HAMBURGMAGAZIN · AUSGABE 2/2019
Riesenpott in schwerem Sturm
Berlin. Während der internationalen Tourismus-Börse (ITB) wurde von den dort sehr zahlreich versammelten Experten auch die Frage nach der Schiffssicherheit an Bord bei schwerem Sturm diskutiert. Die meistgestellte Frage war, ab wann und in welcher Form Passagiere und Besatzung an Bord vorgewarnt werden sollten, ähnlich wie das bei bevorstehenden Turbulenzen in Passagiermaschinen geschieht.
Anlass für diese Überlegungen waren die Vorkommnisse auf der NORWEGIAN ESCAPE vor der amerikanischen Ostküste am 4. März dieses Jahres. Auf dem Weg von New York nach Cape Canaveral/Florida war das zu den größten Cruise-Linern der Welt zählende Schiff in einen schweren Sturm geraten und hatte sich nach einer heftigen Böe um mehr als zehn Grad zur Seite gelegt, ehe es sich wieder aufrichtete. Über 30 Passagiere in Bars und öffentlichen Räumen wurden verletzt, es entstand erheblicher Sachschaden an Bord, vor allem am Mobiliar und in den Speise-Sälen. Da dieser Vorfall gegen Mitternacht passierte, hielten sich glücklicherweise keine Passagiere und auch keine Besatzungsmitglieder an Deck auf. Mittlerweile wurden die Schäden in Port Canaveral behoben, und das Schiff hat seine Reise zu den Bahamas fortgesetzt.
Hafengeburtstag im Mai
Hamburg. Vom 10. bis 12. Mai 2019 werden Zehntausende von Gästen aus ganz Europa zum 830. Hafengeburtstag in Hamburg erwartet. Über dreihundert Schiffe aller Größen und Bauarten werden zu Gast sein, darunter eine ganze Armada von Oldtimern und stolzen Seglern aus aller Welt. Viele gastronomische Betriebe und Vergnügungszelte, Musik- und Theaterbühnen, Buden, Karussells, Verkaufsstände werden auf einer fünf Kilometer langen Vergnügungsmeile entlang der Elbe aufgebaut. AIDA Cruises veranstalten am 11. Mai um 22 Uhr ein gigantisches Feuerwerk über der Elbe, am 12. Mai wird eine große Auslauf-Parade wieder Hunderttausende an beiden Ufern in ihren Bann ziehen. Natürlich werden auch Schlepper-Ballett und Schiffstaufen nicht fehlen. In Schulau wird es immer wieder aus den Lautsprechern dröhnen, das berühmte: „WILLKOMMEN IM HAMBURGER HAFEN!”
Die Kreuzfahrtwelt zu Gast in Hamburg
Hamburg. Die größte Fachmesse für den internationalen Kreuzfahrtmarkt findet in diesem Jahr in Hamburg statt. Zur „Seatrade Europe” vom 11. bis 13. September 2019 treffen sich alle maßgeblichen Kreuzfahrt-Organisationen, Reedereien, Schiffbauer, Hafenbehörden, Touristik-Unternehmen und Veranstalter auf dem Hamburger Messegelände. Gleichzeitig werden sich die Fachleute für den Innenausbau von Kreuzfahrtschiffen zu ihrer „Marine Interiors”-Fachmesse treffen.
Die EUROPA wird renoviert:
Heiterkeit und Kulinarik als neue Markenzeichen
Hamburg. Hapag-Lloyd Cruises, die am Hamburger Ballindamm beheimatete Reederei, will ihre EUROPA bald noch mehr dem aktuellen Publikumsgeschmack anpassen. Deshalb geht das Schiff im Oktober 2019 in Hamburg ins Dock von Blohm & Voss. Mit der inneren Renovierung soll das Bordgeschehen weiter gelockert und gesellschaftlich entkrampft werden. Life and Leisure lösen die letzten Reste überholter Etikette ab. Neue kleinere Restaurants sollen individuelle Geschmäcker befriedigen, frische Farben werden den letzten Rest hanseatischer Tradition und Gediegenheit fröhlich überstrahlen, alles soll noch lockerer, noch heiterer werden. Der Hamburger Sterne-Koch Kevin Fehling bekommt an Bord sein eigenes Restaurant, das GLOBE. Insgesamt wird es dann fünf unterschiedliche Restaurants geben, der Begriff „Speisesaal” wird zur Vergangenheit gehören. Hapag-Lloyd passt sich damit den Erfahrungen der amerikanischen Konkurrenz an. Oceania Cruises haben das Speisen an Bord ihrer Schiffe mit Erfolg zum maritimen Kult gemacht und damit erheblichen Erfolg. „Klasse statt Masse” ist das Motto für eine zahlungskräftige Klientel.
Rechtsgültige Trauungen an Bord
Hamburg. Neue Bestimmungen der Standesämter machen es möglich: Trauungen an Bord sind jetzt rechtsgültig. Bisher waren solche Eheschließungen nur schöne, aber rechtlich unverbindliche Zeremonien. Jetzt ist die Hochzeit auf Hoher See gesetzlich möglich. Der Rechtsakt kann durch den Kapitän oder einen mitreisenden Standesbeamten vollzogen werden. Einzige Voraussetzung: die Eheleute müssen volljährig sein, und das Schiff muss sich in internationalen Gewässern befinden. Hapag-Lloyd bietet bereits Hochzeitsreisen als Inklusiv-Paket an.
Der Bau-Boom geht weiter:
Kreuzfahrtschiffe bleiben eine Woche auf See
Monfalcone/Berlin. Der Bau-Boom für Riesenschiffe geht weiter. Weltweit sind mehrere Dutzend solcher Mammut-Schiffe im Bau. Jüngstes Beispiel: der Auftrag von Princess Cruises an die italienische Großwerft Fincantieri in Monfalcone bei Genua. Dort werden zwei weitere riesige Schiffe für je 4.300 Passagiere gebaut. Sie werden, nach dem Vorbild der in Papenburg gebauten AIDAnova, mit LNG-Antrieb ausgerüstet. – Das Thema der immer enger werdenden Hafenkapazitäten für all die schon abgelieferten und noch in Auftrag gegebenen Schiffe spielt auch in mehreren Fachkonferenzen auf der ITB in Berlin eine wichtige Rolle. Etliche Reedereien planen, ihre großen Schiffe während einer Kreuzfahrt überhaupt nicht mehr anlegen zu lassen, sondern mit ihnen eine Woche lang zu kreuzen, um dann zum Ausgangspunkt der Reise zurückzukehren. Dadurch erhöht sich der Umsatz an Bord, Hafengebühren werden eingespart, zeitaufwendige Anlegemanöver entfallen. Derartige Pläne gibt es für das Mittelmeer, die Karibik und den Indischen Ozean.
Japan-Verkehr vor großem Aufschwung
Hamburg. Über 500 Fachleute aus Schifffahrt, Wirtschaft und Politik nahmen am diesjährigen Schifffahrtsessen des Deutschen Nautischen Vereins in Hamburg teil. Dabei wiesen mehrere Redner auf die epochalen Umwälzungen in der Internationalen Handelsschifffahrt hin. Rolf Habben Jansen, Vorstandsvorsitzender von Hapag-Lloyd, Deutschlands größter Container-Reederei, wies auf die technischen Umwälzungen auch im Bau von Frachtschiffen hin. Auch diese Schiffe würden nun in zunehmendem Maße mit LNG-Antrieb gebaut. Die Folge sei ein absehbar enorm wachsender Bedarf an Flüssiggas. Dieser Treibstoff wird vor allem aus Nordafrika, aus Saudi-Arabien und aus den USA bezogen. Das Mengen-Wachstum im internationalen Seeverkehr werde durch Restriktionen reduziert. Jetzt komme es darauf an, die Lieferketten über See zu stabilisieren. Während der Handelsverkehr mit China wegen der Spannungen zwischen Washington und Peking stagniere, erfahre der Güter-Austausch mit Japan dank des neuen Handelsvertrages zwischen Berlin und Tokio einen enormen Aufschwung. Der Vorsitzende des Deutschen Nautischen Vereins, Frank Wessels, wies auf den großen Personalbedarf in der Schifffahrt hin. Es sei dringend geboten, die Ausbildung des nautischen und technischen Nachwuchses zu intensivieren.
Volle Auslastung aller Werften in Deutschland
Hamburg/Bremen/Rostock. Alle deutschen Werften sind derzeit voll ausgelastet und haben Aufträge für die kommenden Jahre. Allein Lürssen (German Naval Yards) baut vier Fregatten und fünf Korvetten im Gesamtwert von rund 8 Milliarden Euro für die deutsche Marine. Bei Abeking & Rasmussen sind vier Mega-Yachten für arabische und russische Auftraggeber im Bau. Die Flensburger Schiffbau-Gesellschaft baut sieben große Ro-Ro-Fähren. Die Genting-Gruppe in Warnemünde baut sechs große Kreuzfahrtschiffe für den asiatischen Markt. German Dry Docks in Bremerhaven bauen drei Containerschiffe und eine große Fähre. Auf der zu Lürssen gehörenden Hamburger Werft Blohm & Voss sind drei Kreuzfahrtschiffe und drei Containerschiffe im Bau. Meyer Papenburg ist mit 13 großen Kreuzfahrtschiffen bis zum Jahr 2023 ausgebucht. Auch die Peene-Werft in Wolgast, Thyssen Krupp in Kiel, die Neptun Werft in Rostock und alle kleineren Werften melden volle Auftragsbücher.
China ante portas
Hamburg/Shanghai. Mit Industrie-Investitionen in mehrfacher Milliardenhöhe strebt China in den internationalen Schiffbau-Markt. Dabei überspringen die Chinesen mehrere traditionelle Entwicklungsstufen und wenden sich von Anfang an dem LNG-Antrieb zu. Shanghai ist Partnerstadt von Hamburg. Die staatliche Werft Shanghai Shipbuildung (SWS) baut zur Zeit das erste große Passagierschiff (133.000 BRZ) für über 4.000 Passagiere. Drei weitere Schiffe dieser Größenordnung sind geplant. Zunächst sollen diese Schiffe auf dem eigenen Markt im Südchinesischen Meer und im östlichen Pazifik eingesetzt werden. Mittelfristig planen die Chinesen auch den Einstieg in den amerikanischen und europäischen Kreuzfahrtmarkt.
Chinesen bauen Fährschiff für die Ostsee
Hamburg/Travemünde. Die TT-Line (Travemünde-Trelleborg) hat ihr neuestes und modernstes Schiff in China bestellt. Der Auftrag ging an die Werft Jiangsu Jinlin, das Schiff wird 2022 ausgeliefert. Diese Ro-Ro-Fähre soll die umweltfreundlichste auf der Ostsee werden. Sie wird mit einer kombinierten Diesel- und LNG-Maschine angetrieben und zählt zur Kategorie der „Green Ships”.
Kontroverse unter Segeln
Hamburg/Elsfleth. Während die Bundesmarine vor der Entscheidung steht, ihr reparaturbedürftiges Segelschulschiff GORCH FOCK endgültig außer Dienst zu stellen, sind Großsegler in der Kreuzfahrt weiter erfolgreich unterwegs. Die Elsflether Werft, die die GORCH FOCK reparieren sollte und dafür schon hohe Millionenbeträge vom Bonner Verteidigungsministerium überwiesen bekam, steht nun im Mittelpunkt eines Korruptionsskandals und hat bankrott angemeldet. Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss soll nun versuchen, die möglicherweise kriminellen Machenschaften auf der Werft und im Bundesverteidigungsministerium aufzuklären. Der Streit um eine militärische Ausbildung unter Segeln ist wieder voll entbrannt. Die einen beschwören die maritime Tradition, die anderen halten das Geturne in den Masten im Zeitalter der Digitalisierung für anachronistisch und überholt. Während sich dieser Streit auch im Verteidigungsministerium zuspitzt, lässt die Hamburger Reederei Sea Cloud Cruises in Spanien eine prächtige Drei-Mast-Bark mit 4.000 Quadratmetern Segelfläche bauen. Dieses Segelschiff wird ähnlich groß wie die GORCH FOCK sein, soll 2020 ausgeliefert werden und dann mit 136 Passagieren an Bord über die Meere segeln. Zusätzlich zu ihrer Takelage erhält das Schiff einen modernen Hybridmotor für eventuelle Flauten.
Rettung auf See
Hamburg. Um die Rettung auf See wirklichkeitsnah zu trainieren, haben die Hansestadt Hamburg, die Internationale Transportarbeiter Gewerkschaft, der Maritime Employers Council und andere Organisationen in Hamburg ein maritimes Rettungszentrum eröffnet. Dort sollen all die Maßnahmen trainiert werden, die bei einer Havarie auf See notwendig sind. Dazu gehört das Personalmanagement an Bord im Notfall, das Ausschiffen, das Bedienen der Rettungseinrichtungen, das Verhalten in den Booten, die Rettung per Hubschrauber, das Verhalten bei Kollisionen, bei Bränden oder bei Helikopter-Havarien auf rauer See. Außerdem sind sogenannte „Offshore Lehrgänge” geplant, also wirklichkeitsnahe Szenerien auf See.
So kommt das Salz ins Meer und andere meerkwürdige Geschichten
Tom Hird
OZEANOPÄDIE
291 unglaubliche Geschichten vom Meer
Die Meere bedecken drei Viertel der Oberfläche unseres Planeten. Strände sind schön, Tsunamis schrecklich, die Seefahrt gefährlich, die Tierwelt unter Wasser atemberaubend. So weit, so bekannt. Aber wer weiß schon, dass die Weißen Klippen von Dover ein Werk von Mikroalgen sind? Oder dass Algen nicht Pflanzen sind, sondern einfach Algen und ökologisch betrachtet eine der erfolgreichsten Organismen auf dem Planeten, geschweige denn, wie der Tiefseefisch das Licht anmacht?
Denken wir an einen Strand, tauchen Sandburgen, Sonnenschirme, Limonadenverkäufer und bis zum Halse eingegrabene Väter und Mütter vor dem geistigen Auge auf. Tatsächlich tobt unter der sauberen, hellen, kleinkörnigen Oberfläche das pralle Leben. Viele kleine und kleinste Geschöpfe verbringen hier ihr ganzes Leben und haben es recht bequem: Geschützt vor der Sonne, bei annähernd gleichbleibender Feuchtigkeit und gleichem Salzgehalt lässt es sich gut aushalten. Oder nehmen wir die Seepocke, der landauf, meerab wenig Beachtung zuteil wird. Wer hätte gedacht, dass das Krustentier in der Lage ist, auf jeder Welle zu den unwahrscheinlichsten Orten des Meeres zu surfen, sich anzusiedeln und zu überleben? Der Adaptionskönig treibt die evolutionäre Kompetenz auf die Spitze, indem das zwei Zentimeter lange Tier mit seinem sieben Zentimeter langen Penis mit all seinen Mit-Seepocken für die nächste Generation sorgen kann, da sie samt und sonders Hermaphroditen sind. Kein Wunder also, dass die Seepocke zu den favorisierten Studienobjekten von Charles Darwin gehörte. Denn: Mehr Survival of the Fittest geht nicht.
Der Autor
Tom Hird, geboren 1984 in Halifax, Meeresbiologe, Taucher, Autor, Wissenschaftskommunikator, hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, seinen Lesern und seinem Fernsehpublikum die Natur unter dem Meeresspiegel nahezubringen. Seine Leidenschaft für Wildtiere und seine Erfahrungen in freier Wildbahn verarbeitet er unterhaltsam und gewitzt im Fernsehen in seiner Rolle als Starmoderator der BBC, in Glossen und Büchern. Wenn er nicht gerade unter Wasser ist, lebt er in London.
Tom Hird
OZEANOPÄDIE
(aus dem Englischen von Nadine Lipp), erscheint bei
Terra Mater Books, A-5061 Elsbethen, Hardcover mit
Schutzumschlag und Lesebändchen, etwa 280 Seiten,
24,- € [D] │33,90 CHF, ISBN 978-3-99055-004-5,
Erscheinungstermin: 11. Oktober 2018.
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