AUSGABE 5/2012
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 Der nach der Halbinsel Hook Head im Südosten Irlands benannte Leuchtturm ist nicht nur der bejahrteste von allen 80 derzeit auf der grünen Insel betriebenen, sondern zugleich der dienstälteste der Welt.

Der nach der Halbinsel Hook Head im Südosten Irlands benannte Leuchtturm ist nicht nur der bejahrteste von allen 80 derzeit auf der grünen Insel betriebenen,

sondern zugleich der dienstälteste der Welt.

   

 

Carsten Heinke - Irland: Raue Küsten, Sanfte Hügel, Dicke Türme

Hook Head Lighthouse ist ein Leuchtturm wie aus dem Bilderbuch. Weil er so dick ist – seine Mauern sind bis zu vier Meter stark – täuscht man sich über seine wirkliche Höhe. Ist man schließlich alle 115 Stufen bis nach oben gekraxelt und steht auf der Aussichtsplattform, scheint er gar nicht mehr so klein. Allerdings sind es tatsächlich nur 35 Meter, die das rundlich-knubblige Bauwerk mit seinen schwarz-weißen Streifen über dem wiesengrünen Land am Kap der Halbinsel Hook Head in den blauen Himmel ragt. Mit feuchten Augen schauen alle auf die stürmische Keltische See – nicht aber, weil deren Anblick so traurig ist, sondern weil der Wind so heftig weht, dass die Tränen von ganz alleine fließen.

Eugenie, unsere Führerin, die eigentlich Schweizerin ist, aber ihre Wahlheimat Irland wie ihre Westentasche kennt, erzählt uns die Geschichte von Hook Head Lighthouse, dem ältesten in Betrieb befindlichen Leuchtturm der Welt. „Es waren Mönche und Nonnen, die aus christlicher Nächstenliebe Signalfeuer an den Küsten Irlands errichteten und dafür sorgten, dass sie immer brannten. So halfen sie Fischern und Seeleuten, sich auf dem Meer bei Nacht oder schlechtem Wetter zu orientieren, berichtet sie.

Hier, am äußersten Rand von Hook Head (irisch Rinn Duáin) im Südosten Irlands, soll bereits im fünften Jahrhundert ein Leuchtfeuer Schiffe und Boote geleitet haben. Errichtet wurde es von dem walisischen Heiligen Dubhán, der die Halbinsel für den Bau eines Klosters auserkoren hatte. Nach dessen Tod übernahmen Mönche für die nächsten 700 Jahre die Betreuung der Feuerbake. Zwischen den Jahren 1170 und 1184 bauten an ihrer Stelle die Normannen einen festen Leucht- und Wachtturm aus lokalem Naturkalkstein und gebranntem Kalk, vermengt mit Ochsenblut. Sogar heute kann man stellenweise noch Spuren dieses Blut-Kalk-Gemischs unter dem Farbanstrich erkennen.

Im Jahre 1665 erteilte König Charles II. (1630 bis 1685) Sir Robert Reading (etwa 1640 bis 1689) das Patent, sechs Leuchttürme an der irischen Küste zu errichten und privat zu betreiben – einen davon auf Hook Head. Dieser entstand nicht völlig neu, denn er wurde auf die Grundmauern seines alten normannischen Vorgängers gesetzt. Eine Neuerung Readings war auch die Glaslaterne, die das Leuchtfeuer aus glühender Holzkohle vor Wind und Wetter schützen sollte. Nach Beschwerden einiger Seeleute über die mangelnde Helligkeit des Feuers wurde die Kohle im Jahre 1791 durch eine Walöl-Lampe ersetzt.

Seine heutige äußere Form erhielt Hook Head Lighthouse 1860 durch die Leuchtturmspitze mit der großen Laterne. Die drei roten Streifen, mit denen der Turm zu diesem Zeitpunkt noch angestrichen war, wurden später gegen schwarze getauscht und auf zwei reduziert. Mit aus Paraffinöl erzeugtem Gaslicht wurde ab 1871 geleuchtet. 1911 erhielt der Turm ein mechanisches Uhrwerk, das alle 25 Minuten ein regelmäßiges Blitzlicht ermöglichte. Seit 1972 funktioniert alles im Hook Head Lighthouse elektrisch, seit 1996 automatisch. Damit ist das maritime Urgestein heute eines von 80 irischen Leuchttürmen, die allesamt computergesteuert sind.

Bietet das Wetter wie heute klare Sicht, kann man vom „Balkon des Leuchtturmes bis auf die andere Seite des Waterford Harbour sehen. Die Stadt Waterford, heute nur fünftgrößte der Inselrepublik, wurde 914 nach Christus von den Wikingern gegründet und war, genau genommen, Irlands erste richtige Stadt. Heute erinnert dort eigentlich

nur der dicke Reginalds Tower, ein Teil der alten Wikingerfestung, an die Zeit der nordischen Eroberer. Wir gönnen uns den Spaß und bewegen uns bei dieser Reise im Linksverkehr von Ort zu Ort. Von Hook Head aus sind wir schnell in Passage East. Dort geht die Autofähre nach Waterford.

Im 18. Jahrhundert insbesondere durch Handel mit dem kanadischen Neufundland reich geworden, entwickelte sich die Hafenstadt zu einem bedeutenden Wirtschaftsstandort. Im 19. Jahrhundert blühten Glas- und Schiffsbauindustrie. Maritime Traditionen werden in Waterford bis heute gepflegt. Ein Höhepunkt waren im Juli 2011 die internationalen „Tall Ships’ Races – die „Großsegler-Rennen, eine Langstreckenregatta für Großsegler und andere Segelschiffe mit überwiegend jungen Besatzungen.

Nicht weit von Waterford, etwa zehn Kilometer nördlich von Cahir, besuchen wir einen Ort, dessen Geschichte so weit zurückreicht, dass er eng mit den irischen Mythen und Legenden verwoben ist: Rock of Cashel, ein von Ruinen gekrönter monolithischer Felsen. Einige Jahrhunderte lang Sitz der Könige von Munster, gilt die mystische Stätte von jeher als Schlafplatz der Feen.

Nachgewiesen ist, dass auf dem Rock of Cashel Sankt Patrick wirkte. Im Jahre 450 taufte der Heilige hier König Aengus. „Nach einer Legende soll er ihm dabei versehentlich seinen Bischofsstab in den Fuß gestoßen haben, erzählt uns Eugenie. „Da der König glaubte, das dies Teil des Rituals sei, ertrug er den Schmerz tapfer. Später nahm der Volksmund den Vorfall spottend zum Anlass, um zu behaupten, dass die Christianisierung Irlands doch nicht ganz unblutig gewesen sei, so die Führerin.

Die ältesten Teile des mittelalterlichen Gebäudeensembles sind der Rundturm aus dem elften Jahrhundert und die 1127 vom ersten Erzbischof von Cashel errichtete und nach ihm benannte Cormac’s Chapel – der erste und komplett erhaltene romanische Kirchenbau Irlands, ein Kleinod sakraler Architektur. Die Kathedrale stammt aus dem 13., die Bischofsburg aus dem 15. Jahrhundert.

Weiter geht die Fahrt nach Sligo, der größten Stadt im Nordwesten der Insel. Die touristische Attraktivität des sympathischen Örtchens hält sich in Grenzen. Umso Aufregenderes gibt es in ihrem Umland zu erleben. Sligo ist von zwei Bergen umgeben – dem Ben Bulben und dem Knocknarea. Vor letzterem liegt der 4.000 Jahre alte Friedhof des Volkes der Fir Bolg, das sich hier mit mehr als 200 Dolmen, Steinkreisen und pyramidenartigen Steinhaufen verewigte. Auch wenn heute nur noch teilweise erhalten, gilt das bronzezeitliche Gräberfeld weltweit als eine der bedeutendsten Fundstätten dieser Art.

Berühmt ist der Berg Knocknarea, der eigentlich eher ein Hügel ist, aber vor allem wegen des Steingrabes auf seinem Gipfel – der letzten Ruhestätte der sagenumwobenen Königin Maeve oder Medbh. Sie ist die Hauptheldin des keltischen Epos „Tain Bo Cuailnge, dem „Rinderraub von Cooley. Am Anfang der Geschichte steht ein Ehestreit, in dem es darum ging, wer von beiden Gatten der reichere war. Sieger war Medbhs Mann, König Aillil, denn er besaß den großen weißen Stier Finnbenach. Um ihn zu übertrumpfen, ließ Medbh den ebenbürtigen schwarzen Stier Donn stehlen. Ein langes, langes Heckmeck begann, artete in einen

Krieg aus und nahm seinen Lauf, bis alles in einer blutigen Schlacht endete.

Von der Aussichtsplattform des Leuchtturms hat man einen schönen 
	   Blick bis zur äußersten Spitze des Kaps sowie auf die Keltische See.

Von der Aussichtsplattform des Leuchtturms hat man einen schönen Blick bis zur äußersten Spitze des Kaps sowie auf die Keltische See.

Keltische See nennt sich der Teil des Atlantiks zwischen der 
			irischen Südküste, der Südwestküste von Wales und den Nordküsten von 
			Devon und Cornwall. Die westliche Grenze liegt im äußersten Westen 
			Irlands, die südliche etwa auf Höhe der Bretagne.

Keltische See nennt sich der Teil des Atlantiks zwischen der irischen Südküste, der Südwestküste von Wales und den Nordküsten von Devon und Cornwall. Die westliche Grenze liegt im äußersten Westen Irlands, die südliche etwa auf Höhe der Bretagne.

Um Seeleute und Fischer vor den rauen Klippen der Küste von 
			Hook Head zu schützen, errichtete der walisische Mönch Dubhán im 
			fünften Jahrhundert ein Leuchtfeuer. An der selben Stelle wurde 
			später der Leuchtturm gebaut.

Um Seeleute und Fischer vor den rauen Klippen der Küste von Hook Head zu schützen, errichtete der walisische Mönch Dubhán im fünften Jahrhundert ein Leuchtfeuer. An der selben Stelle wurde später der Leuchtturm gebaut.

Die Kirchenruine Hook Church, umgeben von uralten Gräbern, 
			unweit von Hook Head Lighthouse.

Die Kirchenruine Hook Church, umgeben von uralten Gräbern, unweit von Hook Head Lighthouse.

Hook Church ist das letzte Überbleibsel der alten 
			Klosteranlage, deren Bewohner über viele Jahrhunderte das 
			Leuchtfeuer von Hood Head betreuten.

Hook Church ist das letzte Überbleibsel der alten Klosteranlage, deren Bewohner über viele Jahrhunderte das Leuchtfeuer von Hood Head betreuten.

Die blauen Adern der grünen Insel sind ihre zahlreichen 
			fischreichen Flüsse. Die drei wichtigsten der Hook-Halbinsel heißen 
			die drei Schwestern: Nord, Suir und Baron.

Die blauen Adern der grünen Insel sind ihre zahlreichen fischreichen Flüsse. Die drei wichtigsten der Hook-Halbinsel heißen die drei Schwestern: Nord, Suir und Baron.

Dunbrody-Emigrant-Ship-New-Ross: Im kleinen Städtchen New Ross liegt die DUNBRODY vor Anker. Das heute als Museum genutzte Schiff brachte zu Zeiten der großen Hungersnot im 19. Jahrhundert viele irische Auswanderer nach Amerika

Dunbrody-Emigrant-Ship-New-Ross: Im kleinen Städtchen New Ross liegt die DUNBRODY vor Anker. Das heute als Museum genutzte Schiff brachte zu Zeiten der großen Hungersnot im 19. Jahrhundert viele irische Auswanderer nach Amerika.

Cormac's Chapel, der Kapelle von König Cormac III von Münster, wurde 1127 begonnen. 1134 wurde sie geweiht. Sie gehört damit zu den ältesten Gebäuden auf dem Rock of CashelCormac's Chapel, der Kapelle von König Cormac III von Münster, wurde 1127 begonnen. 1134 wurde sie

geweiht. Sie gehört damit zu den ältesten Gebäuden

auf dem Rock of Cashel.

Der sagenumwobene Rock of Cashel diente seit dem 4. 
			Jahrhundert den Königen von Münster als Wohn- und Regierungsort. 
			Sankt Patrick machte ihn zum Bischofssitz. Als mystische Stätte, an 
			der Feen und Geister leben, wurde der Felsen schon im Altertum 
			verehrt.

Der sagenumwobene Rock of Cashel diente seit dem 4. Jahrhundert den Königen von Münster als Wohn- und Regierungsort. Sankt Patrick machte ihn zum Bischofssitz. Als mystische Stätte, an der Feen und Geister leben, wurde der Felsen schon im Altertum verehrt.

Die Uferpromenade der Hafenstadt Waterford lädt zum 
			Spaziergang ein. Im Bild: der Uhrturm.

Die Uferpromenade der Hafenstadt Waterford lädt zum Spaziergang ein. Im Bild: der Uhrturm.

Einige Teile der mittelalterlichen Stadtmauer Waterfords 
			sind noch sehr gut erhalten.

Einige Teile der mittelalterlichen Stadtmauer Waterfords sind noch sehr gut erhalten.

Denkmal für den schottischen Freiheitskämpfer William 
			Wallace auf der gleichnamigen Plaza in Waterford.

Denkmal für den schottischen Freiheitskämpfer William Wallace auf der gleichnamigen Plaza in Waterford.

Das 500 Jahre alte, auf einer privaten Insel liegende Waterford 
	Castle steht seit 1987 als ein luxuriöses Hotel mit wertvollem historischen 
	Interieur der Öffentlichkeit zur Verfügung.

Das 500 Jahre alte, auf einer privaten Insel liegende Waterford Castle steht seit 1987 als ein luxuriöses Hotel mit wertvollem historischen Interieur der Öffentlichkeit zur Verfügung.

 

Waterford Castle ist umgeben von einer malerischen Parklandschaft, 
	die von recht zutraulich gewordenen Damhirschen bewohnt wird.

Waterford Castle ist umgeben von einer malerischen Parklandschaft, die von recht zutraulich gewordenen Damhirschen bewohnt wird.

Reginald's Tower ist der älteste erhaltene Teil der Befestigungsanlage, die 
	die im Jahre 914 von den Wikingern gegründete Stadt Waterford vor Angreifern 
	schützte.

Reginald's Tower ist der älteste erhaltene Teil der Befestigungsanlage, die die im Jahre 914 von den Wikingern gegründete Stadt Waterford vor Angreifern schützte.

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