HAMBURGMAGAZIN · AUSGABE 3/2019
Flüssiggas statt Schweröl
LNG-Tankstellen an der Elbmündung
Brunsbüttel/Hamburg. Nach jahrelangen Auseinandersetzungen mit den diversen Umweltverbänden konnte nunmehr mit dem Ausbaggern des rund 70 Kilometer langen Elbabschnitts zwischen der Elbmündung und Hamburg begonnen werden. In zwei bis drei Jahren sollen wesentlich größere Schiffe den Hamburger Hafen erreichen können als bisher. Auf diesen Fortschritt haben vor allem die großen Container-Reedereien wie China Shipping, Maersk, Hapag-Lloyd, Hamburg-Süd und andere gedrängt. Einige Schifffahrts-Gesellschaften sind bereits wegen der zu geringen Tiefe der Elb-Fahrrinne auf Antwerpen und Rotterdam ausgewichen. Im letzten Jahrzehnt haben sich die Schiffsgrößen ja verdoppelt. Ähnlich sieht es in der internationalen Kreuzfahrt aus. Viele der neuen Schiffe sind über 300 Meter lang und können über 5.000 Passagiere befördern.
Für die Revierfahrt werden immer mehr Schiffe mit kombiniertem Antrieb versehen. In den küstennahen Revieren, auf Flussläufen und in den Häfen werden sie mit dem abgasarmen Flüssiggas LNG (Liquid Natural Gas) angetrieben, auf den freien Meeren und den weltweiten Seewegen weiter mit dem sehr viel preiswerteren Schweröl. Diese Entwicklung veranlasst nun den Hafen Brunsbüttel auf der schleswig-holsteinischen Seite der Elbmündung, eine große LNG-Bunkerstation für die Schiffs-Betankung mit LNG zu planen. Hier sollen vor allem einlaufende Seeschiffe das demnächst für die Revierfahrt auf der Elbe und in Hamburg vorgeschriebene Flüssiggas tanken können. Entsprechende Pläne hat jetzt der schleswig-holsteinische Wirtschaftsminister Bernd Buchholz in Brunsbüttel vorgestellt. Deutsche Bundesländer-Konkurrenz: Eine ähnliche LNG-Bunkerstation plant nun auch Wilhelmshaven an der niedersächsischen Küste.
Auf der gleichen Veranstaltung des Deutschen Nautischen Vereins haben aber auch etliche Fachleute vor einer zu einseitigen Konzentration auf LNG gewarnt, weil es sich abzeichne, dass in kommenden Jahrzehnten auch Wasserstoff als Schiffsantrieb in Frage komme. Entsprechende Versuche seien bei der maritimen Industrie in vollem Gange. – Besonders begrüßt wurde die Tatsache, dass jetzt wieder eine regelmäßige Fährverbindung zwischen Cuxhaven und Brunsbüttel über die Elbmündung aufgenommen wurde, und zwar mit einer LNG-betriebenen Fähre.
Hamburg wirbt um amerikanische Touristen
Hamburg/Miami. Mit dem Flair einer typischen Hamburger Hafenkneipe hat Hamburg in Miami um amerikanische Touristen und Kreuzfahrtgäste geworben. Auf der Tourismusmesse „Seatrade Cruise Global” stellte sich die Hansestadt als „Most Exciting German Waterfront City” vor. Da ja verschiedene Kreuzfahrtschiffe ihre Skandinavien- und Ostsee-Törns in Hamburg beginnen und beenden, empfehlen die Hamburger Tourismus-Werber ein Vor- oder Nachprogramm an der Elbe. Mit Besuchen der Elb-Philharmonie, einem der vier aktuellen Musicals, der gemütlichen Kapitänsviertel in Övelgönne oder Blankenese, der Konzerte im Stadtpark oder der Arena, einem der großen Sport-Events oder auch einer zweitägigen Bustour über die Autobahn nach Berlin. Von den Amerikanern am meisten nachgefragt ist aber immer noch das Rotlichtviertel auf St. Pauli mit seinen Cabarets und seinen tausend Striptease-Mädchen. „What’s about the Reeperbahn?” war in Miami die meistgestellte Frage.
AIDA Cruises expandieren
Hamburg/Rostock. Nachdem die AIDAnova, mit 186.000 BRZ bisher größtes Schiff der AIDA-Flotte, ihre ersten Kreuzfahrten erfolgreich absolviert hat, werden 2021 und 2023 zwei weitere baugleiche Schiffe bei den Meyer Werften in Papenburg und Turku/Finnland fertiggestellt. Die Neubauten werden jeweils Platz für rund 6.000 Passagiere und 2.000 Besatzungsmitglieder haben. Außerdem lässt der AIDA-Mutterkonzern, die amerikanische Carnival Cruise Corporation, sechs weitere Schiffe dieser Größenordnung für andere Gesellschaften des Konzerns auf den Meyer Werften bauen.
Oceania setzt auf Luxus statt auf Größe
Genua/Oslo. Oceania, die erfolgreiche Tochter der Norwegian Cruise Line, setzt im Gegensatz zur konzerneigenen und fremden Konkurrenz auf kleinere luxuriösere Schiffe mit deutlich weniger Passagieren. Daher haben Oceania Cruises jetzt zwei Schiffe für jeweils nur 1.200 Passagiere bei Fincantieri in Italien in Auftrag gegeben. Mit diesen deutlich kleineren Einheiten will Oceania auch in solchen Häfen in Afrika, Asien und Südeuropa festmachen, die von den Riesenschiffen nicht angelaufen werden können. Aber auch diese kleineren Schiffe haben bereits einen Auftragswert von je 600 Millionen Dollar. Das Geld wird vor allem von amerikanischen Investoren steuerbegünstigt aufgebracht.
Die internationale Flotte wächst und wächst
Immer mehr große Kreuzfahrtschiffe
Hamburg. Nach Auskunft der CLIA, der Internationalen Vereinigung der Kreuzfahrt-Reedereien, befahren zur Zeit 272 große Cruise Liner die Weltmeere. Im Jahr 2019 werden nach CLIA-Berechnungen über 30 Millionen Menschen weltweit eine Kreuzfahrt unternehmen. Das sind rund sechs Prozent mehr als 2018. Die internationale Flotte wird weiterwachsen, obwohl die Anlauf-Kapazitäten beschränkt sind und sich zum größten Problem der Branche entwickeln. Aber die steuerlichen Investitionsanreize für den Schiffbau sind immer noch stärker als die Bedenken. Neue Destinationen sollen entdeckt und ausgebaut werden. Dabei denkt man auch an Länder, die bisher über keine Terminals verfügen. Chinesische, japanische und koreanische Konkurrenz-Reedereien drängen auf den Markt. Die CLIA will die CO2-Emissionen der internationalen Kreuzfahrt-Flotte gegenüber den Vergleichszahlen von 2008 um 40 Prozent senken.
Irland wappnet sich für den Brexit:
Direkter Schiffsverkehr zum Kontinent
Flensburg/Dublin. Die Republik Irland wartet das gegenwärtige Hickhack um den Brexit nicht ab, sondern handelt. Bei einer neuen Abschottung Nordirlands von der EU mit all den aus früheren Epochen bekannten Schwierigkeiten an der Grenze zwischen Irland und Nordirland kann es ja absehbar wieder zu erheblichen Grenz- und Zollproblemen kommen. Grund für die Republik Irland, wieder verstärkt den direkten Handelsverkehr mit der EU zu intensivieren. Deshalb hat die Gesellschaft „Irish Ferries” bei der Flensburger Schiffbau-Gesellschaft die hochmoderne Fähre W.B. YEATS bauen lassen. Diese Großfähre ist fast 200 Meter lang und 32 Meter breit. Sie kann über hundert Lastzüge (Trailer), bis zu 500 Pkw und fast 2.000 Passagiere über den Ärmelkanal direkt von und nach Frankreich transportieren, ohne britische Gewässer oder Häfen in Anspruch zu nehmen.
Chefposten im Hamburger Hafen bleibt weiblich
Hamburg. Der zum 30. September 2019 auslaufende Vertrag der Vorstandsvorsitzenden Angela Titzrath wird um fünf Jahre verlängert! Das hat der Aufsichtsrat der Hamburger Hafen und Logistik AG so beschlossen. Zu ihrem Stellvertreter wurde Torben Seebold berufen, der bisher in der Gewerkschaft Ver.di für den Bereich Maritime Wirtschaft verantwortlich war. Sein Vorgänger bei der HHLA, Heinz Brand, ging in den Ruhestand.
Deutsches Steuergeld für chinesischen Schiffbau
Hamburg/Travemünde. Mit Verwunderung sieht man an der Küste, dass das Deutsche Bundesverkehrsministerium mit erheblichen Mitteln einen chinesisch-schwedischen Schiffs-Neubau mitfinanziert. Die schwedische TT-Line lässt auf der chinesischen Werft Jiangsu Jinling ein großes Fährschiff für den Betrieb zwischen Trelleborg und Travemünde bauen. Diese 230 Meter lange Großfähre soll ab 2022 mit seinem Dual Fuel Antrieb, einer Kombination aus LNG und Diesel, Ladung und Passagiere über die Ostsee transportieren. Auch ein Schwesterschiff gleicher Größe sollen die Chinesen bauen, ebenfalls mit Hilfe deutscher Steuergelder aus dem Haushalt des BMVI. Wie es heißt, als Belohnung für den abgasarmen Antrieb.
Falsche Aufrüstung der Marine?
Militärstrategische Bedenken
Berlin. Das Bundesverteidigungsministerium unter dem Kommando von Ministerin Ursula von der Leyen rüstet die Marine der Bundesrepublik Deutschland massiv auf. Auf den Werften des Lürssen-Konzerns (German Naval Yards) entstehen zur Zeit vier Fregatten und fünf Korvetten im Gesamtwert von über zehn Milliarden Euro. Sachverständige Marine-Experten haben mehrfach empfohlen, wegen der geänderten Aufgabenstellung der Marine lieber mehr sehr bewegliche Einheiten (Schnellboote, Minenräumboote, landungsfähige Flachkielschiffe) zu bauen als derart hochkomplexe Kampfschiffe, für die absehbar kein militärischer Bedarf bestehe und deren hochempfindliche elektronische Ausrüstung wegen der digitalen Entwicklung erfahrungsgemäß innerhalb kurzer Zeit überholt und störanfällig sei. Großschiffe, und seien sie noch so modern bewaffnet, seien feindlichen Tarnkappenbombern geradezu ausgeliefert, warnen Marine-Experten. Jahrzehntelange Erfahrung habe gezeigt, dass die Vorgänger dieser großen Schiffe (Lenkwaffen-Zerstörer, Fregatten) im Laufe ihrer Einsatzbereitschaft über 20 Jahre keinen einzigen scharfen Schuss hätten abgeben müssen. Die strategischen Einsatz-Anforderungen hätten sich maßgeblich geändert (Sicherung der Seewege für die Handelsschifffahrt, Evakuierungen, Piratenbekämpfung, Überwachung von Fluchtrouten, Minenräumung). Dafür brauche man keine Fregatten, sondern Schnellboote und Landungsboote.
Neue Schwebe-Fähre über den Kanal
Rendsburg. Als „Kreuzfahrt des Kleinen Mannes” wird die Überquerung des Nord-Ostsee-Kanals von den Anwohnern scherzhaft bezeichnet. Gemeint ist die Passage mit der legendären Schwebefähre über den Kanal. Dieses Unikum ist vor drei Jahren von einem Seeschiff gerammt und schwer beschädigt worden. Die Schwebefähre unter der berühmten Rendsburger Eisenbahn-Hochbrücke musste ihren Dienst einstellen. 1.700 Pendler täglich, mit ihren Wohnsitzen und Arbeitsplätzen auf der jeweils anderen Kanalseite, mussten erhebliche Umwege in Kauf nehmen. Jetzt hat die Stadt Rendsburg den Neubau ihres hundertjährigen Wahrzeichens in Auftrag gegeben. Für elf Millionen Euro baut ein Spezialunternehmen eine neue Schwebefähre, technisch modernisiert, aber im alten Look. Pendler, Touristen und Radfahrer freuen sich auf den „Stapellauf”.
So kommt das Salz ins Meer und andere meerkwürdige Geschichten
Tom Hird
OZEANOPÄDIE
291 unglaubliche Geschichten vom Meer
Die Meere bedecken drei Viertel der Oberfläche unseres Planeten. Strände sind schön, Tsunamis schrecklich, die Seefahrt gefährlich, die Tierwelt unter Wasser atemberaubend. So weit, so bekannt. Aber wer weiß schon, dass die Weißen Klippen von Dover ein Werk von Mikroalgen sind? Oder dass Algen nicht Pflanzen sind, sondern einfach Algen und ökologisch betrachtet eine der erfolgreichsten Organismen auf dem Planeten, geschweige denn, wie der Tiefseefisch das Licht anmacht?
Denken wir an einen Strand, tauchen Sandburgen, Sonnenschirme, Limonadenverkäufer und bis zum Halse eingegrabene Väter und Mütter vor dem geistigen Auge auf. Tatsächlich tobt unter der sauberen, hellen, kleinkörnigen Oberfläche das pralle Leben. Viele kleine und kleinste Geschöpfe verbringen hier ihr ganzes Leben und haben es recht bequem: Geschützt vor der Sonne, bei annähernd gleichbleibender Feuchtigkeit und gleichem Salzgehalt lässt es sich gut aushalten. Oder nehmen wir die Seepocke, der landauf, meerab wenig Beachtung zuteil wird. Wer hätte gedacht, dass das Krustentier in der Lage ist, auf jeder Welle zu den unwahrscheinlichsten Orten des Meeres zu surfen, sich anzusiedeln und zu überleben? Der Adaptionskönig treibt die evolutionäre Kompetenz auf die Spitze, indem das zwei Zentimeter lange Tier mit seinem sieben Zentimeter langen Penis mit all seinen Mit-Seepocken für die nächste Generation sorgen kann, da sie samt und sonders Hermaphroditen sind. Kein Wunder also, dass die Seepocke zu den favorisierten Studienobjekten von Charles Darwin gehörte. Denn: Mehr Survival of the Fittest geht nicht.
Der Autor
Tom Hird, geboren 1984 in Halifax, Meeresbiologe, Taucher, Autor, Wissenschaftskommunikator, hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, seinen Lesern und seinem Fernsehpublikum die Natur unter dem Meeresspiegel nahezubringen. Seine Leidenschaft für Wildtiere und seine Erfahrungen in freier Wildbahn verarbeitet er unterhaltsam und gewitzt im Fernsehen in seiner Rolle als Starmoderator der BBC, in Glossen und Büchern. Wenn er nicht gerade unter Wasser ist, lebt er in London.
Tom Hird
OZEANOPÄDIE
(aus dem Englischen von Nadine Lipp), erscheint bei
Terra Mater Books, A-5061 Elsbethen, Hardcover mit
Schutzumschlag und Lesebändchen, etwa 280 Seiten,
24,- € [D] │33,90 CHF, ISBN 978-3-99055-004-5,
Erscheinungstermin: 11. Oktober 2018.
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