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Im Hafen von Mindelo auf Sao Vicente, einer von 19 Kapverdischen Inseln. |
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Dr. Peer Schmidt-Walther Und die Kapverden ließen sie nicht los … Magische Vulkaninseln im Schnittpunkt zwischen Afrika und Europa |
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„Endlich wieder zu Hause!”, freut sich der
Tischnachbar und meint „sein Schiff” MS HAMBURG.
In den Weingläsern funkelt die
untergehende Sonne, „na, dann – auf
Nach sieben Stunden Flug glaubt man, den Atlantik überquert zu haben und sei in Brasilien an Land gegangen. Gemeint ist der vulkanische Insel-Archipel Kapverden, entdeckt 1456 von einem Venezianer in portugiesischen Diensten. Trotz ihres anscheinend irreführenden Namens Cabo Verde oder „Grünes Kap” dominiert eher die Farbe braun, wie man beim Landeanflug über eine karge Landschaft beobachten kann. Der stetige trocken-heißer Sahara-Wind – Westafrika, wozu die Kapverden geografisch gehören, ist nur 560 Kilometer entfernt – sorgt zwar für ein ganzjährig stabiles Klima samt optimalen Strand- und Surfverhältnissen, ist aber kein Freund einer florierenden Landwirtschaft. Während im 18 und 19. Jahrhundert noch Sklavenhandel, bewässerter Baumwoll-, Zuckerrohr- und Kaffeeanbau Haupteinnahmequelle waren, konzentriert sich die Regierung der kleinen, aber stabilen Republik zunehmend auf den Tourismus. Kreuzfahrtschiffe – früher waren es Großsegler auf
dem Weg nach Südamerika, die Wasser und Lebensmittel ergänzten – entdecken
mehr und mehr die Reize des 19-Insel-Staates. Nach einer
Karibik-Wintersaison mit Transatlantiküberquerung oder umgekehrt bieten sich
die Kapverden als exotisches Ziel geradezu an. Noch gilt sie für viele als
„Geheimtipp”. Für so manch einen HAMBURG-Gast
auch ein wichtiges Reisemotiv. Sich treiben lassen Der Inselreigen beginnt mit Santiago, der größten von neun bewohnten
Kapverden. Wer in der Hauptstadt Porto de Praia
individuell an Land gehen möchte, muss entweder eine dreiviertel Stunde
Fußmarsch bei angenehmen 25 Grad im Schatten in Kauf nehmen oder gut handeln
können. Hat man schon die Landeswährung Escudo (ein Euro gleich 100 Escudos)
in der Tasche, muss nicht mehr als umgerechnet eineinhalb Euro für die
zehnminütige Taxifahrt berappen; ansonsten zahlt man mit einem
Fünf-Euro-Schein. Lachend und gestikulierend kurvt einen der Fahrer,
glücklich über seine gewinnbringende Fuhre, ins Zentrum der kolonial
geprägten 132.000-Einwohner-Stadt. Am besten, man passt sich dem gemächlichen Rhythmus
der freundlichen Einheimischen an und lässt sich vom Plato, dem größten
Platz, aus durch die Gassen treiben: von der Fußgängerzone, über zwei
afrikanisch geprägte Märkte, am Präsidentenpalast
vorbei bis zum Miradouro do Cruzeiro. Von
dieser – leider zur Wasserseite völlig vermüllten –
Aussichtsterrasse reckt eine stattliche
Reihe von
ehemals
königlich-portugiesischen Kanonen ihre
Rohre über die Bucht. Im Dunst der salzgeschwängerten Luft ist im kleinen
Hafen spielzeugklein die HAMBURG zu
erkennen. Wer mehr möchte, fährt organisiert nach Cidade
Velha, der Altstadt von Praia. Gegründet wurde sie 1462 als erste Hauptstadt
der Kapverden, geschützt durch eine mächtige Festung. Bedeutung bekam der
Hafen durch den Sklavenhandel, an den heute noch die
Prangersäule Pelorinho erinnert. Das
sehenswerte historische Zentrum mit seinen originalgetreu wieder aufgebauten
kleinen Steinhäusern wurde 2009 sogar zum UNESCO-Weltkulturerbe erhoben.
Sklavenhandel, UNESCO-Welterbe und Sahara Hart im Nehmen müssen diejenigen sein, die offroad mit Jeeps den wilden Südosten der Insel erkunden wollen, wo die Zeit stehen geblieben zu sein scheint in den Fischer- und Bauerndörfern mit traditionellem Lebensstil. Weit schweift der Blick von den Klippen über einsame Strände hinaus auf den tintenblauen Atlantik. Den großen Insel-Über- und Durchblick bekommt man, wenn man den Ausflug zum Fischerort Tarrafal im äußersten Nordosten Santiagos gebucht hat. Am Ende der Küstenstraße öffnet sich eine malerische
palmengesäumte Bucht. Ihr Bilderbuchstrand lädt zum Baden ein. Mittags wird
die Nationalspeise cachupa, ein Gemisch aus Mais, Saubohnen, Gemüse und
Fleisch, serviert. Über kurvenreiche Straßen, vorbei an grünen Tälern,
durchquert der Bus den gebirgigen Nationalpark
der Serra Malagueta. Zum Marktbesuch stoppt er in dem alten Städtchen
Assomada. Den Gerüchen, Farben und Geräuschen nach fühlt man sich ins
benachbarte Westafrika versetzt. Im 42-Seemeilen-Nachtsprung nimmt das Schiff Kurs
auf die drittgrößte und östlichste Kapverden-Insel
Boa Vista. Am Morgen fällt der Anker in der Bucht von Sal Rei. Boa
Vista – schöne Aussicht: Die hat der Gast von Deck aus im
180-Grad-Rundumblick. Blendend weiß die mächtige Dünenkette an Steuerbord,
in die kleine grüne Oasen mit Dattelpalmen eingesprenkelt sind. „Mit über 50 Kilometer Stränden, den längsten und
hellsandigsten des Archipels”, weiß
Reiseleiterin Olga, „und absolut menschenleer. Wer die Einsamkeit sucht, der
kann sie hier wirklich ungestört genießen”.
Anscheinend ein Stück unberührte Sahara-Wildnis, das sich in den Atlantik
verirrt hat. Bis zum Mittag pendeln die Tenderboote unermüdlich hinüber zur
gemütlichen Inselhauptstadt Sal Rei. Schon
längst wird hier kein „Königssalz” mehr
abgebaut, aber der Ortsname ist geblieben. Vulkankrater-Solebad
Der Tourismus liegt hier noch weitgehend in einem
Dornröschenschlaf. Ein Vorteil für solche, die natürliche Ursprünglichkeit
suchen. Dafür soll die touristische Infrastruktur noch unterentwickelt und
das Preis-Leistungs-Verhältnis nicht stimmig sein. Es kommt allerdings auf
die Prioritäten an, die man sich setzt. 42 Seemeilen weiter: ankern vor
Palmeira auf der Salz-Insel Sal. An
Steuerbord eine karge, felsige Einöde, gegen die der Atlantik mit seinen
aufschäumenden Wellen donnert. MS HAMBURG
rollt heftig im Schwell, wodurch die Ausbootung ins Hintertreffen gerät.
Badeausflug und Inselrundfahrt verzögern sich bis nach Sonnenuntergang.
„Die Insel Sal, einst Zentrum des Salzabbaus im
äußersten Nordosten der Kapverden-Gruppe, mit ihrer Sandwüste, den
Trockentälern, Oasen und Salinen gilt als einer der niederschlagärmsten
Plätze der Erde”, erklärt
Lektor Dr. Kai Boldt, „an 350 Tagen
scheint hier die Sonne. Die einstige Vulkanlandschaft ist überwiegend flach.
Bei Pedra de Lume
kann man sogar in einem Krater auf Meeresniveau
baden, in den Seewasser eingesickert ist. „Als wennste schwebst”,
begeistert sich ein Berliner Mitreisender für das Solebad, und zugleich
fühlt er sich an das Tote Meer erinnert. Bekannt geworden ist Sal auch durch
seinen Langstreckenflughafen, der einst vom südafrikanischen
Apartheits-Regime, das seine Maschinen nicht über den Schwarzen Kontinent
schicken durfte, und von den Sowjets als Tankstopp auf dem Weg nach Kuba
gebaut und genutzt wurde. Anker futsch, Freibier und Gala Als alle Gäste wohlbehalten wieder an Bord sind, allerdings um einiges verspätet und bei Dunkelheit, meldet sich Kreuzfahrtdirektor Florian Herzfeld zu Wort: „Meine Damen und Herren, es wird noch eine Weile dauern, bis MS HAMBURG die Bucht von Sal verlasssen kann, denn es gibt technische Probleme mit der Ankerwinde. Bitte haben Sie Verständnis und noch etwas Geduld!” Immer wieder ein prüfender Blick beim Abendessen aus dem Fenster, aber die Insellichter bleiben gleich groß, nur perspektivisch versetzt durch die Drehbewegungen des Schiffes. Selbst als es um 21.30 Uhr heißt: „Vorhang auf!”
und die Künstler der Reise sich bei schwankenden Bühnenbrettern in der
Lounge vorstellen, grummelt es nicht aus dem Maschinenraum. Was sich auch
über Nacht nicht ändert. Sal Rei liegt morgens immer noch an Steuerbord. Bis
sich Florian Herzfeld wieder meldet und verkündet, dass der Anker samt Kette
abgetrennt werden müsse: „Ein seltener Fall, aber die einzig mögliche Lösung”.
Jemand stimmt den abgewandelten „Mary-Ann”-Refrain
an: „Und die Kapverden ließen sie nicht los...!”
In Windeseile wird ein Alternativ-Programm gestrickt: Der Hafen von Mindelo auf Sao Vicente soll zwar am nächsten Morgen angelaufen, aber leider die reizvolle Gebirgsinsel Sao Antao, eine der schönsten der Welt, mit ihren landschaftlichen Gegensätzen genauso wie die Kanaren-Insel La Palma aus Zeitgründen gestrichen werden. „Höhere Gewalt”, sagt ein Gast verständnisvoll, aber etwas resigniert. Er hat die Fahrt eigens wegen der Kapverden gebucht, „denn die Kanaren kenne ich schon recht gut”. Das Plantours Reisemotto „Zehn Inseln, zehn Routen: mehr geht nicht!” müsste ab jetzt geändert werden. Florian Herzfeld und sein Plantours-Team beruhigen die Gemüter und laden zu Freibier und Schunkelmusik aufs Pooldeck. Noch 119 Seemeilen voller Ablenkung bis Mindelo.
Beim Kapitäns-Galaessen samt Charlotte Cavelles mitreißender
musikalisch-kabarettistischer Show „Die wunderbare Welt der Musik”
klingt der ereignisreiche Tag doch noch harmonisch-beschwingt aus. Seh- und Trinkgenüsse Von Kapitän Joao Simoes erfährt man, dass sich die
Ankerkette beim Hieven vor Sal Rei vertörnt – auf gut deutsch verknotet –
hat. „Jetzt wird überlegt”, sagt er, „was
teurer ist: die Bergung mit Einbau oder ein neuer Anker samt Kette”.
Er ist froh, dass er in Mindelo
an die Pier gehen kann. Die hohe Betonwand ist
verziert mit den Graffitis von vielen Schiffen, darunter auch das
deutsche Forschungsschiff MARIA S. MERIAN
aus Rostock oder die Brigg ROALD AMUNDSEN
aus Eckernförde. Verewigte Seemanns-Grüße aus der Heimat im Mittelatlantik. Eine Panoramafahrt führt vom Hafen durch eine
faszinierende Vulkanlandschaft bis auf den Monte
Verde, mit 750 Metern höchster Berg der Insel. Wenn man Glück hat und
die Sicht klar ist, genießt man einen tief beeindruckenden Blick über Sao
Vicente, Santo Antao und den Atlantik. Stopp am über zwei Kilometer langen, feinsandigen
Traumstrand der Praia Grande. Der
Seh-Genuss wird durch den Grogue versüßt, den
klaren Rum, der auch Nationalgetränk der Kapverden ist. Wenn man
(noch) kann, sollte man auch den Ponche probieren, eine leckere Mischung aus
Zuckerrohr-Brand und Melasse, verfeinert mit Zitrusfrüchten und Nelken.
Kleine Bewässerungs-Oasen wie die von Ribeira de
Calhau liefern die Grundstoffe zu diesen alkoholischen Produkten. Der
Löwenanteil der übrigen Nahrung muss jedoch wegen der großen Trockenheit
importiert werden. In Mindelo rückt
rostbraune Kargheit in den Hintergrund und macht fröhlich-heller Farbigkeit
Platz. Der reizvolle gepflegte Ort im Kolonialstil gilt nicht umsonst als
„Kulturhauptstadt der Kapverden”. Da nur
der Vormittag zur Erkundung bleibt, lohnt sich ein Bummel durch die
schmalen, anheimelnden Gassen mit vielen Ein- und Ausblicken: in die
Markthalle, um das lokale Angebot zu
studieren; Einheimischen über die Schulter zu sehen beim Karten- oder
Backgammon-Spiel, Fischern bei der Bootsreparatur am Strand. Untermalt wird
alles vom Morna, der aus so mancher Kneipe auf die Straße dringt. Eine
klagende Stimme, ein paar Töne auf einem Saiteninstrument – Klänge voller
Nostalgie, die, wie es heißt, „Leiden in Musik
übertragen”. Verwandt ist die
volkstümliche, für die Kapverden typische Liedform mit dem portugiesischen
Fado, doch „Herz und Seele” liegen in
Afrika und Brasilien. In zweieinhalb Tagen dampft MS HAMBURG
im Schwell des Nord-Ost-Passats ihrem nächsten Ziel entgegen: 874 Seemeilen
bis Las Palmas auf Gran Canaria. Tag und Nacht gewiegt vom weich stampfenden
Schiff. Die See-Tages-Programme borden über, so dass es
schwierig wird, sich zu entscheiden: geografische Vorträge, Sport,
Spiele-Runden, Musik mit Freibier, Spanisch-Kurs, Shanty-Singen,
Gedächtnistraining, Bingo, Kreuzfahrtinformationen und als Finale „Best of
Swing” mit Spitzen-Sänger
Craig Lemont Walters und der Pan Band. Wer
dann noch mag, kann im Palmengarten bis zum Umfallen tanzen gehen. Auch Columbus war schon hier „Wie Sie sehen”,
spricht Reiseleiter Juan ins Mikrofon, „bietet Cran Canaria mehr als
Sonnengrills und Amüsiermeilen”.
Er preist nicht nur das vorübergleitende fruchtbare Kulturland des
Nordens, sondern auch die grandiose
Dünenlandschaft im Süden, Ziel eines Badeausflugs. Beides wird durch
ein zerklüftetes Bergmassiv in der Mitte getrennt. Wie ein
Miniaturkontinent. Abgesehen von der quirligen 400.000-Einwohner-Hauptstadt
Las Palmas. Im Angostura-Tal können sich Pflanzen-Freunde nicht
sattsehen an den diversen heimischen Kakteenarten im
Jardin Canario.
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Die Altstadt von Vegueta
schließlich, Gründungskern von Las Palmas, verzaubert die HAMBURG-Fahrer
durch ihre engen, autofreien Gassen und historischen Häuser mit
mittelalterlichem Flair. Eins davon ist das Haus des Gouverneurs, in dem der
große Seefahrer Christoph Kolumbus 1492
wohnte, bevor er zur Entdeckung Amerikas aufbrach. Das war kein Zufall, wie
aus den im Museum ausgestellten Dokumenten hervorgeht. Die Inselgruppe liegt
quasi auf dem Weg quer über den Atlantik, begünstigt durch Nordost-Passat
und Meeresströmungen, die beide schieben helfen. Natur-Kunst-Symbiose Atlantische Wellen stimmen frühmorgens ihr Wecklied
an, indem sie sanft gegen die HAMBURG-Flanken
klopfen. Gegen sieben Uhr, nach 113 Seemeilen, rauscht das Lotsenboot vor Arrecife, der Inselhauptstadt, längsseits. Blendend weiße Würfelhäuser, gesprenkelt über die rostbraunen
vulkanischen Hänge – die „Feuerinsel” kann ihre unterirdische Herkunft nun
mal nicht verleugnen –, grüßen von Land herüber. Im 18. Jahrhundert
versanken weite Teile der Insel durch eine katastrophale Eruptionsserie in
Schutt und Asche und verwandelten sie in eine Mondlandschaft.
Der Architekt César Manrique schließlich machte aus
seiner Heimatinsel eine faszinierende Symbiose aus Kunst und Natur. Die
Flaggenfarben der Kanaren – weiß, gelb, blau quergestreift – symbolisieren
das lebensspendende Wasser aus den Bergen, den singenden Kanarienvogel und
den unendlich blauen Himmel. Dazu gehören eigentlich auch noch das Schwarz
der Sände und Lavabrocken-Mauern um die Weinpflanzen samt dem
frühlingsfrischen Grün der Kakteenfelder. Aber so viele Streifen verträgt
keine Flagge. Zu Fuß – immer am Atlantik entlang, auch an einem
kleinen Strand vorüber, der zum Baden verführt, und durch Lavafelder –
erreicht man in gut dreißig Minuten Arrecife mit seiner pittoresken
Altstadt. Vor der kanonenbewehrten 500 Jahre alten Festungsinsel
Castillo de
San Gabriel sollte man erst mal links abbiegen – über die mindestens ebenso
alte Brücke Puente de las Bolas. Sie gilt als Wahrzeichen der Stadt, auf die
man von dort aus einen 180-Grad-Panoramablick genießen kann. Und vielleicht
das Glück hat, einen Großsegler an der Mole zu entdecken. Wie das
norwegische Vollschiff CHRISTIAN RADICH. Ein echter Hingucker, das
Ausbildungsschiff der norwegischen Marine. El Diabolo – oder zu Gast beim Teufel Das erinnert den Autor an seine Kadetten-Zeit auf
dem Segelschulschiff GORCH FOCK (II). Genau vor 48 Jahren lag die Bark am
selben Liegeplatz. Arrecife galt damals als exotisch und abgelegen. Als
„marineros alemanos” und ganz in Weiß wurde man 1965 noch bestaunt, während
heute jede Menge Touristen durch die Altstadtgassen bummeln. Fünf sturmgepeitschte Wochen hat die deutsche
Vorzeige-Bark zu jener Zeit gebraucht. Heiß ersehnt von uns „jungen Kerls”,
die dann nur in Gruppen Landgang hatten. Von wegen „in jedem Hafen eine
Braut ...” – weit entfernt davon! Heute dagegen jetten Sonnenhungrige in
viereinhalb Stunden in das lockere Touristen-Paradies. Ein anderer Ausflug gehört dem Norden: per Bus auf
den höchsten Punkt der Insel, hinab nach Teguise ins „Tal der tausend
Palmen” und hinauf zum 400 Meter über See gelegenen
Mirador del Rio mit
seinem fantastischem Ausblick bis hinüber zur Insel
La Graciosa.
Insel-Architekt César Manrique hatte auch hier seine gestalterischen Hände
im Spiel bei der Einrichtung des schon legendären Restaurants. Andere begeben sich im Nationalpark Timanfaya auf heißen Boden. An vielen Stellen liegt die Temperatur nur wenige Meter unter der Erdoberfläche bei über 400 Grad. Wir sind zu Gast bei „El Diabolo”, dem Teufel. Auch dieses „feurige” Restaurant, in dem mit reiner Vulkanhitze gekocht wird, ist eine Schöpfung von Manrique. Unterwegs werden kleine Weingüter passiert. Jeder
Stock ist umgeben von einer schützenden und wärmenden Vulkan-Steinmauer. Die
Pflege ist aufwändig und das Produkt daher nicht ganz preiswert. Selbst im
Supermarkt muss man für die Billigvariante eines lokalen Malvasia über fünf
Euro pro Flasche hinblättern. Die Zeit reicht noch für ein schnelles, erfrischendes Bad am Hafen. Schon beim Mittagessen nimmt MS HAMBURG Kurs auf die offene See. Diesmal sind es 300 Seemeilen bis zum Mittag nach Nordwesten – Madeira entgegen, der größten von fünf vulkanischen Inseln, die zusammen eine autonome Provinz Portugals bilden und etwa 1000 Kilometer vom Mutterland entfernt im Atlantik liegen. Paradies zwischen Himmel und Erde Echt hamburgisch liegt sie „gaaanz vorne” in der
ersten Reihe an, die schöne,
kleine HAMBURGerin. Wodurch Funchal – das Schiff liegt hier „overnight”,
also volle 24 Stunden - fußläufig noch bequemer erreichbar ist. Im Gegensatz
zu den Nachbarn QUEEN MARY 2 und
AIDAsol, die gegenüber liegen. Warme Luft umfächelt die Landgänger auf der „Insel
des ewigen Frühlings, auf der der Sommer den Winter verbringt”. Ein Ruf, den
sie sich über Jahrhunderte erworben hat. Der europäische Hochadel, voran
Kaiserin Sissi und Kaiser Karl I. von Österreich-Ungarn, pflegte hier zu kuren oder ergab sich dem
Müßiggang. Bis in die 1970er Jahre galt Madeira als „Luxusinsel”, doch heute
kommen „gewöhnliche” Touristen in Scharen. Ihr Zauber ist dennoch
ungebrochen. Davon kann man sich auf vielfältige Weise überzeugen: während
dreier organisierter Ausflüge, Wanderungen durchs Landesinnere,
Korbschlittenfahrt und Blumenparadies inklusive. Wer nicht viel laufen möchte, besteigt einen der Rundfahrtbusse auf der Avenida do Mar mit offenem Oberdeck und lässt sich für zwölf Euro durch Funchal und Umgebung kutschieren. Mit der Option, an den Highlights aus- und später wieder zuzusteigen. Erlebnisreicher ist es allemal, die vielbefahrene Palmenallee Avenida do Mar zu verlassen und nach links über die Avenida Zarco in die vielfach autofreien beschaulichen Altstadtgassen zu schlendern. Irgendwann schweben Gondeln über einen hinweg. Ein Zeichen, dass die Seilbahn Teleférico del Monto nicht weit weg ist. Man sollte sie – für 15 Euro hin und zurück – nehmen. Zwischen Himmel und Erde geht es hinauf in frische 700 Meter Höhe. Über die Dächer der Altstadt, terrassierte Bananenhaine, Blumenmeere und malerische Gehöfte hinweg. Belohnt wird man mit einem atemberaubenden Blick von der Bergstation im Luftkurort Monte und einer üppigen Natur. Tief unter dem Betrachter liegen die großen, jetzt ganz kleinen Schiffe. Als geradezu winzig nimmt sich die
Kogge SANTA MARIA DE
COLOMBO aus, ein Nachbau des Entdecker-Flaggschiffs, mit der man an den
hypermodernen Kreuzfahrtriesen vorbei eine nostalgische Fahrt in See –
krasser können Gegensätze nicht sein! – unternehmen kann.
Den Tag sollte man in den schmalen Gässchen rings um
die Talstation ausklingen lassen: zum Beispiel im „Donna Maria” in der Rua
Santa Maria bei einem Glas Madeira-Wein oder einem Poncha aus Rum, Honig und
Limonensaft (Vorsicht, mehr als zwei Gläser können ihre Auswirkungen
haben!). Die kleinen Straßenkneipen mit ihren wackligen Holtischchen und
-Stühlen laden dazu ein. Preiswert sind auch die Snacks mit Thunfisch,
Sardine oder Makrele. Souvenir-Empfehlung: eine Flasche fünfjährigen
Madeira-Wein oder auch Poncha. Die zollfreie Insel garantiert niedrige
Preise. QUEEN MARY 2 verabschiedet sich stilecht mit ihrem
dreimal lang satt dröhnenden Typhon, während die HAMBURG-Nachtschwärmer sich
auf den Weg ins funchale Kneipen-Vergnügen machen. Szenetreffpunkt am Ende der Welt In gemächlichem 13-Knoten-Öko-Tempo legt MS HAMBURG
über Nacht die 273 Seemeilen bis nach La Gomera zurück. Der Gala-Abend auf
Südkurs steht wieder ganz im Zeichen einer gnädigen, spiegelglatten See.
Ein deutsches Paar schaut beim Anlegemanöver in
San
Sebastian interessiert zu und staunt über das „hübsche Kreuzfahrtschiff. Und
nur so wenig Leute an Bord!” Die Beiden – „wir mögen es lieber individuell”
– beschließen spontan, im nächsten Jahr mitzufahren. Zumal man in einer
Woche nicht nur eine, sondern fast alle Inseln besuchen könne. Vom äußersten kanarischen Südwesten grüßt das „Ende
der Welt” herüber, auf den nur noch das große, tiefe Wasser folgt. Durch El
Hierro verlief bis Ende des 15. Jahrhunderts auch der Null-Meridian, der das
Ende der damaligen Welt markieren sollte. Kolumbus schließlich räumte mit
dieser Vorstellung auf, indem er „hinter den Horizont” segelte und 1492
Amerika entdeckte. Am Nachmittag wird den Gästen das alles während der
Rundfahrt geboten. Vor allem Ursprünglichkeit. Die zog vor Jahren
„Aussteiger” nach La Gomera, das sich zum Szenetreffpunkt von
Rucksack-Touristen entwickelte, aber auch bekannt wurde durch die
Pfeifsprache der Berghirten. Nur
noch wenige dieser „rudimentären Blumenkinder” im Rasta-Look schlendern noch
über die Hafenpromenade oder sonnen sich am nahen Strand. Statt ihrer haben
sich mittlerweile betuchte Yachties samt Segelbooten aus aller Welt in der
Marina versammelt. Ein Ausstieg der anderen Art.
Im mystisch-märchenhaften Nebelwald Doch die fast kreisrunde zweitkleinste Kanareninsel,
dessen Gipfel rund eineinhalb Kilometer über den Meeresspiegel ragt, lockt
aus anderen Gründen. Von der Inselmitte ziehen sich tief in den Fels
eingeschnittene grüne Schluchten, sogenannte barrancos, zu der von
schäumender Brandung umkränzten Küste hinab. Die von Bananen-, Obst- und
Gemüseplantagen umschlossenen typischen Dörfer Hermigua und Agulo leuchten
farbenfroh aus dem Sattgrün hervor. Weiß schäumend brandet der tintenblaue
Atlantik gegen die rostrote bis schwarze Küste. Eine Augenweide! Geradezu mystisch schön gibt sich der stille,
märchenhafte Nebelurwald im UNESCO-Nationalpark Garajonay. Steil überragen
seine
Vulkanschlote die
knorrigen, weltweit größten Erika- und Lorbeerwälder und erlauben traumhafte
Meerblicke. Naturliebhaber fühlen sich hier im Paradies. Leinen los am Abend zum finalen 83-Seemeilen-Törn.
Voraus reckt sich die markante Vulkanspitze des Pico del Teide, mit 3.718
Metern höchster Berg Spaniens, über eine zähe Wolkenbank, während im
Kielwasser der braune Felsklotz von La Gomera versinkt. Abschiedsstimmung
mit Gala-Dinner vor dem letzten Hafen Santa Cruz de Tenerife. Die
landschaftliche Vielfalt lässt sich aus der Relingsperspektive schon
erahnen: grüne fruchtbare Täler und dicht bewaldete Berge, tiefe, trockene
Schluchten und karge Berghänge des alles überragenden Vulkans Teide mit
seinen bizarren Felsformationen und
dunklen Lavadecken. In der Meeresstraße zwischen den beiden Inseln wird
eifrig nach Walen und Delfinen Ausschau gehalten, die sich hier tummeln
sollen. „Das Winken einer Walfluke wäre noch das ultimative Highlight
gewesen”, meint ein Gast, ohne sein Fernglas abzusetzen.
Informationen Schiff MS HAMBURG (ex
C. COLUMBUS); Baujahr 1997;
Bauwerft MTW, Wismar / Mecklenburg-Vorpommern; renoviert: Mai 2012 bei der
Werft Enti Bacini in Genua, Italien; Eigner Conti-Reederei, München;
Bereederung Hamburg-Cruise; Charterer (für zunächst 6 Jahre mit Kaufoption;
Plantours, Bremen; 15.000 BRZ; Länge 144 Meter; Breite 21,5 Meter; Tiefgang
(maximal) 5,15 Meter; 4 Maschinen mit zusammen 10.560 kW; Geschwindigkeit (maximal)
18,5 kn; 2 Probeller; Müllverbrennung, Bioklär- und Osmose-Anlagen;
Stabilisatoren; 6 Passagierdecks; Passagierkapazität 400; Kabinen bzw.
Suiten 197/8; Crew 170; Zodiacs 6; Bordsprache Deutsch; Bordwährung
Euro; Hospital; Flagge Bahamas; Heimathafen Nassau. Wahlspruch von Kapitän Joao Simoes, einem
begeisterten Seemann: „Everyone spends the first nine months of life in
water. The lucky ones make frequent returns”. Zurückgelegte Strecke 1891 Seemeilen / 3502 Kilometer. Besonderheit: besucht werden während einer 12-tägigen Reise Madeira, drei von 19 Kapverden-Inseln (Santiago, Boa Verde, Sao Vicente) und vier von sieben Kanarischen Inseln (Gran Canaria, Lanzarote, La Gomera, Teneriffa). Reisezeit: April, Dezember, Buchung bei www.plantours.de. Literatur: Miniguides Kapverden, Kanaren, Madeira (erhältlich mit den Reiseunterlagen); Kapverdische Inseln, MERIAN live!, ISBN 978-3-8342-1387-7; Kanarische Inseln, POLYGLOTT on tour, ISBN 978-3-493-55738-1.
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Die MS HAMBURG in der Hauptstadt Porto de Praia auf der Kapverden-Insel Santiago. |
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Blick in eine Kabine der HAMBURG. |
Eine Kabine mit Doppelbett. |
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Der Inselreigen beginnt mit Santiago, der größten von neun bewohnten Kapverden. Hier die Hauptstadt Porto de Praia mit einer kargen Landschaft. |
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Fußgängerzone in Porto de Praia. |
Der Regierungspalast der Kapverden in Porto Praio. |
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Historische Kanonen vor der Kaserne in Porto Praio. |
Porto Praio – Soldaten passieren eine Gruppe von Landgängern. |
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Die MS HAMBURG in Mindelo auf der Kapverden-Insel Sao Vicente. |
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Zentraler Platz unter schattigem Baum in Mindelo. |
Buntes Angebot in der Markthalle von Mindelo. |
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Einige kleine Yachten ankern vor der farbenfrohen Stadtkulisse von Mindelo. |
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Las Palmas de Gran Canaria – Blick auf Stadt und Hafen. |
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Im Angostura-Tal können sich Pflanzen-Freunde nicht sattsehen an den diversen heimischen Kakteenarten im Jardin Canario. |
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Blühende Kakteen im Jardin Canario. |
Eine fleischige Algave im Jardin Canario. |
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Das Columbus-Haus und -Museum in der Altstadt von Las Palmas. |
Kirchplatz am Columbus-Haus in der Altstadt von Las Palmas. |
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Im Columbus-Museum, Nachbildung der Koje des Entdeckers auf der SANTA MARIA. |
Innenhof des Columbus-Hauses in der Altstadt von Las Palmas. |
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Der kilometerlange, gut besuchte Stadtstrand von Las Palmas de Gran Canaria wird „Las Canteras” genannt, er lockt zu einer Badepause im klaren Atlantikwasser. |
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Die trutzige Frestung am Hafen von Arrecife auf Lanzarote. |
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Brücke von der Festung nach Arrecife mit Vulkan im Hintergrund. |
Die Altstadt von Arrecife gruppiert sich um die Lagune. |
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Landgänger auf der Aussichtsterrasse des Mirador del Rio. |
Mirador del Rio, das vulkanische Restaurant von Cesar Manrique. |
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Blick von der Mirador del Rio-Aussichtsterrasse auf die Insel La Graciosa. |
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Gelegen wie in einem Amphietheater, die Inselhauptstadt von La Gomera – San Sebastian. |
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Vulkanschlot an der Bergstraße nach San Sebastian. |
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