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Am Hafen von Büsum. Büsum liegt direkt an der Nordsee, ist seit dem 19. Jahrhundert Seebad und nach Übernachtungszahlen nach Sankt Peter-Ording und Westerland der drittgrößte Fremdenverkehrsort an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste.Am Hafen von Büsum. Büsum liegt direkt an der Nordsee, ist seit dem 19. Jahrhundert Seebad und nach Übernachtungszahlen nach Sankt Peter-Ording und Westerland der drittgrößte Fremdenverkehrsort an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste. Alle Fotos dieser Seite: Dagmar Krappe, Schenefeld

 

Dagmar Krappe

Sturmflut überm Wattenmeer

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Schleswig-Holstein – Nationalpark-Zentrum „Multimar Wattforum” und Sturmflutenwelt „Blanker Hans”:

Zwei Museen in Tönning und Büsum erzählen von den Schönheiten und Gefahren der Nordsee.

Timo Kaminski ist zum Fische füttern abgetaucht. In sechs Metern Tiefe bewegt er sich zwischen Dorsch, Meerforelle, Seelachs, Nagelrochen, Steinbutt und Stör. Durch eine 30 Zentimeter dicke Acrylglasscheibe lässt er sich dabei über die Schulter schauen. Wer Genaueres wissen möchte, kann mit dem Meeresbiologen und Forschungstaucher per Mikrofon kommunizieren. Besonders die jungen Besucher im „Multimar Wattforum” in Tönning sind eifrig dabei: „Wie viele Arten gibt es im Großaquarium?”, „Was für Futter bekommen die Fische zu fressen?”, „Wie kamen die Pflanzen ins Bassin?” Timo Kaminski gibt auf alle Fragen geduldig Antworten oder verblüfft zwischendurch mit Ausrufen wie „Habt ihr die Fischstäbchen eben vorbeiziehen sehen?” Womit er einen Schwarm Seelachs meint, der neben Kabeljau hauptsächlich zur Herstellung der panierten länglichen Fischfilets dient. 20 Minuten lang dauert die Show im Fischtheater. Dann haben die Tiere das Hering-, Garnelen- und Muschelfleisch verzehrt.  

Vor 15 Jahren eröffnete das Nationalpark-Zentrum „Multimar Wattforum” im 5.000-Einwohner-Städtchen an der Eider und unweit der Nordsee. Seitdem wurde es kontinuierlich erweitert. „Das Wattenmeer ist ein Ort, an dem sich Himmel und Erde eine Bühne teilen”, meint Eckehard Bockwoldt, stellvertretender Museumsleiter: „Es ist eine Landschaft aus großen Wattströmen, kleinen Prielen, Muschelbänken, Schlickflächen, Seegras- und Salzwiesen, weißen Dünen und Stränden.” 2009 wurde diese deutsch-niederländische „Arena” entlang der Nordsee in die Weltnaturerbeliste der UNESCO aufgenommen. Fünf Jahre später folgte Dänemark. Das Wattenmeer bietet mehr als 10.000 Tier- und Pflanzenarten Lebensraum und ist jedes Jahr im Frühjahr und Herbst Rastplatz für Millionen von Zugvögeln, die sich am „Watt-Büfett” stärken. „Zu unseren „Big Five” gehören zwar weder Elefant noch Löwe, dafür Seehund, Kegelrobbe, Seeadler, der kleinste Wal der Welt, der Schweinswal, und der Stör ‒ ein lebendes Fossil”, erklärt Bockwoldt: „Der letzte seiner Art wurde 1968 in der Eider gefangen.” Dieses Ereignis wurde zufällig in einem Film festgehalten, der digitalisiert im Museum zu sehen ist.

Im „Multimar Wattforum” begibt sich der Besucher zunächst auf eine spannende Wanderung durchs Watt und taucht schließlich in die Tiefen der Nordsee ein. Mittels Aktions- und Hörstationen, Landschafts- und Tiermodellen, Computern, Mikroskopen und Filmen können Kinder und Erwachsene forschen, ausprobieren und sich über das Leben im Nationalpark Wattenmeer informieren. In 36 Aquarien, die nach unterschiedlichen Lebensräumen gestaltet sind, werden zirka 300 Arten von Fischen, Krebsen, Muscheln und Schnecken gezeigt. Ein spezielles Bassin ist dem Felswatt Helgolands gewidmet sowie dem Lebenszyklus der Miesmuschel und mehreren munteren Seepferdchen. „Natürlich nehmen wir auch die „Small Five” des Wattenmeers etwas genauer unter die Lupe”, sagt Eckehard Bockwoldt: „Dazu zählen die Herzmuschel, die bestimmt jeder schon mal am Nordseestrand gefunden hat, die Strandkrabbe, die Wattschnecke und die Nordseegarnele, die zu den Krebsen rechnet und hier ganz anders aussieht als später auf dem Krabbenbrötchen.” Wattbewohner Nummer eins ist der Wattwurm. Er frisst Sand, verdaut die darin lebenden Bakterien und Algen und produziert danach die charakteristischen Spagettihaufen im Schlick.   

Trockenen Fußes geht es zum „Whale Watching” ins Kellergeschoss. Unter der Decke hängen die Skelette eines sechs Meter langen Zwerg- und eines 18 Meter langen Pottwals, der vor der Küste strandete. In Themenkabinen kann man sich über schonungslosen Walfang informieren oder entspannt den Seufzern, Gesängen und Klicklauten der Meeresriesen lauschen. Am Wasserland-Modell gilt es, Siele und Sperrwerke richtig zu steuern, um das Hinterland vor Sturmflut und Überschwemmung zu schützen. Denn die Nordsee zeigt sich nicht immer von ihrer spiegelglatten Seite. Sturmfluten gehören zu ihr wie das Salz im Meer. Seit 2006 wüten sie sogar mehrmals täglich am Büsumer Kutterhafen in dem einer Welle nachempfundenen Gebäude Sturmflutenwelt „Blanker Hans”.

Freitagabend, 16. Februar 1962. Der „Blanke Hans”, die tosende, aufgewühlte Nordsee, treibt ihr Unwesen entlang der Küste. Die höher gelegene Büsumer Dorfschänke „Zum Deichgrafen” hat noch geöffnet. Von der Besuchergruppe, der Wirt Bruno Bahnsen heute Einlass gewährt, hat niemand den Tag vor über 50 Jahren bewusst erlebt. Im Schwarzweiß-Fernseher flimmert die damalige Kultserie „Die Hesselbachs”. Plötzlich laufen Wellenlinien über den Bildschirm. Die Stimmen der Darsteller werden brüchig. Wirt Bruno dreht und klopft am Gerät, doch das Flimmern verschlimmert sich. Schließlich verkündet der „Tagesschau”-Sprecher: „Schwere Sturmflut an der Nordseeküste. Die Deiche drohen zu brechen!” 

„Doch im Gegensatz zu Hamburg konnte der ‚Blanke Hans’ Büsum 1962 wenig anhaben”, sagt Bruno Bahnsen: „1.200 Personen wurden evakuiert, aber die Deiche hielten.” Trotzdem müssen die Besucher auf den sicheren, trockenen Boden, von wo sie in eine Sturmflutrettungskapsel steigen. 300 Meter schaukelt sie durch die schwersten Sturmfluten der vergangenen Jahrhunderte ‒ 1362, die erste Grote Mandränke, bei der die Siedlung Rungholt versank, 1825, 1962 und 1976. Es schwankt und ruckelt, wenn die Gondel über die aufgepeitschte Nordsee schwebt. Auch die Büsumer St. Clemens Kirche wird durchquert. Sie steht als Symbol für viele Gotteshäuser, in denen Menschen bei Unwettern Schutz suchten.  

„Die acht Kabinen der Sturmfluten-Bahn stammen aus dem deutschen Pavillon der Expo 2005 in Aichi in Japan”, erklärt Museums-Mitarbeiterin Sabine Graetke: „Die einzelnen Kapseln stellten Wassertropfen in der Bionis-Erlebniswelt dar, die das Zusammenwirken von Natur und Technik demonstrierte.” Da Büsum auf der Suche

nach einem Schlechtwetterprojekt war, kaufte der knapp 5.000-Einwohner-Ort den Expo-Zug. „Aus blauen Wassertropfen wurden orange Rettungskabinen, die es allerdings in der Realität nicht gibt. Sie simulieren eine fiktive Zeitreise entlang der sturmgeplagten Nordseeküste”, so Graetke.

Nach der Rettung aus den Klauen des „Blanken Hans” endet die Fahrt in der Offshore-Forschungsstation. Hier beginnt eine interaktive Ausstellung zu Wetter; Klima und Klimawandel, Entstehung von Gezeiten und Sturmfluten. Man erfährt, wie sich Wellen ausbreiten oder wie sich Windstärken von eins bis zwölf anfühlen. Auch einen Tornado zum Anfassen gibt es. Im Archiv des Wissens werden Küstenschutz und Deichbau gezeigt, das Thema Müll im Meer beleuchtet und die seit 1987 betriebene Ölförderung auf der Bohr- und Förderinsel Mittelplate, die sich sieben Kilometer vor der Küste befindet, vorgestellt. Viel Raum ist der Sturmflut von 1962 und ihren Folgen in Hamburg gewidmet, bei der über 300 Menschen ums Leben kamen. In einem Wohnzimmer im Stil der 1960er Jahre erzählen Zeitzeugen auf einem Flachbildmonitor wie sie die Nacht damals erlebten.

Doch in der Nordsee trieben nicht nur Stürme ihr Unwesen, sondern auch Piraten. In der sich anschließenden Sonderausstellung empfängt ein krächzender Papagei die „verzogenen Landratten”. Der berühmteste Seeräuber des Mittelalters ist sicherlich der 1401 am Hamburger Grasbrook hingerichtete Klaus Störtebeker. Aber auch auf der Insel Pellworm gab es im 15. Jahrhundert einen Piraten namens Cord Widderich. Nachdem er von dort ein Taufbecken, das noch heute in der Büsumer St. Clemens Kirche benutzt wird, aufs Festland brachte, gewährten die Büsumer ihm Unterschlupf. Der Besucher lernt, wie eine Kombüse und eine Kapitänskajüte ausgestattet waren und wie die Beute verteilt wurde. Man kann Kanonenkugeln stopfen, das Ruder selbst in die Hand und Kurs nehmen oder einfach nur in der Hängematte schaukeln und vom sanften Rauschen der Nordseewellen träumen.

 

Anreise

Mit der Bahn: über Heide nach Büsum oder über Husum nach Tönning.

Mit dem PKW: A23 bis Abfahrt Heide-West/Büsum, weiter auf der B203 direkt nach Büsum bzw. über die B5 bis Tönning.

Beide Museen sind cirka 35 Kilometer bzw. 35 Autominuten von einander entfernt (über die B203 und B5 oder die L305 über Wesselburen).

 

Sturmflutenwelt „Blanker Hans”, Dr.-Martin-Bahr-Straße 7, 25761 Nordsee-Heilbad Büsum, Telefon 04834-909135, www.blanker-hans.de

Gebührenpflichtiger Parkplatz direkt am Haus.

Eintrittspreise: Erwachsene 12 €, Kinder (4 bis 15 Jahre) 7 €, Ermäßigungen auf Gästekarten, für Familien und Gruppen.

Öffnungszeiten: Bis 20. März 2015: täglich 10 bis 17 Uhr (während dieses Zeitraums ist von Montag bis Freitag nur die Ausstellung geöffnet, es finden weder Schauspiel noch Bahnfahrt statt, die Eintrittspreise sind an diesen Tagen um 30 Prozent reduziert).

21. März bis 31. Oktober 2015: täglich 10 bis 18 Uhr.

Allgemeine Informationen über Büsum: www.buesum.de, Telefon 04834-9090.

 

Nationalpark-Zentrum Multimar Wattforum, Dithmarscher Straße 6a, 25832 Tönning, Telefon 04861-96200, www.multimar-wattforum.de ‒ Kostenlose Parkplätze.

Eintrittspreise: Erwachsene 9 €, Kinder (4 bis 15 Jahre) 6 €, Ermäßigungen auf Gästekarten und für Familien und Gruppen.

Öffnungszeiten: 1. April bis 31. Oktober: täglich 9 bis 18 Uhr, Fischfütterung Montag und Freitag um 14 Uhr.

Allgemeine Informationen über Tönning: www.toenning.de, Telefon 04861-61420. 

Allgemeine Informationen zu Schleswig-Holstein: www.sh-tourismus.de

 

Übernachten / Essen & Trinken

Hotel-Restaurant-Café „Godewind”, Am Hafen 23/24, 25832 Tönning, Telefon 04861-6600, info@hotel-godewind.info · www.romantisches-hotel-godewind.de

Kleines Hotel direkt am Hafen. Restaurant mit individuell gestalteten Räumen. Regionale Küche (Fisch, Lamm, Rind). 10 Minuten Fußweg zum Multimar Wattforum.

 

Bio-Hotel Miramar, Westerstraße 21, 25832 Tönning, Telefon 04861-9090, info@biohotel-miramar.de · www.biohotel-miramar.de

4-Sterne-Hotel in einem ehemaligen Schulgebäude am Bahnhof. Aus Klassen- wurden Gästezimmer. Spezielle Allergiker-Räume. Das Restaurant „Alte Schule” bietet zu 100 Prozent Bio-Lebensmittel. 20 Minuten Fußweg zum Multimar Wattforum.

 

Aparthotel Bernstein, Strandstraße 23, 25761 Büsum, Telefon 04834-965200, info@bernstein-resorts.de · www.aparthotel-bernstein.de

2013 errichtetes Designer-Hotel in Strandnähe. Wellnessbereich und Golf-Lounge.

 

Kolles Alter Muschelsaal, Hafenstraße 27, 25761 Büsum, Telefon 04834-2440,

kolle-buesum@t-online.de · www.kolles-alter-muschelsaal.de

Traditionsrestaurant von 1920. Krabben- und andere Meeresspezialitäten.

Sturmflutenwelt Blanker Hans in Büsum. Das Haus wurde in Form einer Welle erbaut.Sturmflutenwelt Blanker Hans in Büsum. Das Haus wurde in Form einer Welle erbaut.

Wirt Bruno Bahnsen holte Informationen über die Sturmflut per Telefon ein.

Wirt Bruno Bahnsen holt 1962 Informationen über die Sturmflut per Telefon ein.

 

Wirt Bruno dreht und klopft am SW-Gerät, doch das Flimmern verschlimmert sich.

Wirt Bruno dreht und klopft am SW-Gerät, doch das Flimmern verschlimmert sich.

Wohnzimmer im 1960er-Jahre-Stil. Zeitzeugen erzählen von der Flut 1962.Wohnzimmer im 1960er-Jahre-Stil. Zeitzeugen erzählen von der Flut 1962.

In der Priten-Kombüse.

In der Piraten-Kombüse.

 

Der Pirat Cord Widderich ging im 15. Jahrhundert auf Beutezug in der Nordsee.

Der Pirat Cord Widderich ging im 15. Jahrhundert auf Beutezug in der Nordsee.

Ruderstand im Piratenschiff.

Ruderstand im Piratenschiff.

Mit der Sturmflutrettungskapsel geht es 300 Meter durch den virtuellen Blanken Hans.Mit der Sturmflutrettungskapsel geht es 300 Meter durch den virtuellen Blanken Hans.

Das Archiv des Wissens – Ausstellung zur Bohrinsel Mittelplate.Das Archiv des Wissens – Ausstellung zur Bohrinsel Mittelplate.

 

In der Offshore-Forschungsstation – Wie entsteht das Wetter.

In der Offshore-Forschungsstation – Wie entsteht das Wetter.

Teilansicht des Büsumer Hafens.Teilansicht des Büsumer Hafens.

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Taucher Timo Kaminski füttert Fische im Großaquarium im  Nationalpark-Zentrum Multimar Wattforum in Tönning.Taucher Timo Kaminski füttert Fische im Großaquarium im  Nationalpark-Zentrum Multimar Wattforum in Tönning.

Kinder kommunizieren mit dem Taucher Timo Kaminski.

Kinder kommunizieren mit dem Taucher Timo Kaminski.

Das Skelett eines 1997 gestrandeten Pottwals.Das Skelett eines 1997 gestrandeten Pottwals.

Eckehard Bockwoldt weiß, was im Watt los ist.Eckehard Bockwoldt weiß, was im Watt los ist.

 

Im Multimar Wattforum gibt es 36 Aquarien und viele Hör- und Mitmachstationen.

Im Multimar Wattforum gibt es 36 Aquarien und viele Hör- und Mitmachstationen.

Tönning an der Eider mit dem Skipperhuset.Tönning an der Eider mit dem Skipperhuset.

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