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AUSGABE 2/2013 | ||||||
Herbert Fricke · Ressortleiter HamburgMagazin
Torsten Temp vertritt die Schifffahrt Hamburg/Kiel. Bei der HSH Nordbank, der für Hamburg
und Schleswig-Holstein zuständigen Landesbank, hat Torsten Temp (52) das für
die Reederei-Standorte Hamburg, Kiel, Lübeck, Rendsburg, Flensburg und
Neustadt wichtige Ressort Schiffsfinanzierung übernommen. Sein Vertrag läuft
bis 2016. Die HSH Nordbank hat zahlreiche Frachtschiffe, Tanker und
Kreuzfahrtschiffe mitfinanziert und ist auch für Neubau-Aufträge zuständig.
Ihr kommt eine noch größere Verantwortung zu, seit sich die Commerzbank
vollständig aus der Schiffs-Finanzierung zurückgezogen hat.
TT-Line jetzt in solventen Händen Hamburg/Trelleborg. Die führende Reederei im Ostsee-Verkehr zwischen Deutschland und Skandinavien, die deutsch-schwedische TT-Line (Abkürzung für Travemünde-Trelleborg), ist jetzt von den Schifffahrts-Unternehmern Dr. Arend Oetker und Dr. Bernhard Termühlen zu je 50 % komplett übernommen worden. Damit ist der Fortbestand dieses wichtigen Bindeglieds zwischen Deutschland und Schweden gesichert. Unter der TT-Flagge verkehren sechs große Kombi-Fährschiffe zwischen Travemünde und Rostock auf deutscher Seite und Trelleborg auf schwedischer Seite, bis zu 14 Abfahrten täglich werden angeboten. Die Ro-Ro-Fähren transportieren |
jährlich rund 600.000 Passagiere und über 300.000
Last- und Personenwagen über die Ostsee.
Briese-Preis für junge Forscherinnen
Leer/Ostfriesland. Die Reederei Briese mit Sitz in
Leer in Ostfriesland bereedert nahezu alle deutschen Forschungsschiffe in
ihrem weltweiten Einsatz. Alljährlich verleiht sie den
Briese-Preis für besondere wissenschaftliche Leistungen, die an Bord
erbracht wurden. Der Briese-Preis 2012 ging an die jungen
Meeresforscherinnen Dr. Lena Menzel und Dr. Verena Salmann für ihre Arbeiten
auf dem Gebiet der Meeres-Chemie und Meeresphysik.
Hafenchef Meier jetzt auch HSV-Boss Hamburg. Der Chef der Hamburger Hafenbehörde „Hamburg Port Authority” (HPA), Jens Meier, ist zum stellvertretenden Vorsitzenden
des Hamburger Sportvereins gewählt worden. Obwohl der Unternehmensverband
Hafen Hamburg gegen eine Kandidatur des Hafenbosses war, nahm Meier das
Ehrenamt beim HSV an, versprach aber gleichzeitig, dass seine Arbeit für den
Hamburger Hafen darunter auf keinen Fall leiden werde. Sein
Herz schlage für den Hafen u n d den HSV.
Währenddessen ist der Hamburger Hafen zu einem der wichtigsten europäischen
Kreuzfahrthäfen geworden, weil immer mehr Reedereien ihre Sommerfahrpläne
auf Nordlandfahrten umstellen und das riskante Fahrtgebiet östliches
Mittelmeer, Rotes Meer und Golfregion meiden. AIDA
größter Arbeitgeber in Mecklenburg-Vorpommern Rostock/Hamburg. Aida Cruises ist mit
rund 5.600 Arbeitnehmern auf See und an Land größter Arbeitgeber im
Bundesland Mecklenburg-Vorpommern. Da sich die Reederei
zwischen Mai und September stark auf Kreuzfahrten nach Norwegen, Schweden,
Dänemark, ins Nordmeer und in die östliche Ostsee spezialisiert hat, wurde
Hamburg zum wichtigsten Terminal der Aida-Flotte. Der Grund für
den Boom der Nordlandreisen ist vor allem der Wegfall einer Anreise im
Flugzeug, wie Kreuzfahrtpassagiere übereinstimmend berichten. Der Hamburger
Fremdenverkehr profitiert enorm von diesem Boom, denn viele der Kreuzfahrer
verbinden mit ihrer Seereise einen Aufenthalt in Hamburg. Dies
ist einer der Gründe, weshalb Hamburg soeben zum zehntgrößten Tourismus-Ort
der Welt aufgestiegen ist. Die Musical-Szene und die mittlerweile drei
Kreuzfahrt-Terminals im Hamburger Hafen haben diesen Boom ausgelöst.
Reeder verzeichnen eine Zunahme der
Piraterie vor Westafrika Hamburg. Der Verband Deutscher Reeder
(VDR) mit Sitz in Hamburg warnt eindringlich vor einer Zunahme der Piraterie
vor den westafrikanischen Küsten. Seitdem die Piraten am Horn von Afrika,
vor allem vor der Küste von Somalia, durch den Marine-Einsatz der
Atalanta-Staaten zurückgedrängt wurden, wächst nun die Piraterie auf der
anderen Seite des Schwarzen Kontinents. Vor allem vor den Küsten von Ghana,
Nigeria, Togo, Kamerun und im Golf von Guinea tauchen immer
häufiger schnelle Piratenboote auf. Ihr Ziel sind vollbeladene Tanker, die
sie kapern, deren Ladung sie umpumpen in bereitliegende Bargen und kleinere
Tankschiffe. Der Schaden geht bereits in die Milliarden! Die
Schiffsversicherer und Spediteure schlagen Alarm. Die Mineralöl-Wirtschaft
macht auf Teuerungen aufmerksam, die durch den Verlust großer Mengen von
Rohoel entstehen. Auch die Umweltbehörden sind wegen drohender
Meeresverschmutzung alarmiert. Die zuständige EG-Kommission in
Brüssel und das Flottenkommando der NATO prüfen zur Zeit geeignete
Gegenmaßnahme gegen die Öl-Piraterie vor Westafrika. |
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GLOSSE | GLOSSE | ||||||
Versenken, Versinken, Versunken Was tun mit
Geisterschiffen auf hoher See?
von Herbert Fricke
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Oh, oh, oh – jetzt wird es aber brenzlig mit der
schrottreifen LYUBOV ORLOVA.
Das ehemalige russische Eismeer-Kreuzfahrtschiff treibt auf dem Atlantik,
und zwar herrenlos auf die irische Küste zu.
Ohne Mannschaft, ohne Ruder, ohne Positionslaternen. Nur zehntausend Ratten
an Bord. Die haben das Schiff noch nicht verlassen, weil es ja nicht sinkt.
Die Ratten kennen die EU. Die wird erstmal eine
Richtlinienkompetenz herbeiführen, dann eine Richtlinie entwerfen. Und dann
einen Abstimmungsprozess einleiten. Und dann eine Kommission
zusammenstellen. Und dann rund zwei Jahre beraten. Und dann einen
„tragfähigen Kompromiss” erarbeiten. Erst
in Straßburg, dann in Brüssel. Aber nur noch tausend Seemeilen, dann kracht der
rostige, 150 Meter lange Kahn mit der hohen irischen Küstenbrandung
gegen die Felsen der grünen Insel. Wieviel Treibstoff
der Havarist noch an Bord hat, weiß kein Schwein. Das treibende
Schiff ist jedenfalls eine extreme Gefahr für die Schifffahrt. Für die
Bohrinseln. Für die Windparks auf See. Und für die Umwelt! Aber
all unsere „Sachverständigen” träumen weiter. Dies
sei „eine komplizierte Angelegenheit” hört man, wenn man sich
als Journalist erkundigt. Noch gebe es ja kein
europäisches Verkehrsministerium. Und keine Maßregeln für solche Fälle
„außerhalb unserer Hoheitsgewässer”. Darauf sei die EU nicht
vorbereitet. Das Schiff treibt weiter und den Iren den
Angstschweiß auf die Stirn. Die LYUBOV
ORLOVA wurde vor 37 Jahren in
Russland gebaut und hat seitdem Zehntausende von Kreuzfahrtgästen als
eisverstärktes Spezialschiff durch arktische und antarktische
Gewässer gefahren. Wegen zahlreicher notwendiger Reparaturen wurde es
dann unrentabel. Die Rechnungen konnten nicht mehr bezahlt
werden. Der Besitzer ging pleite, das marode Schiff wurde für 275.000 Dollar
an einen Schrotthändler in Neufundland verkauft. Der wiederum
verscheuerte das Wrack an eine Abwrackfirma in der Dominikanischen Republik.
Als nun ein Hochseeschlepper den rostigen Seelenverkäufer auf den Haken
nahm, um ihn von Neufundland in die Karibik zu schleppen, da krachte auf See
die Trosse. Die Schlepperbesatzung konnte und wollte in
bewegter See nicht auf die russische Schiffsleiche klettern. Das Ding machte
sich selbständig und treibt seitdem in den Atlantikwellen dümpelnd Richtung
Westen. Vor einem Jahr gab es einen verblüffend ähnlichen Fall, nur auf dem Pazifik statt auf dem Atlantik. Im Tsunami hatte sich der japanische Fischtrawler RYU-UN MARU losgerissen und trieb ebenso dümpelnd als Geisterschiff Richtung Amerika. Ein ganz schöner Rostbrocken, 50 Meter lang, ziemlich verrottet – aber noch schwimmfähig für hundert Geisterjahre. |
Die Amis beobachteten das Hindernis, als es in ihre
Hemisphäre dümpelte. Aber – anders als jetzt die Europäer – machte die U.S.
Navy aus dem Boot eine Tugend: Anders nun die Europäer. Die schauen gebannt in die Ferne, ob die LYUBOV ORLOVA schon auftaucht an der Kimm. Dann werden sie ihr wahrscheinlich Begleitschutz gewähren. Vielleicht sogar Begrüßungsfontänen in den Himmel schießen. Und dann zusehen, wie das Ding am Felsen zerschellt, das Öl ins Wasser läuft und die Ratten ihr Rattenleben retten. Fernsehteams aus ganz Europa werden das Schauspiel in alle Wohnzimmer übertragen. Als Fachmänner für maritime Angelegenheiten werden die Bundesminister Ramsauer (zivil) und de Maiziere (Marine) bedeutsame Erklärungen über das „gemeinsame Europa” abgeben. Die Freiheit Europas müsse zwar am Hindukusch, aber doch nicht auf dem Atlantik verteidigt werden. Auch der dicke bayrische Bundesumweltminister Altmaier mit seiner allgegenwärtigen Kompetenz wird auf die Gefährdung des „für uns alle in Europa so lebenswichtigen Golfstroms” und auf die Unverträglichkeit militärischer Gewaltanwendung gegen neufundländische Beutelratten hinweisen. Die Bundeskanzlerin wird ihre erneuerbare Energie darauf verwenden, einen Krisengipfel in Dublin möglicherweise in Erwägung zu ziehen. Allerdings nur, wenn der sich nicht auf die deutsch-jüdischen Beziehungen oder das Kurdenproblem auswirke. Bundespräsident Gauck wird unsere freiheitlich-demokratische Meeresgrundordnung beschwören. Übrigens, liebe Steuerzahler: Die „Zielobjekte” für ihre Übungsschießen generiert die deutsche Marine sehr kostspielig irgendwo draußen auf See. Da müssen dann stets mit erheblichem Aufwand künstliche Ziele gebaut werden. Jetzt hätte sie ein Gratisziel. Ein echtes Schiff! Aber da fehlt ja, wie gesagt, noch die Richtlinienkompetenz ... |
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Diese Nachricht wird viele treue Passagiere des
Traumschiffs DEUTSCHLAND erschrecken. Denn
gewiss nicht wenige „Repeater” sind gerade seinetwegen immer
wieder an Bord gekommen. Kreuzfahrtdirektor Wolfgang Frank (57), einst noch
angeheuert vom legendären Reeder Peter Deilmann persönlich, seit 24 Jahren
bei der Neustädter Traditionsreederei, zunächst auf der BERLIN,
dann auf der DEUTSCHLAND, verlässt das
Schiff. Er ist von Bord gegangen, um mit seiner bildschönen Lebensgefährtin
Laura Frühauf (34) die Posada de Lluc auf Mallorca zu übernehmen. Dieses
kleine Hotel im Nordosten der Insel ist ein uraltes Gebäude mit einem
unvergleichlichen Charme, mit dicken Mauern und großer Geschichte. Es wird
gerade ausgestattet mit vielen Erinnerungsstücken aus Wolfgang Franks langer
Seefahrer-Zeit. Eigentlich ist Wolfgang Frank zunächst als Sänger
an Bord gekommen. Mit seiner sonoren weichen Baritonstimme eroberte er
damals die Herzen der Kreuzfahrtgäste, vor allem der weiblichen. Sie waren
begeistert und ausgesprochen angetan, nicht nur von seinem Gesang, sondern
auch von seiner verbindlichen, freundlichen Art im Umgang mit den
Passagieren. Sein Repertoire umfasst Hits und Klassiker und auch viele
selbstgeschriebene Songs, die er zu Schlagern machte. Die See, der Abschied,
das Fernweh, das Heimweh – seine eigenen Texte und Melodien gehen seinem
Publikum sichtbar zu Herzen. Weil er echte Gefühle nicht zu Schnulzen
degradiert. Aber Wolfgang Frank kann nicht nur wunderschön singen, sondern moderiert auch klug und charmant die Unterhaltungsprogramme an Bord. Dies fällt ihm immer umso leichter, als er ja aus dem sogenannten „Showbiz” an Land viele der Sänger, Tänzer, Zauberer, Künstler, Entertainer ganz persönlich kennt. So holte er ungezählte prominente Kollegen und Kolleginnen an Bord, Musiker, Schauspieler, Comedians, |
Artisten und Lektoren, stets zu beiderseits
kollegialen Bedingungen und damit sehr zur Freude seines damaligen Reeders
Peter Deilmann. Der erkannte das Multitalent seines singenden Conferenciers
und trug ihm das Amt des Kreuzfahrtdirektors an, die zweithöchste Position
an Bord nach dem Kapitän. Fortan war Wolfgang Frank für die gesamte
Unterhaltung auf der DEUTSCHLAND
zuständig. Dieses vielfältige und spannende Unterhaltungsprogramm war stets
ein Markenzeichen der Deilmann-Schiffe. Es lebte von den Persönlichkeiten,
die dort auftraten. Nicht von glitzernden LED-Wänden und Bühnen-Nebel, nicht
von Playback und Schicki-Micki. Wer bei Wolfgang Frank auftrat, in welcher
Funktion auch immer, musste ein Könner sein in seinem Fach. Da wurde nur
live gesungen! Und es waren die besten Autoren und Schauspieler, die unter
Wolfgang Franks Regie aus ihren Werken lasen und literarische Szenen
lebendig werden ließen. In mancher Fernseh-Sequenz spielte er übrigens
selber mit, besonders gern als Bordpastor. Wolfgang Frank ist ein guter Freund des langjährigen DEUTSCHLAND-Kapitäns Andreas Jungblut (60), der wegen angeblicher Illoyalität in Zusammenhang mit der geplant gewesenen Ausflaggung des Schiffes unter die Flagge von Malta entlassen wurde (s.u.). Der Kapitän hat sein Ziel, die deutsche Flagge zu behalten, mit Hilfe seiner Besatzung schließlich auch erreicht. Aber die neuen Eigentümer der DEUTSCHLAND haben ihn entlassen. Inwieweit ein Zusammenhang mit dieser (rechtlich noch nicht ausgefochtenen) Entlassung besteht, mag Wolfgang Frank nicht weiter erklären. Er sagt nur, dass er auch künftig die eine oder andere Verpflichtung als Kreuzfahrtdirektor, auch auf anderen Schiffen, annehmen werde. Sein neues Standbein aber ist die Posada de Lluc im Herzen von Polenca auf Mallorca. Herbert Fricke |
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Ein Kapitän, ein Schiff
und zwei Flaggen
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Kapitän Andreas Jungblut (60) wohnt in
einem der malerischen, direkt am Elbufer gelegenen Lotsenhäuser
in Hamburg-Oevelgönne. Nur drei Meilen sind es von hier bis zu
den bekannten Hamburger Landungsbrücken. Jeden Tag sieht er die Schiffe in
den Hamburger Hafen ein- und auslaufen, aber seit einem halben Jahr steht er
nicht mehr selbst auf der Brücke. 27 Jahre lang war Jungblut Angestellter der
Neustädter Reederei Deilmann. Zunächst als Nautischer Offizier, dann als
Kapitän, davon allein 13 Jahre lang auf der Brücke der DEUTSCHLAND.
Andreas Jungblut war also der echte Kapitän des ZDF-„Traumschiffs”.
Für viele der Passagiere wurde er zum Gesicht dieses Schiffes. Eingestellt
hatte den damals 32jährigen Nautiker noch der legendäre Reeder Peter
Deilmann persönlich. Zunächst fuhr Jungblut auf kleineren
Frachtschiffen der Reederei. Sie brachten vor allem Baumaterial zur
Baustelle der Fehmarnsundbrücke und zur riesigen Baustelle für die
Fähranleger in Puttgarden. Später ließ Deilmann auf der
Howaldtswerke/Deutsche Werft (HDW) in Kiel das Passagierschiff
BERLIN bauen und betraute seinen
bewährten Kapitän Jungblut mit dem Kommando. Die Passagiere auf der BERLIN und später auf der DEUTSCHLAND schätzten Kapitän Jungblut wegen seines Humors und seiner Aufgeschlossenheit. Bei Ein- und Auslaufmanövern, bei besonderen Passagen (wie z.B. durch den Milford-Sound in Neuseeland, der Durchfahrt durch den Panama- oder Suezkanal, die Einfahrt nach New York, Rio de Janeiro oder Venedig) informierte der Kapitän launig und kenntnisreich seine Kreuzfahrtgäste. Er verfügt über ein außergewöhnliches Wissen und hat seinen Gästen Land und Leute und geografische Besonderheiten stets besonders anschaulich nähergebracht.
Ein Bild sagt mehr als tausend Worte: Stets gutgelaunter Kapitän Jungblut. Foto: Ina Kurz, www.maegdeundknechte.com
Er war an Bord (siehe Foto) stets ein „Gutgelaunter
Deutscher”, der sich mit seinem Optimismus viele Freunde machte.
An seinen „Captains Table” mitten im großen Speisesaal lud er nicht
nur die prominenten unter den Gästen, sondern auch gern Menschen ohne
bekannte Namen und Funktionen. So brachte er immer wieder die
verschiedensten Charaktere und Berufe im wahren Sinn des Wortes „an einen
Tisch”. Die geistreichen Konversationen am Kapitänstisch
auf der DEUTSCHLAND sind Legende.
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Dann aber kamen schlechtere Zeiten. Es begann mit
dem Absturz der Air France-Concorde in Paris – fast hundert Passagiere der DEUTSCHLAND
kamen damals ums Leben. Sie wollten in New York an Bord gehen und hatten als
besondere Attraktion für den Hinflug das legendäre Überschall-Flugzeug
gebucht. Dieses Unglück, diesen Schicksalsschlag hat Peter
Deilmann nie verwunden, er starb auch an den psychischen Spätfolgen als
gebrochener Mann. Seine im Schifffahrtsgeschäft relativ
unerfahrenen Zwillingstöchter Hedda und Gisa übernahmen das Ruder in der
Reederei in Neustadt in Holstein. Aber sie waren den schwierigen
unternehmerischen Anforderungen offenbar nicht gewachsen und scheiterten.
Auch der als „Retter in der Not” aus dem Ruhestand zurückgeholte
frühere Geschäftsführer Jochen Birkholtz, ehemals Bürgermeister von
Neustadt, konnte das auf Grund gesetzte Familien-Unternehmen nicht mehr
retten. Dann meldete sich als Investor die Münchner
Finanzholding Aurelius. Sie ging das Risiko ein und hielt die mehrfach
renovierte DEUTSCHLAND in Fahrt.
Allerdings planten diese finanziellen Retter, das Schiff aus
Kostengründen unter die Flagge von Malta zu stellen und die traditionsreiche
deutsche Flagge am Heck einzuholen. Dieses Vorhaben
konnten die Münchner mit den tiefroten Zahlen der Reederei logisch
begründen. Nur ein Flaggenwechsel, so die Finanziers, könne die
laufenden Kosten des Schiffes spürbar senken und so ein
Weiterbestehen der Reederei ermöglichen. Nun standen also Tradition gegen wirtschaftliche
Notwendigkeit, Gefühl gegen Geschäft, Schwarzrotgold gegen das
Malteserkreuz. Kapitän Andreas Jungblut stellte sich auf die Seite der
Traditionalisten. Er machte sich lautstark zum Befürworter des
Flaggenerhalts. Und wusste damit viele der
überwiegend konservativ gesonnenen DEUTSCHLAND-Passagiere
auf seiner Seite. Auch der ZDF-„Traumschiff”-Produzent Wolfgang
Rademann legt Wert auf die deutsche Flagge.
„Solange ick hier drehe”, erklärte der Berliner, „weht hier die deutsche
Flagge am Heck und sonst jarnischt!” Offenbar geben ihm die
Verträge zwischen Deilmann und dem ZDF Recht. Im Spätsommer 2012 wurde die DEUTSCHLAND als Hotelschiff während der Olympischen Spiele nach London verchartert. Dort eskalierte die Situation. Kapitän Jungblut unterbrach eigens seinen Urlaub und ging zornig auf „sein” Schiff, das aber in Wirklichkeit nur noch zu fünf Prozent „seiner” Reederei gehörte. Aurelius hatte das Sagen übernommen. „Wer zahlt, bestimmt” lautet ja schon das alte Sprichwort. Der neue Eigentümer nahm dem Kapitän übel, dass er seinen Protest lautstark über die Medien verkündet hatte, vor allem über die BILD-Zeitung. Dieses Verhalten sei „illoyal”. Der langjährige Kapitän wurde gefeuert. Zwar führt die DEUTSCHLAND noch immer die deutsche Flagge, aber das ist wohl nur noch eine Frage der Zeit. Kapitän Andreas Jungblut klagte gegen seine Entlassung. Jetzt fand vor dem – für den Heimathafen Neustadt zuständigen – Arbeitsgericht Lübeck ein erster „Gütetermin” statt. Der vorsitzende Arbeitsrichter schlug als Kompromiss vor, dem geschassten Kapitän für jedes seiner 27 Berufsjahre bei Deilmann ein Monatsgehalt zu zahlen, also überschlägig rund 200.000 Euro. Darauf ließen sich die Anwälte des Arbeitgebers nicht ein. Auch der Kapitän will ja lieber seine Wiedereinstellung. Ihm geht es nicht nur ums Geld, sondern um seine Ehre als einer der bekanntesten Kapitäne Deutschlands. Er würde gern noch zehn Jahre weitere Jahre auf der Brücke der DEUTSCHLAND stehen. Auch seine Uniform hänge ja immer noch im Schrank der Kapitänskabine, sagte er verbittert. Wobei allerdings die Frage ist, ob es die DEUTSCHLAND – so oder so – überhaupt noch zehn Jahre geben wird. Die Besatzung der DEUTSCHLAND steht zum überwiegenden Teil hinter Kapitän Jungblut. Kein Wunder, denn die deutsche Flagge garantiert den rund 400 Seeleuten, Stewards und Stewardessen, Schiffsingenieuren und Schiffsköchen erhebliche soziale, finanzielle und arbeitsrechtliche Vorteile gegenüber Kollegen auf ausgeflaggten Schiffen. Der nächste „Gütetermin” wurde für den 5. April anberaumt. Wir werden Sie auf dem Laufenden halten. Herbert Fricke |
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Toshi Yoshihara und James R. Holmes Der rote Stern über dem Pazifik China auf dem Weg zur Weltmacht! Nicht nur wirtschaftlich, das wussten wir ja schon. Jetzt aber auch in rasch wachsender Weise auf dem gefährlichen Feld der maritimen Machtpolitik. Mit analytischer Genauigkeit zeigen die Autoren Yoshihara und Holmes auf, wie die riesige chinesische Kriegsmarine dabei ist, immer mehr Einfluss im pazifischen Raum unseres Globus zu gewinnen, immer mehr eigene geographische „Clans” am und im größten Ozean der Erde abzustecken. China braucht immense Mengen an Rohstoffen. Dazu muss China Seemacht sein. China streckt seine Fühler schon jetzt aus nach Afrika, Südostasien und sogar nach Südamerika. China bereitet sich vor auf seine Rolle als neue Supermacht im Pazifischen Ozean. Der Marine-Ausbau ist atemberaubend. Fregatten, Korvetten, U-Boote, Flugzeugträger, Landungsboote, Schnellboote. Chinas Marine rüstet auf! Die ferneren Folgen sind unabsehbar. Damit werden sich die nächste und übernächste Generation auseinander zu setzen haben. Die näheren Folgen aber sind bereits spürbar: ein komplett verändertes militärstrategisches Denken und Planen der USA, Japans, Taiwans und der anderen Verbündeten im Pazifik. Dies hat natürlich auch erhebliche Auswirkungen auf uns, auf Europa und „den Westen”. Bisher war die NATO der militärische Dreh- und
Angelpunkt. NATO = North Atlantic Treaty Organization. Aber es geht künftig
mehr um „South Pacific” als um „North Atlantic”. Die Russen sind der NATO ja
als potentieller „Feind” abhandengekommen. Nun bringt sich auf
der anderen Seite der Weltkugel eine neue Militärmacht in Stellung. Das
heißt als logische Folge: Europa wird sich künftig viel mehr selber helfen
müssen. Europa kann militärisch nicht mehr auf die omnipräsenten Amerikaner
bauen. Europa wird seine Konflikte demnächst allein diplomatisch
bewältigen oder militärisch austragen müssen. Das Gewicht der Russen in
Europa wird sich wieder verstärken. Denn das Gegengewicht, die
Atomstreitmacht USA, muss seine pazifische Flanke sichern.
Entsprechende militärische Grundsätze hat Barack Obama schon verkündet.
Nicht als Friedensnobelpreisträger, sondern als Präsident und
Oberbefehlshaber der amerikanischen Streitkräfte. Dies ist kein Unterhaltungsbuch, keine leichte Lektüre. Dies ist ein Lehrbuch, aber keineswegs nur für Militärstrategen, sondern in erster Linie für Außenpolitiker und alle diejenigen, die sich für Außen- und Militärpolitik interessieren. Es ist auch ein Buch für geistige Schachspieler. Denn Strategie und Taktik spielen – wie beim Schach – eine besondere Rolle hier. Und es ist ein Buch für viele unserer kleinkarierten Politiker, die sich über Wachtelkönige und Glühbirnen, über Betreuungsgelder und Dirndlwitze erregen. Die Musik, meine Damen und Herren, die spielt ganz woanders! Herbert Fricke |
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