AIDANOVA · AUSGABE 2/2019
Die AIDAnova am 21. Februar 2019 auf Fuerteventura. Foto: Christian Eckardt, Hagen im Bremischen (5) · AIDA Cruises, Rostock (4)
Christian Eckardt
Bislang nur positive Erfahrungen mit dem ersten LNG-Kreuzfahrtschiff AIDAnova
Kreuzfahrtschiff fährt zu 100 Prozent mit emissionsarmem Treibstoff
Auf den ersten Blick sieht die neue AIDAnova aus wie die anderen Kreuzfahrtschiffe der Reederei, mit Kussmund und bunter Rumpfbemalung. Doch nicht nur die Größe des 337 Meter langen Schiffes und die Vermessung mit einer Bruttoraumzahl von 183.900 verleihen dem 13. Kussmundschiff von AIDA Cruises den Titel „größtes in Deutschland erbautes Kreuzfahrtschiff”. Auch ein weiterer Titel, der des derzeit einzigen und mit dem aktuell umweltfreundlichsten Antrieb ausgestattete Kreuzfahrtschiff, macht die AIDAnova zu einem ganz besonderen Schiff.
Seit fast drei Monaten ist die AIDAnova nun schon für die Rostocker Reederei AIDA Cruises im Einsatz, derzeit auf einer siebentägigen Rundreise auf den Kanarischen Inseln mit einem Abstecher nach Funchal auf der Atlantik-Insel Madeira. Alle zwei Wochen wird das Schiff nachgetankt und das ist der einzige Moment, dass der Gast des Schiffes erkennt, dass kein Diesel sondern Flüssigerdgas (LNG) betankt wird. Denn wenn das Tankschiff CORAL METHANE, das im Auftrag des internationalen Ölkonzerns Shell unterwegs ist und mit dem auf 162 Grad Minus gekühlten und somit verflüssigten Treibstoff längsseits der AIDAnova geht, gelten für die Gäste auf Deck 5 im Umfeld der Zapfstelle besondere Sicherheitsaspekte. Da es derzeit noch kein LNG-Tanklager auf den Kanarischen Inseln gibt, musste AIDA mit dem Shell-Konzern ein Logistik-Konzept entwickeln, bei dem nun alle zwei Wochen das Flüssigerdgas von Rotterdam nach Teneriffa gebracht wird. Zum Einsatz hierfür kommt die 2009 in Polen erbaute und erst im letzten Jahr zum LNG-Tanker umgebaute CORAL METHANE, die über eine Tankkapazität für 7.500 Kubikmeter verfügt, wobei der Tanker selber auch LNG als Treibstoff nutzt.
Schon seit vielen Jahren leistet AIDA Cruises Pionierarbeit im Bereich der alternativen Treibstoffe und hat bereits in Flüssigerdgas (LNG) als Antriebstechnologie investiert, als dies in der Branche noch kein großes Thema war. Somit war die Indienststellung der AIDAnova im Dezember ein weiterer wichtiger Meilenstein für das Kreuzfahrtunternehmen.
Eine wegweisende Premiere in der internationalen Kreuzfahrtindustrie war die Installation der isolierten Gastanks an Bord eines Kreuzfahrtschiffes. Die drei mittschiffs installierten Tanks, die über drei Decks reichen, verfügen über ein Volumen von insgesamt rund 3.500 Kubikmeter. Zwei Tanks sind 35 Meter lang und haben einen Durchmesser von 8 Metern. Ein kleinerer, rund 28 Meter langer Tank verfügt über ein Volumen von 500 Kubikmeter. Diese versorgen die vier Dual-Fuel-Hauptmotoren der AIDAnova von Caterpillar-MaK vom Typ M 46 DF mit einer Maschinenleistung von insgesamt 61.760 kW mit dem emissionsarmen LNG. Eine vollständige Tankladung würde für drei Wochen ausreichen, zur Sicherheit wird derzeit aber schon alle 14 Tage nachgetankt. Durch die hauptsächliche Nutzung von emissionsarmem LNG statt Dieselöl war somit auch an Bord des Cruisers keine Installation eines zusätzlichen Abgasreinigungssystems notwendig.
Im Maschinenkontrollraum der AIDAnova laufen alle wichtigen Schiffsinformationen, die an über 25.000 verschiedenen Meßstellen erfasst werden, zusammen. Der zuständige Chief Engineer der AIDAnova, Sven Blohm gehört mit zu dem Team von AIDA Cruises, das sich schon seit 10 Jahren mit dem Thema LNG beschäftigt und sieht die Indienststellung der AIDAnova als Meilenstein in der maritimen Wirtschaft. Noch nie zuvor wurde ein Kreuzfahrtschiff mit einem LNG-Antrieb ausgestattet. Zur Sicherheit kann der Schiffsbetrieb auch jederzeit von LNG auf Marinediesel gewechselt werden, der in zwei Tanks noch mitgeführt wird. Dies würde nach Auskunft von Blohm nur ein paar Millisekunden dauern, doch bislang war ein Wechsel überhaupt nicht notwendig, der Betrieb mit dem Flüssigerdgas lief bislang störungsfrei. Blohm lobt die Qualität der Meyer Werft und der Zulieferer, die hier Pionierarbeit geleistet und einen tollen Job gemacht haben, so Blohm. Auf die aktuellen Erfahrungen von Blohm und seinen Kollegen, darunter auch den ersten LNG-Ingenieur an Bord eines Kreuzfahrtschiffes, setzten nun auch weitere Reedereien aus dem Carnival-Konzern, zu dem auch AIDA Cruises gehört. So sind aktuell italienische Kollegen von Costa Cruises an Bord und lassen sich in die Besonderheiten zum LNG-Betrieb einarbeiten. Schon im Herbst dieses Jahres kommt das zweite Schiff dieser Klasse, die COSTA SMERALDA für Costa Kreuzfahrten in Fahrt. Doch das baugleiche Schwesterschiff der AIDAnova entsteht nicht in Papenburg sondern bei Meyer Turku in Finnland.
Der aktuelle Kapitän der AIDAnova, Vincent Cofalka zeigt sich sichtlich zufrieden mit dem Einsatz von LNG und konnte jetzt stolz berichten, dass das Schiff seit der Übernahme am 12. Dezember an der Columbuskaje in Bremerhaven zu 100 Prozent nur mit Flüssigerdgas gefahren wurde. Eine Leistungsvermindung bei den Fahrteigenschaften konnte er bislang nicht feststellen. Das für den Notfall mitgeführte Marine-Diesel wurde bislang noch nicht verwendet. Damit stößt das Kreuzfahrtschiff in eine neue, umweltfreundlichere Zeit im maritimen Tourismus ein, denn bislang gelten die Kreuzfahrtschiffe, die mitunter auch noch Schweröl verbrennen, als Umweltverschmutzer auf Hoher See und in den Häfen. Durch den Einsatz von LNG, sowohl auf See als auch in den Häfen, wird die Emission von Feinstaub und Schwefeloxiden auf der AIDAnova nahezu vollständig vermieden und der Ausstoß von Stickoxiden und CO2 ist geringer.
Auch der Naturschutzbund Deutschland (NABU), der schon seit vielen Jahren gegen die Luftverschmutzung durch Abgase der Kreuzfahrtschiffe ankreidet, sieht den Einsatz von LNG für einen großen Gewinn – besonders durch die verminderten Luftbelastungen für die Anwohner in den Häfen. Zumal die AIDAnova das Flüssigerdgas auch während der Hafenliegezeit verbrennt, so dass keine schädlichen Dieselabgase in die Luft gegeben werden. Daher landete die AIDAnova im aktuellen Nabu-Kreuzfahrtranking auf dem ersten Platz als das aktuell sauberste Kreuzfahrtschiff weltweit. Jedoch merkte der NABU an, dass LNG auch weiterhin ein fossiler Kraftstoff ist und der Einsatz aus Klimaschutzsicht nicht zu begrüßen und somit nur als Übergangslösung zu sehen ist.
Die neun von dem amerikanischen Kreuzfahrtkonzern Carnival Corp. bei der Meyer Werft fest bestellten Schiffe der so genannten Helios-Klasse, die bis 2023 für vier unterschiedliche Tochterunternehmen in Fahrt kommen sollen, darunter in den Jahren 2021 und 2023 noch zwei Schwesterschiffe für AIDA Cruises, haben weitestgehend die gleichen Abmessungen. Die Schiffe sind 337 Meter lang, 42 Meter breit und verfügen insgesamt über 20 Decks mit 2.626 Kabinen für 5.228 Passagiere bei Doppelbelegung und 6.600 Passagieren bei Vollauslastung sowie rund 1.400 Crewmitgliedern. Auch diese Schiffe sollen mit Flüssigerdgas betrieben werden.
Auch andere Reedereien setzen derzeit auf LNG-Schiffe
Doch nicht nur Carnival und deren Tochterunternehmen setzten derzeit bei den Neubauten auf den LNG-Antrieb. So entstehen zwischen 2024 und 2026 für TUI Cruises auf der italienischen Fincantieri-Werft in Monfalcone zwei LNG-Neubauten. Auch die europäische Reederei MSC Cruises hat in Frankreich vier LNG-Neubauten der MSC-World-Class-Baureihe bestellt. Chantiers de l’Atlantique wird die bisher größten Kreuzfahrtschiffe mit LNG für bis zu 6.800 Passagiere zwischen 2022 und 2026 abliefern.
Neben der Verringerung der Emissionen ist die Erhöhung der Effizienz ein weiteres wesentliches Kriterium für den umweltfreundlichen Schiffsbetrieb. Dazu trägt nach Angaben von AIDA auch die hydrodynamische Optimierung des Schiffsrumpfes der AIDAnova bei. Während die vor ein paar Jahren in Japan erbauten Schwesterschiffe der Hyperion-Klasse, der AIDAprima und AIDAperla einen senkrechten Bug haben, verfügt die AIDAnova über einen leicht abgeschrägten Bug, der entsprechend der neuen Konstruktion des Schiffes der auf die AIDAnova-Reisegeschwindigkeit von 17 Knoten optimiert wurde. Dadurch wird Antriebsenergie eingespart. Weiterhin trägt der Einsatz von zwei modernen ABB-Pod-Antrieben signifikant zur Senkung des Treibstoffverbrauches bei. Der Antrieb liegt hierbei in zwei strömungsgünstigen Gondeln, die um 360 Grad um die Hochachse drehbar sind, was zur exzellenten Manövrierfähigkeit des Schiffes beiträgt.
Innovatives Energiemanagement und -monitoring
Alle Schiffe der AIDA-Flotte verfügen über ein integriertes Energiemanagementsystem. Darüber hinaus sind die Schiffe an die konzernweite Datenplattform „Neptune” angeschlossen, über die alle betrieblichen und technischen Informationen in Echtzeit erfasst werden und somit zur Optimierung des Schiffsbetriebs führen. Die wichtigsten Kategorien, die dadurch überwacht werden können, sind zum Beispiel die Antriebsleistung und -effizienz, Trimmung, Stromversorgung, Abwärmenutzung und Klimatisierungsleistung sowie Kraftstoffverbrauch.
Effizienter Hotel- und Gastronomiebetrieb
Dank energieeffizienter Technik, einer umfangreichen Energierückgewinnung sowie der intelligenten Verteilung und Nutzung der Abwärme, konnte die Energieeffizienz des Hotel- und Gastronomiebetriebes deutlich gesteigert werden. Zudem wird das Frischwasser an Bord durch modernste Osmosetechnologie energieeffizient aus dem Meerwasser produziert.
Der Wasserverbrauch an Bord konnte durch verschiedenste Effizienzmaßnahmen gesenkt werden. Die im unteren Teil des Schiffes befindliche Wäscherei verfügt über sogenannte „Tunnelwasher”, so dass nur 2,5 Liter Wasser pro Kilogramm Wäsche verbraucht wird. Durch den Einsatz von Wärmetauschern kann die Abwärme des Abgases optimal genutzt werden, sodass auf den Betrieb von Hilfskesseln weitestgehend verzichtet werden kann. Die gesamte Abwärme wird in einem zentralisierten Abwärmeverteilsystem jeweils den Verbrauchern an Bord zugeführt, die gerade den höchsten Energiebedarf haben. Frequenzgesteuerte Motoren sowie Drehzahlgesteuerte Pumpen und Lüfter stellen sicher, dass nur die Leistung abgerufen wird, die tatsächlich benötigt wird. In den Kabinen und öffentlichen Bereichen setzt AIDA Cruises konsequent auf den Einsatz von LED Technologie und auf effiziente Dimmungsanlagen. Der Abfall an Bord wird nach modernsten Standards getrennt, verdichtet und wo immer möglich recycelt. Durch verschiedene Initiativen wird das Abfallaufkommen kontinuierlich gesenkt.
Bis April verkehrt die AIDAnova noch für siebentägige Kreuzfahrten entlang der Kanaren mit Zusteigmöglichkeiten in Teneriffa und Gran Canaria. Ab April 2019 nimmt die AIDAnova dann Kurs auf mediterrane Ziele wie Mallorca, Barcelona, Rom, Florenz und Marseille. Damit wird das neue Kreuzfahrtschiff auf den beiden beliebtesten Routen der deutschen Gäste unterwegs sein. https://www.aida.de
Rückblick auf die Taufe der AIDAnova in Lissabon. Erstmals taufte keine einzelne Taufpatin das Schiff, sondern eine ganze Familie: Asad (33) und Sonja (31) Mirza aus Hanau mit ihren Kindern Adrian (3) und Sophia (2). Links AIDAnova-(Tauf-)
Kapitän Boris Becker. Foto: AIDA Cruises, Rostock
Der aktuelle AIDAnova-Kapitän Vincent Cofalka im Februar 2019. Foto: Christian Eckardt, Hagen im Bremischen
Sven Blohm, der Chief Engineer auf der AIDAnova, im Februar 2019. Foto: Christian Eckardt, Hagen im Bremischen
Ein Teil des Maschinenraums der AIDAnova. Foto: Christian Eckardt, Hagen im Bremischen
Im Maschinenraum der AIDAnova. Foto: AIDA Cruises, Rostock
Der LNG-Tank-Einbau bei der Neptun Werft, Rostock. Foto: AIDA Cruises, Rostock
Da es derzeit noch kein LNG-Tanklager auf den Kanarischen Inseln gibt, musste AIDA mit dem Shell-Konzern ein Logistik-Konzept entwickeln, bei dem nun alle zwei Wochen das Flüssigerdgas von Rotterdam nach Teneriffa gebracht wird.
Foto: AIDA Cruises, Rostock
AIDAnova in Las Palmas, rechts im Bild läuft die MARELLA DREAM ein. Foto: Christian Eckardt, Hagen im Bremischen