RADKREUZFAHRT | AUSGABE 3/2012 | |||||||
Radeln auf dem Donauradweg bei Mauthausen, 15 Kilometer östlich von Linz. |
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Flusskreuzfahrt – das heißt schlemmen, was der Magen aushält, relaxen im Liegestuhl, bis der Rücken schmerzt, minutiös geplante Ausflugsfahrten zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten. Cholesterin- und Blutzuckerspiegel klettern täglich höher, der Zeiger der Waage sowieso. Doch es geht auch anders. Bei einer Radkreuzfahrt auf der Donau wird die Waage nach der Reise keine neu gewonnen Pfunde präsentieren. Schlögener Schlinge: MS WOLGA legt am rechten Donau-Ufer an. Kein Ausflugsbus in Sicht, sondern rund 160 Passagiere gehen von Bord und nehmen ihre Drahtesel in Empfang. „60 bis 70 Kilometer am Tag sind natürlich nicht Jedermanns Sache”, meint Kreuzfahrtleiterin Karin Borgas: „Deswegen haben wir die Passagiere in Aktiv- und Genussradler eingeteilt. Wobei die aktive Generation „60 plus” eindeutig in der Überzahl ist. Aktivradeln ist individueller. Man bestimmt die Strecke und sein Tempo selbst. Das Genussradeln ist eine kürzere, geführte Radtour mit Besichtigungsstopps”. Die meisten Gäste können es kaum erwarten, dass Sitz und Lenker auf die richtige Höhe eingestellt sind und durchgestartet werden kann. Herbert aus Mainz im knallroten Tour-de-France-Dress und Siegfried aus Darmstadt, ebenfalls in fescher, enger schwarzgelber Radlerrobe, stülpen die Helme über, posieren noch einmal fürs Familienalbum, dann brausen sie dem Schiff voraus durchs Engtal Richtung Linz, wo sie am späten Nachmittag wieder an Bord gehen. Die Genussradler lassen es gemächlicher angehen. Doch wirklich gemütlich kann man es auch nicht nennen. Sie haben zwar nur die Hälfte der Kilometer zu bewältigen und können den Nachmittag tatsächlich auf dem Liegestuhl an Bord der MS WOLGA verbringen, aber sie sind unter Zeitdruck, denn sie müssen das Schiff vor der Weiterfahrt wieder erreichen. Bis 60 Personen mit einer kleinen Fähre zur anderen Donauseite übergesetzt haben, vergeht einige Zeit. Entlang des Donauradwegs strampelt die Gruppe durch schattigen Buchenwald Richtung Uferhäusl. Es duftet nach Bärlauch. Weiße Pappelsamen schwirren durch die Luft. Auch wenn die Fähre in Uferhäusl LORELEY heißt, ist man immer noch an der Donau. Auf der anderen Seite des Flusses leuchtet das Barock-Kloster Engelszell im Sonnenlicht. Es ist das einzige Trappisten-Kloster Österreichs. Bewohnt von sieben Mönchen. Am nächsten Tag steht Linz auf dem Programm. Da der Schiffsanleger Urfahr zentrumsnah ist, bleibt ausreichend Zeit, die Stadt per Rad oder zu Fuß zu erkunden. Nach der Besichtigung der Stadtpfarr- und Karmeliterkirche, dem Alten und Neuen Dom gibt es in der Bäckerei Hofmann ein Stück Linzer Torte. Das älteste Rezept soll aus dem 17. Jahrhundert stammen und ist fast 180 Jahre älter als das der weltberühmten Wiener Sachertorte. Es handelt sich um einen mit Mandeln, Nüssen und Ribiselkonfitüre – Johannisbeermarmelade – zubereiteten Mürbeteig mit Gittermuster als Deckel. Nach der Kalorienbombe würde die Kraft wieder für eine Radtour auf den Pöstlingberg reichen, aber dorthin gelangt man bequemer und sicherer mit der historischen Straßenbahn. Vom Hauptplatz mit der Dreifaltigkeitssäule fährt die Linie 50 seit 110 Jahren auf den Linzer Hausberg. In 20 Minuten überwindet sie 255 Höhenmeter – ganz ohne Schnaufen, aber mit viel Gequietsche und Geknatter in den Kurven. Die passionierten Radler haben Linz längst am Vormittag verlassen und sind Richtung Grein unterwegs. Im Mittelalter als „goldenes Städtchen” bekannt, nagt inzwischen der Zahn der Zeit an vielen Häusern. Seit 1791 gibt es im Rathaus ein kleines Rokoko-Theater mit 165 Plätzen. In den Lehnen der Sperrsitze befindet sich ein Schloss. Der dazugehörige Schlüssel wurde früher als Abonnement verkauft. Wer lieber mal Schmankerl im Gasthaus Strudengau, statt des Drei-Gänge Menüs an Bord probieren möchte, wird nicht enttäuscht. MS WOLGA wurde 1970 in Österreich gebaut, ist aber unter ukrainischer Flagge zwischen Passau und dem Schwarzen Meer unterwegs. Die Küche ist international. Das Personal spricht Deutsch. Auch das abendliche Unterhaltungsprogramm mit Wodka-Probe und ukrainischer Folklore scheint trotz der österreichischen Weinhänge, die an den Fenstern vorbeiziehen, beim Publikum Anklang zu finden. Auf Heurigen-Atmosphäre trifft schließlich jeder Radler unterwegs oder in ein paar Tagen in Wien. |
Die Kabinen sind einfach und funktionell, aber Radfahrer erwarten auch keinen Luxus. Zudem müssen die Räder der Genussradler auf Teilstrecken mitbefördert werden, wofür MS WOLGA ausreichend Stellfläche bietet. Alle Aktivfahrer ketten ihre Räder am Abend vor dem Schiff an und starten ohnehin früh am nächsten Morgen. „Es ist sehr praktisch, dass Gepäck und Zimmer hinterher fahren”, da sind sich Herbert und Siegfried einig: „Man muss die Satteltaschen nur für eine Tagestour packen und abends weiß man, wo man schläft”. Der über 300 Kilometer lange Donauradweg zwischen
Passau und Wien wurde Mitte der 1980er Jahre eröffnet. Nicht immer führt er
auf ausgebauten Radwegen am Fluss entlang. Hin und wieder müssen auch
öffentliche Straßen benutzt und Ortschaften durchfahren werden. Wer
tatsächlich mal pausieren möchte, kann samt Rad an Bord bleiben und die
Kreuzfahrt durch den Struden- und Nibelungengau vom Sonnendeck aus genießen.
Auf der Fahrt von Passau nach Wien passiert das Schiff mehrere Schleusen.
Manchmal sind sie so niedrig, dass die Matrosen das Dach der Brücke abbauen
müssen. Kapitän Evgeny Pospolit und seine Mannschaft steuern dann im offenen
Cabrio über den Fluss. Am Kloster Melk beginnt das Tor zur Wachau, wo die
Römer einst den Weinanbau auf sandigen Böden begründeten. „Die Weißweinrebe
‚Grüner Veltliner’ macht 70 Prozent
der Anbaufläche aus”, weiß Winzer Peter
Stockinger aus Dürnstein, einem Hauptweinort der Region. „Nach dem
30-jährigen Krieg verfielen viele Weingärten. Einige Keltereien wurden sogar
zu Essigsiederein”. Heute können auf dem
Weingut Stockinger neben dem Grünen Veltliner auch Müller-Thurgau, Riesling
und Blauer Zweigelt verkostet werden. „Das Kloster Melk entstand zwischen 1702 und 1736
als Barockbau”, berichtet Museumsführerin
Gerda Schaden: „Es gibt über 497 Zimmer und 1.365 Fenster”.
Auch das Kloster lebt von 25 Hektar Weinanbau, größtenteils aber von den
300.000 Touristen im Jahr, die sich den Marmorsaal, die Stiftskirche und
Bücher, Bücher, Bücher nicht entgehen lassen wollen. 100.000 Exemplare vom
Mittelalter bis zur Neuzeit lagern in zwölf Räumen. Wien-Nussdorf ist erreicht. Für einige Passagiere
ist hier Endstation. Herbert und Siegfried steigen vom Rad in einen Fiaker
um und gönnen sich noch einen Überblick über die fast
Zwei-Millionen-Einwohner-Metropole vom Riesenrad im Prater. Dann befüllen
sie ihre Satteltaschen für die Rücktour am nächsten Morgen. Sie werden erst
in zwei Tagen in Passau von Bord gehen. Reisen: 4 Termine im Juli und 3 Termine im August 2012 Radflusskreuzfahrten auf der Donau als Aktiv- oder
Genussreise bietet: nicko tours,
Mittlerer Pfad 2 Leistungen:
Außenkabine, Vollpension, Leihfahrrad (E-Bikes gegen Aufpreis),
Streckeninformationen Aktivradeln – empfohlen für passionierte Radfahrer,
die sich zutrauen, zirka 70 Kilometern pro Tag individuell zurückzulegen. Genussradeln – geeignet für Personen mit Spaß am
Radfahren und Sightseeing. Fünf geführte Touren von maximal 30 Kilometern
pro Tag. Auch bei Gruppenbuchungen ist eine individuelle
Entscheidung zwischen Genuss- und Aktivradeln möglich.
Schiffsinformationen: MS WOLGA
wurde 1970 auf der österreichischen Korneuburg-Werft speziell für die Donau
gebaut. Die freundliche ukrainische Crew spricht Deutsch. Familiäre
Atmosphäre. Die 80 Außenkabinen können ihr Alter nicht verleugnen, sind aber
sehr sauber. Größe 8 bis 14 Quadratmeter. Maximal 164 Passagiere. Sonnendeck
mit beheizbarem Pool. Panorama-Restaurant, Panorama-Salon, drei Bars,
Leseraum. Mit an Bord sind Arzt, Masseur und Friseur. Wien Tourismus Öffnungszeiten täglich 9 bis 19 Uhr · www.wien.info |
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Essen und Trinken unterwegs: | ||||||||
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MS WOLGA am Anleger Melk. |
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Die Genussradler setzen mit der Fähre ans andere Donau-Ufer über ... |
... und kehren nach diesem ersten Ausflug zum Schiff zurück. |
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Das Kloster Engelszell von der Donau aus gesehen ... |
... ebenso die Stadtansicht von Engelhartszell. |
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Bachlauf am Wege bei einem Ausflug und Aufstieg zur Burg Clam. |
Die Burg der Familie Clam-Martinic gehört zum Markt Klam in Oberösterreich. |
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„Das Kloster Melk entstand zwischen 1702 und 1736 als Barockbau”, berichtet Museumsführerin Gerda Schaden: „Es gibt über 497 Zimmer und 1.365 Fenster”. |
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Krems liegt im östlichen Randbereich der Wachau und am Südabbruch des Waldviertels. |
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Wenn man außerhalb Wiens vom „Prater” spricht, ist häufig nur der bekanntere Vergnügungspark im Prater, der „Wurstelprater” mit dem Riesenrad, gemeint. |
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