FLUSSREISE VON VENEDIG ZUM PO | AUSGABE 3/2012 | ||||||
Ruhig fließt der mächtigste Strom Italiens der Adria zu. |
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Nur vier Schiffe pendeln wöchentlich zwischen Venedig und Cremona
rund 400 Kilometer Po-auf- und -abwärts. Von Massenbetrieb keine Spur. Im
Gegensatz zu den gewaltigen Pötten, die den Adriahafen ansteuern. 1300 gegen
130.000 Tonnen! Unsere „Privatyacht”
scheint sich neben ihnen zu ducken. „Wir
könnten zwar ein Beiboot von denen sein”,
sinniert Günther Paetzoldt, ehemaliger Seemann, „aber meine Frau und ich
sind froh, nur in kleinem Kreis zu reisen”.
Ein Pinselstrich in reinem Weiß – der schnittige Flusskreuzfahrer MS MICHELANGELO hat an der Lagune am Anleger Giardini geschlafen, farbenblasse Kulisse vor bunten Mauern. Die Flagge am Bug knattert im Morgenwind. Ungeduldig scharren fünf Dutzend Seh-Leute mit den Füßen. Wie einst Goethe in seinem „Tagebuch der Italienischen Reise 1786” schrieb, geht es im Frühsommer 2012 auch manchem Passagier: „So stand es denn in dem Buche des Schicksals, dass ich (...) Venedig (...) zum ersten Mal betreten sollte”. Schon damals stellte er fest: „So ist denn auch Gott sey Dank Venedig kein bloses Wort mehr für mich. Von Venedig ist alles gesagt und gedruckt, was man sagen kann”.
Meisterlich dosiert der
Kapitän die beiden Hauptmaschinen seines Dampfers und dirigiert das
schlanke Schiff von der Pier ins breite Fahrwasser. Reale Filmkulisse
umrahmt das italienische Mittagsbüffet: an Backbord die Piazza San Marco mit
ihrem alles überragenden Campanile,
während an Steuerbord die Insel San Giorgio vorüber gleitet. Doppelter
Genuss bei einem Glas „Ribolla Gialla”. Im Schraubenwasser der MS
MICHELANGELO verwirbeln die historischen
Fassaden des Weltkulturerbes. Der steile, hochgezogene Steven teilt das
Lagunenwasser. Die Decksstühle sind von der Sonne nach Süden justiert
worden. Doch Anne Lehnhoff ist noch in Venedig versunken. Zumindest in den
Donna-Leon-Roman aus der Bordbibliothek. Der Fahrtwind blättert ihr die
Seiten um. Nur hin und wieder blickt sie auf, wenn der Kapitän seinen
„Kreuzer” durch bunt gewürfelte
Fischerdörfer fädelt.
Plötzlich ist die Beschaulichkeit dahin.
„Stell’ dir vor,
wir fahren jetzt mit einem Flusskreuzfahrtschiff über die offene See”,
staunt ein Handy-Telefonierer lautstark. Und schon wellt die Adria
horizontlos heran. Unser Schiff, nur 1,30 Meter eintauchend, passt sich dem
neuen Rhythmus willig an und wiegt sich in ihren Hüften. Vor Anker liegenden
Frachtern nötigt das nur ein müdes Lächeln ab. Der Kapitän und seine Crew schlagen dem Seegang
jedoch ein Schnippchen. Auch ohne Stabilisatoren. Während in Restaurant, Bar
und Küche lose Teile festgezurrt werden, schneidet der Kapitän die Wellen
rechtwinklig an. Nach jeweils einem Drehmanöver wird´s bei achterlicher See
ruhiger. „Unsere einzige
Chance, um die Schaukelei in den Griff zu kriegen”,
begründet er seine „sportlichen”
Manöver. „Als ob er einem
angreifenden U-Boot ausweichen will”.
Auch ein früherer Marineoffizier kennt solche Zick-Zack-Kurse „zum
Abschütteln des Gegners”
aus seiner aktiven Bord-Zeit.
Das Delta streckt seine grünen Arme nach uns aus. Am
Leuchtturm schäumt das Schiff wieder beruhigt durch ihr eigentliches
Element. Wir gleiten flussaufwärts über den Po. Die Hamburgerin Birgit Wacks
muss schmunzeln. „Wissen
Sie, was meine Freundin gesagt hat, als ich ihr von meiner bevorstehenden
Reise erzählt habe? ‚Dann
fall’ mal nicht in die
Ritze!’”. Das Schiff schiebt sich unter den ersten Brücken hindurch, so dass die Passagiere in die Hocke fahren; es sinkt in die erste Schleuse, schabt an den nassen Wänden. Schilfwälder nicken uns zu, nachdem die Heckwelle sie dazu genötigt hat. Hinter dem Deich dehnen sich fruchtbare Felder. Dem Reis steht das Wasser bis zum Hals. Nur Wasserbüffel fehlen in der subtropischen Szenerie. Ein grauer Riese lässt uns schrumpfen. Mitten im Land eine Werft samt halbfertigem 20.000-Tonnen-Brocken.
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Doch was sich hinter den Dämmen verbirgt, treibt ihn
und die übrigen Gäste täglich in die Busse: zu den kulturellen Highlights
Ferrara, Mantua, Verona, Sabbioneta, Parma und Cremona mit ihren
historischen Stadtkernen, Kirchen, malerischen Palazzi, engen Toren und
Gassen. Seine nüchterne Begeisterung fasst der kauzige Engländer später in
nur fünf Worte: „Italian life is
for living!” Vor allem Cremona hat es ihm
angetan: einem Geigenbauer bei der Arbeit über die Schulter gesehen zu
haben. Die Passagiere wenden angesichts der beruhigenden
Flusslandschaft das Rezept der Gelassenheit in hohen Dosen an, sind zu den
täglichen Sonnenstunden an Deck zu finden, gleiten in den klimatisierten
Komfort der Kabinen ab, tauchen in maßvoller Pünktlichkeit zu den Mahlzeiten
auf. Angelockt immer wieder vom Chef. Wenn er zum Beispiel sein
„Risotto al la Milanese” servieren
lässt. Oder Lammrücken auf Rosmarinlinsen an Sauce Ratatouille.
Show-time-Dessert in der Lounge: Opern-Arien und mehr mit Po-Panorama.
Ansonsten ergibt man sich der Lust an der
15-Kilometer-Langsamkeit. An Bord des schwimmenden Hotels
hat das Leben seine gebuchte Ordnung genommen. Keine Tränen, keine
Sorgen, keine Hast. Jede
Programmfacette wird zum Ritual geadelt: schlafen, nach dem Wetter schauen,
frühstücken, Kultur tanken, Ablegemanöver beobachten, den Kaffeehausmelodien
vom Bordmusiker bei frischem Kuchen lauschen, umziehen, Abendessen im
Restaurant oder beim kurz BBC genannten Barbecue zum Sonnenuntergang. Der Kapitän und seine Offiziere setzen sich dann schon mal an die Decks-Tische: ganz locker zum Plausch. Da kommt am Ende jeder zum Zug. Womit bewiesen wäre: der Po hat seine Reize.
Baujahr 2000; Eigner CroisiEurope, Stasbourg; Länge
110 Meter; Breite 11 Meter; Kabinen 78; Passagiere 156 maximal;
Telefon 0039-320-1581672.
im Reisebüro aus den Katalogen der Veranstalter: CroisiEurope Deutschland,
Anton Götten Reisen,
DERTOUR,
ReisePlus, Plauen,
Schweizer Bustouristik,
Peiting, Grimm Reisen, Mudau.
Mit 652 Kilometer Länge größter Fluss Italiens (bis 1 Kilometer breit und 20 Meter tief). Er entspringt am Piano del Rei in 2022 Meter über dem Meer. Auf seinem langen, gewundenen Lauf nimmt er von Norden die wasserreichen, meist durch Seen gereinigten und ausgeglichenen Alpenflüsse, von Süden die an Wassermassen sehr schwankenden, geschiebereichen Apenninflüsse auf. Seine Gefälle ist schon bei Piacenza schwach. Er transportiert große Mengen von Sand und Schlamm, lagert sie ab und erhöht dadurch sein Bett. Seit Jahrhunderten müssen daher die Deiche dem ständig steigenden Pegel angepasst werden. Der Po gilt als das typische Beispiel eines Dammflusses. Nahe Ferrara fließt er bei Hochwasser in Höhe der Hausdächer. Stauregen in den Südalpen und gleichzeitiger Windstau am Meer führen zu gefährlichen Überschwemmungen. Das Mündungsgebiet an der Adria ist ein Delta mit
fünf Hauptarmen. Jährlich schiebt es sich um 70 bis 80 Meter ins Meer vor
(Gewinn cirka 50 Hektar amphibisches Land). Nirgends wird in Italien auf so
großer Fläche so intensiv angebaut wie hier; u.a. wird der gesamte Reis des
Landes in der z.T. bewässerten Po-Ebene geerntet. Die Wasserkraft der
Gebirgsflüsse, die Nähe der Küsten sowie die Förderung von Erdöl und Erdgas
haben das Flussland zum Hauptindustriegebiet Italiens gemacht. |
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Zu Beginn der Kreuzfahrt steht gleich ein Highlight an: Venedig – hier der Campanile oder Markusturm, der Markusplatz mit der Markuskirche und der Dogenpalast. |
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Die einmalig schöne Fassade der Markuskirche. |
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Die Isola di San Giorgio Maggiore gegenüber dem Markusplatz. |
Die Fahrt mit einer „Gondola” sollte jeder Venedig-Besucher mal unternehmen. |
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Die MICHELANGELO liegt nur etwa 10 Minuten zu Fuß ... |
... vom Markusplatz entfernt an der Viale dei Giardini. |
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Die Rialtobrücke überspannt den Canal Grande. |
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Zum „Carnevale di Venezia“ sieht man wieder die klassischen Masken ... |
... und die historischen Kostüme, aber auch immer mehr Phantasiekostüme. |
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Die Insel Burano ist eine einzige Orgie der kräftigen Farben. |
Murano ist eine Inselgruppe nordöstlich der Altstadt von Venedig ... |
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... und die reinste Verführung in Glas. |
Rot färbt sich der Himmel beim Sonnenuntergang in der Lagune von Venedig. |
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Die Basilika der heiligen Justina am Prato della Valle in Padua. |
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Fischerei-Betrieb mal anders – noch in der Lagune von Chioggia und fast schon auf dem Po. |
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In jeder Ansiedlung gibt es einen „Campanile”. |
Hausboote am Po-Ufer, ebenfalls mit „Campanile”. |
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„Schwimmende” Inseln in der Flussmitte. |
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Birken-Monokulturen an den Ufern. |
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Golden senkt sich die Sonne über dem Strom. |
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