Die Fischkirche war bereits um neun Uhr morgens
geöffnet, und wir hätten hier leicht den besten geräucherten Lachs Schwedens
kaufen können, den uns ein schwedischer Besucher anpries. Doch Fisch einen
ganzen Tag durch die Stadt schleppen? Also verschoben wir den Kauf auf die
Rückkehr zur Fähre. Leider waren wir abends zu müde, vom Liseberg noch mal
in die Altstadt zu gehen. So kehrten wir zwar ohne den besten Lachs, doch
mit den schönsten Eindrücken an Bord der STENA
GERMANICA zurück. Wie sieht ein
Weihnachtsmarkt in Schweden aus? Einladende norddeutsche, große wie kleine,
kannten wir. Auf die des Nachbarn im Norden waren wir seit einer Reise mit
Stena Line im letzten Herbst neugierig.
Zwei Stunden Bahnfahrt, sechs Minuten Kofferrollen,
um 17.00 Uhr gingen wir am Schwedenkai in Kiel an Bord der Fähre. Sie legte
um 19.30 Uhr ab und machte am anderen Morgen um 9.00 Uhr in Göteborg fest.
Die nächste Haltestelle der Straßenbahn in die Stadt war ein paar hundert
Schritte entfernt. Die Fahrkarte, die sich in unseren Reiseunterlagen fand,
galt volle 24 Stunden. Wir fanden uns im Stadtplan schnell zurecht und wenn
wir uns zögernd umschauten, fanden wir immer Hilfe. Diesmal ging’s
ums Bummeln, ums Weihnachten schnuppern – Geschichte und Kultur ließen wir
aus.
Keine Kirche, kein Museum lockte, die Königsdenkmale
nahmen wir kaum wahr, die VIKING im Hafen
übersahen wir, das Riesenrad blieb ein schmaler Streifen vor einem
wolkenlosen Himmel. Nur in die Stora Saluhallen, den berühmten Kleinmarkt
der Stadt, ein Paradies an Köstlichkeiten, kehrten wir zum Mittag ein und
aßen hier, was traditionell in Schweden an Donnerstagen gegessen wird: Dicke
Suppe aus gelben Erbsen mit Speck, zum Nachtisch Pfannkuchen mit Marmelade.
Wie halten die Schweden eine Stadt wie Göteborg, die zweitgrößte des Landes,
bloß so sauber? Weder in der Altstadt noch auf den großen Boulevards
jenseits des Wallgrabens sahen wir Abfälle oder volle Papierkörbe. Was uns
schon beim ersten Besuch aufgefallen war, bestätigte sich wieder: Göteborg
ist blitzsauber.
Beim Besuch vieler Weihnachtsmärkte in
Norddeutschland fanden wir verwandelte Innenstädte mit Lichterketten und
Tannendekorationen über den Straßen vor und Marktplätze, auf denen sich Bude
an Bude reihte. In jeder zweiten gab’s
etwas zu essen oder zu trinken. Und über allem schwebte der Duft von
Bratwurst und Glühwein, aus Lautsprechern dudelte weihnachtliche Musik vom
Band. Wenn dann noch Schnee gelegen hätte, hätten wir im Norden eine
Adventszeit wie im Bilderbuch erlebt. Ganz anders sah’s
in Göteborg aus, viel weniger weihnachtlich als bei uns zulande. Geschneit
hatte es dort Anfang Dezember auch noch nicht.
Der Tannenbaumschmuck draußen war sehr viel
verhaltener, nur Lichterketten gab es häufig. In den Kaufhäusern fanden wir
Abteilungen, in denen ausschließlich weihnachtlicher Schmuck für Tisch und
Baum angeboten wurde, doch ansonsten präsentierte jede Abteilung nur das,
was wohl auch sonst zu finden war, jetzt auf festliche Art arrangiert. In
manchen Läden, die sich etwa auf hochwertige Papiere,
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erlesene Kaffees, oder englische Herrenmode
spezialisiert hatten, gab es gar keine Weihnachtsdekorationen.
Weihnachtsmusik jeder Stilrichtung war nur in den Läden zu hören, auf den
Straßen fehlte sie.
Keiner der Plätze der Innenstadt war in einen
Weihnachtsmarkt verwandelt worden. Der fand sich auf dem Liseberg-Gelände.
Außerhalb der Weihnachtszeit ist der Liseberg ein großer Vergnügungspark mit
vielen Attraktionen, nicht ganz so groß wie der Tivoli in Kopenhagen. Wir
fanden uns in Scharen von Besuchern wieder, die vor dem Tor zum Liseberg
warteten. Um 15 Uhr wurden die Kassen und die Tore geöffnet.
Berichterstatter hatten freien Eintritt, jeder andere zahlte, um den Markt
zu besuchen und in eine Welt voller Lichterketten einzutauchen. Sie
schmückten Buden und Läden, Bäume, Fahrgeschäfte und Eisbahnen.
Was uns schon in der Großstadt aufgefallen war,
fanden wir hier bestätigt: man drängelte nicht. Wir bewegten uns über Wege,
vor Buden und in Läden, ohne geschubst oder angerempelt zu werden. Völlig
ungewohnt waren zahlreiche Stände mit Glücksrädern. Man setzte auf eine
Zahl, und wer gewonnen hatte, zog mit einer riesigen Tafel Schokolade davon,
an der sich eine ganze Familie bis ins Neue Jahr erfreuen konnte.
Vorherrschend in den Lädchen auf dem Liseberg waren Weihnachtsdekorationen
in unendlichen Variationen, die wir so in Deutschland nur selten gesehen
hatten. Woher zum Beispiel kamen Schweine mit Flügeln, die es silberfarben
oder goldfarbig als Baumdekoration gab?
Wer wollte, konnte in Restaurants essen oder tanzen
und essen, die Wirte hatten sich natürlich auf die Saison eingestellt. In
Buden gab es Käse, Schinken oder Heringe, speziell auf Weihnachten
zubereitet und gewürzt. Und oben, zwei steile Rolltreppen bergan fanden sich
Läden mit Exquisitem, Pelzmützen, Mundgeblasenem, Handgedrehtem, mit
Designermode und ausgefallenen Fotografien. Den schwedischen Glög fanden wir
auf dem Liseberg schnell, doch er hatte mit dem, was wir als Schwedenpunsch
kennen, wenig gemein. Der Alkohol fehlte, Verkauf und Ausschank sind streng
geregelt. Man trank also süßen, exotisch gewürzten heißen Saft mit
Mandelsplittern ganz ohne Kick.
Buden, in denen Würstchen rösteten oder Fleisch
dampfte, Schmalzgebäck oder Reibekuchen bräunten, suchten wir vergeblich.
Per Straßenbahn zurück zum Chapmans Torg zum Terminal der Stena Line nach
Kiel. Unser Rucksack war, ohne dass wir’s geplant hatten, mit Kleinigkeiten
schließlich doch gut gefüllt. Es regnete, als wir an Bord der STENA
GERMANICA zurückkehrten. Auslaufen um 19.30 Uhr. Nachts prasselte Regen
gegen unser Fenster. Wir spürten Seegang und hörten das eine oder andere Mal
den Bug krachend in die Seen einsetzen. Ein Tiefdruckgebiet, das über
Schottland und Dänemark in die Ostsee zog, erwischte uns mit voller Kraft.
Kaffee schlürfend liefen wir zwei Stunden später als geplant in Kiel ein,
sicher nicht zum letzten Mal aus Göteborg.
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