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Die
1986 entstandenen Kubushäuser im Stadtteil Blaak sind das berühmteste
Beispiel für die moderne Architektur Rotterdams |
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Thomas Meins Flusskreuzfahrt auf dem nördlichen Rhein Traumstädte, Wasserwelten und Industrielandschaften |
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Ein bisschen gewundert hat es mich schon, dass meine
Tochter von der Idee einer gemeinsamen Flusskreuzfahrt auf Anhieb begeistert
war. Mit 18 Jahren hält man für gewöhnlich eher wenig bis gar nichts davon,
allein mit dem Vater auf Reisen zu gehen. Erst recht nicht in einer
12-Quadratmeter-Kabine an Bord eines Schiffes, das den Rhein runterfährt und
Passagiere befördert, die im Schnitt mindestens dreimal so alt sind wie sie
selbst. Acht Tage ab Köln durch die Niederlande und Belgien
– das muss aus Sicht eines Teenagers nach Strafexpedition und nicht nach
Erlebnisurlaub klingen. Noch bevor ich den ersten Fuß an Bord der A’ROSA
AQUA setze, wird mir klar, was meine
Tochter auf dieser Flusskreuzfahrt geplant hat. Bis zur Einschiffung haben wir noch ein paar Stunden
Zeit in Köln. Ich schlage eine Dombesichtigung vor. Ein Haufen alter Steine,
und seien sie auch noch so kunstvoll aufgetürmt, ist aber einfach nicht ihr
Ding. Zielstrebig lotst sie mich stattdessen durch die Altstadt Richtung
Schildergasse. Da soll es tatsächlich einen Laden geben, den es zu Hause in
Hamburg nicht gibt. Die nächste Stunde geht mit Anprobieren von Shirts,
Pullovern und Hosen drauf. Ich ertrage es mit Geduld, denn ich weiß: In
Kürze kann ich die Füße hochlegen, mich vom Rhein schaukeln und die Welt an
mir vorüberziehen lassen. Acht Tage lang werden wir auf dem Rhein und im
Rheindelta unterwegs sein. Eine Flusskreuzfahrt, die diesen Namen wirklich
verdient: Denn im Gegensatz zu vielen anderen Flussfahrten führt unsere Tour
wirklich kreuz und quer durch eine Wasserwelt aus Flussarmen, Kanälen,
ehemaligen Meeresbuchten und riesigen Binnenseen. Sieben Städte in drei
Ländern läuft die A’ROSA AQUA
dabei an, unzählige weitere ziehen am Ufer vorbei. Am ersten Abend an Bord bewundern wir die Perlenkette der Orte am Niederrhein von Leverkusen bis Emmerich. Als wir Düsseldorf erreichen, taucht der Vollmond die Stadt in ein magisches Licht. Selbst die Industrie- und Hafenanlagen im grauen Duisburg ein paar Kilometer weiter flussabwärts blinken und glitzern verheißungsvoll im Halbdunkel. Vom Rhein ins Markermeer Gegen Mitternacht erreicht die A’ROSA AQUA die holländische Grenze, aber da liegen wir nach ein paar Kölsch, dem Abendessen und einem Cocktail an der Bar schon in der Koje. Das Schiff gleitet lautlos den Strom hinab, von der Maschine ist nichts zu hören, der Gegenverkehr auf dem Rhein macht sich nur durch ein leises Gurgeln an der Bordwand bemerkbar. Bis zum ersten Landgang im niederländischen Hoorn legt die A’ROSA AQUA 335 Kilometer zurück, die letzten Kilometer sind die landschaftlich schönsten der gesamten Kreuzfahrt. Als wir aufwachen, schwimmt unser Schiff im Amsterdam-Rhein-Kanal. Vom großen Fluss, der sich in mehrere Arme geteilt hat, ist nur ein schmales Band übrig geblieben – die Verbindung zwischen Niederrhein und niederländischer Hauptstadt. Am Ufer leuchten gepflegte Deiche, Vorgärten und Backsteinhäuser in der Morgensonne, die südlichen Vororte Amsterdams. Die A’ROSA AQUA nimmt Kurs auf die Stadt, biegt aber kurz vor der Hafeneinfahrt nach Steuerbord ab. Beim Frühstück liegen wir in der Oranje-Schleuse, die uns von der IJ ins Markermeer bringt, eine weite, der Nordsee abgerungenen Wasserfläche. Die ehemalige Meeresbucht, heute ein riesiger Süßwassersee, ist ein grandioses Segelrevier. Von der See weht eine kräftige Brise, am wolkenlosen Himmel lacht die Sonne. Ich schnappe mir einen Liegestuhl auf dem Oberdeck und lasse mir die nächsten Stunden dieses Spätsommertags den Wind um die Nase wehen. Wir passieren Marinas und einen Leuchtturm, alte Zweimaster und kleine Boote rauschen unter vollen Segeln vorbei. Gegen Mittag laufen wir Hoorn an. Die A’ROSA AQUA
macht an der Mole unter dem Hauptturm aus dem 17. Jahrhundert fest. Die
ehemalige Hauptstadt Westfrieslands verzaubert auf Anhieb: Im Hafen dümpeln
historische Segler, dahinter erheben sich die windschiefen Fassaden schöner
alter Bürgerhäuser mit den charakteristischen Treppengiebeln. Nach dem
Mittagessen bummeln wir durch die Stadt, vorbei an Grachten und über
Kopfsteinpflastergassen ins Zentrum am Roode Steen und dem Kerkplein, wo
prächtige Bauwerke wie die alte Käsewaage vom Glanz der einst mächtigen
Handelsstadt zeugen. Tüchtige Kaufleute sind die Bürger von Hoorn auch heute noch: Obwohl Sonntag, haben die Märkte und Läden der Innenstadt den ganzen Tag geöffnet. Klar, dass meine Tochter erst mal wieder zwischen Kleiderständern und Umkleidekabinen abtaucht. Zeit für mich, die maritime Atmosphäre zwischen den unzähligen Booten am Jachthafen zu genießen. Amsterdam zu Fuß: Flohmarkt und Kaufrausch Über Nacht schippert die A’ROSA AQUA zurück übers Markermeer und erreicht im Morgengrauen den Amsterdamer Hafen. Der Kreuzfahrtterminal liegt an der schicken neuen Wasserfront der Stadt am futuristischen Muziekgebouw und damit in Fußweite zur City. |
Also sparen wir uns auch in Amsterdam das offizielle
Ausflugsprogramm, ziehen auf eigene Faust los.
Früher kam man wegen anderer Rauschzustände nach Amsterdam. Früher gab es auch mehr Coffeeshops und Kiffer in der Stadt, wohl auch mehr Dreck und Probleme. Ich habe keinerlei Ambitionen, meine Tochter in die halbdunklen Ecken zu führen, auf der Suche nach dem verflogenen Hippie-Flair. Mit Kunsttempeln wie dem Rijksmuseum oder dem Van Gogh Museum mag ich ihr auch nicht kommen. Die Grachten, Brücken und alten Bürgerhäuser sind für heute Gesamt-Kunstwerk genug – das gilt erst recht für Amsterdam-Neulinge wie meine Tochter. Rotterdam: Wolkenkratzer und Containerberge In aufreizendem Kontrast dazu steht die nächste
Station. Über Kanäle und einen Rheinarm erreichen wir am folgenden Morgen
Rotterdam. Statt gemütlicher Gassen erwarten uns breite Straßen und
Hochhäuser. Rotterdam ist ein faszinierendes Konglomerat moderner
Architektur, vom neuen Hauptbahnhof über die Kubushäuser der City bis zu den
glitzernden Wolkenkratzern am Fluss. Am beeindruckendsten ist allerdings die Passage mit der A’ROSA AQUA durch den drittgrößten Hafen der Welt. Unterwegs ins belgische Gent fahren wir stundenlang vorbei an Raffinerien, Containern und Kaianlagen, bis die Skyline Rotterdams im Dunst verschwindet. Über die Oude Maas Richtung Süden gelangen wir in das Mündungsgebiet der Maas entlang der ehemaligen Meeresbucht Hollands Diep, dann über Schleusen in die Osterschelde und schließlich über die Westerschelde und weitere Schleusen in einen Kanal, der uns nach Belgien bringt. Belgien: Juwelen
und Diamanten Gent ist mit seinen Hunderten mittelalterlichen und
frühneuzeitlichen Gebäuden ein Juwel, aber so richtig glänzen kann die Stadt
heute nicht. Der Himmel ist grau, es schüttet. Also haken wir die
Sehenswürdigkeiten im Zeitraffer ab: die wunderschöne Uferpromenade an der
Leie mit ihren alten Zunfthäusern, die Tuchhalle, das Rathaus, den
Vrijdagmarkt. Meine Tochter findet nicht den richtigen Laden, und nur weil
es regnet, lässt sie sich wenigstens zur Besichtigung der St. Bavo
Kathedrale breitschlagen, um einen Blick auf Jan van Eycks Genter Altar und
in die mächtige Krypta zu werfen. Ganz anders Antwerpen: In der Stadt an der Schelde
kommen wir beide auf unsere Kosten, sie beim Shoppen in der Einkaufsmeile
Meir, ich im Rubenshaus, dem zum Museum umgebauten Palazzo des Malerfürsten
Peter Paul Rubens. Einig sind wir uns bei den Werken des Chocolatiers
Dominique Persoone, der seine Kunst im schön restaurierten Paleis op de Meir
zelebriert: lecker! Stundenlang schlendern wir durch die Innenstadt, die
etwa eine halbe Stunde zu Fuß von der Anlegestelle entfernt liegt. Hinter dem Hauptbahnhof, ein verschwenderischer
Prachtbau, entdecken wir die Gassen des Diamantenviertels. Die betongrauen,
schmuddeligen Zweckbauten in der Schup- und Hovenierstraat wirken trist,
aber auf dem Pflaster herrscht reges Treiben. Händler und Käufer aus den
vier Antwerpener Diamantenbörsen strömen hier zusammen, vertieft in
Geschäfte. Das ganze Viertel ist wie ein Hochsicherheitstrakt gesichert,
schließlich werden hier jährlich Diamanten im Wert von 20 Milliarden Euro
gehandelt. Dennoch sind die Gassen öffentlich zugänglich, wir mischen uns
unter die illustre Gesellschaft aus britischen Gentlemen, russischen
Businessmen und strenggläubigen jüdischen Kaufleuten.
Der perfekte Tag endet im Spa der A’ROSA
AQUA. Beim Auslaufen döse ich im Jacuzzi
unter freiem Himmel im Bug und genieße die Schönheit eines Sonnenuntergangs
inmitten einer Industrielandschaft aus Tankern, Containern, Pipelines und
den Lichtern einer Raffinerie. Auf dem Rückweg nach Köln legen wir einen
Stopp in Arnheim ein und runden unsere Kreuzfahrt mit dem Kauf einer großen
Gouda-Kugel auf dem Wochenmarkt ab, damit's auch zu Hause noch ein bisschen
nach Holland schmeckt. 7 Nächte Kurs Amsterdam ab Köln über Ijsselmeer, Hoorn, Amsterdam, Rotterdam, Gent, Terneuzen, Antwerpen, Arnheim, Köln; 21 Abfahrten in 2014 von April bis Oktober. www.a-rosa.de
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Die A’ROSA
AQUA machte für etwa 12 Stunden im
malerischen Hoorn fest |
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Auf dem Weg nach Hoorn kreuzt unser Schiff über das Markermeer,
einem 700 Quadratkilometer großen See, der 1976 durch den Bau eines
Damms entstand. |
Der Roode Steen: das Zentrum von Hoorn mit der historischen Käsewaage, heute
ein Café |
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Die A’ROSA AQUA machte für etwa 12 Stunden im malerischen Hoorn fest. |
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Am nächsten Morgen: Aufwachen im Hafen von Amsterdam. |
Der Albert Cuyp Markt ist Amsterdams größter und buntester Straßenmarkt – das Angebot reicht von Klamotten bis zu Fisch und Grillhähnchen. | ||||||
Eine
Bootsfahrt durch die Amsterdamer Grachten gehört zum Ausflugsprogramm
– hier Ecke Keizersgracht (links) und Leidsegracht.
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Rotterdam
liegt am Fluss Nieuwe Maas, ein Hauptarm des Rheindeltas |
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Nachts an den Kanälen von Gent in Belgien. Foto: Jesus Solana, Madrid für GFDL |
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