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OSTSEEFAEHREN-AUSGABE-3-2014

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Früh am Morgen verlassen die ersten Lkw in Swinoujscie das Schiff.Früh am Morgen verlassen die ersten Lkw in Swinoujscie das Schiff.

 

Kai Ortel

Mit alten und neuen Fähren nach Schweden

Impressionen einer Winterreise nach Trelleborg

Es hat sich einiges geändert im Fährverkehr nach Schweden im letzten Jahr. Die ehemaligen Scandlines-Fähren nach Trelleborg werden nun von der Stena Line betrieben, und der Konkurrent TT-Line bietet mit der Linie Trelleborg-Swinoujscie gleich noch eine neue Verbindung nach Schweden an.

 

Von Sassnitz nach Trelleborg

Die TRELLEBORG der Stena Line liegt bereits seit ihrer mittäglichen Ankunft aus Trelleborg um 12:30 Uhr an ihrem Anleger, aber beladen für die Rückfahrt wird sie erst am Nachmittag. Außerdem heißt es von der Dame am Schalter: „Bitte dann noch mal Platz nehmen, ich weiß nämlich nicht, ob die TRELLEBORG heute überhaupt die Gangway benutzt oder nicht”. Aha. Also Warten. Um 15:15 Uhr schließlich, eine Stunde vor der Abfahrt, hat das Warten ein Ende, als die Dame erklärt, dass es statt über die Gangway mit dem Lieferwagen an Bord gehe. Mit diesem werden die Fußpassagiere an jener Bushaltestelle abgeholt, an der sie eine Dreiviertelstunde zuvor erst angekommen waren und über die Autobrücke auf die Fähre gebracht. Abgesetzt wird man auf dem oberen Frachtdeck (Deck 5) des Schiffes, von wo aus die Passagiere über eine steile und schmale Treppe hinauf in die öffentlichen Räume des Schiffes gelangen.

Dort hat sich einiges getan, seit die davor von Scandlines betriebene Linie Ende 2012 von der Stena Line übernommen worden ist. Das grummelige „Moin”, mit dem man zuweilen auf der deutschen SASSNITZ begrüßt wurde, ist auf dem jetzigen Stena Line- Schiff ein fröhliches „Hej Hej”, das einem auf Deck 7 zwei junge dynamische schwedische Damen in schneeweißen Stena Line-Blusen zuschnattern. Auch den nüchternen Mitropa-Charme ihrer deutschen Partnerfähre lässt die TRELLEBORG vermissen, jedenfalls verfügen auf diesem Schiff sogar die Gepäck-Schließfächer über kleine Bullaugen-Fenster, während man mit dem Einsatz von Linoleum auf der schwedischen Fähre wesentlich sparsamer gewesen ist als auf der deutschen. Über die Arkade auf dem Hauptdeck des Schiffes führt stattdessen ein Gang aus glänzendem Parkett-Imitat, Sessel und Teppichböden kommen in kräftigen Rot- und Blautönen daher, und überall in den öffentlichen Räumen duftet es frisch geputzt, was es wahrscheinlich auch ist. Zumindest unter Deck macht die TRELLEBORG nicht den Eindruck einer 32 Jahre alten Fähre.   

Hinsichtlich der Vergangenheit des Schiffes sind die Schautafeln auf der Arkade von Interesse, welche die Geschichte der „Königslinie” und ihrer Schiffe erzählen. Keine Frage: Es ist eine durchaus ruhmreiche Geschichte, von der die Aufnahmen zeugen, denn vor allem kurz nach der Wende, als die Schiffe noch relativ neu waren und die Freude über die neu gewonnene Reisefreiheit groß gewesen ist, war auch der „Sprung” über die Ostsee überaus beliebt. Fast eine Million Passagiere zählte die Linie Sassnitz-Trelleborg im Einheitsjahr 1990, dazu 128.000 Autos und 46.000 LKWs/Trailer. Zwölf Jahre später ist davon nicht mehr als die Hälfte geblieben: 506.000 Passagiere und 21.000 LKWs/Trailer waren es 2012, nur die PKW-Anzahl ist über die Jahre hinweg mehr oder weniger konstant geblieben. Pläne für neue Schiffe hat es zwischendurch gegeben, doch die sind wieder in der Schublade verschwunden; zu ungewiss war jedes Mal das langfristige Überleben der Route, die sich seit nunmehr 20 Jahren gegen Konkurrenz sowohl im Westen (Rostock) als auch im Osten (Swinoujscie) wehren muss.  

Der Winter-Nachmittag an der Nordspitze Rügens ist sonnig und mild, als kurz nach 16 Uhr dicker schwarzer Rauch aus dem Schornstein der TRELLEBORG aufsteigt, untrügliches Zeichen der unmittelbar bevorstehenden Abfahrt. Und tatsächlich – um 16:12 Uhr sind die Leinen los, drei Minuten vor der fahrplanmäßigen Abfahrt nach Schweden. Doch anders als in Rostock oder Travemünde gibt es hier keine Revierfahrt, die kostbare Minuten raubt, ehe es raus auf die Ostsee geht. Kap Arkona ist schnell passiert, da kehrt auch schon Ruhe ein auf dem Schiff. Denn wo es kein Unterhaltungsangebot und nur einen bescheidenen kleinen Shop gibt, kann man nach Herzenslust sein Mittagessen im neu gestalteten „Food City”-Restaurant auf eine, zwei oder auch drei Stunden Dauer ausdehnen. Im Design hat die Stena Line diesen Raum an Bord übrigens längst an den Rest der Flotte angepasst und die Wände mit Bildern internationaler Sänger und Künstler dekoriert. Eigentlicher Star ist hier jedoch die Ostsee, denn das Restaurant der TRELLEBORG bietet, zumal wenn nur spärlich bevölkert, eine herrliche Sicht über den Bug des Schiffes in Fahrtrichtung. Ähnlich gemütlich ist jedoch auch der achtere Salon, der, ebenfalls ganz im neuen Stena Line-Look, als „C-View-Lounge” daherkommt und dem praktischerweise auch gleich eine kleine Bar angegliedert ist.  

Deck 7 verlassen sollte man während der Fahrt allerdings nicht, andernfalls macht man mit einigen Anachronismen Bekanntschaft, welche die TRELLEBORG mehr oder weniger sinnlos durch die Gegend fährt. So befindet sich auf Deck 8 eine Reihe von Konferenzräumen, die offenbar schon längere Zeit nicht mehr als solche Verwendung gefunden haben. Und das Kino, das auf demselben Deck ebenfalls ausgeschildert ist, lässt sich erst gar nicht finden, von Film-Vorführungen, die der Tagesfahrt nach Trelleborg das gewisse Etwas verleihen könnten, ganz zu schweigen.

Besonders aufregend ist die vierstündige Fahrt nach Trelleborg am Ende jedenfalls nicht, denn auch die Besatzung macht sich zwischen Ablegen und Ankunft rar. Erst eine halbe Stunde vor Trelleborg kommt allmählich wieder Leben in das Schiff, als die Auto- und LKW-Fahrer aufgefordert werden, ihre Fahrzeuge aufzusuchen. Doch auf diese Durchsage folgt eine weitere, weitaus merkwürdigere: „All train passengers please make their way to the train”. Bahnreisende? Zwar gibt es mittlerweile mit dem „Berlin Night Express” wieder einen (privat betriebenen) Direktzug von Berlin nach Malmö, der nimmt in Mukran aber die Morgenfähre nach Schweden, und von dem einstigen Angebot der staatlichen Bahnbetriebe ist dieser eine Zug ebenfalls meilenweit entfernt. Ansonsten rollen (wenn überhaupt) höchstens noch Güterzüge über die Gleise tief unten auf Deck 3 der TRELLEBORG.

 

Von Trelleborg nach Swinoujscie

Zurück nach Deutschland geht es kurze Zeit später mit der NILS DACKE von TT-Line, und das ist gleich in zweierlei Hinsicht neu. Zum einen hat diese Kombifähre bislang hauptsächlich Fracht befördert, und zum anderen fährt das

Schiff erst seit Januar 2014 auf der Verbindung Trelleborg-Swinoujscie. Diese Linie hat die deutsche TT-Line aufgrund der hohen Nachfrage unter der eigenen Kundschaft aus der Taufe gehoben, so dass sie nun Fährdienste ab Travemünde, Rostock und Polen nach Südschweden anbieten kann. Die NILS DACKE ist hierzu unter polnische Flagge gewechselt und fährt seit Anfang des Jahres mit einer überwiegend polnischen Besatzung. Ab Trelleborg verkehrt die nach einem schwedischen Freiheitskämpfer benannte Fähre spätabends um 23:30 Uhr, und gegenüber der Linie nach Rostock hat die Strecke nach Swinoujscie den Vorteil, dass sie ein wenig länger ist, man nachts also ein bisschen mehr Schlaf bekommt, bevor man am nächsten Morgen auf polnischer Seite in den Tag startet.

In Trelleborg fährt der Shuttle-Bus nicht direkt aufs Schiff, stattdessen setzt er seine Gäste am Heck der Fähre ab, wo die Tickets und Bordkarten kontrolliert werden. Darüber hinaus wird hier eines schnell offensichtlich: Mit Deutsch und Schwedisch kommt man auf der NILS DACKE nicht mehr weit, seit sie unter polnischer Flagge fährt. Englisch ist gut, Polnisch noch besser, wenn man wissen möchte, wann und wie es an Bord geht. Nach einer kurzen Wartezeit kommt aber schon der Marschbefehl, und das im wahrsten Sinne des Wortes. Denn egal ob mit Gepäck oder ohne – an Bord geht es zu Fuß, zuerst über die Heckrampe und dann einmal über das ganze Frachtdeck 3, ehe man ein Treppenhaus erreicht, das nach oben in die öffentlichen Räume führt. Ganz sicher, ob jenes Treppenhaus auch das richtige ist, ist man sich allerdings nicht, denn den Wänden fehlt hier jegliche Verkleidung oder Dekoration, so dass der Aufgang eher wie das Innere eines Raumschiffes anmutet, als der Empfangsbereich eines Passagierschiffes. Doch wie gesagt – eigentlich befinden wir uns ja hier auf einer Frachtfähre, und so eng und steil wie vorher auf der TRELLEBORG ist die Treppe diesmal zum Glück auch nicht.

Dafür herrscht oben auf Deck 7 schon erstaunlich viel Betrieb für eine Frachtfähre, offenbar ist die Freitagabendabfahrt nach Polen gut gebucht. Viele LKW-Fahrer sind an Bord, aber auch überraschend viele Familien; die neue Route muss sich also sowohl in Schweden als auch in Polen schnell herumgesprochen haben. Wer bisher als Passagier nach Swinoujscie wollte, musste auf schwedischer Seite nach Ystad fahren, wo die Fähren von Unity Line und Polferries ablegen; Trelleborg hingegen scheint für viele bequemer erreichbar zu sein.

Voll sind auch die Frachtdecks der NILS DACKE, jedenfalls werden sie es allmählich. An eine pünktliche Abfahrt ist da nicht zu denken, zu viele LKW stehen noch in langen Schlangen auf dem Kai und warten darauf, an Bord fahren zu können. 23:30 Uhr vergeht und dann auch Mitternacht, ohne dass die vertrauten Vibrationen durch das Schiff gehen. Zeit genug also, sich kurz zu stärken und das Schiff in Augenschein zu nehmen.

Herzstück des 1995 in Finnland gebauten TT-Liners ist die Cafeteria mittschiffs auf Deck 7, deren bunt gemusterter Teppichboden genauso gefällt wie die fröhlich grünen Stühle und die vielen (echten) Pflanzen. Auch eine kleine LEGO-Spielecke für die jüngeren Passagiere gibt es und einen „Captain’s Choice Shop”, der neben Schnaps und Schokolade sogar ein paar interessante Schweden- und TT-Line-Souvenirs bereithält. Nur die Kassentechnik hat die Umstellung auf Zloty noch nicht ganz reibungslos verkraftet. Da erfolgt die Umrechnung an der Kasse schon mal mit dem Taschenrechner, und Quittungen und Tüten gibt es irgendwie auch nicht.

Die Umstellung hinter sich hat dagegen bereits die Cafeteria, deren Beschilderung schon konsequent von Schwedisch/Deutsch auf Polnisch/Englisch geändert worden ist. Ebenfalls neu an Bord ist ein Raum mit Schlafsesseln auf Deck 8, der zuvor eine Reihe von Spielautomaten beherbergt hat. Doch bequemer sind natürlich die 163 Kabinen der Schwedenfähre. Auch die kommen in frischem Grün daher, sind überaus geräumig und sauber sowieso. Darüber hinaus hängt in Kabine 7025 ein Alsterpanorama über dem Nachttisch – eine schöne Reverenz an die Bauzeit der NILS DACKE, in der die TT-Line ihren Hauptsitz noch in Hamburg hatte. Die Treppenhäuser hingegen zieren großformatige Aufnahmen schwedischer Seenlandschaften, während die Wände in den öffentlichen Räumen, auch dies ein schönes Detail, Gemälde mit maritimen Motiven und historischen Wikinger-Artefakten schmücken. Über den Namensgeber des Schiffes informiert übrigens eine kleine Biografie in den Kabinenkorridoren.

Um 0:10 Uhr schließlich macht die NILS DACKE in Trelleborg die Leinen los. Eine Durchsage gibt es noch (ebenfalls in Polnisch und Englisch) darüber, dass um 5:30 Uhr die Cafeteria für das Frühstück ihre Türen öffnet und dass um 6:00 Uhr ein „general wake up call” erfolgen wird, dann kehrt auch schon Ruhe ein an Bord. So lang ist die Nacht dann nämlich auch wieder nicht, selbst wenn sich der eine oder andere Hoffnung macht, dass das Schiff seine Verspätung nicht aufholt und ihm so noch ein paar Minuten mehr Schlaf beschert als vorgesehen.

Diese Hoffnungen werden allerdings am nächsten Morgen gleich durch zweierlei Dinge enttäuscht. Zum einen erfolgt der „general wake up call” statt um 6:00 Uhr schon um 5:30 Uhr (da ist jedoch das halbe Schiff ohnehin schon längst auf den Beinen), zum anderen hat die NILS DACKE ihre Verspätung während der Nacht komplett aufgeholt und passiert um 6:00 Uhr früh bereits den Leuchtturm und die Hafeneinfahrt von Swinoujscie.

Draußen an Deck nieselt es, während die Fähre das Treibeis in der Flussmündung zur Seite schiebt, ehe sie die POLONIA passieren lassen muss. Das Frühstück an Bord fällt daher in den meisten Fällen äußerst kurz aus, denn wenig später müssen die LKW- und Autofahrer auch schon zu ihren Fahrzeugen.

Nur die Fußpassagiere können sich wieder ein paar Minuten mehr Zeit lassen. „I have to guide you”, sagt plötzlich fröhlich, aber resolut eine junge Dame an der Rezeption – ohne Begleitung also kein Weg runter zum Frachtdeck. Doch das ist ganz gut so, denn zwischen den vielen Lastwagen fällt nicht nur die Orientierung schwer, sondern auch das Vorankommen selber. „It’s a bit scary, isn’t it?”, ruft die Dame mit der gelben Warnweste jedoch munter – und erreicht mit ihrer kleinen Karawane sicher den Bugbereich des Schiffes. Von hier aus geht es dann aber alleine weiter – hinaus in die Februarkälte der Hafenstadt zwischen Usedom und Wolin. Stena Line · TT-Line

Die Anzahl Fahrzeuge auf dem Autodeck der TRELLEBORG ist an Winternachmittagen überschaubar. Die Anzahl Fahrzeuge auf dem Autodeck der TRELLEBORG ist an Winternachmittagen überschaubar.

Die TRELLEBORG an ihrem Anleger im Fährhafen Sassnitz im Ortsteil Mukran an der Prorer Wiek im Osten von Rügen.Die TRELLEBORG an ihrem Anleger im Fährhafen Sassnitz im Ortsteil Mukran an der Prorer Wiek.

Blick über das Bootsdeck der TRELLEBORG während der Ausfahrt des Schiffes aus Sassnitz (Mukran).

Blick über das Bootsdeck der TRELLEBORG während der Ausfahrt des Schiffes aus Sassnitz (Mukran).

Die Einrichtung der Cafeteria wurde bei der letzten Renovierung an den Standard der übrigen Stena Line-Flottenmitglieder angepasst.

Die Einrichtung der Cafeteria wurde bei der letzten Renovierung an den Standard der übrigen Stena Line-Flottenmitglieder angepasst.

Das Stena Line-Maskottchen Curious George grüßt die kleinen Gäste der Schwedenfähre von den Wänden

Das Stena Line-Maskottchen Curious George grüßt die kleinen Gäste der Schwedenfähre von den Wänden

der C-View Lounge.

Die kleine achtere Backbord-Lounge der TRELLEBORG.Die kleine achtere Backbord-Lounge der TRELLEBORG.

Lange LKW-Schlagen sorgen dafür, dass sich die 23:30 Uhr-Abfahrt der NILS DACKE nach Swinoujscie um fast 45 Minuten verzögert.

Lange LKW-Schlagen sorgen dafür, dass sich die 23:30 Uhr-Abfahrt der NILS DACKE nach Swinoujscie um fast 45 Minuten verzögert.

In den schwedischen Nationalfarben Blau und Gelb ist der Rezeptionsbereich der NILS DACKE gehalten.

In den schwedischen Nationalfarben Blau und Gelb ist der Rezeptionsbereich der NILS DACKE gehalten.

In der Innenkabine erinnert ein Hamburg-Panorama an die hanseatischen Wurzeln der TT-Line.In der Innenkabine erinnert ein Hamburg-Panorama an die hanseatischen Wurzeln der TT-Line.

In Cafeteria der NILS DACKE vermitteln ...

In Cafeteria der NILS DACKE vermitteln ...

... Pflanzen und Laternen das Flair eines Straßencafés.... Pflanzen und Laternen das Flair eines Straßencafés.

Im Hafen von Trelleborg wird die NILS DACKE über das Heck entladen.

Im Hafen von Trelleborg wird die NILS DACKE über das Heck entladen.

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