NORDSEEMAGAZIN · AUSGABE 6/2019
In Bremen Urlaub planen
Von Freitag bis Sonntag, 8. bis 10. November, öffnet die Messe Reiselust ihre Tore in den Hallen 4 und 5 in Bremen. Im Zentrum der Messe stehen die Seychellen. Längst sind sie nicht mehr nur die „Inseln der Liebe” für Frischverliebte und Honeymooner. Neben Entspannung gibt es auch Action. „Auf den rund 115 winzigen, zum Teil erschlossenen Inseln der Seychellen kommen Bergwanderer ebenso auf ihre Kosten wie Profisegler – aber auch Naturliebhaber. Denn man kann zum Beispiel Tiere und Pflanzen entdecken, die es nur hier gibt”, sagt Edith Hunzinger, Direktorin des Seychelles Tourist Office. Messebesucher können die Inselrepublik in der Halle 4 regelrecht testen: Das Seychelles Tourist Office plant ein buntes Programm und liefert einen umfangreichen Einblick in das Reiseland – von Tanz und Musik bis zu landestypischen Speisen.
Wer gerne wandert und nicht weit reisen möchte, wird im österreichischen Höhenwandergebiet Wildkogel, der Partnerregion der ReiseLust, in Halle 5 fündig.
Unbegrenzte Möglichkeiten bietet das „USA & Kanada”-Spezial in Halle 4. Quer durch beide Länder können Freunde des Roadtrips eine der beiden weltweit schönsten Küstenstraßen erkunden, den Highway 1 in Kalifornien oder den Dempster Highway in Kanada, der weit über den Polarkreis hinaus ans Eismeer führt. Naturliebhaber reiten hier wie Cowboys auf einem Pferd und durchstreifen dabei die oft menschenleeren Weiten beider Staaten, während Sportbegeisterte in den Rocky Mountains oder Appalachen bergsteigen. Fans von Städtetrips, die sich für Festivals, Einkaufsmeilen und pittoreske Altstadtquartiere begeistern, kommen auch auf ihre Kosten.
Die ReiseLust 2019 ist vom 8. bis zum 10. November täglich von 10 Uhr bis 18 Uhr in den Hallen 4 und 5 geöffnet. Das Ticket kostet 10 Euro, ermäßigt 8,50 Euro, am Freitag ab 15 Uhr 5 Euro. Die Eintrittskarte gilt auch für die zeitgleichen Messen CARAVAN Bremen sowie FISCH&FEINES mit dem CRAFT BEER EVENT.
Höhere Deiche werden nötig
Die Küstenlinie des Landes Niedersachsen ist 1300 Kilometer lang, 102 Kilometer ist die Kugelbake in Cuxhaven von der Landesgrenze zu Hamburg entfernt. Landräte, Bürgermeister und Vertreter von Deichverbänden trafen sich in Stade, auf halber Strecke zwischen Cuxhaven und Hamburg, um Deicherhöhungen zu besprechen, die durch den steigenden Meeresspiegel der Nordsee nötig werden. Man rechnet mit Bauzeiten bis zu 35 Jahren. Michael Roesberg, parteiloser Landrat des Kreises Stade, will es schneller haben. Hinter den Elbdeichen leben eine halbe Million Menschen. Es gibt keinen Plan für Rettungsmaßnahmen, falls die befürchtete Supersturmflut schon in einigen Jahren kommt. Wie hoch die Deiche werden müssen, sollte rasch verbindlich festgelegt werden. Ihre Höhe hängt ab von Windstärke und Wellengang am jeweiligen Abschnitt. Die Experten müssen dabei vom schlimmsten Fall ausgehen, etwa wenn das Normalhochwasser durch eine Springtide bei Vollmond oder Neumond verstärkt wird und dazu ein Orkan aus Nordwest Wassermassen in die trichterförmige Elbmündung schiebt und der Fluss sich nicht ins Meer entleeren kann. Auch ein Klimazuschlag für die kommenden hundert Jahre muss berücksichtigt werden. Dafür rechnet man mit 50 Zentimetern.
Was Bremen sein will
„Bremens DNA” sollten zwischen 29. August und 30. September 2019 Bremerinnen und Bremer bestimmen, indem sie in einer stadtweiten Befragung vier Begriffe beisteuerten und damit erklärten, was Bremen für sie bedeutet. Aus den Vorschlägen soll eine Marketingstrategie entwickelt werden, um mehr Touristen und mehr Fachkräfte in die Stadt zu locken. „Wir wollen wissen, warum die Menschen gern hier leben und stolz auf ihre Stadt sind”, erklärte dazu die neue Senatorin für Wirtschaft, Arbeit und Europa, Kristina Vogt (Linke). Nur durch Befragung der Bürger erhalte man ein authentisches Bild. Sie selber nannte für die Stadt vier Schlagwörter: Werder, kurze Wege, Innovationen und Bodenständigkeit. Peter Siemering, Geschäftsführer der Bremer Wirtschaftsförderung (WFB), will die vier meist genannten Begriffe in das Marketingkonzept der Stadt aufnehmen, um die Stadt noch stärker in die Köpfe der Zielgruppen zu bringen.
Helgoländer Börteboot als Wassertaxi
Als Wassertaxi in Bremerhaven dient seit April ein Börteboot aus Helgoland. Das fast 8 Meter lange und 2,80 Meter breite offene Boot fährt sonnabends und sonntags zwischen 11 und 17 Uhr zwischen dem Schaufenster Fischereihafen und Havenwelten. Eine Fahrt kostet 7,50 € für Erwachsene, 5 € für Kinder. Bezahlt wird am Ende der Fahrt in bar. Das Börteboot kann auch für private Fahrten gebucht werden (www.lottjen.com) Oliver Seibel hatte 2016 das Boot von einem Helgoländer gekauft und zusammen mit den Mitgliedern eines eigens gegründeten Vereins restauriert.
Vom Zuschnitt neuer Zuständigkeiten
Der neue Senat in Bremen hat die Zuständigkeiten einzelner Senatoren neu geregelt. Häfen, Wissenschaft und Justiz gehören jetzt in die Verantwortung der neuen Senatorin Claudia Schilling (SPD). Seit Jahren waren Häfen im Ressort Wirtschaft integriert. Heiner Heseler, Geschäftsführer der Initiative Stadtbremische Häfen, hält Hafenfragen für wirtschaftspolitische Fragen, die eigentlich zur Wirtschaftssenatorin gehören. Auch der Geschäftsführer des Vereins Bremer Spediteure hält den neuen Zuschnitt für „willkürlich”. Die Handelskammer Bremen meldet ebenfalls Bedenken an.
Sorgen um die deutsche Flotte
1884 wurde der „Verein der Rheder des Unterwesergebietes” von 35 Reedern in Bremen gegründet, „um die Interessen der deutschen Rhederei zu vertreten und zu fördern”. Regelmäßig lädt der Verein heute zu Versammlungen ein und informiert über aktuelle Themen der nationalen, europäischen und globalen Schifffahrtspolitik. Auf der diesjährigen Mitgliederversammlung war Sorge um die schrumpfende deutsche Handelsflotte ein großes Thema. Seit 2012 wuchs die weltweite Handelsflotte um fast 25 Prozent, während die deutsche in den vergangenen Jahren von 3.600 auf etwa 2.200 Schiffe schrumpfte. Rund 300 Schiffe werden von Bremer Reedern gemanagt, von denen sich 40 Prozent im Multi-Purpose und Schwergutbereich bewegen. Als Hauptgrund für den Rückgang der deutschen Flotte nennt man in Bremen die Wirtschaftskrise, die vor zehn Jahren begonnen hat. Ladungsrückgänge und Flottenanstieg hätten zu massiven Störungen bei Schiffsfinanzierungen in Deutschland geführt. Wenn jetzt Schiffe von ausländischen Banken vor allem in Fernost finanziert werden, könne das dazu führen, dass auch die Bereederung ins Ausland verlagert werde.
Vom An- und Ablegen im Hafen
Festma Vertäugesellschaft mbH in Bremerhaven wurde 1971 von 24 Festmachern gegründet, Männern, die dafür sorgen, dass Schiffe dort liegen, wo sie es sollen. Heute gibt es 34 Festangestellte, denen das Unternehmen gehört, und die sich seinen Gewinn teilen. Jeder Festangestellte kann – nach einer gewissen Zeit – Gesellschafter werden. Der Job eines Festmachers, weiß man, ist anspruchsvoll, aber starke Muskeln sind dafür nicht mehr nötig. Bei großen Schiffen sind die Leinen manchmal oberschenkeldick. Sie können nur noch von Maschinen gezogen werden. So sind auch immer mehr Frauen in dieser einstigen Männerdomäne beschäftigt. In Bremerhaven setzt man für die schweren Arbeiten vor allem spezielle Unimogs mit bis zu 1,5 Tonnen Zugkraft ein. Die Festmacher arbeiten in Schichten. Reicht die Mannschaft einer Schicht wegen hohen Schiffaufkommens nicht aus, kann der zuständige Schichtleiter die Bereitschaft anrufen, deren Schicht sechs Tage am Stück rund um die Uhr dauert.
Für Notfälle vier Schiffe
Andreas Scheuer, Bundesverkehrsminister aus Bayern, sprach mit den Cuxhavener Nachrichten / Niederelbe-Zeitung und versprach für das Jahr 2020 Neubauaufträge von zwei Notfallschleppern und zwei Mehrzweckschiffen für Notfalleinsätze auf Nord- und Ostsee. „Deutschland ist eine Exportnation und auf seine Wasserstraßen angewiesen”, sagte er. Bei Störungen müsse man schnell und entschieden handeln. Die neuen Schiffe sollen mit umweltfreundlichen LNG-Antrieben ausgerüstet werden.
Das besondere Buch
Mare Nr. 135
Rezension von Dieter Bromund
Alle zwei Monate, also 6-mal pro Jahr, erscheint im mare Verlag in Hamburg was ein Buch ist, sich aber „Die Zeitschrift der Meere” nennt, 21 mal 28 cm groß, um die 130 Seiten stark, knapp einen Zentimeter dick. Es kostet 12 Euro und ist jeden Cent wert.
Die Ausgabe für August und September hat als Hauptthema einen Fisch, den beliebtesten Europas. In der Titelstory „Aus dem Leben eines Gejagten” geht es um den Hering. Was, bitte, kann man über den noch Neues berichten? Viel, wenn man „Mare” ist.
Cay Rademacher erzählt im ersten Beitrag vom Superfisch, der die Hansestädte reich machte, unsere Esskultur änderte und Europas Geschichte stärker prägte als die meisten Päpste und Kaiser. Haben wir gewusst, dass in der Meerenge zwischen Dänemark und Schweden um 1200 manchmal die Schiffe stecken blieben, weil der ganze Sund so voller Heringe war? Erstaunliche Zahlen, neue Einblicke, gute Fotos. Der Appetit steigert sich beim Lesen noch.
Auch in den USA ist einer aus der Heringsfamilie, der Menhaden, der wichtigste Fisch. Er ist fettig, schmeckt scheußlich, wird aber nie gegessen. Doch schon ab dem 17. Jahrhundert wurde er zu Dünger verarbeitet und später zu Kosmetika, Insektiziden, aber auch zu Omega-3-Fettsäure-Kapseln.
Bastian Berbner hat Sitka in Alaska besucht, wo sich im Frühjahr alles um den Hering dreht, den pazifischen. Indianer holen den Heringsrogen mit Zweigen der Hemlocktanne aus dem Meer, Seefischer setzen modernstes Fanggerät ein, die Regierung des Bundesstaats Alaska nennt jedes Jahr eine Fangquote, deren Einhaltung akribisch überwacht wird.
In der Ostsee streiten sich die Fischer Mecklenburg-Vorpommerns mit Meeresbiologen und der EU über die Frage, ob der Hering in der westlichen Ostsee gefährdet ist oder nicht. Die Zahlen sind allgemein zugänglich, doch ihre Interpretation trennt die Parteien. Wer hat die Deutungshoheit über die Bestände im Meer? Andrea Jeske berichtet über „Die Hering-Lüge”.
Wer jemals im Fernsehen oder auf der Leinwand einen Heringsschwarm im Wasser – von unten gefilmt – gesehen hat, fragt sich, wie die Zehntausende von Fischen sich gemeinsam entscheiden, wohin und wie schnell sie schwimmen – vor allem, wenn sie verfolgt werden? Was die Wissenschaft dazu zu sagen hat, fasst Till Hein zusammen. Gibt es also so etwa wie Schwarm-Intelligenz?
Die Zeitschrift der Meere lebt auch von ihren guten Fotos. Mit packenden Schwarzweiß-Fotos von Vanessa Winship berichtet Steffi Kammerer von den „Zehn Geboten der Sommerfrische”. Die Glaubensgemeinschaft der Amishen lebt im winterlichen Nordosten der USA. Sie fahren Pferdekutschen, kleiden sich züchtig und altmodisch, verzichten auf moderne Technik und fahren im Winter in Florida ans Meer, 19 Stunden lang mit einem Bus.
Noch einmal ans Meer geht es in Mokka im Jemen, der Heimat des Kaffees. Wie der einst prächtige Hafenort unter dem Krieg leidet, aber auch von ihm profitiert, erzählen Christoph Reuter und Daniel Etter (Fotos).
Nach Dänemark führt der Bericht „Eine Insel für Jasager”, Rotalgen aus dem Meer könnten als Rinderfutter eine Rolle spielen, Neues aus der Meeresforschung wird vorgestellt, und auf Seite 67 steht der erste Beitrag über die Arktisreise der POLARSTERN, auf der sich Wissenschaftler in der Arktis einfrieren und ein Jahr treiben lassen. „Mare” wird diese Reise in jeder Ausgabe begleiten.
„Mare”-Hefte kann man beim Verlag nachbestellen, viele sind vergriffen, die meisten aber noch erhältlich. Das nächste Heft – das nächste Buch? – wird im Oktober/November 2019 erscheinen. „Liegt London am Meer?” beantwortet die Titelstory, um fehlendes Liebesglück geht es den „Männern auf den Färöern”. Und lesen werden wir auch, wie sich die Schifffahrtsbranche komplett neu sortiert hat – nach zehn Jahren Krise.
Mare
Die Zeitschrift der Meere
Verleger und Chefredakteur Nikolaus Gelpke,
Mareverlag Hamburg,
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ISBN 978-3-86648-424-5, 12 €