das
herrlich unkonventionelle Bordleben (offene Restaurantsitzungen, keine
Kleiderordnung, Bordunterhaltung mit Publikumsbeteiligung, Verzicht auf
Gepäckkontrollen bei der Wiedereinschiffung), die unvergleichliche
griechische Küche und den angenehm ausgewogenen Passagier-Mix, der auf den
Louis-Schiffen vorherrscht, erhält man rückblickend fast die perfekte
Seereise. So oder so ähnlich muss man sich eine Kreuzfahrt vorstellen, bevor
diese Idee durch amerikanische Reedereien mit ihren 100.000 BRT großen
schwimmenden Glitzerpalästen regelrecht verraten wurde. Wir sagen „Whopa!”
und versprechen, bald wiederzukommen. Technische Daten und Steckbrief MS LOUIS OLYPIA
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Auf dem Oberdeck der LOUIS
OLYMPIA
haben gleich zwei große Swimmingpools hintereinander Platz. Der
Schornstein mit der darin integrierten Sky Bar weist auf die
Vergangenheit des Schiffes als SONG
OF AMERICA
hin. |
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Bereit für
die Gäste: Im Seven Seas Restaurant speisen die Passagiere während der
dreitägigen Kurzkreuzfahrt grundsätzlich in offener Sitzung. |
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Der licht-durchflutete achtere Teil der Oklahoma Lounge gleicht einer Mischung aus Lesezimmer und Botanischem Garten. Alle Pflanzen an Bord sind echt. |
Das Lido Café achtern auf Deck 9 ist eine angenehm zwanglose Alternative zum Restaurant Seven Seas auf Deck 4 und wartet mit einer grandiosen Aussicht auf. |
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In der Clipper Bar auf Deck 5 laden schwere Ledersessel und ein maritimes Ambiente zum Verweilen ein. |
Die beste Aussicht an Bord der LOUIS OLYMPIA hat man zweifellos von der Sky Bar aus. Diese befindet sich rings um den Schornstein herum und ist sowohl über eine Treppe als auch mit einem Fahrstuhl zu erreichen. |
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Mit
kritischem Blick verfolgt Kapitän Stathis Romeos die Vorbereitungen zum
Ablegen auf dem Vorschiff seiner LOUIS
OLYMPIA. |
Ein
Promenadendeck, das diesen Namen noch verdient, führt auf der LOUIS
OLYMPIA
auf Deck 7 rings um das Schiff. |
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Die
LOUIS
OLYMPIA
legt rückwärts im Hafen von Kusadasi ab. Der breite Rundgang unter der
Kommandobrücke ist ideal, das Geschehen fast aus der Perspektive des
Kapitäns zu beobachten. |
Auf der
Insel Patmos lädt bereits die unmittelbare Umgebung des Hafenortes Skala zu
Spaziergängen abseits der Touristenströme ein. |
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Kretas
Hauptstadt Heraklion verbindet das Flair kleiner griechischer
Inselhäfen mit der Weltläufigkeit einer modernen Metropole. |
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