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Die BRAHE in den Farben von Saimaa Travel, dem finnischen Partner der dänischen Nordisk Faergefart.

Die BRAHE in den Farben von Saimaa Travel, dem finnischen Partner der dänischen Nordisk Faergefart.

 

 

Kai Ortel

Schiffs-Oldie auf Ostseekurs

Newcomer Nordisk Cruise Line geht 2015 mit der BRAHE an den Start

Lange war es ruhig gewesen um die dänische Reederei Nordisk Faergefart, deren Fährlinie zwischen Fåborg und Gelting in den 1980er- und 1990er Jahren zu den beliebtesten ihrer Art zwischen Dänemark und Deutschland gehörte. 2015 will das Unternehmen jedoch ein Comeback versuchen, und das gleich auf der internationalen Kreuzfahrtbühne.

Die Anfänge der im dänischen Fåborg beheimateten Nordisk Faergefart liegen im Jahr 1965, als die Reederei als Zusammenschluss dänischer und deutscher Reeder gegründet wurde. Damals hatten die Dänischen Staatsbahnen DSB gerade die Verlegung der Fährlinie Fåborg-Mommark auf die kürzere Verbindung Bøjden-Fynshav verkündet, in Fåborg drohte also ein Fähranleger zu verwaisen. Im Juli 1965 eröffnete Nordisk Faergefart daher zunächst mit der gecharterten AERØBOEN die Linie Gelting-Faaborg; zu diesem Zeitpunkt war jedoch der eigens für die neue Linie in Auftrag gegebene Neubau SYDFYN schon fast einsatzbereit. Im Oktober 1965 übernahm die SYDFYN dann den Fährverkehr auf der Linie, wo im ersten vollen Betriebsjahr 1966 bereits 187.000 Passagiere befördert wurden. Ziemlich genau zehn Jahre lang blieb die SYDFYN in Dienst, wobei sie die Beförderungsleistung bis ins Jahr 1975 auf imposante 324.000 Passagiere steigern konnte. Im April 1976 übernahm dann die größere GELTING (1963 als GEDSER gebaut) die Route, die sie bis 1981 bediente. In jenem Jahr musste in Form der GELTING SYD (1974 als STELLA SCARLETT gebaut) erneut ein größeres Schiff her.

So groß waren die Erfolge der ersten Betriebsjahre gewesen, dass die Nordisk Faergefart nun zum ersten Mal den Blick über den deutsch-dänischen Tellerrand wagte. Mit der GELTING NORD (gebaut 1970 als APOLLO) eröffnete die Reederei im Frühjahr 1982 einen neuen Fährdienst zwischen dem dänischen Hundested und dem norwegischen Sandefjord, doch hatte man hier die Konkurrenz in Form von DFDS (Kopenhagen-Oslo) und Jahre Line (Kiel-Oslo) unterschätzt. Bereits Ende des Jahres mussten die Fåborger nach Millionenverlusten, welche die Reederei fast ruiniert hätten, die Reißleine ziehen und den Dienst wieder einstellen. Als Retter in der Not erwies sich die Flensburger Förde-Reederei, die 1984 die Mehrheit der Anteile an der Nordisk Faergefart übernahm, nachdem sie zuvor bereits 22 Prozent an ihr gehalten hatte. Der nicht zuletzt durch das Duty-Free-Geschäft profitable Betrieb der GELTING SYD zwischen Fåborg und Gelting war von all dem übrigens nicht berührt – der populäre „Butterdampfer mit Autodeck” beförderte 1984 beeindruckende 600.000 Passagiere.  

Tatsächlich spülte die GELTING SYD so viel Geld in die Kassen, dass die Nordisk Faergefart 1991 einen weiteren Versuch wagte, ins internationale Geschäft einzusteigen, diesmal sogar in Amerika. Zusammen mit der US-amerikanischen Kreuzfahrtreederei SeaEscape gründete man das Joint-Venture „Danish Cruise Line”, das mit der SUN FIESTA (gebaut 1967 als CANGURO VERDE) einen Kurzkreuzfahrtdienst zwischen Puerto Rico (San Juan) und der ehemaligen dänischen Kolonie St. Thomas aufnehmen wollte. Allerdings stand das Unternehmen von Beginn an unter keinem guten Stern, u.a. weil die SUN FIESTA mit einem Arrest belegt war. Als Ersatz stellte SeaEscape daher die SCANDINAVIAN SONG (gebaut 1966 als SUNWARD) bereit, doch auch dieses Abenteuer endete für die Nordisk Faerfart mit herben Verlusten. Nach nicht einmal einem halben Betriebsjahr war die Danish Cruise Line im Februar 1992 am Ende und die SCANDINAVIAN SONG ohne Beschäftigung.

Ein weiteres Mal musste sich die Nordisk Faergefart also aus einem fremden Fahrtgebiet zurückziehen, um sich auf ihre Wurzeln in der dänischen Südsee zu besinnen. Doch auch dort zogen dunkle Wolken auf, denn der Europäische Binnenmarkt verlangte nach der Abschaffung des zollfreien Verkaufs innerhalb der EU, der seit 1965 die Existenzgrundlage der Linie Fåborg-Gelting gebildet hatte. Zwar übernahm die dänische Reederei Anfang 1997 noch einen 50-Prozent-Anteil an dem langjährigen Konkurrenten Langeland-Kiel Linie (deren LANGELAND III die Nordisk Faergefart ankaufte, um sie umgehend wieder an ihren vormaligen Besitzer zurück zu chartern), doch am Ende half alles nicht. Als im Sommer 1999 der Duty-Free-Verkauf eingestellt wurde, verkaufte die Nordisk Faergefart sowohl die LANGELAND III als auch die GELTING SYD und stellte beide Fährlinien ein.

Fortan musste man in Fåborg kleinere Brötchen backen und beschränkte sich auf Ausflugsfahrten auf innerdänischen Routen. 2014 bestand die Flotte so aus den fünf kleinen Einheiten SVANEN (11 BRZ, 48 Passagiere), CATRINE K (33 BRZ, 50 Passagiere), CHIMERA (94 BRZ, 98 Passagiere), THEA K (454 BRZ, 145 Passagiere) und BERTHA K (19 BRZ, 98 Passagiere), die vor allem in der Sommersaison auf Ausflugs- und Charterfahrten ab Svendborg, Fåborg und Odense zum Einsatz kamen. Doch bereits 2012 ließen Pressemeldungen aufhorchen, denen zufolge die Nordisk Faergefart eine Rückkehr auf die internationale Bühne plante. So wollte man die alte Fährlinie Fåborg-Gelting wieder zum Leben erwecken. Allein – in Gelting hatte man die alten Abfertigungs- und Hafenanlagen längst abgebaut, und auch ein alternativer Hafen in der Nähe ließ sich auf deutscher Seite nicht ohne weiteres finden, so dass der Traum von der Wiederbelebung der Route wieder begraben wurde.

Stattdessen sah sich die Nordisk Faergefart nach einem Partner um, um ein weiteres Mal den Versuch zu starten, ins internationale Kreuzfahrtgeschäft einzusteigen. Fündig wurde man beim finnischen Reiseveranstalter Saimaa Travel, dessen Kreuzfahrtschiff BRAHE ab 2011 frisch renoviert auf Kurzkreuzfahrten auf den Saimaa-Seen sowie im Finnischen Meerbusen zwischen Helsinki, Kotka, Tallinn, Vyborg und St. Petersburg eingesetzt gewesen war. Das Schiff wechselte im Sommer 2014 im Rahmen einer Zwei-Jahres-Charter an die von Nordisk Faergefart und Saimaa Travel gegründete „Nordisk Cruise Line” und verholte Ende August nach Fåborg, um dort auf seine neue Rolle vorbereitet zu werden. Die kurzfristig für September und Oktober 2014 angekündigten Tageskreuzfahrten zwischen Fåborg und Flensburg musste man jedoch wieder absagen, da die für diese internationale Fahrt vorgeschriebenen Genehmigungen noch nicht vorlagen.

So soll die BRAHE ab April 2015 etwa 20 fünftägige Kreuzfahrten zwischen Dänemark, Schweden und Deutschland durchführen, wobei der Focus auf dem deutschen Markt liegt und vor allem kleine Häfen angelaufen werden sollen, die den größeren Kreuzfahrtschiffe verwehrt sind. Auf 80 Prozent dieser Reisen soll der Reedereisitz Fåborg angelaufen werden, um der Stadt in Südfünen neue wirtschaftliche und touristische Impulse zu geben. Für ihr Vorhaben plant die Reederei 30 bis 40 Neueinstellungen, und auch für Chartereinsätze und Bordveranstaltungen steht die BRAHE zur Verfügung.

Überhaupt ist das Schiff der eigentliche Star der kleinen Nordisk Cruise Line. So wurde die BRAHE bereits 1943 gebaut, ist also ein echter Oldtimer. Und am Anfang war es noch nicht einmal ein Passagierschiff, denn die in Chicago gebaute PCE 830 („PCE” steht für „Patrol Craft Escort”, also Patrouillen-Begleitschiff) war ein U-Boot-Jäger, zuerst in Diensten der US-amerikanischen und dann, unter ihrem zweiten Namen KILCHERNAN, der britischen Marine. Nach Kriegsende wurde das gerade mal vier Jahre alte Schiff 1947 jedoch ausgemustert und an die norwegische Fährreederei Hardanger Sunnhordlanske D/S (HDS) verkauft, die ihren Neuerwerb zur Fjordfähre SUNNHORDLAND umbauen ließ.

Bis 1973 verkehrte sie unter diesem Namen in den Fjorden rund um Bergen, ehe moderne Autofähren dem schon zu diesem Zeitpunkt betagten Schiff den Rang abliefen. Doch der ehemalige U-Bootjäger hatte abermals Glück: Ab 1974 diente er unter dem Namen KRISTINA BRAHE als Mini-Kreuzfahrtschiff in Finnland, wo er dank seiner überschaubaren Größe sowohl im Finnischen Meerbusen als auch im Saimaa-Seengebiet eingesetzt werden konnte. Für Fager Lines wie auch später für Kristina Cruises führte die KRISTINA BRAHE übrigens auch Reisen nach Vyborg, Leningrad und Tallinn durch, lange bevor diese Häfen ab 1989 auch einem breiten westlichen Touristenpublikum zugänglich wurden.

An Saimaa Travel wechselte der Oldtimer schließlich im August 2010 im zarten Schiffsalter von 67 Jahren; Aussehen und Atmosphäre der guten alten Zeit (Saimaa Travel warb mit dem „Stil und Charme eines Oldtimers”) hat sich die BRAHE jedoch über all die Jahrzehnte bewahren können. Dazu gehört allerdings auch, dass von den insgesamt 54 Kabinen an Bord (in fünf Kategorien) einige ohne eigene Toilette und Dusche auskommen müssen. Und eine Klimaanlage gibt es genauso wenig wie einen Aufzug, dafür ist das Schiff mit gerade mal vier Decks herrlich übersichtlich und sind die Wege an Bord bequem kurz. Die öffentlichen Räume umfassen ein Restaurant vorne und die Bar/Lounge achtern auf Deck 3, und das war’s auch schon. Doch wer holzgetäfelte Wände, verwinkelte Korridore und Kabinen mit echten Bullaugen mag, der kommt auf der kleinen BRAHE auf jeden Fall auf seine Kosten, wenn sie im Frühjahr und Sommer 2015 die Gewässer zwischen Flensburg, Fåborg und dem Öresund unsicher macht. www.nordiskcruiseline.dk

Technische Daten und Steckbrief der MS BRAHE

Bauwerft 

Pullmann Standard Car Manufacturing, Chicago (USA)

Im Dienst

seit dem 31. August 1943

Flagge

Finnland

Heimathafen

Lappeenranta

Tonnage

1.105 BRZ

Länge

56,80 Meter

Breite

10,08  Meter

Tiefgang

2,80 Meter

Passagiere

200

Betten

110

Kabinen

54

Maschinenleistung

1.275 kW

Höchstgeschwindigkeit

16 Knoten

Besatzung

18 Personen

        

Halb modern, halb antik: die Kommandobrücke der BRAHE.

Halb modern, halb antik: die Kommandobrücke der BRAHE.

Enge und flache Gewässer sind wie geschaffen für ein kleines Kreuzfahrtschiff wie die BRAHE.Enge und flache Gewässer sind wie geschaffen für ein kleines Kreuzfahrtschiff wie die BRAHE.

 

Nach den finnischen Seen und Schären lädt ab 2015 die dänische Inselwelt zum Sehen und Staunen auf dem Bootsdeck ein.

Nach den finnischen Seen und Schären lädt ab 2015 die dänische Inselwelt zum Sehen und Staunen auf dem Bootsdeck ein.  

Rustikaler Charme – Außenkabine mit Bullaugen.

Rustikaler Charme – Außenkabine mit Bullaugen.

 

Klein, aber gemütlich – das enge Bootsdeck der BRAHE.

Klein, aber gemütlich – das enge Bootsdeck der BRAHE.

Der achtere Tanz-Salon der BRAHE bildet das gemütliche Herzstück der BRAHE.

Der achtere Tanz-Salon der BRAHE bildet das gemütliche Herzstück der BRAHE.

 

Im Restaurant der BRAHE mit seinen vielen Holzvertäfelungen wird der Charme der „guten alten Zeit” lebendig.Im Restaurant der BRAHE mit seinen vielen Holzvertäfelungen wird der Charme der „guten alten Zeit” lebendig.

Von 1949 bis 1973 diente die heutige BRAHE unter dem Namen SUNNHORDLAND als Auto- und Personenfähre in den südnorwegischen Fjorden.

Von 1949 bis 1973 diente die heutige BRAHE unter dem Namen SUNNHORDLAND als Auto- und Personenfähre in den südnorwegischen Fjorden.

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