Veus  

VEUS-LOG-Schriftzug

Offizielles Organ der Vereinigung Europäischer Schifffahrtsjournalisten

Dipl.-Ing. Peter Pospiech

1. Vorsitzender der VEUS und

Ressortleiter VEUS-LOG im SeereisenMagazin

Telefon +49-49 52-82 69 087

Mobil +49-1 71-62 90 729

pospiechp@googlemail.com

  Foto: Peter Pospiech, Rhauderfehn 
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Grüne Seefahrt unter blauem Engel?

Noch kein Kreuzfahrtschiff mit deutschem Umweltzeichen

Schon am 21. November 2002 wurde dem in Kollmar an der Elbe ansässigen Kapitän und Reeder Rörd Braren das bedeutendste deutsche Umweltzeichen „Blauer Engel” verliehen. Nicht nur das: Am 2. Juni 2004 erhielt er auch den „Clean Marine Award” der EU-Kommission. „Für seine Pionierarbeit bei der Anwendung umweltverträglicher Technologien im Schiffsbetrieb”, wie es in der Laudatio für den „Umwelt-Oscar” hieß, mit dem die drei Zellulose-Spezialfrachter CELLUS, TIMBUS und FORESTER ausgezeichnet wurden.

Man fragt sich natürlich, warum nicht gerade die modernsten Kreuzfahrtschiffe damit bedacht worden sind. Stattdessen sind sie bei Umweltverbänden in die Kritik geraten, ernten „Zitronen” und versuchen, gegen zu rudern. Was nicht immer gelingt.  

Im Juli 2013 hatte die ARD in ihrer Sendung „Plus-Minus” das Thema erneut aufgegriffen und von „Etikettenschwindel” gesprochen. Weil zwar in Nord- und Ostsee, wie vorgeschrieben, schwefelreduzierter Kraftstoff verfeuert werden muss, nicht jedoch in anderen Fahrtgebieten.

Die Internationale Seeschifffahrts-Organisation (IMO) erklärte 1997 in ihrem Internationalen Übereinkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe (MARPOL) die Nord- und Ostsee zu so genannten SECA-Gebiete (Sulphur Emission Control Area). Neben diesen Gebieten kommen ab August 2012 noch die US-amerikanischen und kanadischen Küsten hinzu. Seit dem 1. Juli 2010 dürfen in SECAs nur noch Kraftstoffe mit einem Schwefelmassenanteil von 1,0 Prozent verbrannt werden; und seit Januar 2010 in allen europäischen Häfen nur noch Marinedieselöle, die einen Schwefelmassenanteil von höchstens 0,1 Prozent haben.

Im Mittelmeer zum Beispiel (ist noch kein SECA-Gebiet – Aufnahme aber geplant), dem am meisten von Kreuzfahrtschiffen frequentierten Seegebiet, werde in den Dieselmotoren ungeniert Schweröl von schlechter Qualität, ein Abfallprodukt aus der Destillation der Erdölverarbeitung mit hohem Schwefelanteil, verfeuert: weil es deutlich preiswerter ist und dort keinen strengen Umweltauflagen unterliegt. Nach dem Motto: Wenn uns keine Vorschriften einengen, machen wir das, was gesetzlich erlaubt ist. Und wenn es gegen die allgemein verkündete Firmenphilosophie verstößt. Das betrifft im Übrigen auch die Einleitung von sauerstoffzehrendem Abfallwasser, worunter gerade die empfindliche Ostsee besonders leidet.

Dass drei Frachter Vorreiter in Sachen Umweltschutz sind, ist sicher wenigen bekannt. „Einer musste ja mal damit anfangen”, sagte einer ihrer Kapitäne nicht ohne Stolz. Damit meinte er seinen Reeder in Kombination mit dem Charterer, dem schwedischen Södra-Konzern. Dessen Schriftzug prangt an der Bordwand und als Logo mit zwei stilisierten Tannen am Schornstein. Was dahinter steckt?

SeereisenMagazin-Chefreporter Dr. Peer Schmidt-Walther war zehn Tage oder 2.287 Seemeilen an Bord der CELLUS dabei und hat sich vom Chief mit den Besonderheiten der umweltschonenden Abgasnachbehandlungs-Anlage vertraut machen lassen.

 

Drei Umweltengel – Frachter Vorreiter für sauberen Schiffsbetrieb

Als erstes Schiff der Welt hat nicht etwa ein Kreuzfahrtschiff, wie man aufgrund vollmundiger Werbung annehmen könnte, sondern ein simpler Frachter den „Blauen Engel” bekommen. Das älteste Umweltzeichen Europas und anspruchsvollste maritime Umweltzertifikat überhaupt. Stifter: die Vereinten Nationen.

Sie haben es dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit übergeben. Für die Auszeichnung von umweltfreundlichen Produkten und Dienstleistungen.  

Was an Bord der CELLUS als großes Schild an den Aufbauten klebt, findet man sonst nur auf Toilettenpapier oder Milchtüten. Der umweltfreundliche Schiffsbetrieb umfasst aber nicht nur die geregelte Entsorgung von Abfall, Abwasser und einen unschädlichen Unterwasseranstrich, sondern auch Sicherheitseinrichtungen sowie gutes Personalmanagement. „Das Entscheidende”, so Chief Manfred Bleeck, „ist dafür allerdings die Reduzierung der Schadstoffe im Abgas gewesen, genauer gesagt: die Begrenzung von Schwefelanteilen im Kraftstoff sowie die Reduzierung von Stickoxid- und Partikel-Emissionen”.

Taten statt leerer Worte

Södra Cell, mit zwei Millionen Tonnen pro Jahr einer der größten Produzenten von Marktzellstoff und führender Anbieter der deutschen Papierindustrie, setzt ganz auf Umweltschutz. Der ist fest in der Unternehmensphilosophie verankert, wie in einer Broschüre nachzulesen ist. Ökologisch unbedenklich müsse daher auch der Transport sein, forderte Jan Gyllen, Geschäftsführer von Södra Shipping. „Wir können nicht nur Versprechungen machen”, sagte der Manager, „sondern müssen sie auch umsetzen”. Sein Vorschlag, ein „sauberes Schiff” zu planen, fiel auf fruchtbaren Boden. In seinem Geschäftspartner Rörd Braren und der Wewelsflether Peters-Werft fand er kompetente Mitstreiter. Gemeinsam entwickelten sie das erste Schiff mit dem Öko-Label. Taten statt wohlklingender Worte. Womit auch Zeichen gesetzt wurden für die Weltschifffahrt. „Geht nicht, gibt es seitdem nicht mehr”, sagt der innovative Reeder, der im Kanal mitfuhr. Sein Motto: „Im Zweifel immer für die Umwelt!” Anders als die Ölindustrie, die Widerstand leistet – aus „technischen Gründen”, wie es heißt. Das bei der Erdölverarbeitung anfallende Abfallprodukt Schweröl – der Chief nennt das Teer oder Asphalt – lässt sich nämlich günstig, und sogar mit gutem Verdienst, nur in Schiffsanlagen entsorgen.

Was an Land weitgehend gesetzlichen Regelungen unterliegt, setzt sich auf See nur zögerlich durch. Zum Vergleich: Autokraftstoffe enthalten maximal 10 ppm (parts per million) Schwefel und gelten somit als schwefelfreier Kraftstoff, die von Schiffen aber bis zu 27.000 ppm oder 2,7 Prozent. Obwohl schon längst nicht mehr nur die Ozeane bedroht sind, sondern auch der Luftraum über dem Meeresspiegel. Ein Zeichen dafür sind die hohen Schwefeldioxid-Werte rund um die Schifffahrts-Highways – Auswirkung des schmutzigen, stark schwefelhaltigen Schweröls, das von 90 Prozent der Schiffe in ihren gewaltigen Dieseln verbrannt wird. Viele schon mit 100.000 PS und bis zu 300 Tonnen Tagesverbrauch. Rund 1,1 Millionen Tonnen giftiges   Schwefeldioxid (S0x), so errechneten britische Experten, werden jährlich über Nord- und Ostsee in die Luft geblasen. Für Umweltschützer- und Politiker bisher eher ein marginales Thema.

 

Noch mehr Druck machen!

Wo Seehäfen in der Nähe von Innenstädten liegen, gehören die ein- und auslaufenden Schiffe sogar zu den Hauptverursachern solcher Emissionen: bis zu 80 Prozent der Gesamtverkehrs-Belastungen allein in Hamburg. Ähnliches gilt auch am Nord-Ostsee-Kanal, den CELLUS passiert. „Aber unser Dampfer richtet hier keinen Schaden an”, strahlt Manfred Bleeck, „wir sind nämlich”, erklärt er, „mit einem SCR-Katalysator ausgerüstet”. Wie das funktioniert? „Mit Hilfe von eingespritztem Harnstoff als Reduktionsstoff in einer 40-prozentigen wässrigen Lösung”, doziert der Experte, „filtert er bis zu 90 Prozent der Stickoxyde aus den Abgasen”. Den Schornstein verlassen fast nur noch unschädlicher Atemluft-Stickstoff und Wasserdampf. Reeder Braren freut sich, auch wenn er für die Überholung der 350.000-€-Anlage nach sieben Betriebsjahren 27.000 € hinblättern musste. Die Selective-Catalytic-Reduction-Anlage für einen Großtanker würde sogar bis zu zwei Millionen Dollar verschlingen. Kosten, die man natürlich einsparen bzw. hereinholen möchte. Voraussetzung für die Nutzung eines SCR-Katalysators ist allerdings die Verwendung von schwefelarmem Kraftstoff. Die Herabsetzung des Schwefelgehaltes in den Treibstoffen ist sehr wichtig für die meisten Abgasnachbehandlungssysteme. Alle Katalysatorarten leiden stark unter Schwefeleinfluss durch Alterung, Abnutzung und „Vergiftung” der katalytischen Beschichtungen und auch der keramischen Trägermaterialien. Die üblichen Oxidationskatalysatoren unterstützen zudem die Sulfatbildung; das Abgas wird also mit toxischen Stoffen angereichert und die Korrosion des Auspuffsystems beschleunigt. Bei der Einführung des NOx-Speicherkatalysators in den letzten Jahren erwies sich der Schwefelgehalt des Treibstoffs als einer der Haupthinderungsgründe. Schwefelarme oder sogar schwefelfreie Treibstoffe sind hier ein Imperativ. 

Darüber hinaus wird in die 340 Tonnen fassenden CELLUS-Bunker ausschließlich schwefelarmer Brennstoff, LS IFO 180 1 Prozent, gefüllt, der den Schadstoffausstoß im Abgas auf ein Drittel reduziert. Zwar sei er nur in wenigen Häfen zu bekommen – Preis im Juli 2012 auf dem Rotterdamer Markt: 690 US-Dollar pro Tonne (zum Vergleich: Schweröl IFO 180: 640 US-Dollar pro Tonne; Gasöl MGO LS mit nur 0,1 Prozent Schwefelanteil: 910 US-Dollar pro Tonne) enthalten aber nur 0,6 bis 0,9 Prozentanteile Schwefel. „Schonung für Mensch und Umwelt, selbst bei unserem Tagesverbrauch von 14 Tonnen”, resümiert Chief Bleek die siebenstündige Kanalfahrt, „aber das macht nur Sinn, wenn baldmöglichst alle mitmachen!” Noch erlaubt die Vorschrift seltsamerweise 4,5 Prozent  Schwefelanteil – ein sehr branchenfreundlicher Wert. „Das wäre so, als würde man im Straßenverkehr ein Tempolimit 300 einführen”, witzelt Bleeck. „Viel zu hoch!”, warnen Wissenschaftler wie Umweltschützer denn auch und verweisen auf den weltweit üblichen Wert von 2,7 Prozent. „Da muss noch viel mehr Druck gemacht werden wie bei den Doppelhüllentankern”, sind sich Kapitän, Chief und Erster einig, „damit es weltweit verbindliche Standards gibt, um gleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen den Schifffahrtsnationen zu schaffen”. Internationale Regelungen scheitern jedoch meistens an der „Freiheit der Weltmeere” und damit an deren Unkontrollierbarkeit. Blockiert außerdem von Billigflaggenländern wie Panama.

Sondermülldeponie Schiffsdiesel

Viel empfindlicher sind dagegen die EU-Vorschriften, die seit Mai 2006 in der Ostsee gelten: 1,0 Prozent Schwefelanteil im Brennstoff dürfen von da an nicht überschritten werden. 2007 fallen auch Nordsee und Englischer Kanal unter diese Regelung. Seit 2010 gilt in EU-Häfen und auf Passagierschiffen eine strenge 0,1-Prozent-Höchstgrenze. Und ab 2015 gilt in den SECA-Gebieten ein maximaler Grenzwert für Schwefel im Schiffskraftstoff von 0,1 Prozent. „Wenn alle das befolgen”, so Kapitän Claußen, „könnten die Schadstoffemissionen über Nord- und Ostsee glatt um 40 Prozent reduziert werden”. Das ist in den SECAs ein „Muss” und wird von den Behörden stichprobenhaft überprüft. Das Umweltbundesamt sieht eine langfristige Minderung durch die Revision MARPOL ANNEX VI (2008) in den SECAs von rund 96 Prozent für SOx (im Vergleich zu Kraftstoff mit 2,7 Prozent) und rund 83 Prozent für die Partikel-Massenanteile. 

Wenn es nach dem Ökologen Eelco Leemans von der niederländischen Nordsee-Stiftung ginge, müsste das Abgasprotokoll, bereits 1998 von der IMO (International Maritime Organisation) verabschiedet, unbedingt noch erweitert werden: „Schiffsbrennstoff ist die ideale Sondermülldeponie für alle möglichen Chemikalien, die sonst teuer entsorgt werden müssen”. Zuvor nämlich stießen Kontrolleure im Rotterdamer Hafen auf lösemittelverseuchtes Öl, nachdem Kapitäne über Maschinenprobleme geklagt hatten. „Häufig würden solche Skandale gar nicht auffliegen, weil Schiffsdiesel viel zu robust sind”, weiß der erfahrene Chief, „und den ausgezeichneten Wirkungsgrad von über 50 Prozent haben (PKW: 28 Prozent). Das setzt aber hohe Verbrennungstemperaturen voraus. So werden allerdings auch Unmengen von Stickoxid produziert”.

Saubermänner gegen Stinker

Nur etwa 80 Schiffe weltweit haben SCR an Bord. Auch deren Reeder gingen wie Rörd Braren über das Notwendige hinaus und sicherten sich damit handfeste wirtschaftliche Vorteile. „Wenn der gegenwärtige Schifffahrtsboom sich wieder abschwächt, haben technisch hochwertige Schiffe erst recht die besten Chancen auf dem Chartermarkt. Auch beim Wiederverkauf erzielen sie höhere Erlöse”, kalkuliert Braren.

Er und der Södra-Konzern haben schon jetzt das Internationale Übereinkommen über die Verhütung von Umweltverschmutzung durch Schiffe (MARPOL 73/78), das am 19. Mai 2005 in Kraft trat, deutlich übererfüllt. Wettbewerbsnachteile gebe es, so Braren, für ihn nicht, „im Gegenteil, meine zertifizierten Schiffe sind langfristig unter Vertrag”. Rörd Braren rechnet weiter: „Schwedische Häfen haben inzwischen ein System abgestufter Hafengebühren eingeführt. Für ein Ökoschiff kann das bis zu 6.000 € Ersparnis bringen, und zwar bei jedem Anlaufen”. „Stinker” zahlen dort wesentlich mehr als „Saubermänner”. „Nur übers Geld kann man die Menschheit zur Vernunft kriegen”, ist Kapitän Claußen sicher. „Das heißt aber auch”, sagt er, „dass die Reeder über steuerliche Anreize zu einer Kursänderung bereit sind”. Noch gebe es in Deutschland weder das noch ein Bonussystem. Da müsse man ansetzen, wenn man Vorbild sein wolle. Appelle allein genügen nicht. Worte statt Taten?

Dr. Peer Schmidt-Walther (mit fachlicher Unterstützung durch Dipl.-Ing. Peter Pospiech)

Dieselqualm wie man ihn kennt.

Dieselqualm wie man ihn kennt.

Kapitän, Chief und Erster unterm Umweltengel.Kapitän, Chief und Erster unterm Umweltengel.

Chief Manfred Bleeck im Leitstand.Chief Manfred Bleeck im Leitstand.

MS CELLUS lädt in Schweden.

MS CELLUS lädt in Schweden.

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Die FREDO unterwegs im Nord Ostsee Kanal. Der Autor fotografiert vom Peildeck aus.
Die FREDO unterwegs im Nord Ostsee Kanal. Der Autor fotografiert vom Peildeck aus.

  

In 50 Stunden vom Sund zur Hunte

Mit einzigem Stralsunder Frachter als Passagier an Bord

  

Stralsund, Oldenburg. „Kümonauten” nennen sie sich, die beiden Kapitäne Willem und Bernd Blanck. Mit ihrem schmucken 1829-Tonnen-Küstenmotorschiff pendeln sie wöchentlich zwischen Nord- und Ostsee. Für 50 Euro pro Tag und Nase kann man dabei sein. Während einer Frachterreise – für unseren Autor Peer Schmidt-Walther quasi vor der Haustür. 

 

Abendstimmung über dem Sund, als sich um 17.20 Uhr die Arme der Ziegelgrabenbrücke in die Höhe recken. Mit 1660 Tonnen − oder rund 67 LKW-Ladungen − vorpommerschem Getreide macht sich der 83-Meter-Frachter auf den Weg nach Oldenburg, das wie die UNESCO-Welterbestadt Stralsund im Mittelalter auch unter schwedischer Herrschaft stand. Ihre Häfen können sowohl von Binnen- als auch Seeschiffen angelaufen werden. 341 Seemeilen, die in rund 50 Stunden zu bewältigen sind, liegen zwischen ihnen. Die Brüder Willem und Bernd Blanck, beide Eigner, Kapitäne und Maschinisten, sind zufrieden: „Hat ja wieder bestens geklappt, das Laden in Stralsund!” Die markante Silhouette der Hansestadt schrumpft im Kielwasser der Ostansteuerung. Die Ostsee gibt sich sanft.

 

Schlaffördernde Entschleunigung

Captains Dinner in der kleinen Messe wie jeden Tag: ohne Schlips und Kragen wie auf Kreuzfahrtschiffen. Der philippinische Matrose mit dem urdeutschen Namen Wilhelm hat das Abendbrot vorbereitet: cold cut oder kalte Küche mit allerlei Aufschnitt. Alkohol ist – aus Sicherheitsgründen – verpönt.

Um Mitternacht blitzt das Leuchtfeuer von Arkona durch das Bullauge in die kleine, aber gemütliche Kammer. Der 700-PS-Diesel grummelt schlaffördernd und sorgt für rund 11 Knoten „Tempo”. „Völlig genug”, meint Bernd, der die Sechs-Stunden-Wache von seinem Bruder bis zum nächsten Morgen übernommen hat, „denn wir haben keine Eile, mehr geht sowieso nicht”. So entschleunigt nähern sich die beiden Passagiere, in süße Träume gewiegt, der schleswig-holsteinischen Küste.

Keine Lotsenübernahme am Kieler Leuchtturm, denn die beiden „Kümonauten” aus Leidenschaft und Familientradition haben sich nach vielen Nord-Ostsee-Kanal-Passagen – insgesamt rund 1.500 pro Kapitän – und Prüfung frei gefahren.  

 

Seltenes Schwarz-Rot-Gold am Heck

Die Holtenauer Schleuse zeigt wie so oft rot. Warten ist angesagt. Aber dann schiebt der Konvoi endlich los – rund 98 Kilometer mit Westkurs, mitten durch Wälder, Felder, Wiesen und Weiden. „Wir sind jetzt im Graben”, grinst Willem, „der Hochsee-Autobahn zwischen Ost- und Nordsee”. Die deutsche Flagge am Heck wie bei FREDO, übrigens dem einzigen Frachter aus Meck-Pomm mit Schwarz-Rot-Gold, sieht man hier selten. Mehrfach muss in den Weichen gestoppt werden, um tief gehenden Schiffen auf Gegenkurs Vorrang zu geben.

Nach rund neun Stunden machen die drei Matrosen in Brunsbüttel fest. „Die Tide ist gegen uns”, erklärt Willem, „da machen wir lieber jetzt Feierabend”. Alle sind müde, wir vom vielen Gucken.

Früh um sechs grummelt es wieder im Keller, FREDO erzittert, nimmt problemlos die Schleuse und steckt seine Nase mit dem roten Stralsunder Wappen in die Unterelbe. Die Fahrt an Cuxhaven vorbei mit seiner Alten Liebe wird von der aufgehenden Sonne vergoldet. Bei einem Pott Kaffee gibt’s einen gemütlichen Schnack auf der Brücke, dem Kommunikationszentrum des Schiffes. Dort ist man, wie auch im blitzblanken Maschinenraum, jederzeit willkommen. FREDO biegt nach zwei Stunden bei Elbe 1 nach Backbord in die Weser ab. Der Schwell des Starkwindes vom Vortag bringt sie zum Tanzen. Der Stralsunder Marinemaler und Mitpassagier Thomas Quatsling freut sich: „Endlich Seefahrt!” Querab vom Containerterminal Bremerhaven fühlt man sich neben den 350-Meter-Riesen ganz

klein. „Mit denen möchte ich nicht tauschen”, sind sich beide Kapitäne einig, die von Kindesbeinen an mit Vatern Kümo gefahren sind. 

 

FREDO wedelt durch vergoldete Flussschlingen

Irgendwann taucht die Kirchturmspitze von Elsfleth an Steuerbord auf. FREDO, über Funk als „überbreites Kümo” avisiert, dreht jetzt von der Weser in die schiffsschmale Hunte, passiert die Seefahrtsschule und den Großsegler GROSSHERZOGIN ELISABETH. Eisenbahn- und Straßenbrücke signalisieren freie Fahrt. „Dann schaffen wir’s ja heute noch nach Hause”, freuen sich Bernd und Willem auf den geplanten Grillabend, „aber ohne Güllegeruch in der Nase”. Düngende Bauern auf den Weiden links und rechts sorgen für den „grünen Duft”. „Das ist wie Seefahrt durch den Bauernhof”, lacht Thomas und denkt schon an sein nächstes Bild: die von der untergehenden Sonne vergoldeten Flussschlingen der Hunte mit der wedelnden FREDO darin.  

Vor dem Oldenburger Osthafen noch ein knappes Drehmanöver im Dunkeln auf dem Teller – mit gerade mal zwei Meter Uferabstand. Ein Schauspiel für Seh-Leute am Ufer. „Wenn du das hier jede Woche machst”, meint Bernd gelassen, „ist das ein Kinderspiel”. Rückwärts geht es an den Stau, „nicht  i n  den Stau”, schiebt Willem nach, „so heißt die Straße parallel zum Kai, und das macht uns kein Auto nach”.

Das spannende Manöver wird auch von zwei Bundespolizisten beobachtet. Der Landgangsausweis eines Matrosen, so erfährt man, habe nicht den Stempel an der rechten Stelle. Das hätten die Stralsunder Kollegen moniert und sie informiert. „Aber jeder Hafen hat eben eigene, sprich andere Regeln”, meint einer der Beamten grinsend.  

Per Kran werden die beiden Autos, die vor der Brücke in schützenden Alu-Garagen geparkt haben, auf die Pier am AGRAVIS-Silo gesetzt. „Und Tschüß bis zum nächsten Mal!”, verabschieden sich die beiden Kapitäne ins wohl verdiente Wochenende mit ihren Familien.  

                                                                                                                  

Informationen

MS FREDO: Bauwerft: Schiffswerft Hugo Peters, Wewelsfleth/Stör; Baujahr: 2/1985; Bau-Nr.: 607; Flagge: Deutschland; Taufname: PREMIERE (bis 2002), danach MONTIS, ab 1. Mai 2010 FREDO (Zusammensetzung aus den Heimatorten der Eigner Willem (Freiburg/Unterelbe) und Bernd Blanck (Dornbusch/Unterelbe); Telefon 0171 2111839 (Willem Blanck); E-Mail: fredo@gmx.info

Abmessungen: Länge 82,45 m, Breite 11,33 m, Tiefgang (maximal) 3,43 m (Typ Saima/Vänern-max, da der Frachter früher jahrelang zu den finnischen Seen unterwegs war); 1 Luke (3.105 Kubikmeter Schüttgut); eingerichtet für Container-Transport: 46 TEU, verstärkt für Schwergutladung; 1649 BRZ, Tragfähigkeit 1829 tdw, 1.700 Ladetonnen 1700; Displacement (Ladetonnen und 865 Tonnen Schiffsgewicht) 2694 t; Maschine MWM Typ TBD 440-6K, 441 kW (700 PS), Geschwindigkeit (maximal) 10,6 Knoten; GL-Klasse: GL+100 A4 MEG; IMO-Nr.: 8504208; Crew (maximal) 7; Flagge deutsch; Heimathafen Stralsund; Passagiere 2 in Einzelkammern (Bad/WC, Dusche separat), breite Koje, Schrank, Sitzecke, Tisch, Stuhl, Schubfächer, Sat-TV, Waschmaschine/Trockner können benutzt werden, Preis (inklusiv Vollpension) 50 € pro Tag; Brücke und Maschinenraum stehen dem Gast jederzeit offen;

Tipp: FREDO (Passagiers-Tagessatz nur sensationell günstige 50 Euro/Tag) bietet sehr reizvolle Reisen zwischen großen, kleinen und kleinsten Nord-Ostsee-Häfen, -Flüssen, -Kanälen und -Seen. Das Oldenburger AGRAVIS-Silo wird wöchentlich angelaufen. Wo sich das Schiff gerade befindet, kann man auf www.marinetraffic.com problemlos verfolgen. Dr. Peer Schmidt-Walther

Ob die FREDO wohl durch die Ziegelgrabenbrücke passt?Ob die FREDO wohl durch die Ziegelgrabenbrücke passt?

Die Kapitäne Willem (vorn) und Bernd Blanck auf der Brücke.Die Kapitäne Willem (vorn) und Bernd Blanck auf der Brücke.

Die 700 PS MWM-Hauptmaschine der FREDO.Die 700 PS MWM-Hauptmaschine der FREDO.

Einlaufen in die Holtenauer Schleuse.

Einlaufen in die Holtenauer Schleuse.

Der Sonnenuntergang vergoldet die Hunte vor Oldenburg.
Der Sonnenuntergang vergoldet die Hunte vor Oldenburg.
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Bald ein Bild vergangener Tage: Stelldichein der Mega-Kreuzfahrtschiffe im Hafen von Venedig – hier die VOYAGER OF THE SEAS, RUBY PRINCESS, MSC ARMONIA und NORWEGIAN JADE.
Bald ein Bild vergangener Tage: Stelldichein der Mega-Kreuzfahrtschiffe im Hafen von Venedig – hier die VOYAGER OF THE SEAS, RUBY PRINCESS, MSC ARMONIA und NORWEGIAN JADE.

Massentourismus zur See

Kreuzfahrt-Reedereien liefern sich 2015 Tonnage-Wettstreit im Westlichen Mittelmeer

2015 wird es im Mittelmeer einen heißen Sommer geben, jedenfalls was die Reise-Angebote der großen internationalen Kreuzfahrtreedereien betrifft. Nicht weniger als vier der acht größten Kreuzfahrtschiffe der Welt werden zur Hochsaison 2015 auf Kreuzfahrten zwischen der Straße von Gibraltar und dem Stiefel Italiens zum Einsatz kommen, und dies hat gleich mehrere Gründe.

Zunächst wird die Ostsee Anfang des Jahres als Kreuzfahrt-Revier unattraktiver, da sie als sogenanntes SECA-Gebiet (Sulphur Emission Control Area) nur noch mit teurem schwefelarmem Schiffsdiesel befahrbar sein wird. Hier kommt es demzufolge also bei vielen Reedereien zu einer Steigerung der Betriebskosten, die sich aufgrund des Konkurrenzdrucks nur bedingt an die Kunden weitergeben lässt. Höhere Gewinnmargen verspricht da ein Fahrgebiet wie das Mittelmeer, wo die neuen strengen Emissionsgrenzen (noch) nicht gelten und der Betrieb mit Schweröl als Haupttreibstoff weiter möglich ist – allen Protest- und Marketingaktionen großer Umweltorganisationen zum Trotz.

Doch auch innerhalb des Mittelmeerraumes selber kommt es bei den Reedereien zu Tonnage-Verschiebungen, seit der Hafen von Venedig im Herbst 2013 angekündigt hat, ab 2015 keine Kreuzfahrtschiffe von über 96.000 BRZ Größe und 300 Metern Länge mehr aufzunehmen. Trotz Versuchen, an der italienischen Adria-Küste alternative Einschiffungshäfen wie Triest, Ravenna und Ancona zu etablieren, ist es für die Reedereien attraktiver, die bisher im Östlichen Mittelmeer eingesetzte Groß-Tonnage gegen mehrere kleinere Schiffe auszutauschen und die Mega-Liner stattdessen ins Westliche Mittelmeer zu verlegen.

Denn für die Häfen dort, und das ist der dritte Grund, ist die Größe der Schiffe kein Problem. Egal ob Barcelona, Marseille, Civitavecchia oder Neapel – in diesen Häfen spielen Tiefgang, Breite und Länge der Passagierschiffe praktisch keine Rolle. Im Gegenteil: anders als in der Adria oder in der Ägäis, wo kleine Inselstädtchen schon beim Anlauf eines oder zweier großer Schiffe hoffnungslos „überflutet” werden mit Touristen, können die großen Metropolen im Westlichen Mittelmeer auch mehrere Zehntausend Passagiere pro Tag ohne weiteres aufnehmen, solange die Bus-, Taxi- und Nahverkehrs-Infrastruktur vor Ort einwandfrei funktioniert. Auch Vielfachanläufe sind in den genannten Häfen bereits erprobte Praxis – ganz anders als z. B. auf einigen Inseln des Östlichen Mittelmeers, die in der Hochsaison unter der Last mehrerer Mega-Liner gleichzeitig regelrecht zusammenzubrechen drohen.  

Auch ist im Westlichen Mittelmeer eine bessere Planbarkeit gegeben, was die politischen Rahmenbedingungen in den Anrainerstaaten betrifft. Nur zu oft mussten die Kreuzfahrt-Reedereien in den letzten Jahren ihre Routen im Östlichen Mittelmeer bisweilen kurzfristig ändern – sei es wegen Bürgerunruhen in den arabischen Ländern (Ägypten, Türkei) oder wegen Demonstrationen und Streiks (Griechenland, Türkei). Spanien, Frankreich und Italien sind dagegen vergleichsweise wenig anfällig für politische Verwerfungen oder kurzfristig auftretende Ereignisse, die zum Umrouten von Schiffen führen.

Fünftens schließlich war im Westlichen Mittelmeer der Konkurrenzdruck der großen Kreuzfahrtreedereien stets besonders groß, was die eingesetzte Tonnage betraf. Denn während hier noch vor einigen Jahren fast ausschließlich die europäischen Platzhirschen Costa, MSC und AIDA dominierten, drängen nun auch die amerikanischen Akteure mit aller Macht und vor allem mit großen Schiffen in den Markt.

Das wohl hervorstechendste von allen wird dabei 2015 die ALLURE OF THE SEAS sein, das Flaggschiff von Royal Caribbean International (RCI) und derzeit (zusammen mit ihrem Schwesterschiff OASIS OF THE SEAS) größtes Kreuzfahrtschiff der Welt. Die ALLURE OF THE SEAS wird zwischen Ende Mai und Ende Oktober 2015 7-Tages-Kreuzfahrten ab/bis Barcelona anbieten. Darüber hinaus kommt mit der dann frisch abgelieferten ANTHEM OF THE SEAS auch noch ein zweites RCI-Schiff in denselben Gewässern zum Einsatz; dieses Schiff führt 12- bis 14-tägige Mittelmeer-Reisen ab/bis Southampton durch.

Ganzjährig im Westlichen Mittelmeer kreuzt ab dem 30. April 2015 auch die NORWEGIAN EPIC der Norwegian Cruise Line (NCL), die bisher nur während der Sommermonate in Europa gewesen ist. Sie wird wie die ALLURE OF THE SEAS in der Hochsaison 7-Tages-Kreuzfahrten ab/bis Barcelona durchführen. Unterstützt wird die NORWEGIAN EPIC von der kleineren NORWEGIAN SPIRIT, die NCL auf 12-tägigen Kreuzfahrten einsetzt, welche alternierend in Barcelona und Venedig beginnen bzw. enden.

Die deutschen Reedereien TUI Cruises und AIDA Cruises setzen im Westlichen Mittelmeer beide auf 10-tägige Kreuzfahrten, die von der MEIN SCHIFF 2 bzw. der AIDAblu angeboten werden, doch besonders interessant ist im nächsten Jahr die Schiffsdisposition bei den beiden Lokalmatadoren MSC und Costa. Von den vier Schiffen der MSC FANTASIA-Klasse, die Venedig aufgrund ihrer Größe nicht mehr anlaufen dürfen, setzt MSC im Sommer 2015 zwei auf 7-tägigen Kreuzfahrten ab/bis Genua im Westlichen Mittelmeer ein (MSC FANTASIA und MSC PREZIOSA) und die anderen beiden in Nordeuropa bzw. in der Karibik (MSC SPLENDIDA und MSC

DIVINA). Mit der MSC ARMONIA kommt noch ein drittes Schiff ebenfalls im Westlichen Mittelmeer zum Einsatz (ab/bis La Spezia), während Venedig nur noch von den mittelgroßen Schiffen der MSC MUSICA-Klasse bzw. den Schwestern LIRICA und OPERA bedient wird.

Hauptkonkurrent Costa ist da noch radikaler und schickt unbestätigten Informationen zufolge im Sommer 2015 mit der COSTA DELIZIOSA nur noch ein einziges Schiff nach Venedig; die beiden anderen im Östlichen Mittelmeer eingesetzten Schiffe COSTA MEDITERRANEA und COSTA NEOCLASSICA benutzen als Basishafen Triest bzw. Istanbul. Im Gegensatz dazu verstärkt auch diese Reederei 2015 ihre Präsenz sowohl in Nordeuropa als auch im Westlichen Mittelmeer. Gleich fünf Costa-Schiffe bedienen im Sommer 2015 Routen in Nord- und Ostsee bzw. Norwegen, darunter zwei Einheiten der mit 114.000 BRZ für Venedig zu großen COSTA SERENA-Klasse (COSTA FAVOLOSA und COSTA PACIFICA). Nicht weniger als vier Costa-Schiffe werden darüber hinaus im Sommer 2015 im Westlichen Mittelmeer zu finden sein: neben dem 132.500 BRZ großen Flaggschiff COSTA DIADEMA auch die COSTA FASCINOSA, die COSTA MAGICA und die COSTA NEORIVIERA, die allesamt den Costa-eigenen Terminal in Savona als Abgangshafen benutzen.

Doch was den Kunden kurzfristig den Vorteil attraktiver Preise und einer nie dagewesen großen Auswahl an Schiffen beschert, birgt mittel- und langfristig auch Risiken. So lassen derart riesige Schiffe, wenn sie auf turnusmäßigen 7-Tages-Kreuzfahrten eingesetzt werden, unter Umständen die angelaufenen Destinationen zu kurz kommen. Oder es wird umgekehrt selbst das schönste und größte Schiff der Flotte unter Wert verkauft, wenn dessen Gäste am Ende tagsüber genauso brav ihre Landgänge absolvieren wie auf einer Reise mit jedem beliebigen anderen Schiff.

Zweitens kommt es schnell zu Überkapazitäten, wenn gleich mehrere Reedereien zur selben Zeit versuchen, sich mit größeren Schiffen gegenseitig zu überbieten. Die Folgen sind ein Wettbewerb auf Kosten des Preises und damit eine Entwertung des Produkts. Ersteres belastet kurzfristig die Bilanzen, letzteres hingegen langfristig das Image der Marke bzw. (im schlimmsten Fall) der gesamten Kreuzfahrt-Branche; beides kann auf Dauer nicht im Interesse der Reedereien sein. Sollten sich die Erwartungen der Reedereien in den massiven Einsatz neuer Großtonnage im Westlichen Mittelmeer 2015 also nicht erfüllen, könnte es sich durchaus auch nur um ein vorübergehendes Phänomen handeln, bevor die Anbieter 2016 wieder zu wirtschaftlich sinnvolleren Angeboten zurückkehren.

Drittens werden großen Schiffen wie ALLURE OF THE SEAS, NORWEGIAN EPIC und COSTA DIADEMA rein physisch Grenzen gesetzt – Grenzen, die sich darin äußern, dass alle genannten Schiffe auf fast identischen Routen eingesetzt werden, da nur noch wenige Häfen in der Lage sind, diese Einheiten aufzunehmen. So kommen Häfen wie Barcelona, Marseille, Palma de Mallorca, Livorno und Neapel 2015 in fast jeder Route vor, die von den genannten Mega-Linern bedient werden. Für Kunden, die bereits eine oder mehrere Schiffsreisen in diesem Fahrtgebiet unternommen haben, ist das nicht gerade ein Anreiz, eine weitere anzustreben, im Gegenteil. Diese Klientel dürfte ihren Focus stattdessen auf andere Reedereien und andere Routen lenken. Die Marketing-Bemühungen der großen Reedereien werden sich daher vielmehr auf jene Kundengruppen konzentrieren, die noch nie eine Kreuzfahrt unternommen haben und die man mit einem in Europa so noch nicht gekannten Bord- und Preisangebot auf die Schiffe locken will. Im Westlichen Mittelmeer dürfte somit das „Erlebnis Kreuzfahrt” im Sommer 2015 endgültig zum „Massentourismus zur See” mutieren. Ob dieser dann noch geeignet ist, die Attraktivität des Produkts langfristig zu gewährleisten oder ob riesige Schiffe, riesige Menschenmassen an Bord und riesige Schlangen und Staus in den Häfen nicht eher eine abstoßende Wirkung auf die neu gewonnene Kundschaft haben, wird man spätestens im Herbst 2015 wissen, wenn Reedereien und Kunden auf ihre Erfahrungen in diesem „heißen Sommer” zurückblicken. Kai Ortel

Die zehn größten Kreuzfahrtschiffe der Welt (Stand 1. Juli 2015):

Pos. Schiffsname Baujahr Paxe BRZ Reederei Ziele

1.

OASIS OF THESEAS 2010 5.408 225.282 RCI USA

2.

ALLURE OF THE SEAS 2009 5.400 225.282 RCI Europa

3.

QUANTUM OF THE SEAS 2014 4.180 167.800 RCI USA

4.

ANTHEM OF THE SEAS 2015 4.180 167.800 RCI Europa

5.

NORWEGIAN EPIC 2010 4.100 155.873 NCL Europa

6.

NORWEGIAN BREAKAWAY 2013 4.028 146.600 NCL USA

7.

NORWEGIAN GETAWAY 2014 4.000 144.017 NCL USA

8.

COSTA DIADEMA 2014 3.700 132.500 Costa Europa

9.

CARNIVAL BREEZE 2012 3.690 128.052 Carnival USA
10. INDEPENDENCE OF THE SEAS 2008 3.648 154.407 RCI USA

Im Hafen von Barcelona gehören Mehrfachanläufe großer Kreuzfahrtschiffe seit Jahren zum gewohnten Bild – hier die MSC FANTASIA, NOORDAM und AIDAvita. Im Hafen von Barcelona gehören Mehrfachanläufe großer Kreuzfahrtschiffe seit Jahren zum gewohnten Bild – hier die MSC FANTASIA, NOORDAM und AIDAvita.

Im Hafen von Neapel ist Platz für große und kleine Passagierschiffe aller Art – hier die SOVEREIGN und die NORWEGIAN EPIC zwischen den Fährschiffen LAURANA und SNAV SARDEGNA. Im Hafen von Neapel ist Platz für große und kleine Passagierschiffe aller Art – hier die SOVEREIGN und die NORWEGIAN EPIC zwischen den Fährschiffen LAURANA und SNAV SARDEGNA.

Auch der Hafen von Malaga hat gewaltige Summen in neue Kais und Terminals investiert, um mehrere große Kreuzfahrtschiffe gleichzeitig aufnehmen zu können – hier
die CORAL (vorne links), BOUDICCA und INDEPENDENCE OF THE SEAS (rechts).
Auch der Hafen von Malaga hat gewaltige Summen in neue Kais und Terminals investiert, um mehrere große Kreuzfahrtschiffe gleichzeitig aufnehmen zu können – hier
die CORAL (vorne links), BOUDICCA und INDEPENDENCE OF THE SEAS (rechts).
hr

Die Energieversorgung muss diversifiziert werden  

Es ist noch nicht lange her, da wurde im russischen Ort Portowaja in der Nähe von St. Petersburg der zweite Strang der Ostseepipeline Nord Stream in Betrieb genommen. Das etwa 7,4 Milliarden € teure Projekt sei ein Ausdruck des Vertrauens zwischen der Europäischen Union und Russland, erklärte Altbundeskanzler Gerhard Schröder pflichtschuldig bei dem Eröffnungsfestakt.

Er selbst hatte das umstrittene Projekt noch in seiner Zeit als Bundeskanzler 2005 zusammen mit Kremlchef Wladimir Putin auf den Weg gebracht und ist kurz nach seiner Abwahl im gleichen Jahr Vorsitzender des Nord Stream-Aktionärsausschusses geworden. Ein Schuft, wer Böses dabei denkt. Die erste Nord Stream-Röhre arbeitete zu diesem Zeitpunkt bereits seit etwa einem Jahr. Mit dem zweiten Strang verdoppelte sich die jährliche Durchsatzkapazität der 1.224 Kilometer langen, in Lubmin endenden Pipeline auf rund 55 Milliarden Kubikmeter Gas, das nicht nur in deutsche, sondern auch in andere Versorgungsnetze innerhalb der EU eingespeist wird.

Aufhorchen ließen Bemerkungen von Gazprom-Chef Miller während des Festaktes, nämlich dass man an Plänen für zwei weitere Stränge arbeite. Ein entsprechendes Memorandum werde bereits zur baldigen Unterzeichnung vorbereitet. Das ließ die nach wie vor zahlreichen Kritiker aufhorchen, die eine zu große energiepolitische Abhängigkeit von dem nach wie vor schwer einschätzbaren Verhalten des großen Partnerlandes mit seinen „lupenreinen Demokraten” befürchten. Schon jetzt ist der Anteil Russlands an der Versorgung Deutschlands mit Primärenergie sehr hoch. Deutlich über einem Drittel der Erdgaszufuhren kommen von dort. Beim Erdöl sind es ebenfalls mehr als 30 Prozent. Zwar tragen auch andere Länder zur deutschen Versorgung mit Erdgas bei, die Niederlande, Großbritannien und Norwegen, aber deren Ressourcen in der Nordsee schrumpfen allmählich und damit auch ihre Lieferfähigkeit. Ersatz nur aus Russland? Noch mehr Abhängigkeit, was die Verfügbarkeit des für alle Bereiche unseres Daseins wichtigen Energieträgers betrifft? Die besorgten Diskussionen darüber sollten sehr ernst genommen werden, denn die  Bedeutung von Erdgas wird übereinstimmend in allen Prognosen in der überschaubaren Zukunft noch weiter wachsen. 

Die Gaslieferungen werden dann in zunehmendem Maße aus Russland kommend durch Pipelines als alleinige Versorgungsstränge fließen. Wie viele es auch immer sein mögen. Das schafft gefährliche Abhängigkeiten und ist politisch unverantwortlich, weil es eigene Spielräume einengt. Diese Problematik ist zwar seit langen vielen Beteiligten, die in Politik und Wirtschaft in der Pflicht stehen, bekannt und wird auch mehr oder weniger offen immer wieder diskutiert.

Nur, passiert ist bisher nicht das Geringste, um diesen Zustand wenigstens auf mittlere Sicht zu verändern. In erster Linie ist die Politik gefordert, die notwendigen Voraussetzungen für ein wirtschaftliches Engagement zu schaffen, wobei die Alternative ebenso einfach, wie ganz klar ist – es ist die Einfuhr von verflüssigtem Erdgas – Liquid Natural Gas / LNG auf dem Seeweg. Damit ließe sich das Spektrum der Bezugsquellen ganz erheblich verbreitern und der Import deutlich flexibler gestalten, denn Erdgas wird in vielen Teilen der Welt gefördert und es gibt inzwischen eine wachsende Zahl von Exportterminals, auf denen das Gas vor der Verladung auf ein Schiff verflüssigt wird. Jedoch fehlt auf unserer Seite die notwendige Infrastruktur für den Umschlag des Flüssiggases und dessen anschließender Regasifizierung, obwohl letzteres heute teilweise bereits auch schon an Bord moderner LNG-Tanker durchgeführt werden kann.

Die Erkenntnis, dass dies eine gangbare Möglichkeit ist, um sich breiter aufzustellen und Abhängigkeiten zu verringern, ist durchaus vorhanden, auch in Deutschland. Davon zeugen lange gehegte Pläne, in Wilhelmshaven einen LNG-Terminal zu bauen, was allerdings unlängst zugunsten einer Beteiligung an einem solchen in Rotterdam aufgegeben wurde und selbst im Koalitionsvertrag der derzeitigen Regierung ist die Rede davon, dass „große Infrastrukturprojekte” wie LNG „intensiv begleitet” werden sollen. Was das bedeuten soll, ist wie so manches, unklar geblieben. Klar ist nur, dass nichts in dieser Hinsicht auf den Weg gebracht worden ist. Vielleicht wird ja noch beobachtet, wie es manchmal so schön heißt, wenn Dinge auf die lange Bank geschoben werden.

Andere, auch unsere unmittelbaren Nachbarn, sind uns auf diesem Gebiet weit voraus. Dort existieren bereits derartige Spezialterminals und in Polen, in Finnland sowie in Litauen und sogar in Kroatien ist jeweils einer im Bau bzw. geplant. Alle mit dem erklärten Ziel, von russischen Lieferungen unabhängiger zu werden. Selbst wenn es aktuell bei der Energieversorgung keine Probleme gibt und wahrscheinlich auch in überschaubarer Zeit keine zu erwarten sind, so muss es doch eine selbstverständliche Pflicht sein, sich auf andere Szenarien vorzubereiten, um sich gegebenenfalls auf Alternativen abstützen zu können – nicht zuletzt im hochsensiblen Energiebereich. LNG gehört unbedingt dazu. Es ist an der Zeit, hier endlich mit entsprechenden Maßnahmen aufzuwarten. Vielleicht, oder hoffentlich, geben die Vorgänge auf der Krim und in der Ukraine bzw. das Vorgehen Russlands endlich die nötigen Impulse. Gastautor: Hans Jürgen Witthöft

hr
BOOTSMÄNNER
Vojko, Fischer in Izola (Slowenien)

Vojko Jantzen zeigt seinen kleinen Fang, der gerade mal für ihn selbst reicht.

 

Mittlerweile ist fast jeder Fischkutter im Hafen von Izola in ein Touristenschiff bzw. Restaurantschiff umgebaut worden. Dass den Gästen Fisch aus den heimischen Gewässern angeboten wird, ist eher zweifelhaft. Die nördliche Adria ist überfischt und bis an ihre Grenzen ausgebeutet. Mit einer Gesamtküstenlänge von 46 Kilometer ist die Fischerei-Industrie in Slowenien von Haus aus klein. Die Seefischereitätigkeit mit slowenischen Fischereifahrzeugen findet in den territorialen Gewässern Sloweniens in der nördlichen Adria, sowie den internationalen Gewässern der angrenzenden Tiefsee statt.

Der Fang besteht hauptsächlich aus kleinen pelagischen Arten wie Sardinen. Seit Mitte der 90er Jahre ist die Größe der Fischereiflotte rückläufig. Die geänderten Marktbedingungen nach der Unabhängigkeit von 1991 und der damit einhergehende Verlust des Hauptexportmarktes Jugoslawien, sowie geringe Investitionen und eine liberale Importpolitik haben sich auf die Meeresfischerei und die dazugehörige Industrieproduktion über die Jahre hinweg negativ ausgewirkt. Selbst im benachbarten Italien ist die Fischereiflotte im Adriatischen Meer in den letzten 10 Jahren auf die Hälfte geschrumpft.

Die Fische für die slowenischen Verbraucher werden größtenteils importiert oder in Aquakulturen, wie in der Bucht von Piran gezüchtet. Dort ist man auf Wolfsbarsch spezialisiert. Diese hochqualitativen Fische sind eher hochpreisig und stehen daher wohl mehr einem zahlungskräftigen Klientel bzw. der Spitzengastronomie zur Verfügung.

Dennoch gibt es noch einige wenige Fischer wie Vojko, die auf kleinen, mit Außenbordmotoren betriebenen Booten in den nahen Küstengewässern auf Fang gehen. Die Boote sind mitunter mit allerlei Gerätschaften wie Angeln, Netze, Markierungsbojen und Eimer mit Ködern vollgepackt. Die Ausbeute ist gering und reicht vermutlich nur für den Eigenbedarf. Gegen Billigimporte und Zuchtfische wäre der hohe Aufwand ohnehin nicht konkurrenzfähig.

Zurückgekehrt von einer Fangfahrt in den nahegelegenen Küstengewässern, steht Vojko auf der Kaimauer im Stadthafen von Izola. Auf seine Tätigkeit angesprochen, nimmt er seine Kappe vom Kopf und zeigt mit dem Finger auf die aufgenähte Flagge und fragt in gebrochenem Englisch: „Weißt du welche Flagge das ist? − Jugoslawien”, zeigt seinen kleinen Fang, steigt auf sein altes Mofa und fährt, ohne sich nochmals umzudrehen, weg. Thomas Jantzen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Vojko zeigt seinen kleinen Fang, der gerade mal für ihn selbst reicht.

hr

  

Nautischer Verein zu Emden veranstaltet traditionelles Nautisches Essen

In Norddeutschen Seefahrtkreisen ist man sich der Tradition bewusst: Dunkler Anzug ist Pflicht! Nie zuvor war das Nautische Essen des mitgliederstärksten Nautischen Vereins im Deutschen Nautischen Verein, im Emder „Klub zum guten Endzweck”, so gut besucht, wie in diesem Jahr. Von den zurzeit über 700 Mitgliedern konnten aus Platzmangel leider nur 400 Gäste teilnehmen. Der Veranstaltungsort platzt aus allen Nähten.

 

Uwe Beckmeyers erhielt schallende Ohrfeige an der Küste

Der neue Maritime Koordinator der Bundesregierung war Ehrengast beim traditionsreichen Nautischen Essen. In seiner, mit viel höhnischem Applaus und Häme, bedachten langweiligen Rede ließ er die drängenden Fragen der Seehafenstadt offen – keine einzige Antwort auf die drängenden Fragen der Emder Hafenwirtschaft hatte er mitgebracht. Kein klares Bekenntnis – er umschiffte Emden in seinem halbstündigen Vortrag vollkommen. Einzig die „Emsvertiefung” kam ihm kurz über die Lippen. Nichts zum Rysumer Nacken, nichts zur Amerikapier, nichts zu den Sorgen um die alternde große Seeschleuse.

Wer den Gesprächen der kundigen Gäste nach dem offiziellen Teil folgte hörte sehr oft: Nie zuvor habe man so einen schlechten Redner bei der renommierten Veranstaltung gesehen. „Zumutung”, „Armselig”, „Frechheit” und „leere Dampfplauderei” war sehr häufig zu hören. Das dürfte Beckmeyer in Emden noch lange in den Ohren klingen. Ob er sich wohl nochmal nach Emden traut? 

 

„Schwer verdaulicher Worthülsenbrei”

Ein neu ernannter Maritimer Koordinator müsse seine Worte vor einem so kundigen Publikum sorgsam wählen, hatte Beckmeyer zu Beginn seiner Rede gesagt und sie als „Vorspeise zum Hauptgang” bezeichnet. Umso erstaunlicher war für das Publikum, was der Staatssekretär ihm kredenzte. Ein Gast umschrieb dies als „wirr zusammengerührten, schwer verdaulichen Worthülsenbrei” − frei vorgetragen, ohne knackige Thesen, ohne klaren Kurs und erkennbares Ziel. 

Wie gewohnt war die Eröffnungsrede des Vorsitzenden des Deutschen Nautischen Vereins sowie des Nautischen Vereins zu Emden, Gastgeber Frank Wessels, weitaus scharfzüngiger und pointierter. Er geißelte den dritten Brüsseler Versuch nach 2001 und 2004, den europäischen Häfen einheitliche Verordnungen überzustülpen − an den Mitgliedsstaaten vorbei. Dies führte nur zu überflüssiger Bürokratie und schwächte die deutschen Standorte zudem.

Ebenso scharfzüngig attackierte Wessels die rot-grüne Landesregierung mit Blick auf den Rysumer Nacken. Außer der Erwähnung „hin und wieder in Reden” passiere nichts Konkretes. Man spiele anscheinend auf Zeit. „Vieles erledigt sich durch Liegenlassen”, so Wessels. Sobald jetzt aber die Ergebnisse der Kosten-Nutzen-Studie für den Hafen offenlägen, erwarte er klare Handlungen vom Land. „Es kann nicht sein, dass Emden nach den gescheiterten Planungen für den Dollarthafen und den Vorhafen ein drittes Mal im Regen stehengelassen wird!” Ein schnelles, deutli-

ches Zeichen erwarte er vom Land auch bei der dringend nötigen Außenemsvertiefung, so Wessels. Frank Wessels: „In 2013 sind rund 120 Einschiffsgesellschaften in die Insolvenz gegangen. Die Charterraten waren und sind teilweise auf einem Niveau, das zum Teil nicht einmal zur Deckung der reinen Betriebskosten ausreicht. Zinsen, geschweige denn Tilgung, können nicht erwirtschaftet werden, die Reedereien leben von der Substanz, die naturgemäß endlich ist. Hoffnung keimt auf, dass es in 2015 zu verbesserten Marktbedingungen kommen kann: das Angebot von und die Nachfrage nach Tonnage sollten dann wieder in ein Gleichgewicht  kommen. Zur Erreichung dieses Zieles bedarf es aber massiver gemeinsamer Anstrengungen, um auch den kleineren, häufig als Familiengesellschaften geführten Reedereien ein Überleben zu sichern”.   

„Über die Notwendigkeit, in der gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation alle erdenklichen Maßnahmen zur Kostensenkung zu ergreifen, kann es eigentlich keine zwei Meinungen geben. Es gilt jedoch, nicht nur um des reinen Sparens Willen an der falschen Stelle zu streichen, und ich meine hierbei die Berufsausbildung”, so Wessels, „Um langfristig das maritime Know-how am Schifffahrtsstandort Deutschland erhalten zu können, bedarf es einer ausreichenden Anzahl seemännischem Nachwuchses. Sowohl an Bord wie auch an Land kann es schon in absehbarer Zeit zu einer Situation kommen, dass altersbedingt ausscheidenden Mitarbeitern des nautischen sowie technischen Bereichs nicht mehr in ausreichender Zahl entsprechend qualifizierte Nachwuchskräfte gegenüberstehen. Zum einen geht es um das zur Verfügung stellen von Praxissemesterplätzen für Fachhochschulstudenten.

Ein Praktikant kostet nun wirklich nicht viel Geld. Die Fachhochschulausbildung schreibt zwingend zwei Praxissemester vor, und viele Studenten sind schon überaus dankbar für ein besseres Taschengeld. Selbst in schwersten wirtschaftlichen Zeiten sollte das für jede Reederei darstellbar sein. Zum anderen geht es um die Berufsausbildung von nautischem und technischem Seepersonal. Es fehlt nicht allein an Ausbildungsplätzen, es fehlen auch Plätze zur Qualifizierung von Nachwuchsoffizieren. Trotz des Instruments der Förderung durch die Stiftung Schifffahrtsstandort Deutschland gibt es schon jetzt Nachwuchsoffiziere, die kein Schiff zum Ausfahren ihres Patentes finden.

Meine Damen und Herren, liebe Gäste ich möchte von dieser Stelle aus an alle Reeder appellieren, kümmern Sie sich um den Nachwuchs, nutzen Sie die Möglichkeiten der Förderung insbesondere der Stiftung Schifffahrtsstandort Deutschland, tragen Sie Sorge dafür, dass auch zukünftig ausreichend qualifiziertes Personal an Bord und an Land vorhanden ist!”

Wessels beendete seine Rede mit den Worten: „Bei dem neuen Maritimen Koordinator wissen wir die anstehenden Probleme auf Regierungsebene in guten Händen”. Das war vor der Rede des so genannten Maritimen Koordinators – Wessels, wie auch die anwesenden Gäste, wurden schwer enttäuscht. PP

hr

  Das Projektgebiet befindet sich rund 35 Kilometer östlich von Wien und erstreckt sich von Stromkilometer 1887,5 bis 1884,5.

 Das Projektgebiet befindet sich rund 35 Kilometer östlich von Wien und erstreckt sich von Stromkilometer 1887,5 bis 1884,5.

  

Innovatives flussbauliches Vorhaben zur Verbesserung der Schiffbarkeit auf der Donau

Die österreichische Donau östlich von Wien ist – als Folge der „Großen Donauregulierung” im 19. Jahrhundert – ein regulierter Fluss. Mit Blockwurf fixierte Ufer bilden ein Korsett, in dem der Fluss nur wenige Freiheiten hat. Der Charakter der freien Fließstrecke zeigt sich darin, dass es sich um einen Flussabschnitt ohne Kraftwerk handelt, in dem der Fluss ohne Stauwirkungen fließen kann. Die hier frei fließende Donau hat ein dynamisches Wechselspiel mit Pegelschwankungen von bis zu 7 Metern und gestaltet die Flussauen-Landschaft immer wieder neu. So schafft der Donaustrom Lebensräume für eine Vielzahl an Tieren und Pflanzen. Der Bedeutung dieser letzten großen Flussauen-Landschaft Mitteleuropas wurde durch die Errichtung des Nationalparks Donau-Auen Rechnung getragen.

Doch dem Fluss fehlt Geschiebe, das er weitertransportieren kann und durch die überschüssige Schleppkraft des Wassers wird die Donausohle erodiert. Das Resultat ist eine anhaltende Sohlerosion von etwa 2 bis 3,5 Zentimeter pro Jahr, wodurch sich nicht nur der Fluss immer tiefer in sein Bett eingräbt, sondern auch der Wasserspiegel sinkt. Mit dem Donauwasserspiegel fällt auch der Grundwasserspiegel ab. Die Folgen für die Donau-Auen: Die Verbindung zwischen Auwald und Fluss wird immer weiter unterbrochen. Die gestalterische Kraft des Flusses reicht immer weniger weit in die Au hinein, Altarme sind vom Fluss abgeschnitten und verlanden, weil angelandetes Feinmaterial nicht mehr abtransportiert werden kann, Tümpel trocknen aus, Feuchtwälder fallen trocken. Eine schleichende, aber bereits sichtbare Verschlechterung der ökologischen Situation des Raums ist die Folge.

Im Donauabschnitt zwischen Wien und der österreichisch-slowakischen Grenze stellen auch einzelne Furtbereiche die Schifffahrt bei Niederwasser immer wieder vor Probleme. Zu geringe und stark schwankende Fahrwassertiefen der Donau bedingen deutlich reduzierte Abladetiefen, verringern den Auslastungsgrad der Schiffe, schränken die Planbarkeit der Transportmengen ein, führen zu Wartezeiten und beeinflussen damit die Preisgestaltung und die Wirtschaftlichkeit der Transporte. Die Wettbewerbsfähigkeit des Verkehrsträgers Binnenschiff wird dadurch wesentlich eingeschränkt. Zur Sicherung der schifffahrtstechnischen Mindestbedingungen sind derzeit kontinuierliche Baggerungen erforderlich, die allerdings zu keinen nachhaltigen Verbesserungen führen.

Das Pilotprojekt Bad Deutsch-Altenburg ist ein innovatives flussbauliches Vorhaben zur Verbesserung der Schiffbarkeit der Donau östlich von Wien sowie zur nachhaltigen Sicherung der ökologischen Rahmenbedingungen für eine natürliche und dynamische Entwicklung der Fluss- und Auen-Landschaft. Im sechsten Pilotprojekt im Nationalpark Donau-Auen werden all jene flussbaulichen Maßnahmen getestet, die im Rahmen zukünftiger Projekte in der gesamten Donaustrecke zwischen dem Kraftwerk Freudenau und der Staatsgrenze realisiert werden sollen. In der in etwa drei Kilometer langen Projektstrecke rund 35 Kilometer östlich von Wien werden erstmals alle Maßnahmen gemeinsam umgesetzt: Uferrückbau und Uferabsenkung, die Anbindung eines Nebenarmes, die Optimierung der Niederwasserregulierung und die Granulometrische Sohlverbesserung zur Stabilisierung der Stromsohle. Unter Berücksichtigung des Hochwasserschutzes werden diese Verbesserungen durch rein flussbauliche Maßnahmen erzielt, die freie Fließstrecke bleibt erhalten.

Das Pilotprojekt dient nicht nur einer Erprobung wasserbaulicher Eingriffe und bautechnischer Vorgänge, sondern auch der Entwicklung und Erprobung der erforderlichen technischen und ökologischen Beurteilungsverfahren.

Wesentliches Ziel ist die erstmalige Erprobung der Granulometrischen Sohlverbesserung in der Natur. Das für die Donau östlich von Wien entwickelte Verfahren zur Stabilisierung der Stromsohle hat sich in Computermodellen und im Versuchslabor der TU Wien bereits bestens bewährt. Die Umsetzung in einer kurzen Versuchsstrecke ist nun der nächste logische Schritt.

Das Pilotprojekt wurde im Rahmen der Planungen für das Flussbauliche Gesamtprojekt entwickelt und folgt damit dessen integrativen Planungsansatz. Das Vorhaben setzt also die vom interdisziplinär besetzten Leitungsausschuss entwickelten Planungsgrundsätze in die Praxis um und lernt dabei schrittweise vom Fluss.

Hauptziele des Pilotprojekts Bad Deutsch-Altenburg sind:

Erfahrungsgewinn für den Einbau des granulometrischen Materials,

Erfassen der Wirkungen der granulometrischen Sohlverbesserung,

Test verschiedener Monitoring-Methoden sowie die Verknüpfung von abiotischen (Flussmorphologie) und biotischen Untersuchungen.

Entwickelt wurde das Pilotprojekt in enger Abstimmung mit Wissenschaftlern der Universität für Bodenkultur, der Universität Wien, der Universität Innsbruck, der Technischen Universität Wien sowie des Nationalparks Donau-Auen. Dennoch stellten einige Umweltschutzorganisationen Teile des Projekts in Frage. viadonau rief daher das sogenannte Akteursforum zur Beteiligung wichtiger Stakeholder ins Leben. In diesem Dialogprozess haben interessierte Gruppen die Möglichkeit, wirkungsvoll mitzuarbeiten, beispielsweise durch Einbringung von Empfehlungen und Optimierungsvorschlägen. Das Akteursforum setzt sich aus stimmberechtigten Mitgliedern, Beobachtern und einem beratenden Expertengremium, dem sogenannten „Science-Board” zusammen. Die teilnehmenden Akteure wurden vor der konstituierenden Sitzung des Forums innerhalb der jeweiligen Gruppe nominiert. Das Science Board wurde von den Akteuren zusammengestellt bzw. bestätigt. Die konstituierende Sitzung des Akteursforums fand im Jänner (Januar) 2012 statt. Seither gab es bereits 14 Treffen.

Die Bauarbeiten finden in enger Abstimmung und Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden und der Nationalparkverwaltung statt. Sowohl die Vorberei-

tungen des Pilotprojekts wie auch dessen Umsetzung wird laufend wissenschaftlich begleitet. Unter anderem führt das Christian Doppler Forschungslabor „Im Fluss” Untersuchungen durch und setzt neue Forschungsimpulse im Bereich des ökologisch orientierten Flussbaus. Neben einer technischen Bauaufsicht sorgt auch eine ökologische Bauaufsicht für eine sorgfältige Ausführung.

 

Unterstützer aus Politik, Wirtschaft, Ökologie, Wissenschaft 

Neben dem politischen Rückhalt, neue Maßnahmen zur Eindämmung der Sohlerosion an diesem Stromabschnitt zu testen, fußt das Projekt auch auf einer breit angelegten Unterstützung seitens der Wirtschaft. So sprachen sich die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), Industriellenvereinigung (IV) und Interessengemeinschaft Österreichischer Donauhäfen (IGÖD) für eine rasche Umsetzung des Pilotprojekts auch öffentlich aus.

Von ökologischer Seite ist der Nationalpark Donau-Auen unmittelbarer Profiteuer der Maßnahmen und entsprechend in die Planungen und die Umsetzung mit eingebunden. Der WWF unterstützt seit 2011 das Vorhaben. Zahlreiche Fischerei- und Jagdverbände, der Naturschutzbund oder etwa BirdLife sprechen sich deutlich für das Projekt aus. Die Donauschutzkommission (IKSD) hat in ihrer Jahresversammlung im Dezember 2011 den bevorstehenden Baubeginn des Pilotprojekts ausdrücklich begrüßt.

Ebenso breit ist die Unterstützung seitens der Wissenschaft. Insgesamt 144 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den Bereichen Flussbau, Ökologie und Technik unterfertigten bereits 2010 eine Petition, die zum Start der Rettung des Nationalparks durch das vorliegende Projekt aufrief.

Anbindung von Nebenarmen

Eine wichtige Maßnahme im Pilotprojekt war die Anbindung des sogenannten Johler Arms an die Donau, eines vom Hauptstrom abgetrennten Seitenarms bei Hainburg, der nur selten durchströmt wurde.

Im Zuge der „Großen Donauregulierung” im 19. Jahrhundert wurden die Nebenarme vom Hauptstrom abgetrennt und die Donau in ein einziges Flussbett gedrängt. In den abgetrennten Gewässern setzte ein Verlandungsprozess ein und die wertvollen Lebensräume gingen verloren.

Erst seit den 1990er Jahren wird in Österreich wieder versucht, durch die verstärkte Anbindung von Nebenarmen der Donau wieder ein Stück ihrer Ursprünglichkeit zurückzugeben. Die Wiederanbindung von Nebenarmen gibt auch dem Donauwasser wieder mehr Raum. Durch diese Aufweitung wird daher ein Beitrag zum Hochwasserschutz geleistet. Nebenarme sind die Lebensadern der Donau-Auen. Sie bilden wichtige Habitate für die Donau-typischen Tier- und Pflanzenarten. Sie sorgen für ständige Versorgung der Au mit frischem Wasser und für die nötige Dynamik im Wasserwald.

Der Johler Arm ist im Nationalpark Donau-Auen der erste Nebenarm, der nahezu ganzjährig durchströmt sein wird. Selbst bei Niederwasser werden noch einige Kubikmeter Wasser durch den Nebenarm strömen. Durch diese besonders starke Anbindung steht er der Tier- und Pflanzenwelt dauerhaft als hochwertiger Lebensraum zur Verfügung. Au-typische und besonders strömungsliebende Fischarten finden hier eine geschützte „Kinderstube” vor. Auch Vogelarten wie z.B. das Wappentier des Nationalparks, der Eisvogel, werden vom Nebenarm profitieren.

Nicht zu unterschätzen ist auch der geschützte Lebensraum, der auf dem heutigen Johler Haufen entsteht. Durch die Anbindung des Johler Arms ist eine Insel entstanden, auf die sich die Bewohner des Auwaldes – bis hinauf zum Hochwild – zurückziehen können.

Am 10. März 2014 fand unter Beisein von Bundesministerin Doris Bures und Landesrat Dr. Stephan Pernkopf der sogenannte „Durchstich” statt, bei dem der Einlaufbereich geöffnet und der Johler Arm wieder beidseitig mit dem Hauptstrom verbunden wurde. Der Seitenarm wird nunmehr gangjährig durchflossen.

Zeitplan

Wissenschaftliche Begleitung        seit 2005 vor Ort bis nach Bauende

Bewilligungsverfahren                      bis Dezember 2011

Beteiligungsmodell                           Konstituiert im Jänner (Januar) 2012

Baubeginn                                           Februar 2012

Bauliche Fertigstellung                     voraussichtlich Mitte 2014

 

Baukosten

Die Baukosten belaufen sich auf rund 14 Millionen €. Die Finanzierung erfolgt aus dem Budget des bmvit bzw. der viadonau. Das Projekt wird mit bis zu 50 Prozent durch die Europäische Kommission (Förderprogramm TEN-V) gefördert.

Nach dem Grundsatz „Lernen vom Fluss” werden die im Rahmen des Gesamtprojekts konzipierten Lösungen im Rahmen von Modellversuchen und Pilotprojekten stufenweise weiterentwickelt. An der TU Wien wurden insbesondere Versuche zur granulometrischen Sohlverbesserung durchgeführt, welche die Eignung des Verfahrens zur Sohlstabilisierung bestätigen. Im Rahmen von Pilotprojekten werden Maßnahmen einzeln oder auch im Zusammenspiel mit anderen Flussbaumaßnahmen in der Natur umgesetzt. Die Erkenntnisse aus diesen Versuchen und Vorprojekten fließen in Folgeprojekte und in das Gesamtprojekt zurück. Eva Michlits, viadonau

Einlaufbereich Johler Arm am 22. Jänner 2014.Einlaufbereich Johler Arm am 22. Jänner 2014.

Das Gerinne wurde durch Baggerungen wieder mehrere Meter tiefer gelegt.Das Gerinne wurde durch Baggerungen wieder mehrere Meter tiefer gelegt.

Öffnung des Einlaufbereichs mittels Raupenbagger am 10. März 2014.
Öffnung des Einlaufbereichs mittels Raupenbagger am 10. März 2014.

Rückbau der bestehenden Buhnen am linken Ufer.Rückbau der bestehenden Buhnen am linken Ufer.

Buhnenneubau am linken Ufer der Donau.

Buhnenneubau am linken Ufer der Donau.

hr

  

In Deutschland ist TT-Line Through Five Decades z. B. in Kürze bei Galerie Maritim in Hamburg und bei Collectio Navalis in Berlin vorrätig

In Deutschland ist TT-Line Through Five Decades z. B. in Kürze bei Galerie Maritim in Hamburg und bei Collectio Navalis in Berlin vorrätig.

 

Kai Ortel

TT-Line Through Five Decades

Das in englischer Sprache gehaltene Buch hat die 50jährige Geschichte der deutschen Fährreederei TT-Line zum Thema, die mit modernen Passagier-, Auto- und Frachtfähren zwischen Travemünde, Rostock sowie Swinoujscie und dem schwedischen Hafen Trelleborg verkehrt und die seit den frühen 1960er Jahren zu den innovativsten ihrer Art in Nordeuropa gehört.

Zuverlässigkeit, Qualität, Präzision und Umweltbewusstsein − nach diesen Grundsätzen bietet die private Schifffahrtsgruppe TT-Line mit 6 modernen Ropax-Fähren eine schnelle, umweltschonende und preisgünstige Verbindung über die Ostsee zwischen Deutschland, Polen und Schweden.

Seit Januar 2014 hat TT-Line sein Routennetz um die Verbindung zwischen Świnoujście und Trelleborg erweitert. Mit täglich bis zu 16 Abfahrten verbindet TT-Line die größten deutschen Ostseehäfen Travemünde und Rostock sowie das polnischen Świnoujście mit dem südschwedischen Verkehrsknotenpunkt Trelleborg, dem bedeutendsten Fährhafen Schwedens. TT-Line befördert jährlich mehr als 600.000 Passagiere, knapp 100.000 Pkw sowie mehr als 300.000 Lkw und ist damit Marktführer im Direktverkehr zwischen Deutschland und Schweden.

Anlass genug für den Fähren-Spezialisten und Mitglied der Vereinigung Europäischer Schifffahrtsjournalisten VEUS e.V., sich mit der Geschichte und den Schiffen dieser renommierten RoPax-Fährenreederei zu beschäftigen und ein Buch zu veröffentlichen, dass jeden Fährschiff-Liebhaber begeistern wird.

Das 108 Seiten starke Buch ist im englischen Fachverlag Ferry Publications erschienen und wird sowohl über die Website des Verlages selber, als auch über die gängigen Online-Buchshops und den maritimen Fachbuchhandel vertrieben.

Erschienen im Fachverlag Ferry Publications LTD, ISBN: 978-1-906608-61-3,

108 Seiten, Format 22 x 24,5 cm, zahlreiche Farb-Abbildungen, Softback, £ 16.95.

www.ferrypubs.co.uk

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