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Segeltoern Ausgabe 6-2014 

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STS APHRODITE unter Vollzeug vor den grün-weißen Kreidekliffs von Ruegen.STS APHRODITE unter Vollzeug vor den grün-weißen Kreidekliffs von Rügen.

 

Dr. Peer Schmidt-Walther

Einmal rund Rügen mit dem schönsten Segler der Ostsee

Auf den Spuren der großen Schwester

„Wohin unsere einwöchige Reise geht?”, möchten alle ungeduldig wissen, und Kapitän Aent Kingma antwortet, mit Blick auf die knatternden Flaggen, geheimnisvoll: „Wir segeln dahin, wohin der Wind uns treibt”. Das wird zum Motto der Reise.

Vom Stralsunder Hafen aus gibt es nur zwei Möglichkeiten: durch die breite Süd- oder die schiffsschmale Nordansteuerung. Der Südostwind gibt den Kurs vor: auf nach Norden.

Entgegenkommende Segler zücken allesamt ihre Kameras, um die schmucke Brigg, während der Sommermonate ein häufiger Gast auf dem Sund, abzulichten. Sie gilt als „kleinere Schwester” der GORCH FOCK (I), wenn sich beide Schiffe im Nordhafen der Hansestadt gegenüber liegen.

Als der Hiddensee-Dampfer voraus auftaucht, wird es eng, doch APHRODITE hält sich korrekt auf dem Tonnenstrich. Anders als eine Yacht, die ruckartig zum Stehen kommt, weil sie sich zu weit ins Flachwasser vorgewagt hat. „Der Weg durch den Gellenstrom”, bemerkt Aent, „ist sogar noch seichter: stellenweise nur zwei Meter”. So etwas gebe es bei ihm in Holland nicht, „da hätte man schon längst gebaggert wie auch einst zu DDR-Zeiten”.

 

Versandung kontra Wirtschaftlichkeit

Als die GORCH FOCK (I) Anfang der dreißiger Jahre von Kiel aus ihre Antrittsreise durch deutsche Ostseehäfen startete, so jedenfalls ist Logbuchaufzeichnungen zu entnehmen, konnte sie noch problemlos – mit respektablen 5,30 (!) Meter Tiefgang – durch diese damals sechseinhalb Meter tiefe Rinne dieseln. Die ist heute selbst für in Ballast fahrende Küstenfrachter unpassierbar.

„Ein Jammer”, findet Aent, der vor Jahren noch ohne Schwierigkeiten auf diesem Weg von der Ostsee in die Hansestadt gekommen ist, „dass man die Versandung nicht durch Unterhalts-Baggerungen stoppt.” Das Argument „Wirtschaftlichkeit” lässt er nicht gelten, „denn wenn die Nordansteuerung wieder tiefer ist, kommen auch mehr Schiffe”. Der Umweg um Rügen sei doch immer sehr aufwändig, besonders bei Schlechtwetter.     

Dann wird es spannend: „Mal sehen, was der Wind sagt”, ist die knappe Kapitäns-Rede zum weiteren Kurs, „aber es sieht gut aus für uns: durch das Libben-Fahrwasser östlich von Hiddensee auf die Ostsee hinaus und dann weiter bis Kap Arkona”. Steuermann Maaike – „Steuerfrau wäre Quatsch”, sagt sie und schüttelt über den deutschen Feminisierungs-Wahn den Kopf – freut sich schon aufs Brassen, „da brauch ich alle Hände.”

 

Wir sind GORCH FOCK

Shooting-Stars am nächsten Segeltag sind Steilküste und Leuchttürme von Arkona. Bis die Kreidekliffs von Stubbenkammer an Steuerbord voraus auftauchen. Der dramatisch graue Himmel unterstreicht das blendende Weiß des Gesteins in Kontrast zum sattgrünen Buchenwald. „Da drüben denken sie jetzt”, sinniert Erhard aus dem Decksstuhl, „dass wir die GORCH FOCK sind”. Vor achtzig Jahren lag sie hier unter

Vollzeug auf dem gleichen Kurs. Ihr Schwesterschiff ALBERT LEO SCHLAGETER lief hier im Krieg auf eine Mine, wurde aber gehoben und instand gesetzt. Sie segelt immer noch als SAGRES II für die portugiesische Marine.

Der Ex-Bürgermeister einer westfälischen Stadt von Stralsund-Größe hat sie an der Ballastkiste besucht: „So ein maritimes Highlight sollte, auch unter touristischen Gesichtspunkten, unbedingt erhalten werden. Es wird doch so viel Geld zum Fenster rausgeworfen, hier wäre es sinnvoll investiert.”

 

Windiger Plan aufgegangen

Längsseits des Schoners mit dem passenden geografischen Namen VORPOMMERN wird in Greifswalder Traditionshafen festgemacht. Die APHRODITE-Crew geht an Land. Auch der Nieselregen kann ihre Eindrücke nicht trüben.

Wieder Wind-Glück am folgenden Tag: unter Vollzeug wird Lauterbach angepeilt. Auf Gegenkurs vor der Insel Vilm die GREIF – ein wahrlich eingreifendes Bild zweier Großsegler. Auch Caspar David Friedrich hätte seine Freude an dem Motiv gehabt.

Einen Steinwurf von hier lagen die GORCH FOCK (I) sowie ihre beiden auch in Stralsund beheimateten Schwestern HORST WESSEL (heute EAGLE) und ALBERT LEO SCHLAGETER (heute SAGRES II) des Öfteren auf Reede, wenn sie von Ostsee-Übungstörns zurückkamen.

Als der Klüverbaum sich schließlich zum letzten Mal in der Saison 2014 durch die Ziegelgrabenbrücke in den Stralsunder Hafen schiebt, winken die Neu-Seeleute den Seh-Leuten auf der Steinernen Fischbrücke freudig zu. Irgendwie schwingt dabei auch ein bisschen Stolz mit nach 160 Seemeilen, davon achtzig Prozent unter Segeln auf den Spuren der GORCH FOCK (I).

Aents „windiger” Plan ist aufgegangen: „Von Stralsund nach Stralsund”, wie es auch vielsagend im Prospekt heißt. 

Die APHRODITE ist eine Brigg und hat – im Gegensatz zur GORCH FOCK (I) – nur zwei rahgetakelte Masten und hintendran noch ein Besansegel. Kapitän Aaent Kingma hat selbst das Design der Segelschönheit entworfen. Es ist also kein altes, sondern ein völlig neues Schiff. Mit diesem Typ wurde im 19. Jahrhundert weltweit Fracht befördert.  

Am 21. Mai 1994, dem Tauf- und damit Geburtstag des stolzen Seglers, konnte er mit dem fertigen Schiff erstmals in See gehen. Insgesamt sind die Abmessungen der APHRODITE auch etwas bescheidener: 31 Meter Länge, 6,60 Meter Breite, 1,90 Meter Tiefgang, 150 Tonnen Wasserverdrängung. 19 Segel bringen 400 Quadratmeter Tuch an den Wind. Beim Manövrieren hilft ein Bugstrahlruder und als Flautenschieber ein 360 PS-Diesel. Innen jedoch ähnelt sie einem Klassehotel mit acht komfortablen Doppelkabinen. Bei reinen Tagesfahrten können bis zu 40 Personen mitfahren. Ihr Hauptfahrtgebiet sind die Ostsee bis hinauf nach Schweden und Finnland sowie das heimische IJsselmeer. Fahrpläne, Preise, Buchung: www.sail-aphrodite.com

Stralsund-Panorama achteraus beim Auslaufen.Stralsund-Panorama achteraus beim Auslaufen.

Die große Schwester GORCH FOCH (I) wird im Stral-

Die große Schwester GORCH FOCH (I) wird im Stral-

sunder Nordhafen passiert.

Kapitän Aaent Kingma am Ruder seiner schöenen Brigg.Kapitän Aaent Kingma am Ruder seiner schöenen Brigg.

Segelsetzen unter vollem Muskeleinsatz.

Segelsetzen unter vollem Muskeleinsatz.

All hands sind beim Segelsetzen gefragt. All hands sind beim Segelsetzen gefragt.

Das Flussschiff SANS SOUSI überholt im Strelasund.Das Flussschiff SANS SOUSI überholt im Strelasund.

Smutje Kurt in seinem edelstahlglänzenden Kombüsen-Reich.

Smutje Kurt in seinem edelstahlglänzenden Kombüsen-Reich.

Rustikales Mittagessen auf dem Oberdeck.Rustikales Mittagessen auf dem Oberdeck.

Kleine Maaike hat keine Angst vor großen Segeln.

Kleine Maaike hat keine Angst vor großen Segeln.

Steuermann Maaike auf Wache im Ruderhaus.

Steuermann Maaike auf Wache im Ruderhaus.

Hautnahe Passage der Klappbruecke in Greifswald-Wieck.Hautnahe Passage der Klappbrücke in Greifswald-Wieck.

Die Brigg GREIF an ihrer Stammpier in Greifwald-Wieck.Die Brigg GREIF an ihrer Stammpier in Greifwald-Wieck.

 

Festgemacht an der VORPOMMERN in Greifswald.Festgemacht an der VORPOMMERN in Greifswald.

Trainees beim Abendessen in angeregtem Gespräch.Trainees beim Abendessen in angeregtem Gespräch.

 

Kapitän Aent beim abendlichen Vortrag im Salon.Kapitän Aent beim abendlichen Vortrag im Salon.

Die Trainee-Crew vor dem Leuchtturm Dornbusch auf Hiddensee.

Die Trainee-Crew vor dem Leuchtturm Dornbusch auf Hiddensee.

Traditionelles Zeesbot vor Hiddensee auf Gegenkurs.Traditionelles Zeesbot vor Hiddensee auf Gegenkurs.

Zwei Männer in Betrachtung von Rügens Kreideküste an Steuerbord voraus.Zwei Männer in Betrachtung von Rügens Kreideküste an Steuerbord voraus.

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