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AUSGABE 5/2012 |
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Dr. phil. Robert Rosentreter, Fregattenkapitän a.D., Marine- und Schifffahrts-Historiker, Ressortleiter OstseeMagazin
Neues Mehrzweckschiff im Bau Die Zeit der schwergewichtigen Atomeisbrecher ist
längst vorbei. Inzwischen wurden neuartige Eisbrecher mit hoher Leistung
sowohl in Finnland als auch in Russland und Deutschland gebaut.
In finnisch-russischer Kooperation wird auf der Jantar-Werft Kaliningrad,
die nach 1945 auf den Anlagen der einstigen Schichau-Werft Königsberg
entstand, derzeit ein Schiff gebaut, das Seeleute schon spöttisch als „Eier
legende Woll-Milch-Sau” tituliert haben,
weil es ein Mehrzweckschiff werden soll. Bemerkenswert ist da zunächst
der sehr gewöhnungsbedürftig aussehende 76 Meter lange
und 20,50 Meter breite Rumpf. Es scheint, als hätten sich die Schiffbauer
stark vertan, denn das Vorschiff ist wie nach einer Seite
„verschoben”, statt gleichmäßig auf einen
spitzen Steven zuzulaufen. Doch diese asymmetrische Form gehört zu den
neuartigen Geheimnissen eines effektiven Eisaufbruchs. Wenn der
Schiffskörper im Frühjahr vom Stapel gelassen wird, geht der Rohbau nach
Helsinki, wo in der dortigen Arctech-Werft die technische Komplettierung
erfolgen soll. In einem Jahr, im Dezember 2013 wird das neue Schiff fertig
gestellt sein. Es wird nicht nur für den Eisaufbruch von bis zu 60
Zentimeter starkem Festeis eingesetzt werden können, wobei ein 50 Meter
breiter Kanal aufgerissen wird, in dem andere Schiffe gefahrlos folgen
können. Dieser Mehrzweck-Kahn wird außerdem
vielerlei Bergungsaufgaben übernehmen können. Er ist sowohl für Schlepp-,
Versorgungs-, Rettungs- und Offshore-Aufgaben ausgestattet. So soll eine
neuartige Technologie die gründliche und rasche Beseitigung von
Ölverschmutzungen ermöglichen. Eine leistungsstarke Feuerlöschanlage wird
der Bekämpfung von Bränden dienen. Eine Hubschrauberplattform ist hinter der
Brücke aufgebaut, so dass auch Hilfe und Unterstützung aus der Luft von
diesem Schiff aus möglich sein wird. Ein mächtiger Bordkran ist auf der
langen Back vorhanden, außerdem ein für verschiedene Zwecke
verwendbares Tochterboot. Als Besatzung sind 24 Personen vorgesehen, zu
denen weitere 12 Spezialkräfte hinzukommen können. Die Auftraggeber
versprechen sich von diesem Mehrzweckschiff eine Erhöhung der
Sicherheit im stark frequentierten Finnischen Meerbusen, auf dem der
Schiffsverkehr in den kommenden Jahren noch zunehmen dürfte und besonders
auch eine Verlängerung der Navigationsperiode, denn in diesem Seegebiet
behindert die Eislage bereits teils von November bis April die Schifffahrt. Rostock ist jetzt
„Hauptstadt” der Deutschen Marine Mit einem militärischen Zeremoniell am 9. Oktober
2012 in der Hansekaserne Rostock hat das neue Marinekommando Rostock seinen
Dienstbetrieb aufgenommen. Anwesend waren der Generalinspekteur der
Bundeswehr Volker Wieker, der Inspekteur der Marine Axel Schimpf sowie der
Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern Erwin Sellering.
Die Aufstellung des Marinekommandos ist ein Schritt zur Umsetzung der
Bundeswehrreform, die zugleich eine Neuausrichtung der Bundeswehr
beinhaltet. In Rostock werden nunmehr der Führungsstab der Marine, das
Flottenkommando Glücksburg und das Marineamt Rostock zusammengefasst, wobei
eine bisherige Führungsebene verschwindet. Damit ist eine höhere
Effektivität der Führung verbunden. In Rostock – in der
Hansekaserne und auf der Hohen Düne, die zugleich als
Stützpunkt des 1. Korvettengeschwaders weiter bestehen bleibt – werden ab
2014 insgesamt 1200 Dienstposten bestehen (etwa 200 Marineangehörige müssen
in den nächsten Monaten noch in die Hansestadt an der Warnow verlegen).
Damit wird Rostock nun die „Hauptstadt”
der Deutschen Marine. Korvette MAGDEBURG
im Mittelmeer-Einsatz Lange, sehr lange hat es gedauert, ehe die erste der fünf neuen Korvetten der Deutschen Marine fertig gestellt war und zum ersten See-Einsatz an die Küste Libanons entsandt werden konnte. Doch so glatt ging der Törn nicht los, denn schon nach dem Auslaufen aus dem Stützpunkt Rostock Hohe Düne stellte sich heraus, dass die Klimaanlage nicht funktioniert. Also musste der Schaden erst in Wilhelmshaven beseitigt werden. Die Korvetten wurden von einigen Marinesoldaten schon als „Fighting PPP-Liner” tituliert. PPP steht für Pleiten, Pech und Pannen und das Ganze ist eine Anspielung auf die einst schnellen Großsegler der LAEISZ-Reederei, die alle mit dem Buchstaben „P” begannen und als „Flying P-Liner” großes Ansehen genossen. Die Negativschlagzeilen über die immer wieder auftretenden Mängel an den Neubauten, die eine planmäßige Indienststellung verhinderten, haben aber dem Ansehen der fünf Schiffe nicht gedient. Man hofft in Marinekreisen, dass diese Serie nun endlich gerissen ist. Die MAGDEBURG ist mit 58 Soldatinnen und Soldaten unterwegs zum Unifil-Einsatz, der seit 2006 unter Beteiligung von Einheiten aus mehreren Ländern läuft und verhindern soll, dass auf dem Seeweg Waffen für Hisbolla-Milizen illegal ins Land geschmuggelt werden. Außerdem haben die „Magdeburger” die Aufgabe, Ausbildungshilfe für die Marine Libanons zu leisten.
Buchempfehlung: Vom Leben der alten GORCH
FOCK Im Sutton Verlag GmbH zu Erfurt ist ein handliches hübsches Büchlein erschienen, das besonders an der Küste, aber auch überall im Binnenland Aufmerksamkeit finden dürfte: „Die GORCH FOCK I Eine Legende in Bildern”. Autor und Herausgeber ist Wulf Marquard, Vorsitzender des Vereins Tall Ship Friends e.V., der auch Eigner der Bark ist. Das Buch enthält 138 Fotos. Mehr wären, bei dem Format von 19 mal 13 Zentimeter und einem Umfangt von 127 Seiten auch nicht möglich. Ergänzende und erklärende Texte zur turbulenten Geschichte des Schiffes sind in sechs Abschnitte gegliedert: Einleitung, Entstehung und Untergang, unter sowjetischer und ukrainischer Flagge, Übernahme in Wilhelmshaven, Transport und Reparatur sowie im Heimathafen Stralsund. Die Fotos sind teilweise hervorragend und wirkungsvoll, einige Detailaufnahmen sehr aufschlussreich und interessant. Die 8 Fotos aus der Sowjetzeit freilich lassen doch sehr zu wünschen übrig, was halt der Tatsache geschuldet ist, dass es von damals keine sehr ansprechenden Fotos in guter technischer Qualität gab. Vom Umfang her nehmen die Fotos aus der heutigen „Reparaturzeit” recht viel Raum ein, was halt auch nur begrenztes Interesse finden dürfte. Marquard musste die Abhandlungen natürlich sehr knapp halten. Trotzdem erfährt der Leser und Betrachter vieles über den Lebensweg der GORCH FOCK / TOWARISCHTSCH, die als Ersatz für das gesunkene Segelschulschiff NIOBE entstand, weitere Geschwister bekam, welche allesamt noch auf den Meeren anzutreffen sind, EAGLE, SAGRES (II), MIRCEA und die heutige GORCH FOCK (II) der Deutschen Marine. Die GORCH FOCK I aber wurde 1945 selbst versenkt und ging, wieder gehoben und aufgebaut, als Beutegut an die UdSSR, wo sie unter neuem Namen fast ein halbes Jahrhundert der Ausbildung seemännischen Nachwuchses diente. Apropos: TOWARISCHTSCH kann man zwar mit „Kamerad” übersetzen, wie es der Autor tut, doch jeder, der mal etwas russisch gelernt hat weiß, das es eigentlich „Genosse” heißt. Freilich ist der Genosse heute manchem suspekt ... Nach dem Zerfall der Sowjetunion fiel das Segelschulschiff an die Ukraine, von der es aber nicht gehalten werden konnte und so, nach abenteuerlichen Rettungsversuchen, schließlich von den Tall Ship Friends erworben werden konnte, welche es nach Stralsund, dem früheren (und heutigen) Heimathafen überführen ließ, um es hier wieder herzustellen und erneut in Fahrt zu bringen. Was da alles schon getan wurde, teils in ehrenamtlicher Arbeit, ist enorm, eine wieder in Dienst Stellung ist freilich noch in einiger Ferne. Insofern fehlt noch das Happy end. So kann das Buch nur emotional um weitere Hilfen werben. In diesem Sinne wäre ein guter Verkaufserfolg des Titels zu wünschen. Jedenfalls ist das Büchlein lesens- und anschauenswert.
Buchempfehlung: Schulschiffe in Greifswald-Wieck Die
Edition Pommern
veröffentlichte jüngst ein Buch des Greifswalder Historikers
Lutz Mohr „Schulschiffe unter Segel und Motor”.
Darin behandelt der Autor die Geschichte der Hochseeyachtenstation und
späteren Marineschule „August Lüttgens”
in Greifswald -Wieck. In dieser Marineschule der Gesellschaft für Sport und
Technik (GST), einer Organisation zur vormilitärischen
Ausbildung und zur Unterstützung der NVA und dabei auch ihrer Volksmarine,
erhielten seit 1952 (dem Gründungsjahr der GST) bis zur Wende in der DDR,
rund 27000 Kursanten eine gute seemännische und technische Ausbildung. Von
der 27 Schiffen, die zu dieser Schule gehörten, blieb nach 1991 nur die
Schonerbrigg GREIF ex WILHELM
PIECK übrig. Lutz Mohr, der lange Zeit vis
a vis der Schule in Greifswald-Wieck lebte und selbst einen Lehrgang
absolviert hatte, beschreibt die Entwicklung und das Leben an der Schule und
informiert über die Schiffe und Boote, die hier im Dienst
waren sowie ihr Schicksal. Es ist eine Arbeit, die eine Lücke in der
Regionalgeschichte Vorpommerns und der Stadt Greifswald wie in der
DDR-Militärgeschichte, speziell bezüglich der
vormilitärischen Erziehung und Ausbildung der Jugend schließt. Das Drama um die P+S-Werften Lange Zeit glimmte noch Hoffnung auf ein gutes Ende
der Krise. Doch die Hoffnung schwand und der Frust nahm zu. Jetzt ist es
Gewissheit. Das Unternehmen musste Konkurs anmelden. Der Kraftakt
der Landesregierung, mit einem Rettungsschirm von 140 Millionen Euro
den finanziell stark angeschlagenen Werften über die Klippen zu helfen, ist
fehlgeschlagen. Nach nur sechs Wochen stellte sich heraus, dass diese Summe
nicht ausreicht, weil das Loch viel viel größer ist. Die rund 2000
Mitarbeiter in Stralsund und Wolgast sind wütend. Sie fühlen sich
verschaukelt. Die böseste Aussage eines Werftarbeiters lautete: „Frau
Merkel, in deren Wahlkreis wir uns ja befinden, schaufelte mit
vollen Händen Rettungs-Euros nach Griechenland, für uns aber ist kein Cent
übrig. Das ist nicht zu verstehen”. Da
nutzt es nichts mehr, wenn die Kanzlerin den Belegschaften der beiden
Schiffbaubetriebe jetzt bescheinigte, dass sie doch ganz famose Leute sind,
der Zusammenbruch nicht durch sie verschuldet wurde und die Regierung ganz
fest an der Seite der so hart Betroffenen stehe. Inzwischen ist sicher, dass
der Landtag MV einen Untersuchungsausschuss einsetzen wird, um die
Schuldfrage zu klären. Allzu vieles liegt tatsächlich im Dunkeln. Doch was
soll da ermittelt werden. Natürlich sind die Regierungen (des Landes und des
Bundes) gehalten, die Vorgaben von Brüssel nicht zu verletzen. Es müssten
schon die Eigentümer für den Schaden haften. Das sind: die Hegemann-Gruppe
mit einem Anteil von7 Prozent und eine Beteiligungsgesellschaft aus
Frankfurt am Main mit dem Löwenanteil von 93 Prozent. Diese HSW Treuhand-
und Beteiligungsgesellschaft mbH hat mit Schiffbau an sich nichts am Hut.
Sie verwaltet lediglich das Gesamtvermögen der Anteilseigner, das 25
000 Millionen Euro betragen soll. Sinn ist demnach lediglich, kräftig
Rendite abzuschöpfen. Viele betrachten diese seit 2009 eingetragene Holding
als Heuschrecke. Und von der kann niemand etwas erwarten. Was immer bei den
Untersuchungen eines einzusetzenden Landtagsausschusses auch herauskommen
sollte, der Schaden ist damit nicht mehr zu beheben. Es heißt, dass sich die Stralsunder Volkswerft beim
Übergang vom Containerschiffbau zu viel komplizierteren
Spezialschiffbau, mit dem Auftrag, die zwei Scandlines-Fähren BERLIN
und COPENHAGEN zu bauen, übernommen habe.
Vor allem seien die Schiffe zu schwer, wodurch ihr Tiefgang zu groß wäre und
sie damit den Hafen von Gedser mit den dort herrschenden Wassertiefen nicht
anlaufen könnten. Das ist natürlich eine Tragödie und zieht erhebliche
Nachbesserungen und damit gewaltige Kosten nach sich. Derweil liegen schon
die „Geier” auf der Lauer. Schiffbau-
und andere Industriebetriebe aus dem Nordwesten und Süden wollen
Facharbeiter von Stralsund und Wolgast abwerben. Es ist also „Holland schwer in Not”
und sowohl die Landesregierung als auch Wirtschaftsverbände des Landes
rühren und rudern heftig, um einen Neuanfang der Werften zu ermöglichen. Man
will beide Schiffbau-Standorte dringend erhalten. Das Aus für diese zwei
traditionsreichen Werften kommt einem wirtschaftlichen Infarkt gleich,
da sie das pulsierende Herz der ganzen Region Vorpommern sind. Ihr
Niedergang kann weitere Unternehmen in der strukturschwachen Gegend mit sich
reißen. Zwei Zulieferbetriebe haben bereits ernsthafte Probleme signalisiert
und bedürfen der Hilfe, um zu überleben. Fünf weitere Zulieferer wollen die
Schwierigkeiten selbst stemmen. Sie haben Kurzarbeit angemeldet. Schon kursiert ein bitterer sarkastischer „Vorschlag”:
Man solle die beiden auf der Werft liegenden Fähren doch zu schwimmenden
Hotels umbauen, denn Bettenplätze würden an der Ostsee halt immer gebraucht
... Die Frage jetzt lautet: Woher einen neuen Investor nehmen? Vielleicht
kann Angela Merkel bei ihrem Besuch in China irgendeinen kapitalkräftigen
Unternehmer aus dem Reich der Mitte hierher locken. Die zwei Fähren wären
für den Verkehr in Ostasien sicherlich gut verwendbar, denn dort gibt es
Häfen mit ausreichenden Wassertiefen. Und für Scandlines kann man neue
Schiffe bauen, die besser geeignet sind. Wolgast hat bessere Chancen, da
dort schon lange und eigentlich schon immer Spezialschiffe gebaut wurden,
Marineschiffe und andere Behördenschiffe. Die Lürsen-Werft z.B. hat ihr
Interesse an einer Übernahme dieser Werft bereits angekündigt. Jedenfalls
ist der Kampf um einen Neubeginn der Volkswerft und der Peenewerft nun voll
entbrannt.
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Neuartige
Antriebe Die Konkurrenzfähigkeit der Fährschifffahrt hängt in starkem Maße von den Treibstoffpreisen und im Umkehrschluss vom Treibstoffverbrauch ab. Hinzu kommt der Druck auf die Reedereien, sich stärker um die Umweltverträglichkeit ihrer Schiffe zu bemühen und den Schadstoffausstoß zu vermindern. Die norwegische Fjord Line in Egersund hat darauf reagiert und wird zwei neue Kreuzfahrtfähren mit verflüssigtem Erdgas anstatt mit Schweröl betreiben. Die beiden Schiffe sind derzeit auf der Werft von Bergen Group Fosen im Bau. Die Umstellung auf LNG (Liquified Natural Gas) bedeutet allerdings eine Erhöhung der Kaufsumme um fast 14 Millionen Euro. Trotzdem ist das wirtschaftlich. Die zwei Neubauten STAVANGERFJORD und BERGENSFJORD werden etwa je 117 Millionen Euro kosten. Sie sollen künftig täglich auf den Routen Stavanger-Bergen und Hirtshals-Langesund verkehren. Die Fähren sind 170 Meter lang und für die Beförderung von 1500 Passagieren sowie 600 PKW ausgelegt. Die STAVANGERFJORD als erstes der zwei Schiffe soll bereits im April 2013 in Fahrt gebracht werden. Solche besonders umweltfreundlichen
Kreuzfahrt-Fährschiffe mit verflüssigtem Erdgas als Brennstoff für den
Antrieb stellt auch die finnische Reederei Viking Line in
Dienst. Die STX-Finnland-Werft in Turku hat in der letzten Augustwoche die VIKING
GRACE als erstes Schiff einer solchen
Neubauserie von LNG-Fähren ausgedockt. Dieses Schiff ist 214
Meter lang und soll im Januar 2013 ausgeliefert werden. Die Kaufsumme soll
240 Millionen Euro betragen. Zur Versorgung mit verflüssigtem Erdgas hat die
Reederei übrigens einen Vertrag mit der Linde AG abgeschlossen. Auch Scandlines will mit einer neuen
Antriebstechnologie punkten. Geschäftsführer Sören Poulsgard Jensen
offerierte jüngst in Rostock die Idee, so genannte Null-Emissions-Fähren zu
bauen. Diese Technologie beruht darauf, überschüssigen Strom aus den
Windparks, die ja wie Pilze aus der Ost- und Nordsee schießen, zur Erzeugung
von Wasserstoff zu verwenden und den zum Betrieb von
Brennstoffzellen zu nutzen. Das gäbe dann keinen Ausstoß
mehr von Schwefel und keinen von Dioxin. Der Scandlines-Chef meinte, das
wäre eine „sexy Alternative zum Fehmarnbelt-Tunnel”.
Die Investitionssumme zur Entwicklung solcher Fähren mit der neuartigen
Antriebsart bezifferte er mit 500 Millionen Euro. Das ist natürlich nur ein
Bruchteil dessen, was die Belt-Querung verschlingen würde. Auf längeren Routen, so Sören Poulsgard Jensen,
wären beim derzeitigen Stand der Technik, solche
Null-Emissions-Fähren derzeit allerdings noch nicht einsetzbar. Sie könnten
also nur auf sehr kurzen Strecken verkehren, etwa zwischen
Rödby und Puttgarden, oder zwischen Helsingborg und Helsingör.
Auf dieser Katzensprung-Distanz, wäre das ja schon eine tolle und lohnende
Sache. Ob nämlich das für den Baubeginn 2015 vorgesehene
Fehmarnbelt-Querungsprojekt überhaupt noch zu stoppen wäre und ob die neue
„Wasserstoff-Linie” die feste Querung
ausstechen könnte, ist mehr als fraglich. Doch die Idee hat was und in der
Zukunft dürfte die Technologie ganz sicher so weit entwickelt
werden, dass der Betrieb von Null-Emissions-Schiffen auch auf längeren
Routen, etwa Gedser-Rostock oder Rostock-Trelleborg nutzbar werden könnte.
Doch das bliebe abzuwarten.
AIDA weiter auf Boom-Kurs Die Rostocker Kreuzfahrtreederei AIDA Cruises
setzt ihren Kurs auf weiteres Wachstum unbeirrt fort. Anfang des
kommenden Jahres wird die AIDAstella als nächster Neubau übernommen und soll
am 17. März ihre Jungfernfahrt von Warnemünde aus antreten. Die AIDAstella
ist das letzte der sieben auf der Meyer Werft in Papenburg von AIDA
bestellten und dort gebauten Clubschiffe. Insgesamt umfasst die
AIDA-Flotte dann 10 Kreuzliner. In den Jahren 2015 und 2016 kommen die zwei
nächsten und nunmehr größten AIDA-Schiffe in Fahrt. Sie werden jeweils 3250
Passagiere an Bord nehmen können und sind derzeit auf einer Werft in
Finnland im Bau. Die Reederei baut auch ihren Standort in Rostock weiter
aus, wozu zwei weitere moderne Bürogebäude im Stadthafen entstehen. Hier
entstehen dann allein 400 neue Arbeitsplätze, im Unternehmen mit den neuen
Schiffen werden es sogar rund 3000 Stellen sein. Wie Michael
Ungerer, der Präsident von AIDA Cruises, gegenüber der Ostsee-Zeitung
äußerte, ist er überzeugt, dass mit den drei Neubauten bis 2016 das Ende der
Fahnenstange (des Aufschwungs der Kreuzfahrttourismus) noch keineswegs
erreicht sein wird, da derzeit lediglich 1,8 Prozent der Deutschen ihren
Urlaub auf einem Kreuzfahrtschiff verbringen. Da ist also nach oben noch
viel Luft. Im Übrigen unternimmt auch AIDA als größter Anbieter von
Kreuzfahrten auf dem deutschen Markt, große Anstrengungen, um die
Umweltverträglichkeit zu verbessern. So verbrauchen schon jetzt die Schiffe
der Flotte 40 Prozent weniger Treibstoff als vergleichbare Kreuzliner
anderer Reedereien. So vermindert sich der Reibungswiderstand der
Schiffskörper dank des inzwischen verwendeten Silikon-Anstrichs der
Außenhaut, was zur Energieeinsparung beiträgt. Das Vermeiden von Müll und
die sachgerechte Entsorgung in den Häfen ist sowieso Standard. Das
Unternehmen setzt z.B. künftig auf die Mals-Technologie. Dabei würden durch
den Burg Luftblasen ausgestoßen, was zu einer weiteren Senkung des
Treibstoffverbrauchs um sieben Prozent führt. Zum Flaggen-Ärger auf der DEUTSCHLAND Das „Traumschiff” DEUTSCHLAND fährt also weiter unter deutscher Flagge. Wie schön. So hat sich der Mut von Kapitän Jungblut, der gegen die Ausflaggungsvorhaben öffentlich rebellierte, doch ausgezahlt. Doch wie lange wird das schwarz-rot-goldene das Schiff noch schmücken? Es gab ja bereits Bemerkungen von Besatzungsmitgliedern, dass die Reederei zwar im Augenblick klein beigegeben habe, aber irgendwann einen nächsten Versuch starten wurde. Oder sie stellt das Schiff einfach aus wirtschaftlichen Gründen außer Dienst (schließlich ist es ja auch nicht mehr so neu und so jugendfrisch und dann hat sich das alles erledigt. Denn wo gibt es einen Patrioten in dieser oder einer anderen Reederei, der einem Schiff den Namen DEUTSCHLAND verpassen wird, wenn damit eine Ausflaggung so abgeschmettert wird wie in im Falle des Traumschiffs? Es geht ja nicht einfach nur um die Flagge, sondern vor allem um die Bestimmungen, die im Flaggenland gelten. Da geht es um Steuern und vor allem geht es um Löhne für die Besatzungsmitglieder von den Kapitänen bis zu den Wäschern ganz unten über den Bilgen. Die Reederei, die ja nur noch den Namen dieses bedeutenden Unternehmers aus Neustadt trägt und sich nach wie vor (eigentlich zu Unrecht) mit ihm schmückt, war jedenfalls stinksauer über Jungblut und das Echo, das er an Land und überall im Land ausgelöst hatte. Die Schiffseigner möchten, dass die Regierung ihnen den „Patriotismus” (der Nichtausflaggung bzw. des Zurückflaggens) honoriert, besser gesagt subventioniert. Im Jahre 2009 betrug diese „Flaggenförderung” immerhin 1,5 Millionen Euro. Doch 2011 wurde die Summe um 80 Prozent gesenkt. Das kam bei den Schifffahrtsunternehmen nicht so gut an. Nun hat der Koordinator der Bundesregierung für die maritime Wirtschaft, Herr Hans Joachim Otto, angedeutet, dass man die Förderung angesichts der allgemein gestiegenen Kosten wieder anheben wolle. Man weiß nicht so recht, ob man das bejubeln muss: „Lasst hoch die deutsche Flagge weh’n” oder ob es verlorene Liebesmühe sein wird, weil irgendwann der nächste Zwang zur Kostensenkung ganz gewiss wieder anstehen dürfte.
222 Teilnehmerschiffe und wieder 1 Million Besucher
zur Sail 2012 Die 22. Hanse Sail Rostock ist vorbei. Alles war
wunderbar und die „Bauchschmerzen”
der Organisatoren im Vorfeld erwiesen sich als unnötig. Man hatte ja
befürchtet, dass wegen der Olympischen Spiele in London, wohin sich dieses
Jahr die großen Segler abgemeldet hatten, das Teilnehmerfeld doch dürftiger
als sonst sein würde. Doch da bot zunächst die STAR
FLYER an, zum Windjammertreffen
nach Warnemünde kommen und ihren Passagieren ein
Sail-Erlebnis komplett bieten zu wollen. Dann entschloss sich die KRUZENSTHERN,
nun doch wieder Warnemünde anzulaufen. Damit waren ja bereits
zwei höchst sehenswerte Schiffe dabei. Doch abgesehen von diesen zwei
Viermastern, der unter Maltaflagge segelnden Barkentine STAR
FLYER und der bekannten russischen
Viermastbark, hatte das Sail-Büro als zusätzliches Showelement einige Dampf-
und Motorschiffe mehr als sonst eingeladen, welche die Szene stark
bereicherten. Neben dem Dampfeisbrecher STETTIN,
der immer zu Gast ist, seit Anbeginn der Sail 1991, und den ebenfalls zu den
Sammgästen zu zählenden Feuerschiff FEHMARNBELT,
dem hundertjährigen Seitenraddampfer FREYA
und dem einem Mississippi-Raddampfer nachempfundenen Fahrgastschiff RIVER
STAR, waren der Dampfschlepper WOLTMANN
und der ehemalige Tonnenleger BUSSARD
erstmals zu Gast und fanden großes Interesse der erneut wieder an den vier
Tagen teilnehmenden rund eine Million Besucher. Insgesamt sind 222 Schiffe zugegen gewesen – ein wie
immer riesiges Teilnehmerfeld, das sich wahrlich sehen lassen konnte u.a.
mit so bekannten Segelschiffen wie der Bark ARTEMIS,
dem Toppsegelschoner MARE FRISIUM,
dem Dreimast-Toppsegelschoner GULDEN LEEUW,
der Brigantine EYE Of THE WIND
und weiteren Dreimastschonern, Barkentinen, Briggs und Galeassen. Da
die Sonne schien und auch das Landprogramm viel Gutes und dabei manch Neues
zu bieten hatte, konnten Besucher wie Veranstalter und Teilnehmer zufrieden
sein. Die Bilanz fiel also sehr gut aus, noch dazu, weil für kommendes Jahr
schon wieder einige „Pflöcke eingeschlagen”
wurden. So hat sich die Reederei Star Clippers wegen der diesjährigen bisher
so erfolgreich verlaufenen Kreuzfahrtsaison in der Ostssee (hier sind
derzeit alle drei bekannten Windjammer unterwegs) entschlossen, ihre
Luxus-Segler auch 2013 wieder durchs Baltische Meer schippern zu lassen.
Auch die „Motor- und Qualmpötte” sind
erneut eingeladen. Die Veranstalter wollen vielleicht aus der Hanse Sail ein
Windjammer- und Dampfer-Treffen machen. Es geht also mit Volldampf und unter
vollen Segeln weiter. Überlegt wird auch, ob es nicht gelingen könnte, 2013
nach der Sail Szczecin einen gemeinsamen Törn rund um Kap Arkona nach
Warnemünde zu organisieren, denn viele Teilnehmer am Treffen an der Oder
kommen ja anschließend an die Warnow. Altes Schrauben-Dampfschiff vor Hiddensee
identifiziert Eine sensationelle Meldung machten die
Meeresarchäologen Anfang August. Taucher identifizierten ein Schiffswrack
nordöstlich von Hiddensee. Es war schon lange bekannt, doch war man sich
nicht klar, um welch ein Schiff es sich da handelt. Jetzt gibt es weitgehend
Gewissheit: es ist der eiserne Schraubendampfer GROSSFÜRST KONSTANTIN. Auf
der späteren Neptunwerft 1857 gebaut, bediente er die Schiffsroute Rostock-St. Petersburg. Bereits 1850 lief bei Tischbein & Zeltz (später Neptunwerft)
der erste in Deutschland gebaute seegängige eiserne Schraubendampfer
ERBGROSSHERZOG FRIEDRICH FRANZ vom Stapel und wurde mit dem anschließend
fertig gestellten Schwesterschiff GROSSFÜRST KONSTANTIN nach der russischen
Hauptstadt in Fahrt gebracht. Der 1853 ausbrechende Krimkrieg und die
Blockade der russischen Küsten auch der Ostsee durch die Royal Navy brachte
das allzu frühe Aus für diese Post-, Fracht- und Passagierroute. Die zwei
Dampfer wurden verkauft. Doch bald unternahm die
„Rostock-Sankt Petersburger Dampfschiffgesellschaft” einen zweiten Versuch
und ließ wieder bei Zeltz und Tischbein zwei neue Dampfschiffe bauen, die nun etwas größer waren und in welche die
Erfahrungen der Erstlinge eingingen. Beide Schiffe erhielten wieder die
Namen ihrer Vorgänger. Die GROSSFÜRST KONSTANTIN (II) ist jedoch schon 1861
auf der Rückreise aus St. Petersburg vom strengen Winters überrascht,
in den Schollen des Eises stecken geblieben.
Schließlich zerquetschten die Eismassen den GROSSFÜRSTEN, der gesunken ist. Die Crew hatte sich aufs Eis retten können und ist nach
mehrstündigem Umherirrten gerettet worden. Zwar können die Archäologen nicht auf irgendeinen
Gold- bzw. Silberschatz im Wrack auf dem Meeresgrund hoffen, doch die
Erforschung dieses Fundes – einem der ersten in Rostock
gebauten eisernen Dampfschiffe mit Propeller-Antrieb, ist schon eine
wichtige und spannende Aufgabe. Neues Offshore-Service-Schiff Weitere Meldungen betreffen den Schiffbau in MV.
Zwar verzögert sich die Auslieferung der zwei für die Route Gedser-Rostock
bestimmten Fähren BERLIN und COPENHAGEN durch die P+S-Werft
(Volkswerft Stralsund) um weitere Wochen, was die
Reederei Scandlines als Auftraggeber inzwischen gelassen nimmt, denn soll es
sich dann um wirklich sehr moderne, wirtschaftliche und
sichere Schiffe handeln, wie auch die Probefahrt der BERLIN jüngst bewiesen
hat. Und in diesem Jahr würde es sicher noch etwas werden, heißt es. Die gute Nachricht konnte Nordic-Yards-Chef Witali
Jussufow verkünden. Seine Werften in Wismar und Warnemünde haben den Auftrag
für den Bau eines Offshore-Service-Schiffes erhalten. Der
dänische Auftraggeber, die DBB Jack-Up Services, will in den nächsten
Monaten noch zwei weitere Schiffe dieser Bauart bestellen, worüber eine
Option mit dem Werftunternehmen vereinbart worden ist. Das Auftragsvolumen
soll etwa 80 Millionen Euro betragen, was aber offiziell nicht bestätigt
wurde. Man wird sich an solche neuartigen See-Ungetüme mit
80 Meter Länge und 32 Meter Breite erst gewöhnen müssen. Wie Schiffe sehen diese
Schwimmgeräte jedenfalls nicht aus. Das Charakteristische
dieses Superkahns sind die vier in die Höhe ragenden „Beine” oder Stelzen,
die bis 45 Meter in die Tiefe abgesenkt und auf den Meeresboden gestellt werden
können. Nicht zu übersehen ist außerdem der gewaltige
Kran, der sich bis in eine Höhe von 100 Meter emporrecken
kann, so dass dann bei Wassertiefen bis 45 Meter und in 100 Meter über dem Meer
Arbeiten an den Windkrafträdern vorgenommen werden können. Dieses
Spezialschiff ist die erste Bestellung eines Neubaues bei
Nordic Yards seit 2010. Letztes Objekt war der eisgängige Tanker für Norilsk
Nickel, einen russischen Konzern. ADAC vergab Bestnoten an Aida Cruises Der ADAC hat ein halbes Jahr nach der Havarie der
COSTA CONCORDIA die Sicherheit von zehn Kreuzfahrtschiffen im Mittelmeer untersucht. Darunter waren die AIDAbella und die AIDAdiva. Diese
beiden Schiffe der Rostocker Kreuzfahrtreederei erhielten von allen
überprüften Linern die besten Noten. Es ging um Sicherheitsinformationen, um
Konstruktion und Stabilität, den Brandschutz, den Zustand der
Rettungsmittel, sowie um das Sicherheits-Management. Die Aida-Schiffe
erhielten in allen Punkten zwei Pluszähler und sind insgesamt als einzige
mit der Note „sehr gut” bewertet worden. Insgesamt hat
der Automobilclub allen überprüften Kreuzfahrtschiffen
einen guten bis sehr guten Gesamtzustand bescheinigt. Größtes Problem sei
es, dass einige Schiffe, obwohl sie mit wasserdichten Schotten unterhalb der
Wasserlinie ausgestattet sind, diese wasserdichten Türen, die ein
Übergreifen von eingedrungenem Wasser aus einer leck geschlagenen Abteilung
in andere Bereiche des Schiffes verhindern und damit hohe Sinksicherheit
gewährleisten, leider Ausnahmegenehmigungen haben, die es gestatten, mit
offenen Unterwasserschotten zu fahren. Das berge, laut Tester,
ein hohes Risiko. Zu den überprüften Schiffen gehörten außer den zwei
AIDA’s (in der Reihenfolge ihres Abschneidens ab Platz 3): COSTA FASCINOSA,
ADVENTURE OF THE SEAS, NORWEGIAN EPIC, MSC FANTASIA, NAVIGATOR OF THE SEAS,
MSC ORCHESTRA, MSC SPLENDIDA, COSTA SERENA.
Wikingertreffen in Haithabu Zu den interessantesten maritimen Veranstaltungen, die auch in dieser Sommersaison rund um die Ostsee stattfinden, gehörte das Rahseglertreffen „Kurs Haithabu” am 14. und 15. Juli an und auf der Schlei. Es nahmen 25 Schiffsnachbauten der Wikingerzeit aus Deutschland, Dänemark, Polen und Schweden teil. Das ist ein Rekord für die Schleswig-Holsteiner, die mit diesem Treffen historischer Repliken eine Attraktion boten. Etwa 30.000 Besucher waren trotz (oder wegen?) des teils widrigen, jedenfalls sehr durchwachsenen Wetters gekommen. Der Begriff Rahsegler ist dabei etwas irritierend, denn unter Rahseglern versteht man ja vor allem Großsegler: Vollschiffe, Barken, Barkentinen und Briggs. Zum Treffen im Wikinger-Zentrum Haithabu hatten sich aber vor allem kleine Schiffe (Boote) versammelt, die man freilich auch als Rahsegler bezeichnen kann, weil sie mit nur einem Mast, einer Rah und einem Rahsegel getakelt sind, so wie vor rund eintausend Jahren. Die Wikinger mit ihren „Drachenbooten” waren damals das führende Seefahrervolk. So waren denn auch diejenigen, die Nachfahren der Wikinger sein wollen, in der Mehrzahl. Aus dem Gastgeberland hatten 14 Schiffe Kurs auf Haithabu genommen oder waren schon dort, weil ja die „deutschen Wikinger” an der Schlei ihre Hochburg nebst Heimathafen haben. Aus Mecklenburg-Vorpommern kamen drei Schiffe, darunter die nach altslawischem Vorbild gebaute PERUN. Absoluter Star war die HAVHINGSTEN FRA GLENDALOUGH der dänischen Wikinger aus Roskilde, ein gewaltiges wikingisches Langschiff (30 Meter) mit 60 Mann Besatzung. Das Kampfschiff ist etwa so groß wie die „Lange Schlange” des (christianisierten) Wikingerkönigs Olaf Tyggvason, das etwa 30 bis 35 Meter lang und 4,50 Meter breit gewesen sein soll und 30 Rudererplätze an jeder Bordseite hatte. Ein 12 Meter hoher Mast trug ein Rahsegel von 72 Quadratmetern. Insgesamt sind unter dem Danebrog 7 Schiffe in Haithabu präsent gewesen. Die Schweden waren mit TVEKAMP AF ELBOGEN (eher eine kleine Kogge als ein Wikingerschiff) und VIDFAMNE vertreten und Polen schließlich mit der ORZEL JUMNE und OTTON Z BAMBERGU. Der Name ORZEL JUMNE hieße zu deutsch ADLER VON JUMNE. Jumne oder Jumeta war der Hauptsiedlungsort der Jomswikinger, die ab der Zeit zwischen 950 bis 970 n. Chr. den „Jomsgau”, das Gebiet der Odermündung mit Wolin, Usedom und den Ufern des Oderhaffs und des Achterwassers beherrscht hatten. Hier stand auch ihre Hauptburg, die Jomsburg. Orzel ist der polnische weiße Adler. Eine der Überlieferungen besagt, dass der polnische König Miezko I. die Jomswikinger ins Land geholt und sie als Söldner engagiert, also unter seine Hoheit gestellt hatte, was die Nordmänner aber kaum interessierte und sie nicht davon abhielt, eigene Interessen zu verfolgen und zu verfechten, selbst gegen ihren „Lehnsherrn”. Zur 12-Mann-Crew der neuen ORZEL JUMNE gehörten auch ein paar Wikinger aus Moskau. Auf der Tour nach Haithabu kam das Boot leider nicht „um die Ecke” am Darßer Ort und lief genau dort auf Grund, wo in tausend Jahren zuvor schon hunderte Schiffe gestrandet sind, vielleicht auch jene Wikinger, deren kostbare Ladung an der Küste der Insel Hiddensee angeschwemmt, nach der großen Sturmflut 1872 aufgefunden wurde und seither als kostbarster Schatz Vorpommerns gilt: der Goldschmuck von Hiddensee. Um aus eigener Kraft frei zu kommen, haben die „JUMNE-ADLER” geleichtert d.h. alles über Bord geschmissen, was irgendwie nicht niet- und nagelfest war. Dazu sollen auch vier Flaschen (einige Zeugen sprechen von einer Kiste) Wodka in der tobenden Brandung gelandet sein. Die Lage wurde für die Männer bedrohlich. Sie konnten jedoch von herbeigerufenen Seenotrettern aus ihrer kritischen Lage gerettet werden. Auch der Mast und die Rah wurden geborgen. In den Nothafen geschleppt, gelang es, das Boot rasch wieder segelfähig zu machen. Als Ursache der Havarie nannten der Kapitän und seine Leute den Ausfall ihrer elektronischen Geräte (ganz wie zu Wikinger-Zeiten geht es heute halt nicht mehr) und den aufgekommenen Nebel, so dass ORZEL JUMNE vom Kurs abgekommen sei. Die Geräte aber sind ausgefallen, weil die Batterien, welche sie speisen sollten, verbraucht waren. Insofern haben sich die Wikinger von heute auch so verhalten, wie ihre Ur-Väter, sonst wären sie mit schwächelnden oder gar leeren Akkus nicht in See gegangen. Da dann alle wohlauf waren, ging es mit dem flott gemachten Schiff rasch weiter mit Kurs Schlei, wo sie allerdings verspätet ankamen und so nur noch den Rest des großen Festes erleben konnten. Der Verlust des Wodkas musste man verschmerzen, wobei es sicherlich Ersatz von den anderen Wikingerkumpels gegeben hat. Die„JUMNE-ADLER”-Jungs haben jedenfalls auf ihrer Reise wohl so recht empfinden können, warum es so wichtig ist, „stets eine Handbreit Wasser unterm Kiel” zu haben. Doch vielleicht erschloss sich ihnen auch, was es damit auf sich hat, wenn jemand „Gute Fahrt und stets eine Handbreit Wodka unterm Kinn” wünscht. |
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Robert Rosentreter Panzerkreuzer POTJOMKIN Das Schiff. Der Aufstand. Der Film. |
Es gab zwar in der Vergangenheit schon einige Artikel und Broschüren über die Matrosenrebellion 1905 auf diesem russischen Großkampfschiff und manche Veröffentlichung über den weltberühmten Dokumentarfilm von Sergej Eisenstein. Doch eine so umfassende Darstellung dieses Themas, vor allem auch über die wechselvolle Geschichte dieses Schiffes, vom missglückten Stapellauf 1900 bis zum Ende 1923, hat es bisher noch nicht gegeben. Robert Rosentreter, Ex-Fregattenkapitän, promovierter Historiker und Marine- und Schifffahrtspublizist, erweist sich einmal mehr als profunder Kenner der Materie. Doch wer etwa theoretische Betrachtungen zur Geschichte der russischen Flotte erwartet, wird erstaunt sein. Das Buch liest sich über weite Strecken wie ein Roman. Rosentreter schildert spannend die geschichtlichen Abläufe als Hintergründe der Vorgänge an Bord, macht mit dem Namenspatron, dem Fürsten Potjomkin Towritschewski bekannt, dem man die Erfindung der sprichwörtlichen Dörfer seines Namens nachsagt, der nicht nur am Sturz des Zaren Peter III. aktiv beteiligt war und dann als Günstling der auf den Thron gehievten Zarin Katharina II. (die Große) nicht nur deren Liebhaber war, sondern sich auch als hervorragender Organisator, Militär und Politiker seiner Zeit erwies und am Aufbau der russischen Schwarzmeerflotte maßgeblichen Anteil hatte. Der Leser fühlt sich an Bord des damals größten und stärksten Schiffes der russischen Flotte versetzt und erfährt, wie die folgenschwere blutige Meuterei endete und welche Nachwirkungen sie hatte. Bisher kaum oder gar nicht bekannt war, wie das Schiff, nach 1905 unter drei verschiedenen Namen im Ersten Weltkrieg an den Kämpfen gegen die türkische Flotte teilnahm und welches wechselvolle Schicksal ihm in der Revolutions- und nach-Revolutionszeit 1917 bis 1921 bestimmt war. Im letzten Teil seines Buches behandelt der Autor die Entstehung des Stummfilms von Sergej Eisenstein 1925, den erstaunlichen Siegeszug des Streifens durch Deutschland und andere Länder sowie seine bleibende kulturhistorische Bedeutung, Die Schilderungen über die Restauration des über viele Archive der Welt verstreuten und inzwischen teils fragmentarischen Materials durch deutsche Filmwissenschaftler, anlässlich des 80. Jahrestages der Entstehung 2005 und die Wiederaufführung von „Panzerkreuzer Potemkin” in Deutschland 2008 schließen das Buch ab. Im Glossar sind Namen, Bezeichnungen und Begriffe, die vielen Lesern nicht oder nur teilweise geläufig sein dürften, erklärt, was den Wert der Arbeit noch erhöht. Quellen- und Literaturverzeichnis lassen erahnen, wie umfangreich und aufwändig die Recherchen waren und über welch langen Zeitraum sich der Autor mit dem Thema befasst hat. Monika Käning Erschienen im Januar 2012 im Ingo Koch Verlag, Schillerplatz 10, 18057 Rostock.(ISBN 978-3-86436-12-1). 149 Seiten, Taschenbuch, Format 21 x 14,8 cm, 14,70 €. Bestell-Link: http://www.ingo-koch-verlag.de/authors/362 |
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