EDITORIAL · AUSGABE 3/2019
Sorry, Petrus
Unsere Erde ist im Universum viel weniger als ein Sandkorn in der Sahara. Das Universum ist nämlich so unununendlich, dass selbst Hubble, unser bisher am weitesten vorgedrungenes Weltraum-Teleskop, nur immer weitere und fernere Galaxien aus der Unendlichkeit vermeldet. Immer weitere Milliarden Himmelskörper! Wenn der Mensch nun hoffnungsvoll verkündet, er könne das Klima auf seinem Planetchen wandeln, dann ist das so, als wollte ein Lachs die Niagara-Fälle stoppen. Oder die Ameise den Schützenpanzer. Oder der Floh den Sprung des Löwen, in dessen Fell er sitzt. Das Weltall ist so unvorstellbar grenzenlos, aber der Mensch, der kleine unbedeutende Bewohner des Sandkorns Erde, glaubt jetzt allen Ernstes, er könne das Klima auf seinem Winz-Planeten steuern. Welch eine Anmaßung! Welch ein naiver Aberwitz!
Ich bin für einen sehr konsequenten Umweltschutz, na klar, und halte jede ins Meer geworfene Plastiktüte für ein Verbrechen gegen die Natur. Überhaupt macht mich der idiotische Verpackungswahn echt zornig. Die Wogen aus Plastikfolien über unseren Spargel- und Erdbeerfeldern verderben mir den Appetit. Diese massenhaften Billig-Importe von Millionen Tonnen Plastiktüten und -säcken und -folien aus Vietnam, China und Indien sollten beendet werden. Unsere Natur erstickt am Plastikmüll, und ich hoffe, dass Christo, wenn er demnächst den Triumphbogen in Paris mit Plastikfolien verhüllt, seine Aktion als Protest begreift.
Aber selbst wenn wir die Plastik-Idiotie beenden, den Kohle-Abbau stoppen, alle Dieselmotoren abstellen, den Verkehr komplett elektrisieren würden – eine Auswirkung auf das Klima auf unserem Planeten hätte das kaum. Denn Klima ist nicht menschgemacht. Da sind ganz andere Kräfte am Werk. Viele Idealisten scheinen ja zu glauben, wir könnten mit umweltbewusstem Handeln den Lauf unseres Planeten und damit das irdische Klima bestimmen. Das scheint mir wie eine neue Klima-Religion, wie eine neue Allmachts-Phantasie der Menschen. Im Universum spielt der Diesel keine Rolle. Wir können zwar versuchen, unsere Atemluft zu entstauben und zu entgasen, mit Filtersystemen und industrieller Intelligenz. Wir können uns bemühen, unsere Meere und unsere Luft sauberer zu halten. Aber universale klimatische Veränderungen können wir nicht steuern. Das zu glauben wäre Anmaßung. Klimawandel auf der Erde hat es immer gegeben und wird es weiter geben. Den beeinflussen aber ganz andere Vorgänge als noch so gut gemeinte Freitags-Demos und kommerziell gesteuerte Anti-Diesel-Demagogie. Und zwar seit Jahrmillionen.
Es hat immer Eiszeiten und Hitze-Perioden gegeben. Wo sich jetzt riesige Wüsten erstrecken, war früher Meeresboden. Das kann die Geologische Wissenschaft beweisen. Riesige Wüstenzonen bestehen aus Foraminiferen. Ganze Tier-Gattungen sind durch klimatische Einflüsse entstanden und wieder ausgestorben. Auch der Mensch musste sich immer wieder anpassen. Der Kosmos lebt. Die Erde bebt. Viele Gebirgsregionen auf unserem Globus haben sich vulkanisch aufgetürmt, denn unsere kleine Erde, die wir anmaßend gern auch „Weltkugel” nennen, die glüht im Innern und verändert sich ständig. Erdbeben und Vulkanausbrüche lassen sich nicht steuern. Mit Glück manchmal vorhersagen. Jetzt gerade vertrocknen das Tote Meer und der Baikal-See. Und niemand könnte das verhindern. Ein einziger gewaltiger Sandsturm über der Sahara wirbelt mehr Feinstpartikel in die Atemluft der Menschheit als alle Kraftwerke dieser Welt. Das beweisen die Fensterbänke in Madrid und Kapstadt, viele tausend Kilometer entfernt. Das zeigen auch die Filme aus dem All.
Auch unsere Polkappen waren ja nicht immer dick vereist. Grönland heißt Grünland, weil dort – noch zu Zeiten der Wikinger – Kühe weideten. Alles Klima auf unserem Planeten war immer einem sehr unsteten Wandel unterworfen. Manchmal zittern Teile des Globus in wildem Wetter, andere Zonen glühen in den Strahlen der Tropensonne. Kein Mensch hat einen Einfluss darauf. Ich war eine ganze Zeit an Bord des Forschungsschiffes METEOR und habe im Pazifik und auch im Atlantik erlebt, wie die Wissenschaftler die Strömungen und Eigenarten der Ozeane erforschen. Es ist nichts als naive Hybris, anzunehmen, der Mensch könne all diese so vielfältigen klimatischen Vorgänge und Wandlungen beeinflussen. Er kann sie beobachten. Steuern kann er sie nicht.
Wir haben uns, nolens volens, damit abzufinden, dass sich Klima ständig wandelt. Wir haben uns anzupassen. Aber ich habe gar nichts dagegen, wenn an der Alster wieder Palmen wachsen. Denn wenn unsere Sommer wärmer werden, brauchten Millionen Menschen nicht mehr Jahr für Jahr „in die Sonne” zu fliegen und damit die Umwelt zu belasten. Der seit vielen tausend Jahren „ausgekühlte” Nordmensch hat nämlich eine tiefe Sehnsucht nach Süden und Sonne und Wärme. Neben sozialen Ursachen fördert auch das Wetter Völkerwanderungen. Die Weißen wollen brauner, die Braunen wollen weißer werden. Bei uns in Hamburg sagt man: Dat wat se hebbt, dat wüllt se nich, un wat se wüllt, dat hebbt se nich.
Ganze Industrien verdienen ja an unserem bisher so kühlen Klima: die Öl- und Gas-Konzerne mit ihrer Ausbeutung der Erdschichten, die Raffinerien, die Heizöl-Lieferanten, die Kohle-Kraftwerke, auch die stromfressenden Sonnen-Banker, die Hautcremologen, die Vitamin D-Pillenproduzenten. Kälte kostet eben Geld. Kälte macht krank. Was also wäre so schlimm daran, wenn sich unser klimatisches „Jahresmittel” um ein, zwei Grad erhöhte? In Wirklichkeit nichts, was Panik auslösen müsste. Wenn in unseren Vorgärten Ananas und Datteln wüchsen, brauchten wir sie nicht mehr umweltschädlich über lange Wege herzuschaffen. Die Pampelmuse könnte zu einer heimischen Muse werden. Und wenn es in Afrika, infolge eines Klimawandels, wirklich begänne mal irgendwo zu schneien, dann stimmte es eben nicht mehr, dieses dumme Vorurteil, der schwarze Mensch sei ungeeignet für Abfahrtslauf und Riesenslalom.
Superkluge Wetter-Hysteriker nehmen oft den letzten warmen Sommer als warnendes Beispiel. Ich erinnere mich, dass vor etlichen Jahren exakt umgekehrt argumentiert wurde: die damals manchmal kühlen und regnerischen Sommer kündeten von einer „Neuen Eiszeit”, hieß es aus den gleichen Forschungsinstituten, die jetzt wieder Klima-Panik betreiben. Nur jetzt in die andere Richtung. Rudi Carell sang vor 50 Jahren: „Wann wird’s mal wieder richtig Sommer?” 2018, lieber Rudi. Und vielleicht auch in den nächsten Jahren. Wird der Rasen im Volksparkstadion vielleicht bald Savanne sein? Die FIFA will ja die nächste Fußball-WM in Qatar veranstalten, in einer der heißesten Regionen der Welt. Über diesen teuren Schwachsinn regt sich keiner auf. Aber darüber, dass in Blankenese vielleicht bald Bananen wachsen könnten.
Klimawandel lässt sich nicht wegdemonstrieren. Nicht am Freitag und nicht mit Geschrei. Die Demos, so fürchte ich, werden bald umschlagen in großes Gejammer. Wenn nämlich die ersten Zehntausend Arbeitnehmer von der Auto-Industrie auf die Straße gesetzt werden. Als Folge der typisch deutschen Klima-Hysterie. Dann will es keiner gewesen sein – von all denen, die jetzt lautstark die Diesel-Panik schüren. Dann werden die Schreihälse von heute ihre Mäntel nach irgendeinem neuen Winde drehen. Ich jedenfalls – warte auf den Sturm der Entrüstung.
Sorry Petrus, dass wir – immer wieder vergeblich – versuchen, Dir ins Handwerk zu pfuschen … Dein Herbert Fricke