AUSGABE 1/2012
hr

Foto: Dieter und Petra Bromund, Bremen

Wenn echter Schnee noch nicht gefallen ist, tut’s auch künstlicher auf dem Liseberg.

 

Vor Weihnachten in Göteborg bummeln Lichter auf dem Liseberg

Die Fischkirche war bereits um neun Uhr morgens geöffnet, und wir hätten hier leicht den besten geräucherten Lachs Schwedens kaufen können, den uns ein schwedischer Besucher anpries. Doch Fisch einen ganzen Tag durch die Stadt schleppen? Also verschoben wir den Kauf auf die Rückkehr zur Fähre. Leider waren wir abends zu müde, vom Liseberg noch mal in die Altstadt zu gehen. So kehrten wir zwar ohne den besten Lachs, doch mit den schönsten Eindrücken an Bord der STENA GERMANICA zurück. Wie sieht ein Weihnachtsmarkt in Schweden aus? Einladende norddeutsche, große wie kleine, kannten wir. Auf die des Nachbarn im Norden waren wir seit einer Reise mit Stena Line im letzten Herbst neugierig.  

 

Göteborg ist bequem zu erreichen

Zwei Stunden Bahnfahrt, sechs Minuten Kofferrollen, um 17.00 Uhr gingen wir am Schwedenkai in Kiel an Bord der Fähre. Sie legte um 19.30 Uhr ab und machte am anderen Morgen um 9.00 Uhr in Göteborg fest. Die nächste Haltestelle der Straßenbahn in die Stadt war ein paar hundert Schritte entfernt. Die Fahrkarte, die sich in unseren Reiseunterlagen fand, galt volle 24 Stunden. Wir fanden uns im Stadtplan schnell zurecht und wenn wir uns zögernd umschauten, fanden wir immer Hilfe. Diesmal ging’s ums Bummeln, ums Weihnachten schnuppern – Geschichte und Kultur ließen wir aus.

Keine Kirche, kein Museum lockte, die Königsdenkmale nahmen wir kaum wahr, die VIKING im Hafen übersahen wir, das Riesenrad blieb ein schmaler Streifen vor einem wolkenlosen Himmel. Nur in die Stora Saluhallen, den berühmten Kleinmarkt der Stadt, ein Paradies an Köstlichkeiten, kehrten wir zum Mittag ein und aßen hier, was traditionell in Schweden an Donnerstagen gegessen wird: Dicke Suppe aus gelben Erbsen mit Speck, zum Nachtisch Pfannkuchen mit Marmelade. Wie halten die Schweden eine Stadt wie Göteborg, die zweitgrößte des Landes, bloß so sauber? Weder in der Altstadt noch auf den großen Boulevards jenseits des Wallgrabens sahen wir Abfälle oder volle Papierkörbe. Was uns schon beim ersten Besuch aufgefallen war, bestätigte sich wieder: Göteborg ist blitzsauber.

  

Weihnachtsmarkt einmal anders

Beim Besuch vieler Weihnachtsmärkte in Norddeutschland fanden wir verwandelte Innenstädte mit Lichterketten und Tannendekorationen über den Straßen vor und Marktplätze, auf denen sich Bude an Bude reihte. In jeder zweiten gab’s etwas zu essen oder zu trinken. Und über allem schwebte der Duft von Bratwurst und Glühwein, aus Lautsprechern dudelte weihnachtliche Musik vom Band. Wenn dann noch Schnee gelegen hätte, hätten wir im Norden eine Adventszeit wie im Bilderbuch erlebt. Ganz anders sah’s in Göteborg aus, viel weniger weihnachtlich als bei uns zulande. Geschneit hatte es dort Anfang Dezember auch noch nicht.

Der Tannenbaumschmuck draußen war sehr viel verhaltener, nur Lichterketten gab es häufig. In den Kaufhäusern fanden wir Abteilungen, in denen ausschließlich weihnachtlicher Schmuck für Tisch und Baum angeboten wurde, doch ansonsten präsentierte jede Abteilung nur das, was wohl auch sonst zu finden war, jetzt auf festliche Art arrangiert. In manchen Läden, die sich etwa auf hochwertige Papiere,

 

erlesene Kaffees, oder englische Herrenmode spezialisiert hatten, gab es gar keine Weihnachtsdekorationen. Weihnachtsmusik jeder Stilrichtung war nur in den Läden zu hören, auf den Straßen fehlte sie.

 

Die Millionen Lichter vom Liseberg

Keiner der Plätze der Innenstadt war in einen Weihnachtsmarkt verwandelt worden. Der fand sich auf dem Liseberg-Gelände. Außerhalb der Weihnachtszeit ist der Liseberg ein großer Vergnügungspark mit vielen Attraktionen, nicht ganz so groß wie der Tivoli in Kopenhagen. Wir fanden uns in Scharen von Besuchern wieder, die vor dem Tor zum Liseberg warteten. Um 15 Uhr wurden die Kassen und die Tore geöffnet. Berichterstatter hatten freien Eintritt, jeder andere zahlte, um den Markt zu besuchen und in eine Welt voller Lichterketten einzutauchen. Sie schmückten Buden und Läden, Bäume, Fahrgeschäfte und Eisbahnen.

Was uns schon in der Großstadt aufgefallen war, fanden wir hier bestätigt: man drängelte nicht. Wir bewegten uns über Wege, vor Buden und in Läden, ohne geschubst oder angerempelt zu werden. Völlig ungewohnt waren zahlreiche Stände mit Glücksrädern. Man setzte auf eine Zahl, und wer gewonnen hatte, zog mit einer riesigen Tafel Schokolade davon, an der sich eine ganze Familie bis ins Neue Jahr erfreuen konnte. Vorherrschend in den Lädchen auf dem Liseberg waren Weihnachtsdekorationen in unendlichen Variationen, die wir so in Deutschland nur selten gesehen hatten. Woher zum Beispiel kamen Schweine mit Flügeln, die es silberfarben oder goldfarbig als Baumdekoration gab?

 

Nahrhaftes und Exquisites

Wer wollte, konnte in Restaurants essen oder tanzen und essen, die Wirte hatten sich natürlich auf die Saison eingestellt. In Buden gab es Käse, Schinken oder Heringe, speziell auf Weihnachten zubereitet und gewürzt. Und oben, zwei steile Rolltreppen bergan fanden sich Läden mit Exquisitem, Pelzmützen, Mundgeblasenem, Handgedrehtem, mit Designermode und ausgefallenen Fotografien. Den schwedischen Glög fanden wir auf dem Liseberg schnell, doch er hatte mit dem, was wir als Schwedenpunsch kennen, wenig gemein. Der Alkohol fehlte, Verkauf und Ausschank sind streng geregelt. Man trank also süßen, exotisch gewürzten heißen Saft mit Mandelsplittern ganz ohne Kick.

Buden, in denen Würstchen rösteten oder Fleisch dampfte, Schmalzgebäck oder Reibekuchen bräunten, suchten wir vergeblich. Per Straßenbahn zurück zum Chapmans Torg zum Terminal der Stena Line nach Kiel. Unser Rucksack war, ohne dass wir’s geplant hatten, mit Kleinigkeiten schließlich doch gut gefüllt. Es regnete, als wir an Bord der STENA GERMANICA zurückkehrten. Auslaufen um 19.30 Uhr. Nachts prasselte Regen gegen unser Fenster. Wir spürten Seegang und hörten das eine oder andere Mal den Bug krachend in die Seen einsetzen. Ein Tiefdruckgebiet, das über Schottland und Dänemark in die Ostsee zog, erwischte uns mit voller Kraft. Kaffee schlürfend liefen wir zwei Stunden später als geplant in Kiel ein, sicher nicht zum letzten Mal aus Göteborg.

Foto: Dieter und Petra Bromund, Bremen

Auf dem Liseberg findet Göteborgs großer Weihnachtsmarkt statt ...

Foto: Dieter und Petra Bromund, Bremen

... dessen Tore erst am Nachmittag geöffnet werden.

Foto: Dieter und Petra Bromund, Bremen

Millionen Lichter erstrahlen auf dem Liseberg.

Foto: Dieter und Petra Bromund, Bremen

Feskekorka, die Fischkirche, jedem Besucher bekannt für den besten Fisch der Stadt, der hier zu haben ist.

 

Foto: Dieter und Petra Bromund, Bremen

Der Besucher aus Deutschland sucht das Gespräch mit den bronzenen Fischhändlern vor der Fischkirche.

Foto: Dieter und Petra Bromund, Bremen

Handgedrehte Töpferwaren sind nicht nur Weihnachten begehrt.

 

Foto: Dieter und Petra Bromund, Bremen

Schnaps vom Feinsten: Für Schweden sind die Preise an Bord günstig, für Deutsche liegen sie über denen, die man in unseren Supermärkten zahlt.

Foto: Dieter und Petra Bromund, Bremen

In der Stora Saluhallen trifft man sich zum Genuss schwedischer und ausländischer Gerichte und kann einkaufen, was der Koch begehrt.

Foto: Dieter und Petra Bromund, Bremen

Stadtnahe das Terminal von Stena Line, an dem die Fähre aus und nach Kiel festmacht.

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