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Gigantisch, wunderschön und friedlich: Ein acht Meter langer Walhai zieht mit seinen Putzerfischen an der Coral Coast entlang. Dass wir ihm zum Greifen nah sind, scheint ihn nicht sonderlich zu interessieren. Alle Foto dieser Seite: Carsten Heinke, Leipzig |
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Carsten Heinke Go, go, go – die Riesen kommen |
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Coral Bay/Exmouth – Schwimmen mit Walhaien: Am Ningaloo Reef in Westaustralien können Schnorchler den größten Fischen der Welt ganz nahe kommen. Heimlich hinter grauen Wolken geht die Sonne auf. Verschlafen und unschlüssig wie die Möwen am Strand von Coral Bay steht der neue Tag zwischen dem Indischen Ozean und der Halbinsel North West Cape an der Küste Westaustraliens. Schwer vorstellbar, dass das 20-Häuser-Nest, in dem sich Känguru und Seekuh Gute Nacht sagen, bei der Erschließung des Nordwestens eine Schlüsselrolle spielte. Denn Mauds Landing, benannt nach dem Schiff der ersten Europäer, die sich 1884 hierher verirrten, einen Anleger und Lagerhütten bauten, diente bis Mitte des 20. Jahrhunderts als Warenumschlagplatz. Auch unzählige Schafe, die später weite Teile des Kontinents bevölkerten, gingen hier an Land. Von einem Hotel in der Nähe erhielt Coral Bay 1968 seinen jetzigen Namen. Mittlerweile hat das Fischerdorf ein eigenes Resort, ein Hostel, Gästehäuser, Restaurants und jede Menge Touranbieter. Grund für den wachsenden Tourismus ist das vor Arten wimmelnde Ningaloo Reef, Heimat zahlloser Korallen und Fische, Schildkröten, Seekühe und Wale. Dieses Wunder der Natur umrandet die Coral Coast über mehr als 250 Kilometer in unmittelbarer Nähe zum Festland wie ein gigantischer, langgestreckter Garten Eden. Die Sonne bleibt verborgen, doch für einen Ausflug mit dem Glasbodenboot ist es hell genug. Nach der gestrigen Quad-Tour durch die Sanddünen von Coral Bay geht es nun erstmals direkt ins Riff. Durch die dicken Bodenfenster ist Erstaunliches zu sehen, beim Schnorcheln später noch viel mehr: bunte Fische und Korallen ohne Ende. Am meisten fasziniert ein 4.000 Jahre alter Steinkorallenstock, emporgewachsen fast bis zur Wasseroberfläche und kreisrund wie ein Turmstumpf. Selbst vom Boot ist er deutlich zu erkennen und – wie das gesamte Ningaloo Reef – vom Land aus ohne Mühe schwimmend zu erreichen. Manchmal sind es nur ein paar Meter. Doch wer „Whalley” treffen möchte, braucht ein Schiff, um weiter raus zu fahren. Denn der Star des weltgrößten Saumriffs ist viel zu dick für flaches Wasser. Mit bis zu 14 Meter Länge und zwölf Tonnen Lebendmasse repräsentiert der Plankton und kleine Fische fressende Walhai selber einen Superlativ: Kein anderer Fisch der Erde kann es mit seinen Maßen aufnehmen. Diese harmlosen Giganten einmal leibhaftig, in freier Wildbahn und in voller Größe zu erleben, ist Grund genug für viele, ans Ningaloo Reef zu reisen – und zu hoffen, dass am Ende auch das Wetter mitspielt sowie das Glück, zur rechten Zeit am rechten Ort im Ozean zu schwimmen. Am höchsten ist die Trefferquote nahe der Nordspitze von North West Cape. Nach dem massenhaften Liebesregen der laichenden Korallen explodiert das Planktonwachstum Ende März und lockt bis Ende Juli die sanften Riesenfische zum Ningaloo Reef. Nicht weit von Exmouth sticht die MAHI MAHI, ein 18 Meter langes Schiff, in See. Das Meer ist grau. Die Nerven sind gespannt. Von weitem sieht man über plattgedrückten gelben Felsen die langen dünnen Sendemasten, höher als der Eiffelturm. Wegen der US-Marinefunkstation, zu der sie gehören, wurde der Ort gegründet. Exmouth wuchs zu einer kleinen Stadt am Riff, nachdem 1953 im nahen Rough Range Öl gefunden worden war. Wer damit Geld verdient, baut sich seither hier ein schmuckes Häuschen. Heute trägt auch der Tourismus sein Scherflein dazu bei. Dank ein paar Weinbars, Restaurants und eines schicken Viereinhalb-Sterne-Hotels ist das Walhai-Abenteuer inzwischen auch für Gäste in Komfort-Version zu haben. Der Ozean wird dunkler, tiefer, die Wellen höher. Was wohl unter ihnen auf die Schnorchler wartet? Die nackte, stark bewegte Wasserfläche provoziert die Fantasie. Damit im Ernstfall alles schnell und sicher abläuft, wird nun geplant, belehrt, geübt. Und jeder auf der MAHI MAHI macht fleißig mit. Den zwei jungen Meeresbiologen, die zur Crew gehören, ist vor allem das richtige Verhalten den Tieren gegenüber wichtig. „Mindestens drei Meter Abstand von der Seite, vier von der Schwanzflosse. Keine hektischen Bewegungen, und nie von vorn anschwimmen!”, impft Jaqueline den Walhai-Neulingen ein. Nick hilft, die engen Neoprenanzüge anzuziehen. Das Funkgerät legt er dabei nicht aus der Hand. Die Stimmen daraus kommen aus den beiden Cessnas, die das Schiff begleiten, denn aus der Luft kann man am besten sehen, wo und wie die großen Tiere schwimmen. Verpackt in feuchter Kautschuk-Haut, mit Schnorchel, aufgesetzter Taucherbrille und Flossen an den Füßen, sitzen alle in Viererreihen am offenen Heck, bereit, ins dunkle |
Nass zu springen und sein Geheimnis zu entdecken. An Sonne oder Wolken denkt inzwischen keiner mehr. Auch das kalte Wasser wird gleich niemand spüren. „Go, go, go, go!” schreit Nick aus Leibeskräften und fuchtelt mit den Armen. Jeder Augenblick ist kostbar. Ein Walhai wartet nicht auf Träumer. Und doch scheint es so surreal, als wär man gar nicht wach. Das Herz klopft wie verrückt. Selbst die Gedanken stottern. Sein Riesenfischmaul ständig öffnend und schließend, schwimmt ein acht Meter langer Walhai direkt auf die Schnorchler zu und dann zum Greifen nah vorbei. Der Sicherheitsabstand ist ihm egal. Ein Tier, groß wie ein Bus, das zwar nur Mikroorganismen frisst, aber in seinem breiten, mit 3.600 Zähnen bestückten Schlund locker einen Menschen verschwinden lassen könnte. Glücksgefühle siegen über Angst und Skepsis. Wunderschön ist der Koloss mit seinem Streifen-Punkt-Dekor auf seiner 15 Zentimeter dicken Haut. An den sonderbaren Fischen, für die er die Menschen sicher hält, hat er keinerlei Interesse. Elegant und fast behutsam mit seiner manneshohen Schwanzflosse rudernd, zieht er vorbei an ihnen, dicht umringt von meterlangen Putzerfischen. Für eine Weile lässt er sich begleiten. Dann verschwindet er im tiefen Blau des Meeres. Noch dreimal können sich die Schnorchler über Nicks Startkommando freuen. Außer zwei anderen Walhaien gibt ein großer Mantarochen dazu Anlass. Als die ereignisreiche Tour schon fast beendet scheint, sorgen noch einmal Ozeanbewohner für hellen Aufruhr auf der MAHI MAHI. Doch niemand darf ins Wasser. Denn dort sind jetzt fünf Orca-Rückenflossen aufgetaucht. Nicht weit davon entfernt: zwei Buckelwale, Kuh und Kalb. Auf das Kleine haben es die „Killerwale” abgesehen. Doch sie haben keine Chance. Wie eine Furie wehrt die Mutter jeden Angriff ab, das Kind stets schützend hinter sich. Nach gut einer Stunde zieht die Jägerschar mit dicken Nasen ab. Die heldenhafte Walkuh und ihr Junges können sich erholen. Alle sind erleichtert. Selbst Skipper Shawn, der alte Seebär, muss gerührt gestehen: „Sowas sieht man nicht alle Tage!” Informationen Anreise Langstrecke: Singapore Airlines fliegt von Frankfurt über Singapur nach Perth, die Hauptstadt Westaustraliens. Preis für hin und zurück ab 1.189 €. Wer in Singapur übernachten möchte, kann ab 18 € pro Person im Doppelzimmer (inklusive Flughafentransfer) ein Stopover-Programm dazu buchen. Im erweiterten Paket ab 28 € (p.P. im DZ) sind zusätzlich unbegrenzte Fahrten mit dem SIA Hop-on-Bus, kostenlose Eintritte zu mehr als 15 Sightseeing-Attraktionen sowie Preisnachlässe in den Bereichen Shopping und Essen enthalten. www.singaporeair.com Binnenflüge: Zum Weiterflug von Perth zum Ningaloo Reef oder anderen Zielen in Australien bietet Singapore Airlines gemeinsam mit Virgin Australia den individuell nutzbaren Visit Australia Airpass für bis zu zehn von möglichen 30 Destinationen. Der Aufpreis zum Langstreckenticket für die Route Perth-Learmont kostet hin und zurück zwischen 85 und 155 €. www.singaporeair.com/de_DE/promotions/australien-inlandsfluege Wer streckenweise auch mit einem Mietwagen fährt, kann etwa mit Norwest Air Work vom Shark Bay Airport in anderthalb Stunden nach Coral Bay fliegen. Die kleinen Charter-Flieger (Cessna, für bis zu 5 Passagiere) können auch für Rundflüge und Tierbeobachtungen (Wale, Walhaie, Mantarochen) gebucht werden. www.norwestairwork.com.au Hotel-Tipp: Das Novotel in Exmouth ‒ www.novotelningaloo.com.au ‒ sowie das Ningaloo Reef Resort in Coral Bay ‒ www.aspenparks.com.au ‒ bieten ideale Ausgangsbedingungen für Aktivitäten im Ningaloo Marine Park. Walhai-Tour: Schwimmen mit den Walhaien bietet das preisgekrönte Exmouth Diving Center von Ende März bis Juli täglich an. Schnorchler zahlen für den von erfahrenen Meeresbiolgen begleiteten Tagestrip (inklusive Ausrüstung und Verpflegung) 385 AUD (etwa 275 €), Kinder unter 16 Jahren 245 AUD (etwa 175 €) sowie Familien (2 Erwachsene, 2 Kinder) 1.200 AUD (etwa 856 €). www.exmouthdiving.com.au Andere Aktivitäten: Quad-Tour durch die Dünen von Coral Bay mit Schnorcheln im Ningaloo Reef mit Coastal Adventure Tours (angeboten werden auch Segeltörns, Korallenwanderungen und Rundflüge), www.coralbaytours.com.au Weitere Informationen: Reiseauskünfte erteilt die deutsche Repräsentanz von Tourism Western Australia unter Telefon 0 89-219 096 512 bzw. unter www.westernaustralia.com |
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Mit über 250 Kilometer Länge ist das Ningaloo Reef im Nordwesten Westaustraliens das größte Saumriff der Welt. Hier leben unzählige Arten von Korallen und Fischen, Schildkröten und Meeressäugern. |
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Der endlose Sandstrand von Coral Bay ist zu jeder Zeit ein Ort zum Träumen – für Fußgänger ... |
... wie für Quadfahrer. Geführte Touren auf den wendigen Geländegängern werden vor Ort angeboten. |
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Das Ningaloo Reef umrandet die Coral Coast in unmittelbarer Nähe zum Festland. An vielen Stellen kann man es ohne Mühe schwimmend erreichen. |
Eine Green Turtle mit dem unangenehmen deutschen Namen Suppenschildkröte schwimmt ganz nah am Boot vorbei. |
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Ein über 4.000 Jahre alter Steinkorallenstock, kreisrund wie ein Turmstumpf, ist fast bis zur Wasseroberfläche emporgewachsen. |
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Angenehmen Hotelkomfort nicht nur für Walhai-Abenteurer bietet das Novotel in Exmouth. |
Die Schönheit des Ningaloo Reefs erzeugt Glücksgefühle pur. Selbst vom Schiff aus kann man viele Meeresbewohner sehen. |
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Unmittelbar vor unserem Schiff taucht plötzlich ein großes Buckelwalweibchen auf. |
Dicht neben ihm entdecken wir ein zweites Exemplar in Miniaturform – ihr Junges. |
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Einer der fünf Orcas, die es auf das Buckelwalbaby abgesehen haben, wird von dessen tapferen Mama „ausgehebelt”. |
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Das Ningaloo Reef ist ein gewaltiger Garten Eden, ... |
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... zusammen mit Fischen und anderen Riffbewohnern mit ihren Formen und Farben. |
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