Fortsetzung von Seite 7:
Krieg um Muskatbäume
Ein grüner Kegel, garniert von einem schwarzem
Lavastrom, schält sich aus dem heißen Mittagsdunst: der 640 Meter hohe
Bilderbuch-Vulkan Gunungapi der Molukken-Insel Banda Neira, eine von
insgesamt zehn. So mussten das kleine Eiland auch portugiesische, englische
und spanische Seefahrer entdeckt haben, als sie im 16. Jahrhundert das
Archipel ansteuerten, wenig später die Holländer der Ostindien-Kompanie. Bis
sie sich in den Haaren lagen wegen eines damals äußerst wertvollen
Handelsgutes, der Muskatnuss.
Das mächtige graue niederländische Insel-Fort
zeugt noch heute vom erbitterten „Gewürzkrieg” um das nussige Monopol. Und
das inmitten einer der schönsten und faszinierendsten Gruppen von insgesamt
17.500 indonesischen Inseln aus heißem Vulkangestein. Damals weltberühmt,
weil nur hier die begehrten Muskatbäume und Gewürznelken wuchsen, ist Banda
Neira heute so gut wie vergessen. Nicht so bei Tauchern, die hier ein
ideales, unzerstörtes Revier mit steilen Unterwasser-Wänden und großen
Fisch-Populationen vorfinden.
Direkt vor dem Hotel „Maulana” im pseudokolonialen
Stil legen die Tenderboote nach schweißtreibender Überfahrt an. Die
Hotelwände sind mit allerlei signierten Porträts behängt. Darunter auch das
der ARTANIA-Taufpatin Prinzessin Diana, die 1984 die Champagner-Flasche
gegen den Bug der damaligen ROYAL PRINCESS schleuderte. Aber auch der
Rock-Musiker Mick Jagger und der Meeresforscher Jacques-Yves Cousteau
genossen den Blick von der palmengesäumten Terrasse auf die Caldera, in der
jetzt die ARTANIA ankert.
Zwischen Mittelalter und Tagesaktualität
„Selamat Datang di Indonesia!” wird man von den
Einheimischen lächelnd willkommen geheißen. „Sie legen”, so heißt es „großen
Wert auf Traditionen und ihre muslimische Religion”. Man möge ihnen
„respektvoll begegnen”, wie es in den Landgangs-Infos empfohlen wird, „und
beachten, dass Schultern und Beine auch der Männer von Kleidung bedeckt sein
sollten”. Die Banda Neiras in T-Shirts und Bermudas sowie Frauen mit und
ohne Kopftücher schert das weniger. Sie wollen indes wissen, warum so viele
ihrer Glaubensbrüder nach Deutschland kommen. Mit offenen Mündern hören sie,
Einwohner des größten islamischen Landes der Erde, die tagesaktuelle
Botschaft: dass das christliche Land für Muslime attraktiver sei als ihre
reichen Nachbarn wie Saudi Arabien oder die Emirate.
Ihnen ist es wichtiger, die ungewohnte Schwemme von
rund 750 neugierigen „Botschaftern Europas” freundlich zu begrüßen.
Gebettelt wird nicht, stattdessen handelt man lieber. Auch wenn der Muezzin
den Ort gerade so ohrenbetäubend über Lautsprecher beschallt, dass man das
Weite sucht und in die engen Gassen mit ihren bunten Mini-Märkten flüchtet.
Beutelchen mit Muskatnüssen für einen Dollar nehmen sich viele als Souvenir
mit. Andere lassen sich mit Ojeks, Motorrad-Taxen, knatternd und hupend
durch das friedliche Dorf karren. Mit lebensnahen Einblicken ins ländliche
Leben. Beißend verräucherte Hütten erinnern mit offenen Feuerstellen, auf
denen das Hauptnahrungsmittel Fisch gegrillt wird, an mittelalterliche
Garküchen.
Und man glaubt unter gewaltigen Baumschirmen vor einer
windschiefen Hütte Robinson Crusoe zu erkennen, der gerade Holz hackt, um
sich die nächste Mahlzeit kochen zu können. Wie ein Anachronismus wirkt das
Schild an einem überwucherten Zaun: „Free Wi-Fi!” Mancher ARTANIA-Gast zückt
sofort sein Handy, um die günstige Chance zu nutzen, vom anderen Ende der
Welt eine schnelle, exotische WhatsApp nach Hause zu jagen.
Als Scherenschnitt ragt der Vulkan beim Auslaufen
schwarz in den Abendhimmel. Der Dinner-Wein funkelt dazu romantisch in den
Gläsern.
Kunst, Kultur und Geschichte bei + 36 Grad
Ambon, die 300.000-Einwohner-Hauptstadt der
gleichnamigen Molukken-Insel in Ost-Indonesien, empfängt ihre Gäste am
nächsten Morgen nicht nur mit lautstarker Musik. Auf riesigen Plakaten
werden Schiff, Crew und Gäste willkommen geheißen. Auch an anderen
prominenten Stellen. Das hat, wie später zu erfahren ist, auch Kapitän
Morten Hansen berührt: „So was hab ich noch nicht erlebt!”
Eine Kolonne aus zwölf Kleinbussen prescht unter
Polizeischutz durch die Straßen, damit der Ausflugs-Zeitplan eingehalten
wird und sich alle sicher fühlen. Auf dem Programm stehen das
Siwalima-Museum mit einheimischer Geschichte und Kultur, das gegenüber
liegende maritime Museum, vom Skelett eines gewaltigem Pottwals und einem
Ausleger-Boot fast vollständig eingenommen.
Parallel zur Küste brettert der Konvoi durch einen
dichten, von Holzkohleschwaden durchwehten Grünsaum zur Westspitze der
Insel. Musik, Tanz und leckere Kostproben scharfer indonesischer Küche mit
landestypischem Sago werden unter den Palmen von Namalatu Beach geboten, vor
denen gerade die Korallenbänke ebbebedingt trockengefallen sind.
Auf einem Hügel thront die Statue der
Unabhängigkeitskämpferin Christina Martha Tiahahu. Für den Aufstieg bei
höllisch heißen 36 Grad Celsius wird man mit einem Panoramablick belohnt
über Stadt, Bucht, die riesigen Jami- und Al-Fatah-Moscheen sowie auf die
winzige ARTANIA.
Taufe, Quastenflosser und Premiere
Unter uralten weitausladenden Bäumen der Second
World War Cemetary Garden mit den Gräbern von rund 2000 gefallenen
alliierten Soldaten. Die mehr als 1000 Gewürzinseln waren bis 1945 aus
anderen, nämlich imperialen Gründen stark umkämpft. Infolge der japanischen
Angriffe wurden auch die historischen Gebäude Ambons zum größten Teil
zerstört. Ein graues Landungsboot aus Ex-DDR-Volksmarine-Beständen der
indonesischen Marine, vollbesetzt mit schwer bewaffneten Soldaten, schiebt
sich in die Bucht. Schließlich muss das Land seine weitverstreuten Inselflur
schützen. Auch vor Piraten, die hier ein „ideales” Jagdrevier mit vielen
Schlupflöchern haben. Dazu passt die spannende Lektüre von Ferdinand
Emmerich aus dem 19. Jahrhundert: „Schmugglerfahrten im Malaiischen
Archipel”.
Um das Jahr 2000 gab es auf Ambon ganz andere
Auseinandersetzungen, nämlich zwischen Muslimen und Christen. Wie zur
Versöhnung wird die Gruppe in die evangelische Maranatha Old Church geführt,
deren Innenraum an einen überdimensionalen Kinoraum erinnert.
Bis kurz vor dem Ablegen baden noch Hunderte Kinder
unbekümmert in dem müllübersäten Hafenbecken neben dem Heck und geben ihre
kleine Show. Großes Kino dann beim Auslaufen: mit wummernder Musik,
fröhlichem Tanz, sattem Typhongedröhn und blitzenden grünen Laserstrahlen.
Ab jetzt kann man sich wieder für zwei See-Tage entspannt zurück lehnen, und
Sulawesi an Backbord passieren lassen, wo der prähistorische Quastenflosser
gefangen wurde. Voraus die Celebes See und am nächsten Mittag hinein in die
Sulu See. Nicht ohne sich zuvor der Taufzeremonie von Neptun und Thetis samt
buntem Gefolge unterworfen zu haben. Für alle Äquator-Neulinge Aufregung
pur.
Der Kurs führt im Zick-Zack mitten durch die
paradiesisch anmutende Samales Gruppe, eine IS-Terroristen-Hochburg,
westlich der größten philippinischen Insel Mindanao. „Da können selbst wir
als Christen nicht hin”, sagt der philippinische Steward Paul, „die machen
einen gleich um einen Kopf kürzer”.
Quantensprung im Abenteuerland
So ganz und gar entgegengesetzt der Empfang in
Puerto Princesa: wieder mit Tanz, Musik und bunten Ketten. Letztere werden
den Gästen von charmanten Palawan-Insulanerinnen in Tracht um den Hals
gehängt. Das ist so Tradition und sorgt für gute Stimmung.
Die größte Ausflugsgruppe zieht es bei tropischer
Hitze von 33 Grad an die malerischen Strände der Honda Bay. Vom Bus aus
fällt die Sauberkeit der 250.000-Einwohner-Stadt auf, bei aller Ärmlichkeit
so mancher Hüttensiedlung am Wegesrand. Der deutsche Bürgermeister Edward
Hagedorn hat hier mit harter Hand, so die Reiseleiterin, durchgegriffen und
ein „Anti-Littering”-Gesetz erlassen. Wer bei der illegalen Müllentsorgung,
und sei es nur eine Zigarettenkippe, erwischt wird, zahlt empfindliche
Strafen. Ähnlich wie in Singapur. Entsprechend wirkt seine Gemeinde, die
inzwischen als sauberste und erste klimaneutrale Stadt der Philippinen gilt.
Ein Quantensprung geradezu, wenn man sich vorstellt, dass die Hauptstraßen
erstmals 2004 beleuchtet wurden.
Die 400 Kilometer lange Insel, die als „final
frontier” bezeichnet wird, die letzte Grenze der Philippinen, benannt nach
dem spanischen König Philipe II, vor Borneo. Auch ethnisch gesehen, denn
erst 1978 fand man den primitiven Stamm der „Steinmenschen”. Der lebt
abgeschirmt in Höhlen des gebirgigen, von tropischen Regenwäldern bedeckten
Inselinneren. Nicht umsonst hat Palawan den Titel „Abenteuerland”.
Nach 30 Kilometern Sightseeing ist der kleine Hafen
erreicht. Mit kleinen Auslegerbooten werden insgesamt drei von vielen
weiteren Inseln in der Honda Bay angesteuert. Wachsam eskortiert von
Polizeibooten, denn Sicherheit geht den Behörden und Phoenix über alles.
Jeder Zwischenfall könnte dem empfindlichen Pflänzchen Tourismus erheblich
schaden.
Nach Sonnenuntergang feiern die rund 300
Weltreise-Gäste ihr „Bergfest” mit einem Grillabend: Von 140 Bordtagen haben
sie jetzt die Hälfte hinter sich.
Filmreife Südsee-Ausflüge
Mit Leih-Badeschuhen, -Taucherbrillen und
-Schnorcheln ausgerüstet, stürzen sich die Freunde exotischer Fische in die
türkisfarbenen Fluten der Unterwasser-Welt von Starfish Island. Die roten
Seesterne gaben der Insel den Namen. Andere genießen den blendend weißen
Sandstrand und gehen einfach nur Schwimmen. Das ist wenig erfrischend, da
badewasserwarm. Mittagspause auf Cowrie Island bei schmackhafter
einheimischer Küche aus Fisch und Gemüse.
Auch am nächsten Tag wollen die meisten
„Südsee-Atmosphäre” genießen. Die eineinhalbstündige Fahrt im Auslegerboot
durch die idyllische, an drei Seiten bergumschlossene Bucht von Coron
strapaziert zwar ordentlich das Sitzfleisch, entschädigt aber durch
herrliche Blicke auf das steilwandige, zerfurchte Karstgebirge mit
macciaähnlicher Vegetation. Bis voraus im Pecados Marine Park die Malcapuyas
Inseln auftauchen.
Nach der nassen Anladung bis zu den Knien führt ein
kleiner Pfad vorbei an ärmlichen, auf wackligen Stelzen stehenden
Bambus-Fischerhütten, über einen Hügel. Bis es einem schier den Atem
verschlägt. „Das ist ja der helle Wahnsinn!”, sind alle begeistert von dem
filmreifen „Verrückt-nach-Meer”-Panorama und suchen sich ein schattiges
Plätzchen unter Palmen. „Das ist ja noch einen Tick schärfer als Honda
Island!”, lautet der einhellige Kommentar. Kulisse: schneeweißer weicher
Korallensand, samtiges Türkiswasser, laues Lüftchen, rauschende Palmen. Die
Begeisterung für Bulog Island schlägt hohe Wellen: „Nicht mehr zu toppen!”
Ein Fischer bietet frisch geerntete Kokusnüsse an,
deren klare, kühle Milch das stilechte Getränk ist. Der Wunsch, hier mal
„Robinson”-Urlaub zu machen, keimt bei einigen auf, „nur wenn der Flug nicht
so lange dauern würde”. Neben der Bananeninsel, die nach ihrer Form so
benannt wurde, eine Privatinsel mit Luxushütten. Der Bootsführer kennt den
„paradiesischen” Preis für eine Exklusivnacht. Rund 1300 Euro, das
Siebenfache seines Einkommens. Da zucken einige doch sichtbar zusammen.
Familientag in der Ost-West-Metropole
Ganz andere Emotionen beherrschen seit Tagen die
philippinischen Crew-Angehörigen: Viele sehen nach Monaten an Bord zum
ersten Mal ihre Angehörigen in Manila auf der Hauptinsel Luzon wieder, der
größten von insgesamt 7107. Keine Stadt Asiens, so heißt es im Infoblatt,
gleiche Manila, einer tropischen Mischung aus Ost und West, in der Bewohner
mit orientalischen Gesichtern auf spanische Namen hören und neben ihrer
Heimatsprache Tagalo Englisch sprechen.
Rund 1100 Familien-Gäste sind angemeldet, eine
logistische Herausforderung für die Schiffs-Manager und eine
ARTANIA-Premiere. Darüber hinaus eine großzügige soziale Tat für die nach
Köpfen stärkste Crew-Gruppe. Doch alle gönnen es den Frauen und Männern, die
bis zu neun Monate rund um die Uhr an Bord arbeiten.
Die Gäste sind an diesem Tag anderweitig
beschäftigt, nämlich wieder „on tour”: ob zu einem Vulkan, auf eine
Kokosnuss-Plantage oder zum Pagsanjan-Fluss.
Rund drei Stunden dauert allein die 80 Kilometer
lange, staureiche Busfahrt durch den Großraum der wimmelnden
Zwölf-Millionen-Stadt Manila: mit vielen zum Teil erschreckenden
Blitz-Einblicken in das Leben der Hauptstädter. Krasse Gegensätze zwischen
glänzenden Wolkenkratzer-Fassaden, gepflegten Wohnsiedlungen, Müllbergen und
vor Dreck starrenden Slums kennzeichnen die philippinische Metropol-Region.
Erschreckende Armut, die Hilfe braucht. Die ARTANIA-Gäste, Seachefs und
Phoenix lassen sich nicht lumpen. Für ein Waisenhaus kommt die stattliche
Summe von 16.000 Euro zusammen. „Darauf sind wir sehr stolz”, freut sich
Kreuzfahrtdirektor Thomas Gleiß über diesen Spenden-Erfolg.
Kanu-Abenteuer in Regenwald-Schlucht
Zwischen hellgrün leuchtenden Reisfeldern und
Bananenplantagen eingebettet der Fluss. Die Gäste machen sich bereit zur
Fahrt in offenen Kanus, nur noch mit Badezeug, Rettungsweste und Sturzhelm
ausgerüstet. Vor der ersten Stromschnelle koppelt das Motorboot seine fünf
Anhängsel ab, und die beiden Bootsleute beginnen ihre schweißtreibende
Paddel-Arbeit gegen den Strom. Einsetzender Nieselregen schützt die
Abenteurer vor allzu großer Hitze und Sonne.
Siedlungen gleiten am flutgesicherten Hochufer
vorüber. Am Ufer schrubben Frauen Wäsche, Männer zimmern Boote zusammen,
decken Hütten mit Palmwedeln oder angeln, Kinder planschen fröhlich
schreiend und winkend im braunen Wasser. Brandgeruch liegt in der Luft.
Das Flusstal verengt sich zusehends, die Flanken
werden steiler. Bis riesige Felsbrocken anscheinend die Weiterfahrt
versperren. Doch die braunhäutigen Männer, Banceros genannt, springen
beherzt ins Wasser und wuchten das schwer mit drei Europäern beladene,
gerade mal 70 Zentimeter breite Kanu über die gurgelnden Stromschnellen zu
Berg, sich geschickt barfuß von einem glatt geschliffenen Felsen zum anderen
vortastend. Haarscharf rasiert das Holzboot an Steinen entlang, die Riefen
in die Planken schneiden und sie bis zum Bersten belastet. Wasser schießt
immer wieder seitlich ins kipplige Boot. An unpassierbaren Abschnitten
bieten Stahlrohre eine Art Rutschhilfe über Flachstellen. Immer wieder
durchdringen Juchzer – Lust-, Angst- oder Entsetzensschreie? ‒ die dunkle,
von dichtem Regenwald überwucherte Schlucht, die davon widerhallt. Doch dann
ist Schluss, als voraus schäumendes Wasser aus rund 90 Metern Höhe
herabstürzt: der Pagsanjan-Wasserfall. Nur noch „Ahs!” und „Ohs!” sind durch
das Rauschen zu vernehmen.
Ganz Mutige lassen sich von kräftigen, jungen
Männern auf einem Bambusfloß durch den kühlen Schwall in die Höhle hinter
der ohrenbetäubend tosenden und gischtenden Fallzone ziehen. So ähnlich
müssen sich Schiffbrüchige auf hoher See bei Windstärke zwölf fühlen.
Nicht genug damit: Wer will, kann hier auch noch
Baden gehen. Alles schreit jetzt nur noch vor reinem Vergnügen.
Und noch während der rasenden Schussfahrt zu Tal
bestätigt jeder, so etwas im Leben noch nie erlebt zu haben. „Der
wahnsinnigste Ausflug der Reise!”, strahlt eine bis auf die Haut durchnässte
Kanutin, „Abenteuer pur!”
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Auch der Gala-Abend wird noch überstanden, doch dann
fallen die Kanufahrer in einen wohlverdienten Tiefschlaf, in den sie das
Südchinesische Meer sanft wiegt.
Ni hau oder hallo in China
Bis die Stimme von Kreuzfahrtdirektor-Assistent Jörn
Hofer alle um sieben Uhr aus süßen Träumen reißt. Sein
historisch-geografisch-politischer Morgenvortrag ist zu dieser frühen Stunde
nicht jedermanns Sache. Festgemacht in Kaohsiung, der zweitgrößten Metropole
der Republik Taiwan. „Die subtropische Insel”, doziert der studierte
Pfarrer, „liegt nur 160 Kilometer vom Festland der Volksrepublik entfernt
und ist ein Hort traditionellen Chinesentums. Aber auch gleichzeitig eine
führende Industrienation und gilt neben Hongkong, Singapur und Südkorea als
einer der ‚Tiger Asiens’”.
Im Bus übersetzt Bord-Reiseleiter Constantin, er
approbierter Apotheker, seinen chinesischen Kollegen, Herrn Li: „Seit 1949
ist Taiwan das Bollwerk Nationalchinas, das kleiner ist als die Schweiz,
aber mit 23,5 Millionen Einwohnern wesentlich dichter besiedelt”. Warum
portugiesische Seefahrer das Eiland im 16. Jahrhundert Ilha Formosa, „Schöne
Insel”, nannten, erfährt man auch: wegen seiner Landschaft mit dem höchsten
Berg im Nordosten Asiens, spektakulären Schluchten und drei Nord-Süd
verlaufenden Bergketten.
Wir haben uns für den Ausflug „Kaohsiung und Sky
Tower” entschieden. Per Fähre wird der pulsierende Hafen überquert. Erste
Kontakte an der Reling mit Chinesen, die uns ‒ sich höflich verbeugend ‒ „Ni
hau!”, „Guten Morgen!“ wünschen und scheu mit r-losem Englisch nach dem
Woher und Wohin fragen. „Gelmany? Oh!” ist die häufige Reaktion, „welcome in
China!” Ein kleines bezopftes Mädchen wird zum Shooting-Star, worüber ihr
zahnloser Opa sichtlich stolz ist.
Anlandung auf der Insel Qijing, die als Wiege von
Kaohsiung gilt. Hinein ins quirlige Sonntagsleben mit krachendem Feuerwerk,
weihrauchverqualmten Tempeln, appetitanregend duftenden Suppenküchen,
Straßenmarkt mit exotischen Fischen, Früchten und Gemüse der Region.
Rikscha-Fahrer in traditioneller Tang-Dynastie-Tracht laden zu einer kleinen
Rundtour ein. Das ländliche Asien überrascht hier mit einer Flut von neuen
Eindrücken. Die lassen sich am besten sortieren bei einem erfrischenden Bad
im Südchinesischen Meer. Der kilometerlange feinsandig-graue Inselstrand
lädt dazu förmlich ein.
Echter Tages-Höhepunkt: der Tuntex Sky Tower. Der
85-stöckige Wolkenkratzer zählt mit seinen fast 350 Metern Höhe zu den
höchsten Gebäuden der Welt. Nach 43 Sekunden raketenschneller Fahrstuhlfahrt
wird man mit einem atemberaubenden Panorama-Blick aus 285 Metern Höhe
belohnt. Auch Menschen mit Höhenangst, die hier seltsamerweise nichts
dergleichen spüren. „Als wennste schwebst”, bringt es ein Berliner auf den
Punkt.
Zurück auf harten Planken heißt es nur noch
Abschiednehmen von neuen und alten Freunden nach rund vier Wochen und 7.437
Seemeilen auf dem Brückentacho, Packen und bis um acht Uhr am nächsten
Morgen die Kabine zu räumen. Geordneter Rückzug. Der Tag und die
anschließenden Flüge zurück ins kalte Mitteleuropa sind lang und
anstrengend. Doch dafür gilt nur eins: Überstehen ist alles!
350 Gäste verlassen in Keelung, der pulsierenden
Hafenstadt nahe der Hauptstadt Taipeh im Inselnorden, am nächsten Tag das
Schiff, 700 neue steigen zu. Full house! Sämtliche Crew-Mitglieder sind im
An- und Abfahrtsstress. Dann zieht die ARTANIA-Weltreise-Karawane weiter.
Bis zum 10. Mai, dann nämlich geht die Umrundung der Erde zu Ende. „Die
große Hafenrundfahrt”, nennt ein „Verrückt-nach-Meer”-Witzbold die 140 Tage
lange 20.000-Seemeilen-Reise von Genua nach Genua.
Doch wir können schon jetzt ein Fazit von unserer in
Taiwan beendeten Reise ziehen, die – getreu Alexander von Humboldt, dem
Forschungsreisenden des 19. Jahrhunderts – für „Weltbewusstsein” gesorgt
hat: Was bleibt, ist Erinnerung und eine nie zu stillende Sehnsucht.
Kein Geringerer als Christoph Kolumbus drückte es
nach seiner ersten Atlantik-Überquerung 1492 am treffendsten aus: „Die
Wirklichkeit überragt unsere Erwartungen und Wünsche”.
Für die ARD drehte der Bayerischer Rundfunk auf der
ARTANIA während dieser Reise die 6. Staffel (171.-220. Folge) der
TV-Doku-Serie „Verrückt nach Meer”, die ab März 2017 ausgestrahlt wird.
Routenverlauf
Auckland/Neuseeland - 3 Seetage - Sydney/Australien
- 1 Seetag - Brisbane/Australien - 1 Seetag - Hamilton Cove/Whitsunday
Islands/Australien - Cairns/Australien - 1 Seetag - Port
Moresby/Papua-Neuguinea - 2 Seetage - Banda Neira/Molukken/Indonesien -
Ambon/Molukken/Indonesien - 2 Seetage - Puerto Princesa//Palawan/Philippinen
- Coron/Busuanga/Philippinen - Manila/Philippinen - 1 Seetag -
Kaohsiung/Taiwan - Keelung/Taipeh/Taiwan; insgesamt 7.473 Seemeilen;
Weltreise insgesamt: 140 Tage, 68 Häfen, 35 Länder,
rund 20.000 Seemeilen.
Neue Akzente in der klassischen deutschen Kreuzfahrt
Das beginnt mit der Begrüßung an der Gangway: Man
schaut nur in strahlende Gesichter. Auf dem begleiteten Weg zur Kabine hat
man sofort das Gefühl, angekommen zu sein. Mit charmantem Lächeln wünscht
die Kabinenstewardess eine angenehme Reise, die auf MS ARTANIA garantiert
ist, sozusagen im Preis inbegriffen.
Man kann die schönste Zeit des Jahres individuell
und völlig unbeschwert genießen, aber auch eine Menge unternehmen.
Das Programm ist vielfältig: von der Unterhaltung
über die Information bis hin zur Bildung. Jeder Gast wird auf MS ARTANIA das
für ihn Passende finden. Dargeboten und moderiert von einem
hochprofessionellen Team, darunter Schauspieler, Sänger, Musiker, Zauberer
oder Imitatoren. Manchmal reist auch ein komplettes Künstler-Ensemble mit.
Lektoren, Fachleute auf den verschiedensten
Gebieten, gehören auch zu diesem Kreis. Sie bieten eine große Zahl von
Vorträgen wie Seminaren an und bereiten die Gäste intensiv auf die jeweilig
anstehenden Landausflüge vor.
Das Größte jedoch ist und bleibt der Kontakt zur
See. Auch wenn sie mal bewegter sein sollte. Angst vor großen Wellen?
Unnötig. Stabilisatoren gleichen Rollbewegungen aus.
Auf den weitläufigen Außendecks spürt man hingegen
den Wind und die Salzluft auf der Haut und in den Haaren. Bei einem Glas
Wein zum Beispiel den Sonnenuntergang von der Reling aus zu genießen, dem
entspannenden ewigen Spiel der Wellen zuzusehen – das ist das Einmalige an
einer Kreuzfahrt, inzwischen zu
d e r Urlaubsform unserer Zeit
avanciert. Der Urlaub ergibt sich aus dem Reisen.
Traditionell zeitlos, kosmopolitisch innovativ
Ganz im Stil moderner Luxusschiffe bietet MS ARTANIA
nur Außenkabinen. MS ARTANIA setzt, besonders nach der Renovierung im Herbst
2014, neue Akzente in der klassischen deutschen Kreuzfahrt.
Traditionell-zeitlos und zugleich kosmopolitisch-innovativ präsentiert sich
das Schiff.
Die komplette Maschinenanlage der ARTANIA wurde
ausgetauscht durch vier neue, leistungsstarke Hauptmaschinen des Typs
Wärtsilä 12V32. Zudem erhielt das Schiff einen neuen Generator zur
Stromversorgung sowie neue Frischwasserleitungen.
Neben diesen technischen Veränderungen bekam MS
ARTANIA auch im Innern ein neues Aussehen. In vielen Bereichen wurden
Teppiche und Wandschmuck erneuert, das beliebte Restaurant „Vier
Jahreszeiten” wurde komplett renoviert.
Auf Deck 7 und 8 wurden alle Balkone erneuert. Bei
den Suiten auf Deck 8 nebst diversen Suiten und Kabinen der Decks 2, 6 und 7
wurden die Bäder komplett neugestaltet, Tapeten- und Teppichwechsel
vorgenommen. Auch Möbelerneuerungen in diesen und vielen weiteren Kabinen
gehörten zum Werftprogramm.
MS ARTANIA verbindet modernen Komfort mit den
Eigenschaften klassischer Kreuzfahrttradition. Das Schiff beeindruckt mit
seiner Größe. Dennoch ist es für nur 1.200 Passagiere ausgelegt, die alle in
Außenkabinen mit Panoramafenster oder mit eigener Privat-Veranda
untergebracht sind. Es bietet auf neun Decks vielfältige Lounges und Bars,
geschmackvolle Einrichtung, eine über zwei Ebenen offene Lobby, zwei
Internet-Cafés, Bibliothek mit Kartenspieltischen, Theater/Kino, eine
Show-Lounge, zwei gleichwertige Restaurants, ein Lido-Buffet-Restaurant mit
Terrasse, Boutique, Beauty-Salon und einem SPA/Wellnessbereich mit Massage,
Fitness-Center und Saunen. Die Restaurants bieten ausreichend Platz, damit
alle Gäste bequem in einer Tischzeit mit langen Öffnungszeiten speisen
können.
Was alles geboten wird
Eine Lichtdurchflutete Innenpromenade, sechs
Fahrstühle und mehrere Treppenhäuser stehen zur Verfügung, um schnell von A
nach B zu gelangen. Die Außendecks bieten viele geschützte Liegeplätze, zwei
Poolbereiche, ein klassisches Terrassen-Heck mit der schon berühmten
Phoenix-Bar sowie eine Rundum-Promenade. Der „Ausguck” Schiff voraus wie
auch das unverbaute Terrassen-Heck bieten hervorragende Ausblicke.
Gemütliche Treffpunkte für gute Unterhaltung gibt es
an Bord zur Genüge. Die über zwei Decks offene, runde Hotel-Lobby mit der
eleganten Harry’s Bar ist einer dieser Orte. Den Lieblingsdrink genießen
oder guter Unterhaltung folgen kann der Gast auch in der
Artania/Bodega-Wein-Bar oder in der Casablanca-Lounge. Die beiden breiten
Promenadengänge auf dem Salon-Deck verbinden alle wichtigen Einrichtungen.
Zwischen der Show-Lounge „Atlantik” mit allabendlichen
Veranstaltungsprogrammen und dem Restaurant ARTANIA befinden sich Boutiquen,
Bordkino, Bibliothek mit Kartenspieltischen und Internet-Café.
Logenplatz über dem Meer
Zwei gleichwertige Restaurants mit großen
Panoramafenstern stehen zur Auswahl, um sich bei freier Platzwahl während
langer Öffnungszeiten ganz nach Wahl, früher oder später (inklusive
Tischwein zum Mittag- und Abendessen) kulinarisch verwöhnen zu lassen. Das
Lido Buffet-Restaurant mit Frühstücks- und Mittagsbuffet bietet auch abends
eine weitere Option für all diejenigen, die es zwanglos mögen. Bei gutem
Wetter können auch die Außenplätze auf der Sonnenterrasse oder im
Außenpoolbereich genutzt werden. Neben den Hauptmahlzeiten gibt es ein
Frühaufsteher-Frühstück, die 11:00 Uhr-Bouillon, Kaffee & Kuchen sowie den
traditionellen Mitternachtssnack. Selbstverständlich darf auch das festliche
Captains Dinner nicht fehlen sowie das große Gala-Buffet bei längeren
Reisen. Die hoch oben gelegene Panorama-Lounge „Pazifik” ist ein Logenplatz
über dem Meer.
Im neuen Wellness & Spa auf dem Sonnendeck kann man
Fitnesscenter und Saunen nutzen sowie eine bunte Vielfalt an Massagen (gegen
Gebühr) genießen. Des Weiteren an Bord: Beauty-Salon, Wäscherei und
Waschsalon zur Eigennutzung, Bordhospital mit deutschem Arzt, Poolflächen
mit Pool- und Kopernikus-Bar, Ausguck, geschützte Liegeflächen,
Rundum-Promenade und Terrassen-Heck mit Phoenix-Bar, Shuffleboard, Dart,
Kicker und Tischtennis, Phoenix-Bordreisebüro sowie Phoenix-Counter. Brückenführungen werden zwei Mal pro Reise
veranstaltet.
Seemannschaft, Menschenführung und Disziplin
Kapitän Morten Hansen entstammt einer
alteingesessenen norwegischen Familie, in der schon seine Vorfahren Kapitäne
und Lotsen waren.
Ans Aufhören denkt der agile und sportlich
durchtrainierte Mann mit familiärem Wohnsitz in Österreich noch längst
nicht: „So lange mir die Sache noch Spaß macht und ich gesund bleibe,
verschwende ich keinen Gedanken daran”.
Mit der ARTANIA von Phoenix Reisen übernahm er auch
eine beachtliche Fan-Gemeinde. Befragt, welche Fähigkeiten man als
Kreuzfahrt-Schiffsführer unbedingt haben sollte, nennt er spontan „gute
Seemannschaft, Menschenführung und Disziplin”. Und man müsse „auf die Leute
zugehen können, sonst wird das nix”, ist er überzeugt. Allerdings sei man
immer auf dem Sprung, „um das Schiff ständig auf dem höchsten
Sicherheitsniveau zu halten”, wie Hansen betont, „das sei das Schwierigste,
auch wenn es sich nicht danach anhört”. Und das Schönste an dem Beruf des
Kreuzfahrtschiff-Kapitäns? „Zufriedene Gäste”, kommt es wie aus der Pistole
geschossen, „vor allem, wenn, so wie bei uns, viele Repeater an Bord kommen,
die man irgendwann auch mit Namen ansprechen kann”. Kein Problem für Hansen,
der in aller Regelmäßigkeit – bis auf seinen wohlverdienten Urlaub – an Bord
anzutreffen ist. Ein Kapitän zum Anfassen und stets für seine Gäste da.
Nach drei Jahren Schiffsbetrieb eine gute Bilanz,
die sich auch in einer hohen Auslastungsrate äußert. Dazu habe auch die
ARD-Serie „Verrückt nach Meer” beigetragen, die ist ein gutes
Aushängeschild, so Phoenix-Geschäftsführer Benjamin Krumpen.
MS ARTANIA
Größe
|
44.500 BRZ
|
Länge
|
231 Meter
|
Breite
|
29 Meter
|
Tiefgang
|
7,80 Meter
|
Decks
|
9
|
Baujahr
|
1984 als ROYAL PRINCESS, Taufpatin
Prinzessin Diana,
ab 2004 ARTANIA, regelmäßige
Renovierungen.
|
Bauwerft
|
Wärtsilä, Helsinki, Finnland
|
Stabilisatoren
|
Flossenstabilisatoren Sperry Marine
|
Antrieb
|
4 x 9500 PS Wärtsilä-Dieselmotoren,
2 Verstellpropeller
|
Verbrauch
|
cirka 80 Tonnen Diesel pro Tag
|
Geschwindigkeit
|
15 bis 18 Knoten
|
Reederei
|
V-Ships, Monaco
|
Flagge
|
Bermuda
|
Besatzung
|
Etwa 514, zumeist europäisch und
philippinisch (insgesamt 38 Nationen),
(Offiziere zumeist deutsch und europäisch)
|
Passagiere
|
maximal 1.200, meist deutsche Gäste
|
Klssifikation
|
Lloyds Register
|
Sateliten-Kommunikation
|
Navigation, Telefon, Fax, Internet
|
Netzspannung
|
220 V Wechselstrom
|
dto. im Bad
|
220 V/110 V/60 Hertz/40 Watt
|
Bordwährung
|
EURO, Visa-, Master- und deutsche
Girocards
werden akzeptiert, Abrechnung in EURO
|
Bordsprache
|
deutsch
|
Reiseleitung
|
deutsch, etwa 13 bis 15 Reiseleiter
|
Restaurants
|
2 gleichwertige Restaurants, je 900
Plätze und 280 Plätze Lido-Buffet-Restaurant, eine lange
Tischzeit, freie Platzwahl
|
Aufzüge
|
6
|
Rollstuhlfreundlich
|
4 Kabinen behinderten-/rollstuhlfreundlich
|
|
|