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STS APHRODITE unter Vollzeug vor den grün-weißen Kreidekliffs von Rügen. |
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Dr. Peer Schmidt-Walther Einmal rund Rügen mit dem schönsten Segler der Ostsee Auf den Spuren der großen Schwester |
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„Wohin unsere einwöchige Reise geht?”,
möchten alle ungeduldig wissen, und Kapitän Aent Kingma antwortet, mit Blick
auf die knatternden Flaggen, geheimnisvoll: „Wir segeln dahin, wohin der
Wind uns treibt”. Das wird zum Motto der Reise. Vom Stralsunder Hafen aus gibt es nur zwei
Möglichkeiten: durch die breite Süd- oder die schiffsschmale
Nordansteuerung. Der Südostwind gibt den Kurs vor: auf nach Norden. Entgegenkommende Segler zücken allesamt ihre
Kameras, um die schmucke Brigg, während der Sommermonate ein häufiger Gast
auf dem Sund, abzulichten. Sie gilt als „kleinere Schwester” der GORCH FOCK
(I), wenn sich beide Schiffe im Nordhafen der Hansestadt gegenüber liegen. Als der Hiddensee-Dampfer voraus auftaucht, wird es eng, doch
APHRODITE hält sich korrekt auf dem Tonnenstrich. Anders als eine Yacht, die
ruckartig zum Stehen kommt, weil sie sich zu weit ins Flachwasser vorgewagt
hat. „Der Weg durch den Gellenstrom”, bemerkt Aent, „ist sogar noch
seichter: stellenweise nur zwei Meter”. So etwas gebe es bei ihm in Holland
nicht, „da hätte man schon längst gebaggert wie auch einst zu DDR-Zeiten”. Versandung kontra
Wirtschaftlichkeit Als die GORCH FOCK (I) Anfang der dreißiger Jahre von Kiel aus ihre Antrittsreise durch deutsche Ostseehäfen startete, so jedenfalls ist Logbuchaufzeichnungen zu entnehmen, konnte sie noch problemlos – mit respektablen 5,30 (!) Meter Tiefgang – durch diese damals sechseinhalb Meter tiefe Rinne dieseln. Die ist heute selbst für in Ballast fahrende Küstenfrachter unpassierbar. „Ein Jammer”, findet Aent, der vor Jahren
noch ohne Schwierigkeiten auf diesem Weg von der Ostsee in die Hansestadt
gekommen ist, „dass man die Versandung nicht durch Unterhalts-Baggerungen
stoppt.” Das Argument „Wirtschaftlichkeit” lässt er nicht gelten, „denn wenn
die Nordansteuerung wieder tiefer ist, kommen auch mehr Schiffe”. Der Umweg
um Rügen sei doch immer sehr aufwändig, besonders bei Schlechtwetter. Dann wird es spannend: „Mal sehen, was der Wind sagt”, ist die
knappe Kapitäns-Rede zum weiteren Kurs, „aber es sieht gut aus für uns:
durch das Libben-Fahrwasser östlich von Hiddensee auf die Ostsee hinaus und
dann weiter bis Kap Arkona”. Steuermann Maaike – „Steuerfrau wäre Quatsch”,
sagt sie und schüttelt über den deutschen Feminisierungs-Wahn den Kopf –
freut sich schon aufs Brassen, „da brauch ich alle Hände.” Wir sind GORCH FOCK Shooting-Stars am nächsten Segeltag sind Steilküste und Leuchttürme von Arkona. Bis die Kreidekliffs von Stubbenkammer an Steuerbord voraus auftauchen. Der dramatisch graue Himmel unterstreicht das blendende Weiß des Gesteins in Kontrast zum sattgrünen Buchenwald. „Da drüben denken sie jetzt”, sinniert Erhard aus dem Decksstuhl, „dass wir die GORCH FOCK sind”. Vor achtzig Jahren lag sie hier unter |
Vollzeug auf dem gleichen Kurs. Ihr Schwesterschiff ALBERT LEO SCHLAGETER lief hier im Krieg auf eine Mine, wurde aber gehoben und instand gesetzt. Sie segelt immer noch als SAGRES II für die portugiesische Marine. Der Ex-Bürgermeister einer westfälischen Stadt von Stralsund-Größe
hat sie an der Ballastkiste besucht: „So ein maritimes Highlight sollte,
auch unter touristischen Gesichtspunkten, unbedingt erhalten werden. Es wird
doch so viel Geld zum Fenster rausgeworfen, hier wäre es sinnvoll
investiert.” Windiger Plan aufgegangen Längsseits des Schoners mit dem passenden
geografischen Namen VORPOMMERN wird in Greifswalder Traditionshafen
festgemacht. Die APHRODITE-Crew geht an Land. Auch der Nieselregen kann ihre
Eindrücke nicht trüben. Wieder Wind-Glück am folgenden Tag: unter
Vollzeug wird Lauterbach angepeilt. Auf Gegenkurs vor der Insel Vilm die
GREIF – ein wahrlich eingreifendes Bild zweier Großsegler. Auch Caspar David
Friedrich hätte seine Freude an dem Motiv gehabt. Einen Steinwurf von hier lagen die GORCH FOCK
(I) sowie ihre beiden auch in Stralsund beheimateten Schwestern HORST WESSEL
(heute EAGLE) und ALBERT LEO SCHLAGETER (heute SAGRES II) des Öfteren auf
Reede, wenn sie von Ostsee-Übungstörns zurückkamen. Als der Klüverbaum sich schließlich zum
letzten Mal in der Saison 2014 durch die Ziegelgrabenbrücke in den
Stralsunder Hafen schiebt, winken die Neu-Seeleute den Seh-Leuten auf der
Steinernen Fischbrücke freudig zu. Irgendwie schwingt dabei auch ein
bisschen Stolz mit nach 160 Seemeilen, davon achtzig Prozent unter Segeln
auf den Spuren der GORCH FOCK (I). Aents „windiger” Plan ist aufgegangen: „Von
Stralsund nach Stralsund”, wie es auch vielsagend im Prospekt heißt. Die APHRODITE ist eine Brigg und hat – im
Gegensatz zur GORCH FOCK (I) – nur zwei rahgetakelte Masten und hintendran
noch ein Besansegel. Kapitän Aaent Kingma hat selbst das Design der
Segelschönheit entworfen. Es ist also kein altes, sondern ein völlig neues
Schiff. Mit diesem Typ wurde im 19. Jahrhundert weltweit Fracht befördert. Am 21. Mai 1994, dem Tauf- und damit
Geburtstag des stolzen Seglers, konnte er mit dem fertigen Schiff erstmals
in See gehen. Insgesamt sind die Abmessungen der APHRODITE auch etwas
bescheidener: 31 Meter Länge, 6,60 Meter Breite, 1,90 Meter Tiefgang, 150
Tonnen Wasserverdrängung. 19 Segel bringen 400 Quadratmeter Tuch an den
Wind. Beim Manövrieren hilft ein Bugstrahlruder und als Flautenschieber ein
360 PS-Diesel. Innen jedoch ähnelt sie einem Klassehotel mit acht
komfortablen Doppelkabinen. Bei reinen Tagesfahrten können bis zu 40
Personen mitfahren. Ihr Hauptfahrtgebiet sind die Ostsee bis hinauf nach
Schweden und Finnland sowie das heimische IJsselmeer. Fahrpläne, Preise,
Buchung:
www.sail-aphrodite.com
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Stralsund-Panorama achteraus beim Auslaufen. |
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Das Flussschiff SANS SOUSI überholt im Strelasund. |
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Hautnahe Passage der Klappbrücke in Greifswald-Wieck. |
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Die Brigg GREIF an ihrer Stammpier in Greifwald-Wieck. |
Festgemacht an der VORPOMMERN in Greifswald. |
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Trainees beim Abendessen in angeregtem Gespräch. |
Kapitän Aent beim abendlichen Vortrag im Salon. |
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Zwei Männer in Betrachtung von Rügens Kreideküste an Steuerbord voraus. |
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