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Liberty Island in der Hudson Mündung. Der malerische Sonnenuntergang täuscht, gegen 18 Uhr ist es bitter kalt. Der Flugverkehr nach Newark, New Jersey, läuft die ganze Nacht über durch. |
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Wolfgang Michael Schmidt mit Fotos von Susanne Pilgram Fisch & Ships – Transatlantik mit der QUEEN MARY 2 |
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Seit 19 Jahren gehört Cunard zum amerikanischen Carnival-Konzern, der weltweit mit über 100 Schiffen unterwegs ist. Die drei Cunard-Queens müssen dabei vor allem Briten und Amerikanern von royaler Größe und ewiger Seefahrer-Tradition künden. Und damit möglichst viele Gäste an Bord locken. Der gewaltigen QUEEN MARY 2, eben wochenlang teilrenoviert, gelingt die Verbindung von Pomp, Circumstances und britischer Schlamperei besonders gut. Sie ist damit Goldfisch der Cunard-Flotte.
Wowww! Woww. Wir haben sie als Erste gesehen, aber jetzt sehen wir sie zum ersten Mal. Woww? Als erste gesehen? Jetzt sehen wir sie zum ersten Mal? Muss man erklären. November 1999, wir sind an Bord der QUEEN ELIZABETH 2, Tag 4 auf der Fahrt von Miami nach Southampton. Kapitän Paul Wright hat 12 oder 14 handverlesene Menschen auf einen Drink in seine Privaträume geladen. Ein Butler führt uns an die geheime Tür. „Welcome”, sagt der Captain strahlend, der Mann ist bester Laune. Kein Wunder. Wir stehen um einen Tisch, auf dem Papiere liegen, haben ein Glas in der Hand. „Ladies and Gentlemen”, sagt Paul Wright, „ich habe gerade ein Telex aus der Cunard-Zentrale bekommen. Wir bauen ein neues Schiff, und zwar eine neue QUEEN MARY”. Die Papiere auf dem Tisch sind Pläne, Captain Wright rollt sie aus. Und lässt die Katze aus dem Sack: „Es wird nicht irgendein Schiff, sondern das größte Passagierschiff aller Zeiten.” November 2016. Wir stehen am Ocean Cruise Terminal, Berth 46, Southampton. Gegenüber liegt das riesige Schiff, das größte ist es heute nicht mehr, aber Himmel: es ist groß, atemberaubend groß. Und elegant. Allein schon die Silhouette lässt Shipspotter in die Knie gehen, wegschmelzen vor Begeisterung. Das Ding ist eben ein Ozeandampfer und nicht, wie so viele andere, ein schwimmender Schuhkarton. Vor ein paar Monaten erst lag QUEEN MARY 2 fast vier Wochen in Hamburg im Dock. Für einen Dampfer, der eigentlich Geld verdienen soll, eine schier endlose, tote Zeit. Blohm & Voss renovierte, geschätzt für 50 Millionen Euro, diesmal etwas mehr als nur das Nötigste. Glaubt man Menschen, die noch kurz vorher auf dem Schiff unterwegs waren, muss es drinnen erschütternd ausgesehen haben. Abgetretene Teppiche, durchgesessene Sessel und Sofas. Bars, Restaurants und andere öffentliche Räume abgewirtschaftet, streng riechende Toiletten. Vibrationen auf dem ganzen Schiff. In anderen Worten: es war höchste Zeit, dass Besitzer Cunard seinem Dickschiff was Gutes tat. Der Besitzer Cunard? Naja. Cunard gehört seit 1998 den Amis vom Carnival-Konzern, der weltgrößte Kreuzfahrt-Laden, der mit einem Haufen zusammengekaufter Reedereien von Discount bis Luxus alles liefert. Dabei unter anderem Holland America, Princess, Costa, AIDA, Carnival, P&0 und Seabourn. Und seit 1998 Cunard. Damals hatten die Briten gerade noch einen einzigen Dampfer, die 30 Jahre alte QUEEN ELIZABETH 2. Geld für einen Neubau aber hatten sie nicht. Die 870 Millionen Euro für QUEEN MARY 2 kamen komplett aus der Kasse der neuen Cunard-Eigentümer. Jetzt lehnt die QUEEN sehr frisch lackiert und entspannt an der eigens gebauten Abfertigungshalle in Southampton. QUEEN MARY 2 schaut hier übers Jahr recht häufig vorbei, am meisten, wenn sie im Liniendienst zwischen England und USA pendelt. Dann fährt sie am späten Samstagnachmittag weg, und kommt nach 14 Tagen mit der ersten Flut zurück, samstags gegen 5 Uhr früh. Am Abend geht’s wieder raus auf den Nordatlantik. An diesem Samstag werden rund 1.400 Briten an Bord gehen, die meisten davon nach New York und zurück. Außerdem gut 1.100 Amerikaner, die am Morgen aus New York ankamen und nach zehn Stunden England gleich wieder weg wollen. Dazu ein paar Chinesen, Australier, Skandinavier, 54 Deutsche und wir. Na, dann mal los. Natürlich kommt niemand einfach so aufs Schiff. VIPs und Grill-Gäste werden schon vor der großen wie langen Abfertigungshalle abgefangen und diskret in einen Seitengang geschoben. Nach kurzem Check lotst sie ein Steward an Bord und in eine der 169 Suiten. Die gut 2.400 Billigheimer unter den Passagieren aber warten erst mal in der Halle darauf, dingfest gemacht zu werden. Alle werden zur Gesundheit befragt, in Grüppchen eingeteilt, fotografiert und gecheckt, ob sie es auch tatsächlich selbst sind. Spätestens hier wird deutlich, dass Briten zwar gern von Gleichheit sprechen, in Wirklichkeit aber ihr glasklares Klassensystem meinen. Wer die ganze Prozedur überstanden hat, darf die sehr lange Gangway zu einem sehr kleinen Loch in der mitternachtsblauen Bordwand hinaufsteigen. Dort zeigt er zum ersten Mal seinen Bordpass – jetzt wird die QUEEN betreten. Hier sieht alles ganz gut aus, dicke Teppiche, ein paar Stewards mit Sektgläsern, vor Fahrstuhltüren warten Menschen auf Fahrstühle. Wir sind auf Deck 1, und niemand würde sein Handgepäck zu Fuß über die Treppen zur Kabine auf Deck 13 schleppen. Doch die Aufzüge sind klein, und schnell kommt es zum großen Stau. Ein, zwei Stunden später sind dann doch die meisten Passagiere an Bord. Man trifft sich, wie es scheint, auf ein Häppchen oder auch einen satt gefüllten Teller am King’s Court Buffet. Es gibt viel zu wenig Tische, also sitzt man schwer durcheinander, was zur Folge hat, dass sich bald länderübergreifende Grüppchen bilden. Erfahrungen mit den Kabinen, auch in der Bordsprache der QM2 ‚Zimmer’ genannt, sind Thema Nummer Eins. Zu klein, zu eng, zu dunkel, zu hell, das Fenster hinterm Rettungsboot, wackelnde Möbel, zugige Balkontüren. Alle wollen tauschen, aber da sei Gott vor. Am Purser’s Office, Deck 2, bügelt ein Schild alles ab: ‚Queen Mary 2 sails full. Upgrades or change of rooms are not possible’. Dabei gäbe es unter den 1.150 Kabinen oder Zimmern durchaus einige, die allenfalls als Lagerraum genutzt werden sollten: etwa in der Nähe der Abgasleitungen, die aus dem Maschinenraum nach oben zu den drei Kaminen führen und nicht nur Hitze und Lärm, sondern auch starke Vibrationen liefern. Es gibt Kabinen, in denen Bett, Möbel und der Fernseher an der Wand während der gesamten Atlantik-Überquerung heftig scheppern; immerhin jagt die QM2 ja mit mehr als 23 Knoten schnell durchs Wasser, also rund 45 Kilometer pro Stunde, was lässig zum Wasserski reichen würde. Vieles ist eindrucksvoll an Bord. Die Grand Hall auf Deck 2 und 3 und der allmächtige Hauptgang zum Britannia Restaurant. Die gewaltigen Bronze-Reliefs dort sind übrigens aus schnöder Plastik. Was wiederum Sinn macht: Falls die Riesenteile mal von der Wand fallen, werden sie nicht halb so viel Schaden anrichten wie echte Bronze. Das Britannia-Restaurant, hier diniert die ordinäre Klasse der Innen-, Außen- und Balkonkabinen-Gäste, liegt auf Deck 2 und 3 im hinteren Schiff. Dahinter ist bei Dampfern normaler Dimension meist Schluss, bei QM2 nicht. Hier haben die Architekten den ebenso großen wie traditionsbeladenen Queens Room und dahinter noch einen kompletten Night Club versteckt. Bei der alten QUEEN ELIZABETH 2 lag der Queens-Room, eigentlich ein Multi-Kulti-Saal, noch zentral Mittschiffs, bei QM2 geben manche Gäste nach mehrtägiger Suche entnervt auf. Tatsächlich aber ist der Queens Room ein wichtiger Saal – hier empfängt der Kapitän per Handschlag, was niemand missen will, hier wird zudem jeden Nachmittag Punkt 3 Uhr der legendäre High Tea serviert – samt Gurkensandwich und Scones mit Erdbeerkonfitüre und clotted Cream. Will jemand was anderes als Tee, gibt’s gern auch Schampus. Am anderen Schiffsende, also vorn, befindet sich auf den gleichen Decks das Theater, frisch in tomatenrotem Samt renoviert, sowie eine weitere Besonderheit, die nur dank 345 Metern Schiffslänge möglich ist: Hier, deutlich bevor der Bug sich nach innen faltet, liegt Illuminations, ein zweites Theater. In erster Linie wird es als einziges Planetarium auf See genutzt, aber auch für Vorträge und Kinovorstellungen. Auf den Decks 4, 5, 6 und 8 wird gewohnt, angesichts endloser Gänge ahnt man: hier haust das Volk. Es haust, ohne Frage, recht angenehm, wenn gleich in Innenkabinen natürlich fensterlos. In Außenkabinen sieht man durchs Fenster, ob der Himmel hell oder dunkel ist; öffnen kann man auch hier nichts. Die asiatischen Kabinenstewards versprühen frische Luft aus der Dose und putzen mit Highspeed. Wir kennen kein Schiff, auf dem weniger Stewards mehr Kabinen pflegen müssen. Und überhaupt das Personal: alles in allem kommen gerade 1.250 Männer und Frauen auf maximal rund 3.000 Passagiere. Wohl ein weiterer Grund, dass die QUEEN MARY 2 in ihrem 16. Lebensjahr nicht mehr überall als 5-Sterne-Luxusschiff wahrgenommen wird. Aber die Cunard-Menschen tun alles, um ihr schwimmendes Disneyland als einmalig, unübertrefflich, superluxuriös und gigantisch zu verkaufen. Das macht vielen Briten an Bord Mut, von einem Britannien zu schwärmen, das natürlich die Meere beherrscht, mindestens, aber mit QM2 und ihren kleinen Schwestern VICTORIA und ELIZABATH im Besonderen. Dabei übersieht man schnell, dass Cunard seine drei QUEENS schon vor vielen Jahren im englischen Southampton ausgeflaggt hat. Seither ist das Damen-Trio in Hamilton, Bermuda, registriert, das allerdings zum United Kingdom gehört. Der Grund, laut Cunard: Viele Paare wollten auf QM2 heiraten, nicht möglich nach englischem Recht, für die Bermudas aber kein Problem. Kapitän Christopher Wells, begnadeter Entertainer und umwerfender Plauderer, erklärt ganz im Sinne von Samuel Cunard immer gern die kleinen Unterschiede. „Wir sind hier nicht auf einer Cruise”, doziert er beim Empfang am vierten Seetag, „sondern wir sind hier auf einer Crossing”. Und mit Lust pudert Wells seine Reisenden. „1.200 von Ihnen”, doziert er bei der Captain’s Reception, „sind |
Wiederholungstäter. Wir lieben Sie und danken Ihnen. Wären Sie nicht schon wieder an Bord, würde die QM2 halbleer fahren.” Es ist der Augenblick, in dem die 1.200 Wiederholungstäter in Gedanken ihre nächste Fahrt auf QM2 buchen. Natürlich gibt es in diesem gewaltigen Schwimmpalast auch wirklich hinreißende Momente. Der Ausblick aus den Fenstern des wahrlich schönen Commodore Clubs, Deck 9 und ziemlich in der Nähe der Brücke, gibt nicht nur Briten das Gefühl, Kapitän zu sein. Die richtigen Hämmer aber sind dermaßen jenseits, dass ein gewöhnlicher Mensch sie niemals betreten wird: Die wirklich eindrucksvollen Suiten des Queens Grill – etwa die zweistöckigen Grand Duplexe „Balmoral” und „Sandringham”. Jeweils rund 220 Quadratmeter groß, reichen sie vermutlich selbst für Ultrastars so gerade eben aus. Etwas schmalere Brieftaschen kommen mit den Grand & Master-Suiten auch so eben über die Runden, auf jeweils 130 Quadratmetern. Schöner kann man auf See wohl nicht unterwegs sein, an Land auch nicht. Preise werden von Cunard wie Staatsgeheimnisse behandelt. Wer in den Queens Grill-Suiten wohnt, bleibt gern unter sich. Allenfalls verbrüdert man sich mit den Gästen aus dem billigeren Princess-Grill und den Princess-Grill-Suiten. Falls das Fußvolk aus den Kelleretagen das Dasein stört, hält man Abstand, auch über die komplette Reise. Dann begibt man sich in die Bar, die exklusiv zu Queens- und Princess-Grill gehört, zieht sich in die Concierge-Lounge auf Deck 9 zurück oder legt den edlen Körper in die Sonne über der Grill-Terrace achtern auf Deck 11. Auch das Personal wird in den oberen Luxusklassen besser, ebenso die eingeplanten Aufwendungen für den Gast. So gesehen, wird das Britannia-Restaurant schnell zur Mensa. Es gibt – etwa vor dem abendlichen Drei-Gang-Dinner – keinen „Gruß aus der Küche”. Brot kommt nicht im Korb, sondern wird scheibchenweise vorgelegt. Das Pralinchen zum dünnen Kaffee besteht schon mal aus Puffreis und ist schon fast bösartig. Der Service des zumeist asiatischen Personals ist effizient, aber hastig. Wer in der ersten Schicht um 18.30 Uhr isst, spürt genau, dass zwei Stunden später die zweite Schicht kommen wird. Bis dahin muss das 900-Plätze-Restaurant wieder taufrisch wirken. Die Maitre’d geben sich gern unnahbar und lehnen Wünsche nach einem Tischwechsel erst mal diskussionslos ab. An diesem Punkt kriegt das Bild vom unübertrefflichen Luxus an Bord für manchen Reisenden erste Risse. Weitere Risse – man muss einfach drüber reden – bescheren die Toiletten. Es gibt Schiffe, bei denen die Toiletten doppelt und dreifach so groß sind wir hier. Und in denen Personal für Sauberkeit nonstop sorgt. Vor allem jene natürlich, die an Anlaufpunkten wie Restaurant, Bars und Theater liegen. Alte Männer tropfen nun mal, und alte Männer sind auf der QM2 in Scharen unterwegs. Aber weder entsprechen Größe oder Menge öffentlicher Toiletten den Bedürfnissen, noch sind die Orte wirklich sauber oder wenigstens geruchlos. Es ist halt, sagt ein Wiederholungsfahrer mit leiser Resignation, wie im täglichen britischen Leben: außen Hui, innen oft Pfui. Man kann die Minuspunkte auf einem Konto addieren – dann ist es aber fair, die Pluspunkte in einer Nachbarspalte aufzuschreiben. Es gibt durchaus viel von beiden – arbeiten wir das mal ab. Um mit den Klos anzufangen: 5 Punkte minus. Die knallharte Kleiderordnung sorgt zwar dafür, dass niemand im Trainingsanzug oder noch verirrter im Restaurant einläuft. Aber sie ist, zumindest für Gäste, die per Flieger anreisen und auf schlankes Gepäck achten müssen, auch eine Zumutung. An vier von sieben Abenden ist bei der Fahrt nach New York „Formal” angesagt und somit der Tuxedo fällig, mindestens aber ein dunkler Anzug: 3 Punkte minus. Die nötigen Hemden und Blusen, auch anderes, können Gäste auf QM2 nach alter Cunard-Sitte selbst waschen. Auf sechs Decks stehen kostenlose Waschmaschinen und Trockner: 3 Punkte. Der schöne Chart Room (Deck 3) ist eine vorzügliche Bar für den Drink zwischendurch: 4 Punkte. Nebenan die Veuve Cliquot-Champagner Bar: etwas zu wenig Stil, 1 Punkt. Sir Samuel Coffee Bar: der beste Kaffee auf dem Atlantik, 3 Punkte. Die aktuelle Ausgabe des legendären Cunard-Pubs „Golden Lion” (Deck 2) ist eigentlich immer eine Sünde wert. Die Briten stehen Mittag für Mittag geduldig nach Fish & Chips an, und wer das gegessen hat, kann es verstehen: 4 Punkte. Jeder Gast zahlt eine tägliche Trinkgeld-Pauschale, für Barpersonal oder Sommeliers werden aber nochmals 15 Prozent Service fällig: 4 Punkte minus. Die Pools (Decks 6 und 8, outdoor, Deck 12, indoor) sind samt und sonders zu klein. Alte Menschen poolen nicht? Lieber Herr Cunard: 3 Punkte minus. Auf Deck 7 der Spa-Bereich mit einem zu kleinen Heißwasser-Bubble-Pool. Der ist beliebt, man kauft sich in den Kreis der Benutzer ein. Das kostet extra, und zwar nicht zu knapp. Auf anderen Schiffen läuft das auch nicht anders, aber hier gibt’s außer Sauna und Aromakabinen keinen Ruheraum, keine beheizten Liegen, kein Garnix: 3 Punkte minus. Die Bibliothek auf Deck 8 mit fast 10.000 Bänden ist mit Abstand die größte auf einem Schiff. Dicker Teppich, Mahagoni-Leder-Möbel, elegante Tisch- und Stehlampen: wunderbar. 5 Punkte. Das Entertainment-Programm ist, mit einem Wort, grottenschlecht. Was im Theater abends in 35-Minuten-Portionen als Weltklasse angepriesen wird, entpuppt sich als absoluter Tiefpunkt. Ja, mit Ausnahmen, aber selten. 5 Punkte minus. Das teakbelegte Promenadendeck (7) kann komplett umrundet werden. Drei Runden sind stramme 1,1 Meilen. Nur bei schönem Wetter, weil Regen stellenweise wie ein Sturzbach reinhaut: 2 Punkte. Wer nicht an die Luft will, bleibt halt drinnen. Der längste Kabinengang (Deck 6) macht aus zwei Runden 1,2 Kilometer. Aber: von diesem Gang gehen 188 Balkonkabinen ab, aus denen immer wieder Menschen in den engen Gang wollen: 0 Punkte. Die Brücke liegt auf Deck 11. Meist machen Schiffe aus dem Weg dahin ein heiliges Geheimnis. Nicht QM2. Hinter der Brücke liegt nämlich ein öffentlich zugänglicher Observationsraum. Freier Blick auf die Brücke, freier Blick auf See. Man darf alles, nur nicht fotografieren und Offiziere durch die Scheibe mit Bananen oder Schokolade ködern. Wer das tut, wird kielgeholt. 5 Punkte. Auf Deck 12 reisen die kleinen Lieblinge: Hundchen und Kätzchen, gern auch Hund und Katze. Von einer Ziege, die mitgefahren sei, hört man, ebenso von einem Pony. Die ‚Kennels’ (Deck 12) bieten nach der Renovierung Platz für 22 Tiere. Davor stehen eine echte Straßenlaterne aus Liverpool und ein Hydrant aus New York: 5 Punkte. Die kleine Wette geht an das Plus-Konto: 29 gegen 23 Minuspunkte. Und in diesem Verhältnis zeigt sich das ganze Schiff: Es bietet viel Schönes, Gutes, Einmaliges. Leider auch viele Mängel, kleine Schlampereien, Geiz. Im Kings Court, dem Buffet-Restaurant auf Deck 7, gibt es jeden Abend Dinge, die im Britannia-Restaurant überhaupt nicht angeboten werden. Die Käseauswahl im Britannia-Restaurant ist eine der ganz großen Pleiten auf See. Im Kings Court-Buffet aber werden Käsefans glücklich – da gibt es eine heftige Auswahl feiner Käsesorten. Das ist Kings Courts Plus. Das Minus: Niemand wird je erfahren, was sich die französisch-englischen Schiffsarchitekten einst dabei gedacht haben, die Kings Court-Gäste im Gang zu platzieren, wo es besonders laut und ungemütlich ist. Unterm Strich ein vollkommen missratener Ort, der auch nach der Renovierung nicht besser geworden ist. Wir sind jetzt fünf Tage unterwegs, noch zwei Abende bis New York. Ein unbekanntes Grippe- und Hustenvirus wütet an Bord, das Schiffshospital mit zwei Ärzten hat alle Hände voll zu tun. Es ist ganz prima ausgestattet, das Personal freundlich und zuvorkommend. Mittlerweile stehen überall im Schiff Desinfektionsmittelspender, die freilich in erster Linie gegen den schwer gefürchteten Noro-Virus kämpfen, gegen Husten und Heiserkeit jedoch nicht wahnsinnig erfolgreich sind. Aber von sowas lässt sich ein Ding wie QUEEN MARY 2 nicht aus der Spur bringen. „Nein”, sagt Captain Wells, und bemüht sich, ganz ernsthaft zu bleiben, „denken Sie immer daran: unser Schiff ist speziell für die Überquerung des Nordatlantik gebaut, mit doppeltem Rumpf aus zwei Schichten Stahl. Bis die Grippeviren sich da durchgefressen haben, dauert es eine Weile.” Dann zwinkert er doch, ganz leicht, und schwebt in seiner schwarzen Gala-Uniform mit vier dicken Goldstreifen und Raute am Ärmel davon. Zwei Tage später, Samstagmorgen, liegt QUEEN MARY 2 am Pier von Brooklyn. Drüben ist Governors Island, dahinter Manhattan, weiter links die Statue Of Liberty. Ein superschönes Bild. Die Sonne scheint, die Luft ist brutal kalt. Kein Wunder, Mitte November ist auch in New York Winter angesagt. Wir haben sieben Seetage auf dem Konto, viele Transatlantiker sind froh, wieder festen Boden unter den Füßen zu spüren. Wir haben fünf Tage die Uhren verstellt, jeden Mittag eine Stunde. In New York ist es gerade neun Uhr morgens, in Southampton schon 14 Uhr. In den nächsten sieben Tagen, wenn die QM2 zurück nach Europa rennt, holen wir das wieder raus. Im Handumdrehen ist es 17 Uhr, Mary macht die Leinen los, und ab geht es nach Europa. Es ist längst stockdunkel, als das Schiff unter der berühmten Verrazano-Narrows-Bridge durchrauscht. Später sagt jemand, an diesem Abend wären gerade fünf Meter zwischen dem dicken rotschwarzen Schornstein und der Brücke gewesen. Wenig später trifft man sich in der Bar auf einen letzten Drink in amerikanischem Hoheits-Wasser. Nicht schlecht, dieses Amerika, sagt ein Brite und gurgelt leise mit seinem Glenfiddich-Malt, und ja, etwas eindrucksvoller als Southampton sei es doch. Aber er freut sich darauf, in einer Woche dort wieder an Land zu gehen. Wir freuen uns auch. Erst mal kommen noch weitere sieben Tage Atlantik, es ist die nächste komplette Crossing. Und es sind sieben weitere Tage auf einem Schiff, das wirklich das Schönste, Tollste, Aufregendste sein könnte. Es fehlt nicht viel, Ihr Cunards. Tut es einfach, das wäre der Hammer! www.cunard.de |
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November 1999 an Bord der QUEEN ELIZABETH
2, Tag 4 auf der Fahrt von Miami nach Southampton. Kapitän Paul Wright
hat 12 oder 14 handverlesene Menschen auf einen Drink in seine
Privaträume geladen. „Ladies and Gentlemen”, sagt Paul Wright, „ich habe
gerade ein Telex aus der Cunard-Zentrale bekommen. Wir bauen ein neues
Schiff, und zwar eine neue QUEEN MARY”. Auf dem Foto v.l.n.r: Der
Autor, Mrs. Bate, Paul Wright, Susanne Pilgram.
Foto: Cunard Line, Southampton |
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November 2016 am Ocean Cruise Terminal,
Berth 46, Southampton. Gegenüber liegt das riesige Schiff, das größte
ist es heute nicht mehr, aber Himmel: es ist groß, atemberaubend groß.
Und elegant. Allein schon die Silhouette lässt Shipspotter in die Knie
gehen, wegschmelzen vor Begeisterung.
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Die eigens für die QM2 gebaute Abfertigungshalle in Southampton.
QUEEN MARY 2 schaut hier übers Jahr recht häufig vorbei, am meisten,
wenn sie im Liniendienst zwischen England und USA pendelt. Dann fährt
sie am späten Samstagnachmittag weg, und kommt nach 14 Tagen mit der
ersten Flut zurück, samstags gegen 5 Uhr früh.
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Die Grand Hall: nicht ganz so groß wie die Große Halle von Peking, aber doch ganz nett und eindrucksvoll. Und nach der Renovierung auch wieder ein beliebtes Fotomotiv. |
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Der Ausblick aus den Fenstern des wahrlich schönen Commodore Clubs, Deck 9, ziemlich in der Nähe der Brücke, gibt nicht nur Briten das Gefühl, Kapitän zu sein. |
Stormy Weather auf dem Atlantik. |
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Einer der kleinen Pools auf der QM2. |
Spieler ohne Spielzimmer – gespielt wird im Gang. |
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Die Freiheit, hier als Statue, ist immer eine Reise wert. Und
eigentlich kann man sich an der grünen Dame nicht sattsehen.
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Die QUEEN kommt seit ein paar Jahren immer in Brooklyn an. Praktisch für den Blick auf Manhattan. Davor liegt Governors Island, wo einst alles begann. Heute ist der größte Teil der Insel gesperrt und verfällt. |
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Sechs Etagen Balkon, ein paar hundert Meter lang. Bei ruhigem
Atlantik ist das Gefühl nicht sehr viel anders als Busfahren. Nur
schaukelt es weniger.
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Das Wetter kommt gut, 20 Grad in der Sonne. Die Teakliegen auf dem Promenadendeck sind schon längst sämtlich belegt. Zumindest auf der Sonnenseite. |
In der Sir Samuel Coffee Bar gibt es den besten Kaffee auf dem Atlantik. |
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Der schöne Chart Room ist eine vorzügliche Bar für den Drink zwischendurch. |
Nebenan die Veuve Cliquot-Champagner Bar. |
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Im „Golden Lion”: Die Briten stehen Mittag für Mittag geduldig nach Fish & Chips an, und wer das gegessen hat, kann das verstehen. |
Der große Gang führt von der Grand Lobby zum Britannia-Restaurant. Unter den Füßen liegt dick der Teppich, links und rechts zieren riesige Bronze-Reliefs. Bronze? Naja, Bronze-farbige Reliefes. |
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Das Britannia-Restaurant, hier diniert die ordinäre Klasse der
Innen-, Außen- und Balkonkabinen-Gäste, liegt auf Deck 2 und 3 im
hinteren Schiff.
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Die Bibliothek mit fast 10.000 Bänden ist mit Abstand die größte auf einem Schiff. |
Der High Tea im Londoner Savoy stand Pate. Dessen Klasse erreicht der Mary-Tea nicht. Aber klingt doch auch nicht schlecht, wenn Frau Müller sagt: „Jeden Nachmittag um Drei haben wir den Tea genommen. Ja, mit Gurkensandwich und Erdbeer-Scones!” Na, sowas von vornehm! |
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Kapitän Christopher Wells bittet auf ein Glas. Gern auch auf
mehrere. Eine Party, bei der alle mitmachen dürfen. Und das auch gerne
tun. Immerhin ein echter gesellschaftlicher Höhepunkt.
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QM2 pflügt sich durch Windstärke 11.
Oder ist es schon 12? Auf jeden Fall spritzt das Wasser hoch, und der
Wind ist dermaßen scharf, dass alle Decks für Gäste gesperrt sind. Junge
Damen aus der britischen Oberschicht und ihre Mütter könnte es glatt
über die Reeling fegen.
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