AUSGABE 2/2012
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Foto: Dieter Bromund, Bremen

Dieter Bromund · Resortleiter NordseeMagazin

 

 

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Foto: Diercke Weltatlas, Georg Westermann Verlag, Braunschweig Die heutige Linie der deutschen Nordseeküste entstand im Wesentlichen nach der Großen Flut des Jahres 1362. Damals entstanden Dollart, Jadebusen, die Trichter-mündungen von Weser und Elbe und die Inseln der nordfriesischen Küste.

 

Erinnerungen an zwei Sturmfluten

An der Nordseeküste gedachte man in diesen Tagen gleich zweier Sturmfluten. Vor 650 Jahren, am 16. Januar 1362, „erhob sich ein so fürchterlicher Sturm, dass die festesten Gebäude und Kirchen einstürzten und die dicksten Bäume umgeweht wurden”. In dieser Nacht, schrieb ein Chronist Jahre später, seien 7.600 Menschen an der deutschen Nordseeküste ums Leben gekommen. Fast zweieinhalb Meter über den damaligen Deichen stand die Flut, die acht Kirchspiele zerstörte, darunter auch die Stadt Rungholt vor Nordfriesland. Detlev von Liliencron hat ihr in seiner Ballade „Trutz blanke Hans” ein Denkmal gesetzt, und viele Sagen und Romane erzählen von der versunkenen Stadt. Auch die Naturwissenschaft beschäftigt sich mit dem Thema. Warum in so kurzer Zeit so viel Land an der Küste verloren ging, ist ein Forschungsobjekt des Instituts Senckenberg am Meer in Wilhelmshaven. 600 Jahre nach der „Groten Mandränke” erlebte die deutsche Nordseeküste eine andere Flut, die in der Nacht vom 16. auf den 17. Februar 1962 337 Tote forderte und einen Gesamtschaden von fast drei Milliarden DM anrichtete. Die Ebbe konnte aus der deutschen Bucht wegen starker Stürme aus Nordwest nicht ablaufen. Aus dem Binnenland drängte Wasser ins Meer, aus der Nordsee Wasser in Richtung Land. Allein in Hamburg standen 12.000 Hektar unter Wasser, 100.000 Menschen waren von der Außenwelt abgeschnitten. Die Deiche wurden seither erhöht und verbessert, doch wie das Beispiel Greetsiel zeigt, darf man sich am Sandstrand der Nordsee nie ganz sicher vor dem Wasser fühlen.  

 

Foto: Meyer Werft, Papenburg

Die einstige GRAF GOETZEN, vor hundert Jahren auf der Meyer Werft in Papenburg gebaut, wurde sofort nach dem Bau wieder in Einzelteile zerlegt und nach Ostafrika verschifft. Das historische Foto aus dem Jahre 1913 zeigt Markierungs-Punkte für den Zusammenbau vor Ort ...

 

Foto: Meyer Werft, Papenburg

... das zweite Foto das Schiff vor einem Einsatz auf dem Tanganjikasee unter kaiserlicher Flagge.

 

Kaiserlicher Bau bleibt auf dem Tanganyikasee

In Papenburg an der Ems wurde vor 99 Jahren auf der Meyer Werft ein Dampfschiff gebaut, auf den Namen GRAF GOETZEN getauft und sofort nach dem Bau wieder in Einzelteile zerlegt. Die wurden nach Daressalam verschifft und in 5.000 Kisten im damaligen Deutsch-Ostafrika zum Tanganyikasee per Eisenbahn und Trägern transportiert. Der Bausatz wurde am See wieder zu einem Schiff zusammengenietet und sollte nun den Belgiern am anderen Ufer Respekt einflößen. Es sank zweimal, wurde wieder gehoben, und später aus dem Verkehr gezogen, bis die Dampfmaschine durch ein Dieselaggregat ausgetauscht worden war. Weltberühmt wurde das Schiff durch seine Rolle in John Houstons Film „African Queen, der 1951 mit Humphrey Bogart und Katharine Hepburn Premiere hatte. Die LIEMBA, wie die GRAF GOETZEN seit Ende des Ersten Weltkriegs heißt, verbindet heute auf dem See, weil eine Uferstraße um ihn herum fehlt, die Anrainerstaaten Tansania, Sambia, Kongo und Burundi.

Der Papenburger Heimatverein hätte zum hundertjährigen Jubiläum 2013 die LIEMBA 

 

gern wieder zurückgeholt, ist aber inzwischen der Meinung, „das Schiff war immer für den See gedacht und da soll es bleiben. Die Bundesrepublik, das Land Niedersachsen, Firmen und Privatleute werden das nötige Geld für Reparatur und Renovierung aufbringen, damit die LIEMBA, einst ein Symbol des Kolonialismus, jetzt als Zeichen der Völkerfreundschaft weiter den afrikanischen See befahren kann. In Papenburg prüft man, ob nicht ein Modell in halber Größe gebaut werden kann, das an die alte GRAF GOETZEN erinnert.  

 

Foto: Dieter Bromund, BremenWenig spektakulär, doch immer unterwegs – Binnenschiffe sind Arbeitstiere.

 

413 Binnenschiffe in Bremen

Ende des vergangenen Jahres waren im Schiffsregister von Bremen 413 Binnenschiffe registriert, doch im Stadtbild fallen sie kaum auf. Grund: Sie sind so oft wie möglich mit Fracht unterwegs. Der 1933 gegründete Binnenschifferverein hat 140 Mitglieder, die sich jeden ersten Freitag in Bremen zum Stammtisch im „Stadtwirt, Katharinenklosterhof 7 treffen. Binnenschiffer führen ihr Geschäft häufig als Familienbetrieb. Ein Problem der Branche ist die Nachfolgeregelung. Wer sich mit einem Frachtschiff selbständig machen will, muss etwa 150.000 € investieren. Da zögern Banken häufig, weil die Betriebskosten steigen, die Frachtraten sinken und die Konkurrenz aus dem Ausland immer stärker wird.

 

Greetsiel: Kampf gegen Wasser aus dem Binnenland

Einst war das beliebte und bekannte Greetsiel an der Leybucht in Ostfriesland ein Fischerdorf, in dem man sich daran gewöhnt hatte, dass bei starkem Nordwestwind der Hafen öfter mal unter Wasser stand. Sorgen musste man sich erst bei Sturmflut mit hohen Wasserständen machen. Um den Ort und Hafen auch davor zu schützen, wurde vor wenigen Jahren ein großer Seedeich gebaut, der die Leybucht umschließt. Dann zog Anfang Januar das Sturmtief „Andrea” heran und drückte Nordseewasser gegen den Deich und die gewaltigen Sieltore. Das Wasser stieg auf die Höhe von Hochwasser. Die Schleusenwärter konnten die Tore nicht mehr öffnen. Das aber bedeutete auch, dass das Binnenland seine Wassermassen nicht in die Nordsee loswerden konnte. Das Schöpfwerk konnte Felder und Wiesen nur vom Wasser befreien, indem es alles aus dem Binnenland in den Greetsieler Hafen pumpte. Der Pegel dort stieg auf 6,57 Meter und damit bis an die Türschweller von Läden und Gastwirtschaften. Die Fischer wateten in Gummistiefeln und Neoprenanzügen zu ihren Kuttern, um ihnen Leine zu geben und sie vor dem Aufhängen an den Dalben zu bewahren. Eine vergleichbare Situation hatte es in Greetsiel seit zwanzig Jahren nicht mehr gegeben. Doch nach Ansicht amtlicher Stellen bestand für den Ort keine Überflutungsgefahr. Man hält von Amts wegen nichts von einem Plan, das Wasser aus dem Binnenland auch in das Große Meer bei Aurich umzuleiten. Vergleichbare Sturmfluten seien zu selten, hieß es, die Kosten für neue Lösungen unwirtschaftlich. Kurz bevor das Wasser im Greetsieler Hafen über die Türschwellen fließen konnte, fiel auf der Nordsee das Niedrigwasser, die Tore konnten geöffnet werden, das Binnenwasser lief wieder in die Nordsee ab.  

 

Foto: Dieter Bromund, BremenKrabbenfischer vor der deutschen Küste. Bisher waren vor allem Holländer die Vermarkter der Fänge, jetzt soll sich das ändern.

 

Deutsche Krabbenfischer gegen holländischen Händler

Die Erzeugergemeinschaften in Niedersachsen und Schleswig-Holstein im Landesfischerverband wollen sich zusammenschließen, um an die Erstvermarktung von Krabben heranzukommen. Üblich war bisher, den eigenen Fang an der deutschen Küste an den niederländischen „Krabbenkönig” Heitploeg aus Zoetkamp zu liefern. Als jetzt neue Verträge ausgehandelt werden sollten, wollte der holländische Vermarkter nur einen Durchschnittspreis von 1,50 € pro Kilogramm Krabbenfleisch zahlen – und das über die nächsten fünf Jahre. Doch um die eigenen Kosten zu decken, brauchen Krabbenfischer drei €uro pro Kilogramm. Die niedersächsischen und schleswig-holsteinischen Fischereiminister unterstützen den Fusionsplan der Erzeugergemeinschaften, der in den nächsten Wochen realisiert werden sollte.     

 

Kritik an fehlendem Gesetz

Der Ton wird härter. Juristen forderten auf dem Verkehrsgerichtstag in Goslar unisono mit dem Verband Deutscher Reeder die zügige Entwicklung eines Gesetzentwurfs und seine Verabschiedung durch den Bundestag. Es geht um den Kampf gegen Piraterie am Horn von Afrika. Private Sicherheitskräfte, die an Bord deutscher Schiffe eingesetzt werden sollen, brauchen eine Zulassung vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle. Das haben bereits Mitte Dezember die Staatssekretäre der verschiedenen beteiligten Ministerien so vereinbart. Doch das entsprechende Gesetz lässt noch immer auf sich warten. Die Reeder verlangen eine schnelle Gesetzgebung, weil sie andernfalls ihre Schiffe unter Flaggen anderer Länder fahren lassen müssten, die liberalere Regelungen praktizieren.  

 

Erstes deutsches Museum für Krimis

In Stollhamm in Butjadingen, dem Landstrich zwischen Wesermündung und Jadebusen, eröffnete der gelernte Grafiker, Buchdrucker, Verleger und Krimisammler Mirko Schädel auf einem ehemaligen Bauernhof das erste deutsche Krimimuseum. Es enthält über 5.000 Titel vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Führungen durch das Museum bietet Mirko Schädel nach Verabredung an.

Krimimuseum, Hauptstraße 80, 26969 Stollhamm-Butjadingen, Telefon 04735-918996. www.achilla-presse.de · mail@achilla-presse.de   

 

Deichhauptmann dankt mit Brief

Theodor Storm machte den Deichgrafen im „Schimmelreiter unsterblich. In Bremen ist der Deichgraf ein „Deichhauptmann namens Dr. Michael Schirmer. Er ist im „Bremischen Deichverband rechts der Weser als Chef eines 31-köpfigen Deichamtes für die Sicherung Bremens vor Hochwasser auf dem rechten Ufer zuständig. Als wichtigste Einzelmaßnahme des vergangenen Jahres nennt der Deichhauptmann in seinem Brief an „seine Bremer Mitglieder, vor allem Grundstückseigentümer, die Sicherung des Deiches an der ehemaligen Einfahrt des Bunkers Valentin in Farge an der Weser. Wer von Bremen nach Bremerhaven die Weser befährt, kann den Bunker, der im Zweiten Weltkrieg deutsche U-Boote schützte, vom Fluss aus am rechten Ufer gut erkennen.  

 

Neue Baumängel sollen Eröffnung des Jade-Weser-Ports nicht verschieben

An der Spundwand des Jade-Weser-Ports wurden dreizehn weitere schadhafte Stellen entdeckt. Bisher waren nur 34 bekannt. Die Reparatur jeder Schadstelle wird mit 250.000 € kalkuliert. Noch im Februar wurde mit der Reparaturarbeiten begonnen. Der offizielle Eröffnungstermin am 5. August 2012 sei nicht gefährdet. Zu den Schäden soll es gekommen sein, weil beim Einrammen der Stahlbohlen auf ein vertikales Führungsgerät verzichtet wurde, das Experten empfohlen hatten.  

 

Plattdüütsche Landkoort

Hue, Lübbs und Gannersee sind plattdeutsche Ortsnamen, die man auf Hochdeutsch als Ritterhude, Lübberstedt und Ganderkesee auf der Landkarte findet. Das Bremer Institut für niederdeutsche Sprache (INS) hat die plattdeutschen Namen von mehr als 500 Orten auf seine homepage – www.ins-bremen.de – gestellt. Auf Knopfdruck kann man sich den plattdeutschen Namen aus einer Audiodatei sogar vorlesen lassen. Dabei gab es immer wieder mal Schwierigkeiten, denn die Aussprache des gleichen Namens ist oft von Ort zu Ort verschieden. Die Datei wird laufend ergänzt.  

 

Osnabrücker Staatsanwälte auf Piratenjagd im Oman

Das „Tatortprinzip hat Osnabrücker Staatsanwälte zu Piratenjägern gemacht. Rund 500 Seeschiffe sind in Haren an der Ems bereedert. Wird ein Harener Schiff von Piraten überfallen, ist die Osnabrücker Staatsanwaltschaft zuständig für die Ermittlung. So reisten zum Beispiel Polizisten des LKA und Osnabrücker Staatsanwälte in Häfen von Oman zu Harener Schiffen, die gegen Zahlung von Lösegeldern frei gekommen waren. Dort befragten sie die Besatzungen nach Einzelheiten von Kaperung und Geiselhaft und untersuchten die Schiffe auf Spuren.

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