AUSGABE 5/2012
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Herbert Fricke 

Herbert Fricke · Ressortleiter HamburgMagazin

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Neuer „Traumschiff”-Kapitän

Hamburg. Der Schauspieler Sascha Hehn (58) übernimmt ab 2013 die Rolle des Kapitäns Paulsen auf MS DEUTSCHLAND in der ZDF-Serie „Das Traumschiff.  Er löst damit den langjährigen Fernseh-Kapitän Siegfried Rauch ab, der in den Ruhestand geht. Vor 22 Jahren hat Hehn in der TV –Serie „Das Traumschiff den Chefsteward Victor gespielt. Eine „Karriere also vom Steward zum Kapitän –  Glaubwürdigkeit scheint im bunten Fernsehmärchen keine Rolle zu spielen. Eine andere Frage ist, wie lange die DEUTSCHLAND unter diesem Namen noch über die Meere schippert. Wegen des sehr negativen Medien-Echos nach der Auseinandersetzung zwischen Besatzung und Reederei über die geplante Ausflaggung des Schiffes nach Malta liegt das Thema zunächst auf Eis, wird demnächst aber gewiss wieder aktuell. Auch ein Verkauf des Schiffes scheint nicht mehr ausgeschlossen.

 

Hamburg ja, Dubai nein

Hamburg. Im Hamburger Hafen wurde mit der Ankunft der AIDAblu die 150. Ankunft eines Kreuzfahrtschiffes in diesem Jahr gefeiert. Anläßlich dieses „Jubiläums überreichte die Marketing-Managerin des Hamburg Cruise Centers, Nadine Palatz, eine Ehrenplakette an AIDA-Kapitän Dr. Friedhold Hoppert. AIDA Cruises haben Hamburg zu ihrem Haupt-Anlaufpunkt für Nordeuropa-Kreuzfahrten gemacht. Fünf AIDA-Kreuzfahrtschiffe haben in der Sommersaison 2012 insgesamt 48 mal in Hamburg festgemacht. Im Winter soll Dubai der Hauptanlaufhafen für die AIDA-Flotte werden. Andere Reedereien wie Royal Caribbean und MSC sind allerdings gerade dabei, ihre Engagement in Dubai wieder zurückzufahren, da die Publikumsnachfrage nach Schiffsreisen in der Golfregion stark zurückgeht. Die drohende militärische Auseinandersetzung zwischen Israel und dem Iran, die mögliche Sperrung der Straße

 

von Hormus sowie die aktuellen Ereignisse in Syrien und Afghanistan schrecken vor allem potentielle amerikanische Kreuzfahrtgäste von einer Buchung in Nah- und Mittelost ab.

 

Hamburg

Der Verband Deutscher Reeder (VDR) sieht infolge mangelnder staatlicher Unterstützung und restriktiver Kreditpolitik vieler Banken die wirtschaftliche Entwicklung für deutsche Schifffahrts-Unternehmen negativ. Schon jetzt zeichne sich ein weiterer Rückgang der Transportaufträge weltweit ab, der Neubau von Handelsschiffen werde fast zum Erliegen kommen, auch wenn die Neubaupreise der Werften in den letzten Jahren um rund 50 Prozent gefallen seien. Chinesische Werften würden inzwischen mit 70-prozentigen Neubauhilfen locken.

Auch der Markt für Kreuzfahrtschiffe sei übersättigt, die Tonnage beginne, die Nachfrage zu überflügeln. Die finanzielle Investitionsbereitschaft der Anleger gehe gegen Null, weil die meisten Schifffahrtsfonds erhebliche Verluste melden.

 

Hamburg

Die Deutsche Schiffsbank in Hamburg, eine hundertprozentige Tochter der Commerzbank, bisher einer der weltweit größten Schiffsfinanzierer, hat dieses Geschäftsfeld gegen den massiven Widerstand der gesamten Schifffahrtsbranche komplett aufgegeben. Dieser überraschende Schritt macht es den deutschen Reedereien, vor allem kleineren Schifffahrtsunternehmen, nahezu unmöglich, neue Schiffe in Auftrag zu geben. Zumal auch die HSH Nordbank mit Sitz in Hamburg, früher größter Schiffsfinanzierer der Welt, ihr Engagement weitgehend zurückgefahren hat. Die Bundesregierung hat diesen Schritt der Banken kritisiert. „Ein Signal zur Unzeit nannte der für die Schifffahrt zuständige Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Hans Joachim Otto, die Entscheidung der Banken.

 

Bremen/Hamburg/Rostock

Bundespräsident Joachim Gauck hat die Schirmherrschaft der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) übernommen. Gauck stammt aus der Hafenstadt Rostock, sein Vater war zu Zeiten der DDR Kapitän bei der Deutschen Seereederei Rostock (DSR). Als evangelischer Pfarrer hat Gauck früher auch viele Seeleute seelsorgerisch betreut.

 

Hamburg

Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagebau, kurz VDMA, zieht eine positive Bilanz der deutschen Aktivitäten im Offshore-Bereich. Das Geschäft sei gewachsen, die Auftragsentwicklung verlaufe positiv. Kritiker hingegen bemängeln eine zu geringe deutsche Beteiligung am weltweit rasanten Anstieg des internationalen Offshore-Marktes (Oel- und Gas-Förderplattformen, Versorgerflotte, Windkraftanlagen, Tauchbasen, Tiefseebohrungen). Hier seien die USA, die Niederlande, China, Russland und Japan erheblich erfolgreicher als ihre deutsche Konkurrenz.

 

Hamburg

Die Freie und Hansestadt Hamburg ist zum größten deutschen Anlaufhafen für Kreuzfahrtschiffe aus aller Welt geworden. An drei Terminals können die riesigen Cruiseliner nun abgefertigt werden. Rund 400.000 Passagiere gehen derzeit im Jahr in Hamburg an oder von Bord. Dabei hat die Zahl der ausländischen Passagiere prozentual am deutlichsten zugenommen. Rund 70 Prozent der Schiffsreisenden kommen aus Deutschland, rund 30 Prozent aus dem Ausland, vor allem aus Ländern der Europäischen Union.

AIDA Cruises ist mit drei regelmäßig den Hamburger Hafen anlaufenden Schiffen größter Partner der Hansestadt, aber auch QUEEN MARY 2, QUEEN ELIZABETH 2, EUROPA, COLUMBUS 2, AMADEA, ALBATROS sowie die Schiffe der italienischen Reedereien MSC und Costa gehören zu den Stammgästen im Hamburger Hafen. Die meisten der von Hamburg auslaufenden Kreuzfahrtschiffe nehmen Kurs auf Norwegen. Viele starten hier ihre Rundreisen rund um Großbritannien, andere laufen durch den Nord-Ostsee-Kanal Richtung Baltikum und Russland.

Übrigens hat sich Rostock mit seinem Vorhafen Warnemünde zum zweitgrößten deutschen Kreuzfahrthafen entwickelt und ist mit rund 200 Schiffsanläufen pro Jahr größter Konkurrent Hamburgs auf dem deutschen Kreuzfahrtmarkt.

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Am Anfang stand die Idee des Neustädter Reeders Peter Deilmann, seine alte BERLIN durch eine neue DEUTSCHLAND zu ersetzen. Das ging gut. Die Banken spielten mit. Das Schiff wurde in Kiel gebaut. Bundespräsident Richard von Weizsäcker hielt die Taufrede, seine Frau knallte die Champagnerflasche gegen den Bug, Kapitän Jungbluth übernahm das Kommando, eine überwiegend national-konservativ gesonnene Klientel buchte die Reisen, und das Schiff machte sich einen guten Namen in der Kreuzfahrtwelt. Zumal das ZDF die DEUTSCHLAND zu seinem neuen „Traumschiff erkor.   

Dann der Schock, als in Paris eine „Concorde mit fast hundert DEUTSCHLAND-Passagieren abstürzte. Eine Tragödie, von der sich der bis dahin erfolgsgewohnte Reeder Peter Deilmann nie wieder richtig erholte. Ein paar Jahre später starb er. Zuvor hatte er seine Töchter als seine Nachfolger bestimmt. Aber die beiden blassen Zwillingstöchter waren der Aufgabe offenbar nicht gewachsen. Sie fanden weder den Draht zu den Passagieren noch zu den Banken noch zur Stammbesatzung des Schiffes. Zuerst die Süßwasser-Pleite, dann die Salzwasser-Pleite. Zuerst ging die Flussschifffahrt „den Bach runter, dann kam man auch mit der DEUTSCHLAND in eklatante Schwierigkeiten. Als Retter in der Not ging die Münchner Finanzholding  Aurelius ins Boot. Die beiden Deilmann-Töchter wurden ausgebootet.

Die DEUTSCHLAND verliert am Markt, weil das Schiff keine Balkonkabinen hat, wie sie bei der Konkurrenz nun üblich sind. Außerdem sterben dem Traditionsschiff aus Altersgründen die traditionellen „Repeater weg. Die meisten Stammgäste sind vor 20 Jahren mit 60, 70 an Bord gekommen, jetzt sind sie 80, 90 oder tot.

Die Kosten für den Betrieb unter deutscher Flagge, (Steuern, Sozialabgaben, Heuern) sind im Vergleich mit anderen Reedereien zu hoch. Deshalb plant Aurelius, das Schiff nach Malta auszuflaggen. Kapitän Andreas Jungbluth und seine Besatzung wehren sich vehement dagegen. Das Schiff verholt als Hotelschiff während der Olympischen Spiele nach London. Dort verweist sein Arbeitgeber den aufmüpfigen Kapitän des Schiffes. Der Eklat ist perfekt. Medienaufstand, Proteste der Gewerkschaften, Buchungs-Stornierungen. Sogar der Bundespräsident wird eingeschaltet. Die Reederei lenkt ein.

Die deutsche Flagge bleibt, zunächst jedenfalls. Die Rückkehr nach Hamburg mit über 200 Athleten an Bord wird zu einer Triumph-Fahrt, zunächst jedenfalls. Kapitän Jungbluth kehrt als Kapitän auf die Brücke zurück, zunächst jedenfalls.

Dann der Schock: während ihrer Jubelfeier an Bord in London sollen deutsche Athleten, vor allem die siegreichen Hockeyspieler, große Schäden angerichtet haben. Vor allem auf dem Lido-Deck. Dieser Schaden beläuft sich nach Angaben der Reederei auf rund eine halbe Million Euro. Jetzt liegen sich Reeder, Sportverbände, Versicherungen und Eventmanager in den Haaren. Der Ausgang dieses Rechtsstreits ist nicht abzusehen.

 

Ob und wie und wann das ZDF an Bord der DEUTSCHLAND seine nächsten „Traumschiff-Serien dreht, ist noch Verhandlungssache. Der Berliner Wolfgang Rademann als Produzent der Serie soll gesagt haben: „Solange ick det Ding hier drehe, weht am Heck die deutsche Flagge. Basta! Der vierte Akt und das Ende des DEUTSCHLAND-Dramas bleiben abzuwarten. Herbert Fricke

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Die Kreuzfahrt boomt. Cruising ist in. Seit zwei, drei Jahren haben die Amerikaner unser altes Europa neu entdeckt. Sie scheinen es leid zu sein, immer nur mit ihrem maritimen Shuttle-Service von Miami aus die diversen Karibik-Inseln abzuklappern. Immer die gleichen Routen, die gleichen Häfen, die gleichen Inseln. Viele Amis haben während dieses Insel-Hoppings ihr Schiff schon gar nicht mehr verlassen.  Palmen haben sie auch an Bord, coole drinks ebenso, und Steelbandsound, Yellowbirds und Belafonte-feeling sowieso.

Also sind sie daran gegangen, uralte, für sie ganz neue Fahrtgebiete zu erschließen.  Old Europe neu zu entdecken. Vor rund 500 Jahren hat der Italiener Christoph Columbus Amerika entdeckt. Jetzt entdecken die Amerikaner unser altes Europa neu. Ihre Schiffe durchkreuzen das Mittelmeer von Piräus bis Venedig, von Monte Carlo nach Valencia und Barcelona, immer mehr Amerikaner sind darauf versessen, die Gegenden und Städte kennenzulernen, die sie und wir als Wiege der Kultur bezeichnen. Also Athen und Thessaloniki, Rom und Venedig, Dubrovnik, Istanbul, Lissabon oder Genua.

Mit diesem Trend haben amerikanische Reedereien wie Carnival Cruise Lines, Regent Seven Seas Cruises, Oceania Cruises und etliche andere den gesamten europäischen Kreuzfahrt-Markt aufgemischt. Bis dato eher betuliche europäische Kreuzfahrt-Reedereien drohen, an den Rand gedrängt zu werden, Costa, Cunard, Hapag-Lloyd, Deilmann oder TUI-Cruises sind hellwach geworden angesichts der neuen Konkurrenz von jenseits des Atlantiks.

Das Mittelmeer haben die Amerikaner also vor einigen Jahren neu entdeckt. Jetzt sind sie auch in der Ostsee daran gegangen, ihr Kreuzfahrtgeschäft auszuweiten und zu baltisieren. Das Baltikum ist rechtzeitig aufgewacht. Auch die Schweden, Dänen, Finnen und Russen sind hellwach geworden. In St. Petersburg ist ein gewaltiger neuer Kreuzfahrt-Terminal citynah entstanden, mit Platz für zehn Ozeanriesen gleichzeitig. In Riga, Tallinn, Stockholm, Kopenhagen und Helsinki sind ebenfalls interessante Liegeplätze vorausschauend gebaut und eingerichtet worden.

 

Und Deutschland? Für den gesamten boomenden Ostsee-Markt hat sich nur Warnemünde einigermaßen gerüstet. Die Mecklenburger haben den Trend rechtzeitig erkannt und können nun hohe Zuwachsraten verbuchen.

Weiter westlich ist ziemlich tote Hose. Lübeck hat wieder mal einen Zug der Zeit verpasst. Das ist von großer Traurigkeit. Denn gerade Lübeck hätte den kulturhungrigen Amerikanern so viel zu bieten. Mindestens ebenso viel wie Riga oder Tallinn.

Auf den großen Kreuzfahrtschiffen in der Ostsee ist in allen Bordvorträgen immer wieder von der Hanse die Rede. Lübeck war eine der bedeutendsten Hansestädte überhaupt. Was macht sie daraus? NICHTS.

Lübeck hat eine Altstadt zu bieten, die Tallinn oder Riga durchaus ebenbürtig ist. Amerikanische Kreuzfahrtgäste? In Riga? Zehntausende in jedem Monat. In Tallinn? Zehntausende in jedem Monat. In Warnemünde? Zumindest Hunderte in jedem Monat. In Lübeck? Ist man lieber unter sich. In Lübeck kann man internationale Kreuzfahrtgäste suchen, aber leider nur sehr selten finden. Denn Lübeck hat – wie vieles andere auch – den internationalen Kreuzfahrtboom verschlafen. In Lübeck-Travemünde sind die Anlege-Möglichkeiten sehr begrenzt.

Dabei wäre Lübeck eine echte Attraktion für Amerikaner: Thomas Mann und Günter Grass, Blechtrommel und Buddenbrooks, Friedensnobelpreisträger Willy Brandt. Rotspon, Marzipan und fotogene Altstadt. Hanse, Holstentor, Historie. Aber – die Amis dampfen zu Tausenden an Lübeck vorbei. So, als könnte Lübeck auf deren Dollars gut und gern verzichten. Dabei hätte man im Zuge des Hafen-Ausbaus von Travemünde ideale Liegeplätze für Cruise Liner schaffen können. Die Hafenbahn böte eine ideale Schienenverbindung direkt hinein ins Herz von Lübeck. Der neue Straßentunnel ebenso. Aber was nützt das alles, wenn im Lübecker Rathaus – leider – schon seit Jahren provinzielle Penner sitzen? Herbert Fricke

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